Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 13.3.2018 - 5 K 3156/16
U aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Hochschule in der
Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
(§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 2 Abs. 1 Satz 1 des
Gesetzes über die Hochschulen des Landes
Nordrhein-Westfalen).
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Mit Vertrag vom 15.2.2001 verpflichtete
sich die Klägerin in einem Werkvertrag zur Durchführung
und Erstellung einer wissenschaftlichen Studie. Auftraggeber waren
mehrere Verbände gesetzlicher Krankenkassen. In der Folgezeit
wurden mehrere Ergänzungsvereinbarungen abgeschlossen.
Für die Erstellung der Studie beauftragte die Klägerin
auch Unterauftragnehmer. Die Klägerin war der Auffassung, dass
ihre für die Erstellung der Studie gegen Entgelt im Rahmen
eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) erbrachten Leistungen
gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 68 Nr. 9 der
Abgabenordnung (AO) dem ermäßigten Steuersatz
unterliegen.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) davon aus, dass die
Zweckbetriebsvoraussetzungen nach § 68 Nr. 9 AO nicht
vorliegen, da sich die Tätigkeit in der Erarbeitung der Studie
erschöpft habe. Das Ergebnis der Studie sei kein
Forschungsergebnis gewesen, sondern eine betriebswirtschaftliche
Analyse, die wissenschaftlich erarbeitet worden sei. Es habe nicht
die Erzielung wissenschaftlicher Ergebnisse im Vordergrund
gestanden. Es sei kein medizinisches Ergebnis hervorgebracht
worden, das bisher nicht wissenschaftlich gesichert gewesen sei.
Die Klägerin habe projektleitend gearbeitet und dabei die
eigenen Erhebungen und die der beteiligten Wissenschaftler zu einem
Gesamtergebnis zusammengefügt.
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Das FA setzte die Mehrsteuer aufgrund der
Anwendung des Regelsteuersatzes zunächst für das Jahr
2006 fest. Nach erfolglosen Einspruchsverfahren hob das
Finanzgericht (FG) den Änderungsbescheid auf, da die Steuer
bereits für die Jahre der Entgeltvereinnahmung 2003 bis 2005
(Streitjahre) festzusetzen sei. Daraufhin erließ das FA dem
entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre und
wies die diesbezüglichen Einsprüche als unbegründet
zurück. Die hiergegen eingelegten Klagen verband das FG zu
einem Verfahren und wies die Klage ab.
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Nach dem in EFG 2018, 1315 = SIS 18 10 69
veröffentlichten Urteil erbrachte die Klägerin mit der
Erstellung der Studie im Rahmen eines BgA als Unternehmer
steuerpflichtige Leistungen. Auf diese sei § 12 Abs. 2 Nr. 8
Buchst. a UStG nicht anzuwenden, da die Voraussetzungen für
einen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 9 AO nicht vorlägen. Im
Falle eines BgA sei dieser selbst der maßgebliche
Träger, so dass die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO
unmittelbar auf der Ebene des BgA vorliegen müssten. Dieser
habe den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen zu
entsprechen. Zudem fehle es auch an einer Finanzierung aus
Zuwendungen der öffentlichen Hand, da die Klägerin als
juristische Person des öffentlichen Rechts selbst Bestandteil
der öffentlichen Hand sei. Haushaltsrechtlich finanziere sich
die Klägerin nicht aus Zuwendungen, sondern aus
Zuschüssen. Zu beachten sei auch der Zusammenhang zu den
Steuerbefreiungen für die Auftragsforschung im
Körperschaft- und Gewerbesteuerrecht. Eine
Steuersatzermäßigung sei auch mit Art. 12 Abs. 3 Buchst.
a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie
77/388/EWG) i.V.m. Anhang H Nr. 14 nicht zu vereinbaren, wie sich
aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH)
ergebe. Es liege auch kein Zweckbetrieb nach § 65 AO vor. Die
Steuer sei entsprechend der Entgeltvereinnahmung
entstanden.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der Revision. Träger i.S. von § 68 Nr. 9 AO sei nicht der
BgA, sondern die juristische Person und damit die Klägerin.
Dies ergebe sich aus einer Auslegung nach dem Wortlaut, der
zwischen Träger und Einrichtung unterscheide. Auch die
Finanzverwaltung sehe die Körperschaft als Träger an.
