NATO-Bedienstete, Ruhegehälter: 1. Ob die von einer Koordinierten Organisation - der NATO - bezogenen Ruhegehaltszahlungen auf früheren Beitragsleistungen des Steuerpflichtigen beruhen und damit als Leibrente und nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern sind, bestimmt sich danach, ob der Steuerpflichtige zu ihrer Erlangung eigenes Vermögen einschließlich zugeflossenen Arbeitslohns eingesetzt hat. - 2. Behält die Koordinierte Organisation einen Teil vom Arbeitslohn des Steuerpflichtigen ein, um ihn als Arbeitnehmerbeitrag einer Versorgungsrückstellung in ihrem Haushaltsplan zuzuführen, so fließt dem Steuerpflichtigen dadurch kein Arbeitslohn zu. - 3. Die Steuerbefreiung für Bezüge und Einkünfte, die den Bediensteten eines NATO-Hauptquartiers in ihrer Eigenschaft als derartige Bedienstete gezahlt werden, findet auf laufende Ruhegehaltszahlungen keine Anwendung. - Urt.; BFH 22.11.2006, X R 29/05; SIS 07 04 42
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) wurden in den Streitjahren 2000 und 2001 als Eheleute
zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger, ein
ehemaliger Berufsoffizier, hatte in den Jahren 1984 bis 1999 als
Bediensteter des internationalen Zivilpersonals der NATO
steuerfreie Einkünfte nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls
über die Rechtsstellung der aufgrund des Nordatlantikvertrags
errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere
(Protokoll über die NATO-Hauptquartiere) vom 28.8.1952 (BGBl
II 1969, 2000) bezogen. Sein Anstellungsverhältnis war
ausweislich des Arbeitsvertrags unter anderem den Bestimmungen der
NATO Civilian Personnel Regulations (NCPR) unterworfen. Zudem war
der Kläger zwingend in die Systeme der NATO für
Versorgung und soziale Absicherung (NATO Pension and Social
Security Schemes) aufgenommen.
Die NATO hatte mit Wirkung vom 1.7.1974 ein
neues Pensionssystem für ihre in den Ruhestand getretenen
Bediensteten eingeführt. Seither wurden die Ruhegehälter
aus dem laufenden Haushalt gezahlt. Die Mitgliedstaaten der NATO
hatten gemeinschaftlich für die Auszahlung der Leistungen
einzustehen. Im Hinblick auf die Finanzierung des
Versorgungssystems war im Anhang IV zu den NCPR, dort Kapitel IX
(„Financing the Pension Scheme“), Art. 41 („Staff
Members’ Contribution - Costing the Scheme“), unter
anderem Folgendes geregelt:
1.
|
Staff members shall contribute to the
Pension Scheme.
|
(Die Mitarbeiter haben zu dem
Versorgungssystem beizutragen.)
|
2.
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The staff members’ contribution to
the Pension Scheme shall be calculated as a percentage of their
salaries and shall be deducted monthly.
|
(Der Beitrag der Mitarbeiter zu dem
Versorgungssystem wird in einem Vom-Hundert-Satz von deren
Löhnen berechnet und monatlich einbehalten.)
|
3.
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The rate of the staff con-tribution shall
be set so as to represent the cost, in the long term, of one-third
of the benefits provided under these Rules.
|
(Die Quote des Mitarbeiterbeitrags soll so
bemessen sein, dass sie langfristig ein Drittel der Kosten dieses
Ruhe-standssystems deckt.)
|
4.
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The rate of the staff contribution shall be
8 %.
|
(Die Quote des Mitarbeiterbei-trags soll 8
v.H. betragen.)
|
6.
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Contributions properly deducted shall not
be recoverable. Contributions improperly deducted shall confer no
rights to pension benefits; they shall be refunded at the request
of the staff member concerned or those entitled under him without
interest.
|
(Zu Recht einbehaltene Beiträge werden
nicht zurückgezahlt. Zu Unrecht einbehaltene Beiträge
gewähren keine Rechte auf Pensionszahlungen; sie werden auf
Antrag an den betroffenen Mitarbeiter oder an seine
Rechtsnachfolger ohne Zinsen zurückerstattet.)
|
Bedienstete, die bei ihrem Ausscheiden aus
der Organisation noch keine Pensionsrechte erworben hatten, hatten
neben einem Anspruch auf eine (anhand des letzten Monatsgehalts
sowie der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre bemessene) Abfindung
(„leaving allowance“) einen weiteren Anspruch auf
Auszahlung des mit 4 v.H. jährlich zu verzinsenden
Gesamtbetrags, um den das Gehalt im Hinblick auf den Beitrag zu dem
Pensionssystem gekürzt worden war (Art. 11 des Anhangs IV zu
den NCPR).
Seit Ablauf des Jahres 1999 befand sich der
Kläger im Ruhestand. In den Jahren 2000 und 2001 (den
Streitjahren) bezog er von der NATO Versorgungsbezüge in
Höhe von ... DM (2000) bzw. ... DM (2001) zuzüglich eines
sog. „Steuerausgleichs“ (Tax Adjustment) in Höhe
von ... DM (2000) bzw. ... DM (2001), welcher nach Art. 42 des
Anhangs IV zu den NCPR zum teilweisen Ausgleich der Besteuerung der
Ruhegehälter durch die Wohnsitzstaaten und der sich aus den
verschiedenartigen Besteuerungssystemen ergebenden Unterschiede
bestimmt war.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) ordnete diese Zahlungen in den
Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre in voller
Höhe den Einnahmen des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit zu. Demgegenüber vertraten die
Kläger die Auffassung, die Pensionszahlungen seien als
Leibrente nur mit dem Ertragsanteil in Höhe von 32 v.H. zu
besteuern, weil sie wegen der in den Vorjahren von der NATO
einbehaltenen „staff members’ contribution“
zumindest teilweise auf eigenen Beiträgen des Klägers
beruhten.
