Trabrennen, Zweckbetrieb: Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Veranstalten von Trabrennen eines wegen Förderung der Traberzucht steuerbefreiten Vereins als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beurteilt werden kann. - Urt.; BFH 19.12.2007, I R 15/07; SIS 08 13 65
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist ein eingetragener Verein, dessen Satzungszweck
die Förderung der Traberzucht, insbesondere durch Veranstalten
von Trabrennen, ist. Der Hauptverband für Traberzucht (HVT),
dessen Mitglied der Kläger ist, fördert und beaufsichtigt
die Traberzucht und deren Leistungsprüfungen sowie andere
Trabrennen. Der Kläger wie auch der HVT sind wegen
Förderung der Tierzucht als gemeinnützig
anerkannt.
Der Kläger unterhält einen
Rennbetrieb, der als steuerbegünstigter Zweckbetrieb (§
65 der Abgabenordnung - AO - ) behandelt wird. Dem Kläger war
in den Streitjahren durch die Bezirksregierung X jährlich die
widerrufliche Genehmigung zum Betrieb eines Totalisators auf seinem
Rennplatz erteilt worden. Nach den Totalisatorgenehmigungen stand
dem Kläger der überwiegende Anteil an der
Totalisatorsteuer (bis zu 96 %) zu. Die Genehmigungen waren mit
verschiedenen Auflagen verbunden. So hatte der Kläger einen
bestimmten Prozentsatz des Totalisatorumsatzes an den HVT
abzuführen. Ferner legten die Genehmigungen fest, in welchem
Umfang die Wetteinsätze und die rückerstattete
Totalisatorsteuer für zusätzliche Rennpreise zu verwenden
waren.
Der Kläger zog bei der Ermittlung der
Einkünfte aus dem steuerpflichtigen Totalisatorbetrieb die
Abgabe an den HVT sowie ab dem Jahr 2000 auch die zusätzlichen
Rennpreise als Betriebsausgaben des wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebs ab. Er ermittelte hierdurch - wie auch
bereits in den Vorjahren - einen Verlust.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) ordnete diese Ausgaben insgesamt dem ideellen
Bereich des Klägers zu.
Die gegen die geänderten Bescheide
gerichtete Klage war erfolgreich. Das Urteil des Finanzgerichts
Düsseldorf (FG) vom 22.6.2006 15 K 4519/05 K,G,F ist in EFG
2007, 740 = SIS 07 22 43 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Im Streitfall kann die Rechtsfrage
entscheidungserheblich sein, ob das Veranstalten von Trabrennen
eines wegen Förderung der Traberzucht steuerbefreiten Vereins
als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beurteilt werden kann.
1. Der Kläger ist wegen Förderung
der Tierzucht (§ 52 Abs. 2 Nr. 4 AO) als gemeinnützig
anerkannt. Er veranstaltet gegen Entgelt Trabrennen und
unterhält insoweit einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb (§ 14 AO); denn er übt hierdurch
eine selbstständige nachhaltige unternehmerische
Tätigkeit aus, wodurch er Einnahmen erzielt. Dies hat
grundsätzlich zur Folge, dass er insoweit die Steuerbefreiung
verliert (§ 64 Abs. 1 AO), wenn es sich nicht um einen
Zweckbetrieb (§ 65 AO) handelt. Dazu wäre erforderlich,
dass der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die
satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu
verwirklichen, diese Zwecke nur durch einen solchen
Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der
wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten
Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in
größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei
Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist
(§ 65 AO); es muss sich somit um einen für Vereinszwecke
„unentbehrlichen Hilfsbetrieb“ handeln
(Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.2.1999 XI B
130/98, BFH/NV 1999, 1089 = SIS 98 59 59; XI B 128/98, BFH/NV 1999,
1055 = SIS 98 59 30).