Bezugssubjekt der Gemeinnützigkeit sei nach der Rechtsprechung
des BFH die Trägerkörperschaft, da der BgA nicht
handlungsfähig sei. Die Sicherstellung des
Finanzierungserfordernisses verlange nach einem Steuersubjekt. Dem
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer gemeinnützigen
Körperschaft des Zivilrechts entspreche der BgA bei
juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Maßgeblich sei die Finanzierung der Einrichtung, nicht die
des Zweckbetriebs. Bestätigt werde dies durch Sinn und Zweck
der Regelung. Durch § 68 Nr. 9 AO sollte die Auftragsforschung
wieder als steuerfreier Zweckbetrieb erfasst werden. Es drohe ein
Gleichheitsverstoß, wenn sich eine überwiegend aus
staatlichen Zuwendungen finanzierende gemeinnützige
Körperschaft in privater Trägerschaft, die einen sich
ausschließlich aus den Einnahmen finanzierenden
Auftragsforschungsbetrieb unterhalte, auf die
Zweckbetriebseigenschaft berufen könne. Das FG habe zudem der
Einführung von Befreiungstatbeständen bei der
Körperschaft- und Gewerbesteuer falsches Gewicht beigemessen.
Unabhängig hiervon habe sich die Klägerin aus
öffentlichen Mitteln finanziert. Eine haushaltsrechtliche
Betrachtung vermöge nicht zu überzeugen. Sie sei nicht
Teil der öffentlichen Verwaltung. Es liege auch ein
Verstoß gegen das Unionsrecht vor. Die von ihr
durchgeführten Studien hätten dazu gedient, die
Wirksamkeit der Akupunktur zu erforschen. Es sei um die
Erstattungspflicht durch gesetzliche Krankenkassen gegangen. Damit
habe sie einen unverzichtbaren Beitrag für die Verbesserung
der sozialen Sicherheit geleistet. Zu berücksichtigen seien
auch unionsrechtliche Reformvorschläge.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die
Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 vom 11.2.2016 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 9.9.2016 dahingehend zu ändern,
dass die Umsatzsteuer 2003 um ... EUR und die Umsatzsteuer 2004 um
... EUR niedriger festgesetzt werden, ferner den
Umsatzsteuerbescheid 2005 i.d.F. des Änderungsbescheids vom
12.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2016
dahingehend zu ändern, dass die bisher festgesetzte
Umsatzsteuer um ... EUR reduziert wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Die Zweckbetriebsvoraussetzungen
müssten beim BgA, nicht bei der Klägerin vorliegen. Als
Träger könne auch die Institution angesehen werden. Aus
dem Finanzierungserfordernis ergäben sich keine
Handlungsverpflichtungen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet und die Sache mangels Spruchreife an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klägerin hat als
Unternehmer steuerbare und steuerpflichtige Leistungen bei der
entgeltlichen Erstellung einer Studie erbracht. Zur Frage des
hieraus anzuwendenden Steuersatzes hat das FG die
Zweckbetriebseigenschaft nach § 68 Nr. 9 AO zu Unrecht im
Hinblick auf das dort vorgesehene Finanzierungserfordernis
verneint. Die Sache ist nicht spruchreif, da keine hinreichenden
Feststellungen zu einer nach dieser Vorschrift begünstigten
Tätigkeit vorliegen.
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1. Die Leistungen der Klägerin sind
steuerbar.
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a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist
eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei
richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG
i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)
entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer,
wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige
Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen
(wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb
ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei
nachhaltig auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es
auf weitere Voraussetzungen nicht an. Gestattet z.B. eine Gemeinde
gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle, ist
sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4
KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder
auf zivilrechtlicher Grundlage oder - im Wettbewerb zu Privaten -
auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt (vgl. z.B.
zuletzt Senatsurteile vom 10.11.2011 - V R 41/10, BFHE 235, 554,
BStBl II 2017, 869 = SIS 12 04 24, und vom 01.12.2011 - V R 1/11,
BFHE 236, 235, BStBl II 2017, 834 = SIS 12 04 14). Der Senat
hält an dieser für Besteuerungszeiträume vor
Inkrafttreten von § 2b UStG ergangenen Rechtsprechung und
damit auch für die Streitjahre weiter fest.
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b) Danach erbrachte die Klägerin als
Unternehmer steuerbare Leistungen. Grundlage ihrer nachhaltig auf
einen Zeitraum von mehreren Jahren angelegten Tätigkeit war
ein zivilrechtlich abgeschlossener Vertrag, mit dem sich die
Klägerin zur Erstellung einer Studie gegen Entgelt
verpflichtete.
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2. Die Leistungen der Klägerin sind auch
steuerpflichtig.