Das Finanzgericht (FG) hat sich der
Rechtsauffassung der Kläger angeschlossen und der Klage mit
dem in EFG 2005, 1695 = SIS 05 43 15 veröffentlichten Urteil
stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Das FA
macht geltend, die jeweils von den Lohnzahlungen des Klägers
abgezogene „pension contribution“ habe keiner
Besteuerung unterlegen und den Vermögensbereich der NATO nicht
verlassen. Der einbehaltene Betrag sei dem Kläger daher nicht
zugeflossen und könne demnach auch nicht als eigener Beitrag
des Klägers für seine Altersversorgung anzusehen
sein.
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
Sie berufen sich auf die Gründe der
angegriffenen Entscheidung. Ergänzend meinen sie, die
Versorgungsbezüge seien - wenn es sich um Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit handeln sollte - in gleichem Umfang
steuerfrei wie die während der früheren aktiven
Beschäftigungszeit empfangenen Lohnzahlungen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ).
Die vom Kläger bezogenen
Versorgungsleistungen sind als Ruhegelder i.S. des § 19 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Inland
steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Sie sind entgegen der Ansicht des FG keine sonstigen Einkünfte
in Gestalt wiederkehrender Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a EStG (Leibrenten), da sie weder im Ganzen noch
teilweise Erträge aus der Nutzung eigenen Vermögens des
Klägers sind.
1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG
gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit Gehälter, Löhne und andere Bezüge, die
„für eine Beschäftigung“ im
öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (Nr. 1);
ferner Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile „aus
früheren Dienstleistungen“ (Nr. 2). Die Einnahmen
müssen durch das - gegenwärtige oder frühere -
Arbeitsverhältnis veranlasst sein (Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 17.9.1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, 17, BStBl II 1983,
39, 41 = SIS 83 01 26). Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer
die Bezüge als Gegenleistung dafür erhält, dass er
seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat.
Demgegenüber sind Leibrenten
wiederkehrende Bezüge, die nur mit ihrem Ertragsanteil
steuerbar sind (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG). Dabei ist
der Ertragsanteil als pauschalierter Zinsanteil seiner Rechtsnatur
nach das Entgelt für die Überlassung eines auf die
Lebenszeit einer oder mehrerer Bezugspersonen zeitlich gestreckt
auszuzahlenden Kapitals (Senatsurteile vom 8.3.1989 X R 16/85, BFHE
156, 432, 434, BStBl II 1989, 551, 552 = SIS 89 13 03, und vom
24.7.1996 X R 105/95, BFHE 181, 165, BStBl II 1996, 650 = SIS 97 02 01). Von dem steuerbaren Ertragsanteil zu trennen ist die
Auszahlung bzw. die Rückzahlung des mit dem eigenen
Vermögen des Steuerpflichtigen gebildeten Kapitalstocks, die
als bloße Vermögensumschichtung im privaten Bereich
selbst nicht steuerbar ist (Beschluss des Großen Senats des
BFH vom 15.7.1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 = SIS 91 22 01; Senatsurteile vom 25.11.1992 X R 91/89, BFHE 170, 82,
BStBl II 1996, 666 = SIS 93 05 07; vom 14.11.2001 X R 39/98, BFHE
197, 179, BStBl II 2002, 246 = SIS 02 04 98, und vom 10.7.2002 X R
46/01, BFHE 199, 541, BStBl II 2003, 391 = SIS 03 05 84).
Ungeachtet dessen, dass der Tatbestand der
„sonstigen“ Einkünfte gegenüber den in
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten
subsidiär ist (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG), liegen
Einkünfte „für“ eine
Beschäftigung bzw. „aus“ einem
früheren Dienstverhältnis nur dann vor, wenn sie dem
Steuerpflichtigen aus eben diesem Rechtsgrund zufließen. Um
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1
EStG) kann es sich daher nur handeln, wenn der Steuerpflichtige sie
- abgesehen von der zu erbringenden oder erbrachten Dienstleistung
- ohne rechtlich ins Gewicht fallenden Eigenbeitrag (Leistung aus
seinem Vermögen oder für seine Rechnung) erhält.
Dagegen kann die Nutzung eigenen Vermögens nicht den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet
werden (Senatsurteile vom 7.2.1990 X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl
II 1990, 1062 = SIS 90 19 43, und in BFHE 181, 165, BStBl II 1996,
650 = SIS 97 02 01).
2. Die Zuordnung von Bezügen zu den
sonstigen Einkünften setzt daher voraus, dass der Kläger
zur Erlangung der Einkünfte eigenes Vermögen -
insbesondere zugeflossenen Arbeitslohn - eingesetzt hat. Hierzu hat
die Rechtsprechung die folgenden Grundsätze entwickelt.
a) Mit Blick auf den Arbeitnehmerbeitrag zu
dem seit Juli 1974 geltenden Versorgungssystem der Organisation
für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat
der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 161, 16, BStBl II
1990, 1062 = SIS 90 19 43 die späteren Versorgungsleistungen
nur insoweit den Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.