2. Die Beteiligten gehen - ohne dies zu
problematisieren - übereinstimmend davon aus, dass der
Kläger durch das Veranstalten von Trabrennen einen
Zweckbetrieb unterhält. Dem scheint die Auffassung des
Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen (Erlass vom 21.11.1994, FR
1995, 293 = SIS 95 05 22) zu entsprechen, nach der
Pferderenn-Vereine wegen Förderung der Tierzucht steuerbefreit
sein können. Auch der Regelung in § 64 Abs. 6 Nr. 2 AO
könnte diese Annahme zu Grunde liegen. Es erscheint jedoch
nicht zweifelsfrei, dass Pferderennen in ihrer Gesamtrichtung dazu
dienen, die Pferdezucht zu fördern.
3. Wie aus dem Einleitungssatz des § 52
Abs. 2 AO ersichtlich, ist die Förderung der Tierzucht nur
begünstigt, wenn sie die Voraussetzungen des Abs. 1
erfüllt, also der Allgemeinheit dient. Keine Förderung
der Allgemeinheit ist die gewerbliche Tierzucht. Ausgehend von der
Wertung des Gesetzgebers, dass die nicht um des Erwerbes willen
ausgeübte Tierzucht deshalb von allgemein-gesellschaftlichem
Nutzen sein kann, weil sie die Art- und Rassenvielfalt der Tierwelt
garantiert (BTDrucks 11/1334, S. 4; krit. Tipke in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 52 AO Rz 37; Koenig
in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 52 Rz 55), könnten
Pferderennen nur dann der Tierzucht dienen, wenn sich hieraus
Erkenntnisse allgemeiner Art gewinnen ließen, die für
die Traberzucht insgesamt und nicht nur für einzelne
gewerbliche Züchter von Nutzen wären.
Pferderennen sind seit Jahrhunderten eine
beliebte Freizeitbeschäftigung der Menschen. Sie werden -
jedenfalls dem äußeren Anschein nach - vor allem aus
Freude am Pferdesport und nicht zu züchterischen Zwecken
veranstaltet. Die Eigentümer von Trabern lassen ihre Pferde
deshalb an Rennen teilnehmen, weil der Trabrennsport ihren
persönlichen Neigungen entspricht und sie sich hierdurch den
Gewinn von Preisgeldern versprechen. Auch aus Sicht des Publikums
handelt es sich nicht um eine züchterische, sondern um eine
sportliche Veranstaltung, deren Unterhaltungswert durch die
Möglichkeit, auf den Ausgang der Rennen zu wetten, erheblich
gesteigert wird. Trabrennen scheinen demnach in erster Linie um
ihrer selbst willen abgehalten werden.
Andererseits werden Traber
ausschließlich oder nahezu ausschließlich für den
Rennsport gezüchtet. Rennen sind daher für die Auslese
besonders leistungsfähiger und damit zur Weiterzucht
geeigneter Tiere unerlässlich. Es erscheint jedoch fraglich,
ob die durch das Veranstalten von Rennen gewonnenen Erkenntnisse
der Traberzucht als solcher oder ob diese nicht vornehmlich den
Eigentümern der Pferde oder einzelnen gewerblichen
Züchtern nützen. Zudem könnte ein Zweckbetrieb nur
angenommen werden können, wenn der züchterische Zweck den
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Veranstaltung von
Trabrennen“ prägen würde und die Ausübung
des Trabrennsports nicht daneben als eigenständiger Zweck in
Erscheinung träte (vgl. Senatsurteil vom 4.4.2007 I R 76/05,
BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631 = SIS 07 20 80). Denn nur dann
diente das Veranstalten der Rennen in seiner Gesamtrichtung dazu,
die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu
verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Darüber hinaus wäre
erforderlich, dass die der züchterischen Auslese dienenden
Leistungsprüfungen nur im Rahmen eines wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebs verwirklicht werden könnten (§ 64
Nr. 2 AO).
4. Von der Beantwortung der aufgeworfenen
Rechtsfrage hängt der Ausgang des Rechtsstreits ab.
Wäre das Veranstalten von Trabrennen als
steuerpflichtige Tätigkeit zu beurteilen, unterhielte der
Kläger - unterstellt, er verfolge dann noch gemeinnützige
Zwecke - zusammen mit dem Totalisatorbetrieb einen einheitlichen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO), dem
sämtliche Einnahmen und Ausgaben zuzuordnen wären, die
durch diesen Betrieb veranlasst sind.