Hausfassade, Renovierung, keine haushaltsnahe Dienstleistung bis VZ 2005: 1. Haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. des § 35 a Abs. 2 Satz 1 EStG sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden. Keine haushaltsnahen Dienstleistungen sind solche, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben. - 2. Die Renovierung einer Hausfassade ist keine haushaltsnahe Dienstleistung; als Handwerkerleistung führt sie bis einschließlich VZ 2005 nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 Satz 1 EStG. - Urt.; BFH 1.2.2007, VI R 77/05; SIS 07 10 16
I. Streitig ist, ob Handwerkerleistungen
haushaltsnahe Dienstleistungen i.S. von § 35a Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Zweiten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I
2002, 4621; BStBl I 2003, 3) sind.
Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden im Streitjahr 2003 zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung
beantragten sie die Steuerermäßigung gemäß
§ 35a Abs. 2 EStG. Dem lag die Sanierung der Fassade des von
den Klägern selbst genutzten Wohnhauses zugrunde. Nach der
nach Verarbeitungskosten und Materialeinsatz aufgeschlüsselten
Gesamtrechnung von 7.118 EUR entfiel ein Betrag in Höhe von
4.653 EUR auf die Verarbeitungskosten. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) gewährte die
beantragte Steuerermäßigung nicht. Das Finanzgericht
(FG) wies die Klage mit den in EFG 2006, 121 = SIS 06 05 13
veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung des § 35a Abs. 2 EStG.
Die Kläger beantragen, das Urteil der
Vorinstanz sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die
Einkommensteuer um 600 EUR herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend
entschieden, dass die Handwerkerleistungen keine haushaltsnahen
Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der im
Streitjahr geltenden Fassung sind.
1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG
ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von
haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem inländischen
Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die tarifliche
Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen
Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 v.H.,
höchstens 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die
nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für
eine geringfügige Beschäftigung i.S. des § 8 des
Sozialgesetzbuchs (SGB) IV darstellen und soweit sie nicht als
außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden
sind.
Der Begriff „haushaltsnah“,
der in § 35a Abs. 1 Satz 1 EStG ebenfalls Verwendung findet,
ist gesetzlich nicht näher definiert. Zu der hier
maßgeblichen Frage, ob auch Handwerkerleistungen im Haus bzw.
der Wohnung des Steuerpflichtigen als haushaltsnah anzusehen sind,
vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass dies auf
handwerkliche Tätigkeiten, die im Regelfall nur von
Fachkräften durchgeführt werden, nicht zutrifft
(Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
1.11.2004 IV C 8 - S 2296 b - 16/04, BStBl I 2004, 958 = SIS 04 39 86, Tz. 5). Dieser Auffassung, die überwiegend geteilt wird
(vgl. etwa Urteil des FG München vom 30.6.2005 5 K 2262/04,
EFG 2005, 1612 = SIS 05 42 97; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom
2.9.2004 4 K 2030/04, EFG 2004, 1769 = SIS 05 11 62; Urteil des FG
Nürnberg vom 20.12.2005 VII 200/2004, juris Nr. STRE200670435
= SIS 06 18 39; Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 35a Rz
5; Barein in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 35a Rz 20; Blümich/Erhard, § 35a EStG
Rz 15; Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff.,
§ 35a Rz 20; Küttner/Macher, Personalbuch 2006, Stichwort
Hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis, Rz 20;
a.A. Starke in Herrmann/ Heuer/Raupach, Jahresband 2003, § 35a
EStG Anm. J 02-3; Schmitt, DB 2005, 256 und DB 2003, 2623;
Morsbach, Anmerkung in EFG 2004, 1771), schließt sich der
Senat an; sie ist mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift
vereinbar. Auf die Frage, ob Handwerkerleistungen Dienstleistungen
sind (vgl. dazu Urteil des FG Hamburg vom 30.6.2005 VI 179/04, EFG
2005, 1777 = SIS 05 46 95), kommt es nicht an.
2. Unter dem Begriff des Haushalts ist die
Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie)
zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen.
Das Wirtschaften im Haushalt umfasst Tätigkeiten, die für
die Haushaltung oder die Haushaltsmitglieder erbracht werden (vgl.