a EStG zugeordnet, als der Steuerpflichtige den Arbeitnehmerbeitrag
„aus eigenen Mitteln“ aufgebracht hat. Als
Beispiel für einen solchen eigenen Beitrag hat der Senat den
Fall angeführt, dass die Beitragsleistung aus dem dem
Arbeitnehmer zugeflossenen versteuerten Gehalt bestritten worden
ist. Andererseits hat der Senat Beitragsanteile in Form von
Gehaltskürzungen, die nicht der Lohnsteuer unterliegen, nicht
als Beiträge im vorgenannten Sinne angesehen (vgl. dazu auch
das BFH-Urteil vom 25.10.1968 VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II
1969, 187 = SIS 69 01 19). Dabei hat der Senat zugleich allerdings
auch klargestellt, dass der lohnsteuerrechtlichen Behandlung keine
indizielle Bedeutung zukommt, wenn der Arbeitslohn im Inland
ohnehin nicht steuerbar oder von der Steuer befreit ist; auch in
diesen Fällen scheidet eine eigene Beitragsleistung des
Arbeitnehmers mithin nicht von vornherein aus. Maßgeblich
ist, dass sich der Beitrag von Seiten des Arbeitnehmers als
Verwendung des einbehaltenen Gehaltsanteils oder als Verwendung
anderen Vermögens darstellt (vgl. Senatsurteil in BFHE 161,
16, 21, BStBl II 1990, 1062, 1064 = SIS 90 19 43).
b) Von der Gehaltsverwendung unterscheidet
sich die Gehaltskürzung dadurch, dass der Steuerpflichtige
infolge des fehlenden Zuflusses von Lohn noch keinen eigenen
Beitrag zu seinen späteren Versorgungsleistungen aufbringt;
ihm wird vielmehr der einbehaltene Gehaltsanteil erst im
Versorgungsfall als nachträglicher Arbeitslohn in Form eines
Ruhegeldes ausgezahlt.
Für die Abgrenzung entscheidend ist, ob
dem Steuerpflichtigen bereits durch die Hinnahme des Lohneinbehalts
bzw. durch den Verzicht auf die Barauszahlung des Gehaltsanteils
gegenwärtiger Arbeitslohn zugeflossen ist (vgl. Senatsurteil
in BFHE 161, 16, 21, BStBl II 1990, 1062, 1064 = SIS 90 19 43; vgl.
auch die BFH-Urteile vom 23.2.1966 VI 246/65, BFHE 85, 31, BStBl
III 1966, 224 = SIS 66 01 31, und VI 285/65, BFHE 85, 33, BStBl III
1966, 225 = SIS 66 01 32). Das ist dann der Fall, wenn sich die
Sache - wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung
gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb einer
Zukunftssicherung verwendet hätte (BFH-Urteil vom 15.7.1977 VI
R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761 = SIS 77 04 23; vgl.
auch Senatsbeschluss vom 25.4.2006 X R 9/04, BFH/NV 2006, 1645 =
SIS 06 33 99).
c) Wie der VI. Senat des BFH mit Urteil vom
20.7.2005 VI R 165/01 (BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890 = SIS 05 37 93) entschieden hat, fließt den Arbeitnehmern (noch) kein
Arbeitslohn zu, wenn der Arbeitgeber vom tarifvertraglich
geschuldeten Bruttolohn lediglich einen Beitrag zu seinen
Versorgungsausgaben einbehält und diesen Beitrag einer
Versorgungsrückstellung oder einem Sondervermögen
innerhalb seines Haushalts zuführt. Dabei reicht die Zusage
des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu
erbringen, für den Zufluss auch dann nicht aus, wenn der
Arbeitgeber interne Maßnahmen getroffen hat, um den
entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers finanziell abzusichern
(BFH-Urteil vom 27.5.1993 VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994,
246 = SIS 93 23 54).
Diesen Erwägungen schließt sich der
erkennende Senat an.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten
regelmäßig noch nicht zum Zufluss von Einnahmen.
Einnahmen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) sind vielmehr zugeflossen,
sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich
verfügen kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14.2.1984 VIII R
221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480 = SIS 84 13 19; vom
22.7.1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755 = SIS 97 22 03, und vom 30.10.2001 VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II
2002, 138 = SIS 02 03 76).
bb) Geldbeträge fließen dem
Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt
oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut
gutgeschrieben werden. Daneben kann eine Einnahme auch durch eine
Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten zufließen
oder durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und
Gläubiger, dass der Betrag fortan aus einem anderen
Rechtsgrund geschuldet werden soll, bewirkt werden (BFH-Urteil in
BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755 = SIS 97 22 03). Allerdings
erfordert der Zufluss durch Gutschrift nicht nur das
buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung, sondern
es muss darüber hinaus zum Ausdruck gebracht werden, dass der
Betrag dem Berechtigten von nun an - ohne weiteres Zutun des
Verpflichteten - zur Verwendung zur Verfügung stehen soll
(BFH-Urteile vom 30.10.1980 IV R 97/78, BFHE 132, 410, 413, BStBl
II 1981, 305, 306 = SIS 81 07 58; vom 14.5.1982 VI R 124/77, BFHE
135, 542, 546 f. = SIS 82 14 28, BStBl II 1982, 469, 472 = SIS 82 14 28, und in BFHE 140, 542, 545, BStBl II 1984, 480, 482 = SIS 84 11 05, m.w.N.). Der Zufluss durch Schuldumschaffung (Novation)
setzt eine Verfügung des Gläubigers über seine
bisherige Forderung voraus, die einkommensteuerrechtlich so zu
werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch
tatsächliche Zahlung beglichen und der Gläubiger den
vereinnahmten Betrag infolge des neugeschaffenen
Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur
Verfügung gestellt hätte (Senatsurteil vom 24.3.1993 X R
55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499 = SIS 93 12 21). Von einem
Zufluss der Altforderung beim Gläubiger i.S. von § 11
Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen allerdings nur dann
ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der
Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des
Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellt
und damit auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht
(BFH-Urteile in BFHE 184, 21, 29, BStBl II 1997, 755, 759 = SIS 97 22 03, m.w.N., und in BFHE 197, 126, 133, BStBl II 2002, 138, 141 =
SIS 02 03 76).