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§ 4 Nr. 21 Buchst. a UStG in der bis
31.12.2003 geltenden Fassung befreite die Umsätze der
staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit. Nicht zur
Forschungstätigkeit gehörten Tätigkeiten, die sich
auf die Anwendung gesicherter Erkenntnisse beschränken, die
Übernahme von Projektträgerschaften sowie
Tätigkeiten ohne Forschungsbezug. Diese Vorschrift ist
gemäß § 27 Abs. 10 UStG auf Antrag auf vor dem
1.1.2005 erbrachte Umsätze der staatlichen Hochschulen aus
Forschungstätigkeit anzuwenden, wenn die Leistungen auf einem
Vertrag beruhen, der vor dem 03.09.2003 abgeschlossen worden
ist.
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Nach § 27 Abs. 10 UStG sind die
Leistungen der Klägerin nicht steuerfrei. Sie hat bis zum
maßgeblichen Schluss der letzten mündlichen Verhandlung
beim FG nicht den für die Steuerfreiheit erforderlichen Antrag
gestellt. Daher hat der erkennende Senat nicht zu entscheiden, ob
diese Vorschrift eine Steuerfreiheit von Anzahlungen in den
Streitjahren 2003 und 2004 auf eine erst mit dem Abschluss der
Studie nach dem 1.1.2005 - als Umsatz - erbrachte Leistung
ermöglicht und ob es dem erkennenden Senat überhaupt
möglich ist, diese Vorschrift im Hinblick auf die vom EuGH
(Urteil Kommission/ Deutschland vom 20.6.2002 - C-287/00,
EU:C:2002:388) bereits zuvor festgestellte Richtlinienwidrigkeit
von § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG anzuwenden.
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3. Das FG hat zu Unrecht die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes im Hinblick auf die sich aus
§ 68 Nr. 9 AO ergebenden Finanzierungserfordernisse verneint.
Für die Finanzierung eines Trägers einer Wissenschafts-
und Forschungseinrichtung kommt es auf den Mitteltransfer an, der
ihm ohne eigene Gegenleistung zufließt.
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a) § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1
UStG ermäßigt den Steuersatz für die Leistungen der
nach §§ 51 ff. AO steuerbegünstigten
Körperschaften. Dies gilt gemäß § 12 Abs. 2
Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO für die
Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn
es sich bei diesem um einen Zweckbetrieb handelt. Unabhängig
von den Bedingungen der allgemeinen Definition in § 65 AO sind
auch „Wissenschafts- und
Forschungseinrichtungen“ Zweckbetriebe unter den
Voraussetzungen von § 68 Nr. 9 AO. Dies gilt für
„Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren
Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der
öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der
Vermögensverwaltung finanziert. Der Wissenschaft und Forschung
dient auch die Auftragsforschung. Nicht zum Zweckbetrieb
gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung
gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, die
Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche
Tätigkeiten ohne Forschungsbezug“.
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Unionsrechtlich beruhte dies in den
Streitjahren auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG
i.V.m. Anhang H Nr. 14. Danach waren die Mitgliedstaaten
ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz für
die „Lieferung von Gegenständen und Erbringung von
Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte
gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke
und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht nach
Artikel 13 steuerbefreit sind“, anzuwenden. Auf dieser
Grundlage durften die Mitgliedstaaten allerdings „nicht
auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten
Mehrwertsteuersatz anwenden ..., sondern nur auf diejenigen, die
von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als
auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen
Sicherheit tätig sind“ (EuGH-Urteil Kommission/
Frankreich vom 17.6.2010 - C-492/08, EU:C:2010:348, Rz 43).
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Eine unionsrechtliche Grundlage für eine
allgemeine Steuersatzermäßigung der Leistungen der
Träger von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 68 Nr. 9 AO
besteht somit nicht. Wie der erkennende Senat hierzu bereits
ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 10.8.2016 - V R
11/15, BFHE 255, 293, BStBl II 2018, 113 = SIS 16 24 82, unter
III.2.c), führt dies zu einer einschränkenden Auslegung
der Begriffe, die eine Steuersatzermäßigung über
den unionsrechtlich zulässigen Rahmen hinaus
ermöglichen.
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b) Entgegen dem Urteil des FG liegen die
Finanzierungsvoraussetzungen in der Person der Klägerin des
§ 68 Nr. 9 Satz 1 AO vor.
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aa) Die vom FG aufgeworfene Frage, ob für
das Finanzierungserfordernis auf die juristische Person des
öffentlichen Rechts oder deren „BgA“
abzustellen ist, stellt sich nicht. Denn für die
Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts ist das Vorliegen eines derartigen
„BgA“ unerheblich, so dass auch für das
Finanzierungserfordernis im Rahmen der umsatzsteuerrechtlichen
Betrachtung nicht hierauf abzustellen ist.