§ 8a Satz 2 SGB IV). Hauswirtschaftliche Tätigkeiten in
diesem Sinne sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der
dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Dazu
gehören Einkaufen von Verbrauchsgütern, Kochen,
Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume, des Gartens
und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken
Haushaltsangehörigen (Schmidt/Heinicke, EStG, 22. Aufl.,
§ 10 Rz 151; vgl. auch Fischer in Kirchhof, EStG, 6. Aufl.,
§ 35a Rz 3 unter Hinweis auf die Verordnung über die
Berufsausbildung zum Hauswirtschafter/zur Hauswirtschafterin vom
14.8.1979, BGBl I 1979, 1435).
„Haushaltsnahe“ Leistungen
sind solche, die eine hinreichende Nähe zur
Haushaltsführung haben bzw. damit im Zusammenhang stehen. Das
sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des
privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt
werden und in regelmäßigen Abständen anfallen
(Blümich/Erhard, § 35a EStG Rz 16). Insofern sind die
Begriffe „haushaltsnah“ und
„hauswirtschaftlich“ (§ 10 Abs. 1 Nr. 8
EStG a.F.) sinnverwandt. Keine haushaltsnahen Leistungen sind
dagegen solche, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen
ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft
haben.
Die teleologische Auslegung bestätigt
dieses Normverständnis. Nach der Gesetzesbegründung soll
mit der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 EStG die
Förderung von Dienstleistungen in privaten Haushalten
gefördert werden, um einen Anreiz für
Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu schaffen
und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen. Die
Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 EStG soll
für haushaltsnahe Tätigkeiten gewährt werden, die
nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden.
Haushaltsnahe Tätigkeiten, so die Gesetzesbegründung,
sind: die Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Reinigung der
Wohnung des Steuerpflichtigen, die Gartenpflege und die Pflege,
Versorgung und Betreuung von Kindern, Kranken, alten Menschen und
pflegebedürftigen Personen (BTDrucks 15/91, 19).
Diese Gesetzesbegründung macht deutlich,
dass nach der Intention des Gesetzgebers (nur) hauswirtschaftliche
Arbeiten begünstigt werden sollten. Mit der
arbeitsmarktpolitisch motivierten Steuerermäßigung nach
§ 35a Abs. 2 EStG soll die Erledigung typisch
hauswirtschaftlicher Dienstleistungen durch Dritte gefördert
werden. Nicht gefördert werden sollen hingegen sonstige
Dienstleistungen, die regelmäßig nicht von
Haushaltsangehörigen, sondern von Dritten erledigt werden.
3. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung
nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass nach § 35a Abs. 2
Satz 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von
Wachstum und Beschäftigung - FördWachsG - vom 26.4.2006
(BGBl I 2006, 1091; BStBl I 2006, 350) auch die Inanspruchnahme von
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen ausdrücklich begünstigt
ist. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich dabei um eine
Ausdehnung der Steuerbegünstigung auf Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen, wovon nicht nur Familien, sondern
auch Handwerk und Dienstleister in besonderem Maße
profitieren (BTDrucks 16/753, 7). Dieser gemäß § 52
Abs. 50b Satz 2 EStG i.d.F. des FördWachsG ab 2006 geltenden
Erweiterung des Anwendungsbereichs hätte es nicht bedurft,
wenn die genannten Leistungen schon von dem Begriff der
haushaltsnahen Dienstleistungen umfasst wären.
4. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die
Renovierung der Hausfassade zu Recht nicht als haushaltsnahe
Dienstleistung angesehen und die beantragte
Steuerermäßigung abgelehnt. Die im Zusammenhang mit
einer solchen Maßnahme angefallenden Malerarbeiten sind
typischerweise nicht Teil des Wirtschaftens im Haushalt. Es handelt
sich um Leistungen, die regelmäßig nicht durch
Haushaltsangehörige, sondern durch beauftragte Dritte erbracht
werden. Die Frage, ob Schönheitsreparaturen und
substanzerhaltende Ausbesserungsarbeiten haushaltsnahe
Dienstleistungen sein können, wie die Verwaltung annimmt
(BMF-Schreiben, a.a.O.), ist nicht entscheidungserheblich. Denn die
als einheitliche Maßnahme zu wertende Fassadenrenovierung
geht jedenfalls darüber hinaus.