cc) Nach diesen Maßstäben
begründet nicht der Anspruch auf die Leistung den
gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn, sondern erst die
Erfüllung dieses Anspruchs in der Weise, dass der Arbeitgeber
die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt und dem
Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die
in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter verschafft (jeweils
m.w.N.: BFH-Entscheidungen vom 23.7.1999 VI B 116/99, BFHE 189,
403, BStBl II 1999, 684 = SIS 99 20 47, sowie vom 24.1.2001 I R
100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509 = SIS 01 08 94, und I R
119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512 = SIS 01 08 95, zum
Zeitpunkt des Zuflusses bei Einräumung von
Aktienoptionsrechten; BFH-Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99, BFHE
209, 549, BStBl II 2005, 766 = SIS 05 33 29, zum Zeitpunkt des
Zuflusses bei Einräumung des Anspruchs auf Verschaffung von
Aktien durch Übertragung von Wandelschuldverschreibungen;
BFH-Urteil vom 16.4.1999 VI R 60/96, BFHE 188, 334, BStBl II 2000,
406 = SIS 99 16 04, zum Zeitpunkt des Zuflusses bei
Zukunftssicherungsleistungen; vgl. zusammenfassend Offerhaus,
Steuer und Wirtschaft - StuW - 2006, 317, 320).
dd) Mit der Zusage des Arbeitgebers, dem
Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, ist der Zufluss
eines geldwerten Vorteils in der Regel noch nicht verwirklicht.
Dementsprechend stellen etwa die Zuführungen des Arbeitgebers
zu einer Pensionsrückstellung bei der Erteilung einer
Direktzusage im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung mangels
Zuflusses von Vermögenswerten beim Arbeitnehmer noch keinen
(regelmäßig steuerpflichtigen) Lohnzufluss dar (vgl.
Bick/Strohner, DStR 2005, 1033, 1035; Horlemann, Steuerliche
Förderkonzepte und neue Durchführungswege in der
betrieblichen und privaten Altersversorgung, 2001, 44; a.A.:
Birk/Wernsmann, Die Besteuerung der Alterssicherung in ihren
verschiedenen Formen, in: Cramer/Förster/Ruland, Handbuch zur
Altersversorgung, 1998, 833, 840).
ee) In seiner Entscheidung in BFHE 209, 571,
BStBl II 2005, 890 = SIS 05 37 93 ist der VI. Senat des BFH zu
Recht davon ausgegangen, dass die genannten Maßstäbe zur
Bestimmung des Zuflusszeitpunkts nicht nur in Fällen gelten,
in denen die der Versorgungsrückstellung zugeführten
Beträge vom Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten
Barlohn bereitgestellt werden, sondern auch dann Anwendung finden,
wenn die Beträge durch einvernehmliche Herabsetzung des
laufenden Gehalts aufgebracht werden
(„arbeitnehmerfinanzierte betriebliche
Altersversorgung“ durch aufgeschobene Vergütung,
vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
4.2.2000 IV C 5 - S 2332 - 11/00, BStBl I 2000, 354 = SIS 00 04 09;
Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 19 Rz 50 Stichwort
„Versorgungszusage“; Wolf, DB 1999, 16;
Niermann, DB 2000, 347; Pröpper, DB 2003, 174; Offerhaus, StuW
2006, 317, 322).
Mit dieser Einordnung ist
regelmäßig zugleich die Verlagerung des
Besteuerungszugriffs vom Zeitpunkt der Zusage und der
Gehaltsherabsetzung auf den (späteren) Eintritt des
Versorgungsfalls verbunden. Der Besteuerungsaufschub trägt dem
Erfordernis Rechnung, dass die Steuererhebung aus zwingenden
verfassungsrechtlichen Gründen erst dort ansetzen darf, wo der
Arbeitnehmer eine Steigerung seiner wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit erfährt, indem sein steuerlich
relevantes Vermögen durch eine durch das
Arbeitsverhältnis veranlasste Zuwendung tatsächlich
vermehrt wird (vgl. Bartone, in: Carlé/Stahl/Strahl,
Festschrift für Klaus Korn, 2005, 79, 94 f., zur Besteuerung
erst im Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts im Falle
einer vom Arbeitgeber eingeräumten Aktienoption). Jedenfalls
für den Regelfall, in dem nicht nur die späteren
Ruhegeldbezüge, sondern auch die vorangegangenen laufenden
Gehaltszahlungen steuerpflichtig sind, liegt eine solche
Verlagerung daher auch im objektiven wirtschaftlichen Interesse des
Arbeitnehmers.
ff) Etwas anderes gilt nur dann, wenn der
Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen
unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten
verschafft (BFH-Entscheidungen in BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684
= SIS 99 20 47; in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509 = SIS 01 08 94; in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512 = SIS 01 08 95, und vom