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bb) Unzutreffend ist die Annahme des FG, dass
es sich bei der Finanzierung der Klägerin aus Haushaltsmitteln
nicht um Zuwendungen der öffentlichen Hand gehandelt habe.
Denn nach der Rechtsprechung des BFH gehört zu den
„Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder
aus der Vermögensverwaltung“ der
„Mitteltransfer, der der Körperschaft ohne eigene
Gegenleistung zufließt“ (BFH-Urteil vom 4.4.2007 -
I R 76/05, BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631 = SIS 07 20 80, unter
II.3.a aa). Dies trifft auch auf die Haushaltsfinanzierung der
Klägerin zu, wie sie zutreffend geltend macht.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat
kann nicht entscheiden, ob die weiteren Voraussetzungen für
die Zweckbetriebseigenschaft vorliegen, da das FG zu den von der
Klägerin ausgeübten Tätigkeiten - ausgehend von
seinem Rechtsstandpunkt - keine Feststellungen getroffen hat.
Hierzu weist der erkennende Senat vorsorglich auf Folgendes
hin:
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a) § 68 Nr. 9 AO begünstigt
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und damit
wissenschaftliche und forschende Tätigkeiten, die der
Träger derartiger Einrichtungen gegen Entgelt erbringt. Die
Begriffe Wissenschaft und Forschung sind dabei im Bereich der
Umsatzbesteuerung entgeltlicher Leistungen bereits aus Gründen
des Unionsrechts, das hierfür keine
Steuersatzbegünstigung vorsieht, eng auszulegen (s. oben
II.3.a).
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b) Eine enge Auslegung wird zudem durch den
Willen des historischen Gesetzgebers bestätigt. Wie sich aus
der amtlichen Gesetzesbegründung (BTDrucks 13/4839, S. 89)
ergibt, wird die „Zweckbetriebsfiktion … auf
Forschungseinrichtungen beschränkt, deren Träger sich
überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder
Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. Dies
trägt dem Grundsatz Rechnung, daß
Forschungseinrichtungen wegen ihrer Eigen- oder Grundlagenforschung
gemeinnützig sind und Steuervergünstigungen nur zu
rechtfertigen sind, wenn das Schwergewicht der Tätigkeit in
diesem Bereich liegt. Die Auftragsforschung kann nur als für
den Transfer der Forschungsergebnisse notwendige
Nebentätigkeit in die Steuervergünstigung einbezogen
werden. Ohne die Begrenzung der Zweckbetriebsfiktion wären, im
Gegensatz zum geltendem Recht, auch Forschungseinrichtungen
gemeinnützig und insgesamt steuerbegünstigt, die
ausschließlich Auftragsforschung für Unternehmen
betreiben. Dies ist aus Wettbewerbsgründen nicht
hinnehmbar“. Dementsprechend gehören zum
Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 9 AO nur notwendige
Nebentätigkeiten zur Eigen- und Grundlagenforschung (vgl. dazu
auch Wäger, in Lüdcke/Mellinghoff/Rödder,
Festschrift Gosch, 2016, 427 ff., 435).
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c) Bei seiner Entscheidung wird das FG auch zu
berücksichtigen haben, ob die Klägerin die von ihr als
zweckbetriebszugehörig angesehene Tätigkeit selbst oder
durch Unterauftragnehmer (Subunternehmer) erbracht hat. Letzteres
spricht gegen die Verwertung eigener Forschungsergebnisse als
Nebentätigkeit.
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d) Im Übrigen kann die Klägerin im
Hinblick auf die unionsrechtlichen Grundlagen nicht geltend machen,
dass sich eine - unionsrechtlich erforderliche - soziale
Zielsetzung daraus ergebe, dass sie eine Studie für
gesetzliche Krankenkassen zur Entscheidung über den Umfang der
von diesen erbrachten Leistungen erstellt habe. Denn aus der
Erbringung einer einzelnen Leistung folgt nicht, dass es sich bei
dem Leistungserbringer um eine Einrichtung handelt, die - wie es
das Unionsrecht erfordert (s. oben II.3.a) - sowohl
gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im
Bereich der sozialen Sicherheit tätig ist.
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e) Für Auftragsforschung liegt
schließlich auch nicht die Zweckbetriebsvoraussetzung des
§ 65 AO vor (BFH-Urteil vom 30.11.1995 - V R 29/91, BFHE 179,
447, BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53, unter II.2.c).
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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