12.9.2001 VI R 154/99, BFHE 196, 539, BStBl II 2002, 22 = SIS 02 01 50).
Dies kann etwa dadurch geschehen, dass er ihm
mit den Beiträgen am Markt zu einem Versicherungsschutz
gegenüber einer Versorgungseinrichtung verhilft (BFH-Urteil in
BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890 = SIS 05 37 93). Auch in diesem
Fall wird der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des
Arbeitgebers, z.B. Versicherungsschutz zu gewähren,
herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses
Versprechens, insbesondere durch die Leistung der
Versicherungsbeiträge in der Weise, dass ein eigener
unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die
Versicherungsleistung entsteht (BFH-Urteile in BFHE 209, 549, BStBl
II 2005, 766 = SIS 05 33 29, und in BFHE 188, 334, BStBl II 2000,
406 = SIS 99 16 04; vgl. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 1645
= SIS 06 33 99, für den Zufluss der von einer Rundfunkanstalt
erbrachten Anstaltsbeiträge an eine Pensionskasse bei einem
als „Rundfunkermittler“ tätigen freien
Mitarbeiter). Waren die Zuführungen des Arbeitgebers an diese
Versorgungseinrichtung gegenwärtig zufließender
Arbeitslohn der Arbeitnehmer, so erhält der Arbeitnehmer die
späteren Leistungen aus der Versicherung nicht mehr aufgrund
des Dienstverhältnisses (BFH-Entscheidungen in BFHE 189, 403,
BStBl II 1999, 684 = SIS 99 20 47, und in BFHE 209, 571, BStBl II
2005, 890 = SIS 05 37 93); sie sind dann als Leibrenten nur mit
ihrem Ertragsanteil steuerbar (Senatsurteil in BFHE 181, 165, BStBl
II 1996, 650 = SIS 97 02 01; Heuermann/Wagner, Das gesamte
Lohnsteuerrecht, Teil D Rz. 186).
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf
den Streitfall hat der Kläger zur Erlangung der späteren
Ruhebezüge eigenes Vermögen nicht eingesetzt. Die von
seinem Arbeitslohn einbehaltene „staff members’
contribution“ zu den Versorgungsausgaben der NATO war ihm
nicht als Arbeitslohn zugeflossen.
a) Nach dem seit Juli 1974 geltenden
Pensionssystem der NATO sollten die späteren Ruhegehälter
des Klägers (wie auch tatsächlich geschehen) aus dem
laufenden Haushalt der Organisation gezahlt werden. Mit dem
Lohneinbehalt war ein eigenständiger Rechtsanspruch des
Klägers gegen einen als Träger der Versorgungsleistungen
auftretenden Dritten nicht verbunden. Über eine rechtlich von
der Organisation getrennte Versorgungseinrichtung verfügte -
und verfügt - die NATO nicht (Ullrich, IStR
Länderbericht, zu Heft 19/2006, 1); der Träger der
Versorgungsleistungen ist im Wesentlichen identisch mit der
Anstellungsbehörde des Bediensteten (Ullrich, Zeitschrift
für Beamtenrecht - ZBR - 1995, 225, 226). Entgegen der
Auffassung des FG ist es daher unerheblich, inwieweit die
Versorgungsbeiträge - wie klägerseitig vorgetragen - im
Haushaltsplan der NATO vom übrigen Vermögen der
Organisation getrennt ausgewiesen und den einzelnen Mitarbeitern
als ihnen zustehender Anteil am Kapitalstock gutgeschrieben worden
sind. Auch der Umstand, dass die NATO von der rechtlichen
Verselbständigung ihrer Versorgungseinrichtung vor allem
deshalb abgesehen hat, weil dies im Falle der Auflösung der
Organisation die rechtliche Durchsetzung der subsidiären
Haftung der Mitgliedstaaten für die Versorgungsleistungen
erheblich erschweren würde, gewinnt für die Frage des
Zuflusses keine Bedeutung (anderer Auffassung: Ullrich,
IStR-Länderbericht 19/2006, 1).
b) Der Senat lässt dahinstehen, ob er dem
FG darin zu folgen vermag, dass sich die neue Gestaltung der
Finanzierung des Pensionssystems im Ergebnis von dem zuvor
bestehenden Versorgungsfonds nicht unterscheidet.
Für die Einordnung der streitigen
Ruhegelder als sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a EStG ließe sich daraus nichts herleiten. Die
These der Kläger, der Senat habe in seinem Urteil in BFHE 161,
16, BStBl II 1990, 1062 = SIS 90 19 43 die Bezüge aus diesem
vorhergehenden Versorgungsfonds gererell den Leibrenten zugeordnet,
trifft ebenso wenig zu wie die Überlegung des FG, aus dem
genannten Urteil lasse sich entnehmen, dass Bezüge aus einem
Versorgungssystem, das lediglich zu einem Drittel von Seiten der
Arbeitnehmer finanziert wird, i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2
der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) teilweise auf
eigenen Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten beruhten und
deshalb in vollem Umfang (und nicht nur
verhältnismäßig) als sonstige Einkünfte zu
besteuern seien.
Die Entscheidung in BFHE 161, 16, BStBl II
1990, 1062 = SIS 90 19 43 betraf den Sonderfall, dass sich der
Steuerpflichtige durch eine Einmalzahlung in eine neue
Pensionsregelung einkauft. Bei Zweifeln an der
Ermächtigungskonformität des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2
LStDV hat der Senat dort - bezogen auf den entschiedenen Einzelfall
- eine Aufteilung in mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrenten
einerseits und mit ihrem Nennbetrag steuerbare Ruhegelder
andererseits explizit vorgenommen. Zudem stammte zwar jene
Einmalzahlung aus den Ansparungen in einen Versorgungsfonds, der
dem bis 1974 von der NATO betriebenen Kapitalansammlungsfonds
vergleichbar gewesen sein mag. Ausschlaggebend für die
Einordnung der Einmalzahlung als Beitragsleistung aus eigenen
Mitteln des seinerzeitigen Klägers war jedoch der Umstand,
dass die in jenem Fonds angesammelten Beträge dem
Steuerpflichtigen - anders als hier - wegen des vorangegangenen
Ausscheidens aus dem aktiven Dienst und des damit verbundenen
Wegfalls der Verwendungssperre bereits zugeflossen waren.
c) Der vom FG vertretenen Ansicht, es sei
für den Streitfall von Bedeutung, dass die einbehaltenen
Gehaltsanteile nach dem Willen der Vertragsparteien Teil des
vereinbarten Arbeitslohns gewesen seien, kann der Senat nicht
beitreten. Sie ist bereits im Ausgangspunkt bedenklich, weil das
mit dieser Einordnung verbundene Entstehen eines Steueranspruchs
nicht auf diesem Wege zur Disposition der Beteiligten gestellt
werden kann. Vor allem aber kommt es letztlich nicht darauf an, ob
zwischen der NATO und dem Kläger eine Lohnauszahlung oder eine
Gehaltskürzung verabredet war. Entscheidend ist vielmehr nur,
ob es im Zeitpunkt des Einbehalts bereits zu einem Zufluss von
Arbeitslohn gekommen ist.
d) Davon kann indessen keine Rede sein. Weder
bewirkte die Aufnahme der einbehaltenen Beträge in den
Haushaltsplan der NATO eine Gutschrift zugunsten des Klägers
in der Weise, dass er als Berechtigter sogleich über diesen
Teil des Arbeitslohns aus eigenem Recht sollte verfügen
können, noch lag darin eine Schuldumschaffung, die auf einem
eigenen, freien Entschluss des Klägers beruht hätte. Als
Arbeitnehmer der NATO war der Kläger vielmehr - wie das FG
hervorgehoben hat - zwingend in die Systeme der Organisation
für Versorgung und soziale Absicherung aufgenommen.
Dafür, dass es dem Kläger
möglich gewesen wäre, auf die ihm seitens der NATO
erteilte Versorgungszusage anteilig zu verzichten und sich an deren
Stelle die „staff members’ contribution“
schon während seiner aktiven Dienstzeit bar auszahlen zu
lassen, bieten die Feststellungen des FG keinerlei Anhaltspunkte.
Von dem hier nicht einschlägigen Fall des Ausscheidens aus der
Organisation vor Ablauf der für den Erwerb eines
Pensionsrechts erforderlichen Mindestdienstzeit (Art. 11 des
Anhangs IV zu den NCPR) abgesehen, schloss Art. 41 Abs. 6 Satz 1
des Anhangs IV zu den NCPR die zu Recht einbehaltenen Beiträge
zudem ausdrücklich von einer Rückerstattung an die
Mitarbeiter aus.
Dass der Beitrag der Mitarbeiter zu dem
Versorgungssystem nach Art. 41 Abs. 2 des Anhangs IV zu den NCPR
von deren Löhnen einbehalten bzw. abgezogen
(„deducted“) wurde, ist für die steuerliche
Beurteilung unerheblich. Zwar ist der Arbeitnehmer durch den
Beitrag belastet, weil sich das ausgezahlte Arbeitsentgelt
entsprechend verringert. Der Zufluss muss jedoch nach
einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen (§ 11 Abs. 1 Satz
1 EStG) bestimmt werden. Die Einbehaltung der „staff
members’ contribution“ bewirkte mithin im
wirtschaftlichen Ergebnis eine Gehaltskürzung (vgl. hierzu
BFH-Urteil in BFHE 209, 571, 575 f., BStBl II 2005, 890, 892 = SIS 05 37 93).
e) Ob die von der Finanzverwaltung
praktizierte Besteuerung der Renten ehemaliger Bediensteter der
Europäischen Organisation für Kernforschung - CERN -
(Verfügungen der Oberfinanzdirektion - OFD - Düsseldorf
vom 18.8.1994 S 2255 A - St 11 H, juris Nr: FMNR197400087, und der
OFD Frankfurt vom 25.1.1996 S 2255 A -11- St II 22, juris Nr:
FMNR056310096 = SIS 96 17 01) sowie der von den Vereinten Nationen
und ihren Sonderorganisationen gezahlten Versorgungs- und
Hinterbliebenenbezüge (Erlass des Finanzministeriums des
Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.1.1994, ohne Az., juris Nr:
FMNR813400094) lediglich mit einem Ertragsanteil nach den
vorstehenden Maßstäben auf einer zutreffenden Auslegung
des Gesetzes beruht, ist im Streitfall nicht zu erörtern.
4. Beruhen die Versorgungsbezüge nach dem
Pensionssystem der NATO nicht auf eigenen Beitragsleistungen des
bezugsberechtigten ehemaligen Bediensteten, so sind sie in vollem
Umfang als Ruhegelder aus früheren Dienstleistungen nach
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbar und nicht
steuerbefreit (gleicher Ansicht: BMF-Schreiben vom 3.8.1998 IV C 6
- S 1311 - 97/98, BStBl I 1998, 1042 = SIS 98 20 01, Tz. 5; anderer
Auffassung neben der Vorinstanz auch FG München, Urteil vom
13.8.2003 10 K 2876/03, juris Nr: STRE200372094 = SIS 04 02 03,
für das Ruhegehalt der Europäischen Patentorganisation -
EPO -, sowie Ullrich, IStR-Länderbericht 19/2006, 1, 2, und in
ZBR 1995, 225, 226 - Fußnote 7 - ).
a) Dagegen können die Kläger nicht
einwenden, dass die verzinste Summe der im Laufe der aktiven
Tätigkeit als „staff members’
contribution“ einbehaltenen Gehaltsbestandteile von der
Finanzverwaltung jedenfalls dann als steuerfrei behandelt werde,
wenn sie im Zuge der Abfindungsregelung nach Art. 11 des Anhangs IV
zu den NCPR zur Auszahlung an den ausscheidenden Bediensteten
gelangt (Tz. 8 des BMF-Schreibens in BStBl I 1998, 1042 = SIS 98 20 01). Die Verwaltungsregelung bezieht sich erkennbar nur auf
Einmalzahlungen, die mit den hier streitigen laufenden
Versorgungsleistungen der Sache nach nicht vergleichbar sind.
Inwieweit die von der NATO bezogenen Einkünfte von der
deutschen Einkommensteuer zu befreien sind, bestimmt sich im
Übrigen ausschließlich danach, ob sie an einen
Bediensteten eines Alliierten Hauptquartiers in seiner Eigenschaft
als derartiger Bediensteter gezahlt worden sind (Art. 7 Abs. 2 Satz
1 des Protokolls über die NATO-Hauptquartiere). Die genannten
Voraussetzungen mögen im Falle einer Abfindungszahlung im
Zuflusszeitpunkt noch vorgelegen haben. Darüber ist im
Streitfall indessen nicht zu entscheiden.
b) Denn zumindest auf die laufenden
Ruhegehaltszahlungen der NATO an ihre früheren Bediensteten
findet die Steuerbefreiung keine Anwendung.
aa) Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls
über die NATO-Hauptquartiere enthält - anders als etwa
Art. X Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen den Parteien des
Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen
(NATO-Truppenstatut) vom 19.6.1951 (BGBl II 1961, 1190) - keine
Ausnahme von der unbeschränkten Steuerpflicht, sondern eine
den Regelungen des § 3 EStG vergleichbare Steuerbefreiung
(vgl. dazu BFH-Urteil vom 6.8.1998 IV R 75/97, BFHE 186, 410, BStBl
II 1998, 732 = SIS 98 23 55). Maßgeblich für deren
Auslegung ist nicht die deutsche Übersetzung, sondern - wie
sich aus der Schlussformel des Protokolls über die
NATO-Hauptquartiere ergibt - die Originalfassung in englischer und
französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut
gleichermaßen verbindlich ist.
bb) In englischer Sprache sind als Subjekte
der Steuerbefreiung „employees“ genannt, in
französischer Sprache „employés“.
Gegenstand der Steuerbefreiung sind im englischen Text die
„salaries and emoluments“, im französischen
Text die „traitements et émoluments“ (und
zwar „paid to them ... in their capacity as such
employees“ bzw. „qui leur sont versés en
cette qualité“). Diese Begriffe umfassen in der
ihnen in dem hier maßgeblichen Zusammenhang zukommenden
gewöhnlichen Bedeutung (BFH-Urteil in BFHE 186, 410, BStBl II
1998, 732 = SIS 98 23 55, m.w.N.) nicht die Ruhegehaltszahlungen an
ehemalige Bedienstete.
Der englische Begriff
„employee“ bezeichnet „a person in the
service of another ..., where the employer has the power or right
to control and direct the employee in the material details of how
the work is to be performed“ (Black’s Law
Dictionary, 5th edition, 1979). Der französische Begriff
„employé“ umschreibt eine
„personne salariée qui travaille dans un bureau ...
sans avoir de responsabilité d’encadrement“
(Le Petit Larousse Illustré, 2004). In beiden Sprachen steht
außer Frage, dass die bezeichnete Personengruppe im
maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich einer aktiven
Beschäftigung nachgeht. Es gibt in dem hier interessierenden
Zusammenhang keinen Anhaltspunkt dafür, dass unter
„employee“ oder
„employé“ auch ein ehemaliger
Bediensteter im Ruhestand zu verstehen wäre.
Gleichermaßen werden in englischer
Sprache der Begriff „salary“ für
„a reward or recompense for services performed“
und der Begriff „emolument“ für
„the profit arising from office or employment; that which
is received as a compensation for services“
(Black’s Law Dictionary, a.a.O.) verwendet. Im
Französischen werden der Begriff
„traitement“ mit „rémuneration
d’un fonctionnaire“ und der Begriff
„émolument“ mit „traitement,
salaire attaché à un emploi“ (Le Petit
Larousse Illustré, a.a.O.) umschrieben. Damit gemeint sind
folglich die Gegenleistungen des Arbeitgebers für geleistete
Dienste, soweit sie mit der tatsächlichen Ausübung einer
Beschäftigung oder der Wahrnehmung eines Amtes verbunden sind.
In diesem Zusammenhang ist ebenfalls nicht erkennbar, dass die
genannten Begriffe über diesen Bedeutungsgehalt hinaus noch
für Ruhegehaltszahlungen Verwendung finden würden.
cc) Zur Auslegung internationaler
Verträge können auch die Bestimmungen anderer
internationaler Verträge herangezogen werden (BFH-Urteil in
BFHE 186, 410, 414, BStBl II 1998, 732, 733 = SIS 98 23 55,
m.w.N.). Die NATO gehört zu den sog. Koordinierten
Organisationen, die sich aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahre
1958 zu einer weitgehenden Koordinierung von Teilen der
Personalpolitik und der Personalverwaltung verpflichtet haben und
seit dem Jahre 1974 im Bereich der Versorgung eng zusammenarbeiten
(Ullrich, ZBR 1995, 225, 226). Für sie bietet sich daher
insbesondere ein Vergleich mit dem Verständnis der in Art. 7
Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die NATO-Hauptquartiere
enthaltenen Begriffe im Rahmen der Steuerbefreiungen für die
Beschäftigten anderer Koordinierter Organisationen an.
Der Begriff „employees“
wird der englischen Fassung des Art. 13 des Übereinkommens
über die Erteilung europäischer Patente
(Europäisches Patentübereinkommen) vom 5.10.1973 (BGBl II
1976, 826) ausdrücklich in Abgrenzung zu dem Begriff
„former employees“ verwendet; mit Letzterem
werden die ehemaligen Bediensteten der EPO bezeichnet (Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.1996 2 C 11.95, BVerwGE 102,
320, 325, ZBR 1997, 233, 234). Art. 16 Abs. 2 des Protokolls
über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen
Patentorganisation (Protokoll über Vorrechte und
Immunitäten) vom 5.10.1973 (BGBl II 1976, 985), das
Bestandteil des Europäischen Patentübereinkommens ist,
bestimmt, dass die Steuerbefreiung für die Bediensteten der
EPO auf Zahlungen an „former employees“ nicht
anzuwenden ist. Von dieser Regelung betroffen sind
„pensions and annuities“ bzw. (im
französischen Text) „pensions et
retraites“. Die Steuerbefreiung nach Art. 16 Abs. 1 des
Protokolls über Vorrechte und Immunitäten hingegen gilt
für „salaries and emoluments“ bzw. für
„traitements et salaires“.
Vergleichbare Ausnahmen von der
Steuerbefreiung enthalten Art. 15 Abs. 2 des Protokolls über
die Vorrechte und Immunitäten des Europäischen Zentrums
für mittelfristige Wettervorhersage vom 11.10.1973 (BGBl II
1975, 895) für „pensions and similar
payments“ bzw. für „pensions et prestations
similaires“, Art. 19 Abs. 2 des Protokolls über die
Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation
für Astronomische Forschung in der Südlichen
Hemisphäre vom 13.8.1974 (BGBl II 1975, 395) für
„rentes et pensions“ und Art. XVIII Abs. 2 des
Übereinkommens zur Gründung einer Europäischen
Weltraumorganisation vom 30.5.1975 (BGBl II 1976, 1862) für
„annuities and pensions“ bzw. für
„rentes et pensions“. Demgegenüber ist im
jeweiligen Abs. 1 der drei genannten Vorschriften die Befreiung der
Bediensteten von der nationalen Besteuerung geregelt; davon
gegenständlich erfasst sind dort jeweils „salaries,
wages and emoluments“ bzw. „traitements,
salaires et émoluments“, „traitements et
émoluments“ und „salaries and
emoluments“ bzw. „traitements et
émoluments“.
Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass
unter den in Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die
NATO-Hauptquartiere verwendeten Begriffen für den Gegenstand
der Steuerbefreiung („salaries and emoluments“
bzw. „traitements et émoluments“)
ungeachtet der insoweit unscharfen deutschen Übersetzung
(„Bezüge und Einkünfte“) keine
Ruhegehaltszahlungen verstanden werden können. Denn
Versorgungsleistungen an ehemalige Bedienstete werden im englischen
Abkommenssprachgebrauch - in Abgrenzung von diesen Begriffen -
durchgehend als „annuities“ oder
„pensions“ und im französischen
Abkommenssprachgebrauch regelmäßig als
„rentes“, „pensions“ oder
„retraites“ bezeichnet. Der Vergleich der
Abkommenstexte bestätigt damit das bereits anhand der
gewöhnlichen Wortbedeutung gewonnene Auslegungsergebnis.
dd) Wie die Zubilligung des Steuerausgleichs
nach Art. 42 des Anhangs IV zu den NCPR zeigt, geht im Übrigen
auch die NATO selbst jedenfalls für ihre laufenden
Ruhegehaltszahlungen vom Wegfall der zwischen ihren Vertragsstaaten
vereinbarten Steuerbefreiung aus. Dieses Ergebnis entspricht auch
dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Die Steuerfreiheit soll den funktionellen
Bedürfnissen der NATO nach Unabhängigkeit vom nationalen
Besteuerungszugriff Rechnung tragen (vgl. Lehner/Waldhoff, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 1 Rdnr. C 134,
m.w.N.). Damit soll vermieden werden, dass dem steuerberechtigten
Staat durch die Besteuerung ein Druckmittel gegen die betroffenen
Personen und damit auch gegen die Organisation selbst in die Hand
gegeben werden könnte (BFH-Urteil in BFHE 186, 410, BStBl II
1998, 732 = SIS 98 23 55). Die Befreiung beruht zudem auf dem
Gedanken, dass ein Staat aus der Tatsache, dass die
zwischenstaatliche Organisation auf seinem Gebiet ihren Sitz
errichtet, keinen Gewinn ziehen soll (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das
Recht der Internationalen Organisationen, 7. Aufl., Rz. 1927). So
ist etwa - in Bezug auf die EPO - in Art. 19 Abs. 1 des Protokolls
über Vorrechte und Immunitäten und - in Bezug auf die
NATO - in Art. 22 des Übereinkommens über den Status der
Nordatlantikvertrags-Organisation, der nationalen Vertreter und des
internationalen Personals vom 20.9.1951 (BGBl II 1958, 118)
ausdrücklich bestimmt, dass die dort enthaltenen Vorrechte den
Bediensteten im Interesse der Organisation, nicht aber zu ihrem
persönlichen Vorteil gewährt werden. Die Steuerbefreiung
erlischt daher, sobald der Bedienstete in den Ruhestand tritt,
keiner Residenzpflicht am Sitz der Organisation mehr unterliegt und
eine Besteuerung die genannten Bedürfnisse nicht mehr
gefährden kann (gleicher Ansicht: BMF-Schreiben in BStBl I
1998, 1042 = SIS 98 20 01, Tz. 2; Blümich/Erhard, § 3
EStG Rz. 296; Hundt, Internationale Wirtschaftsbriefe Fach 10
Gruppe 2, 307, 313 f.; Ullrich, IStR-Länderbericht 19/2006, 1;
implizit auch Senatsurteil in BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062 =
SIS 90 19 43; anderer Auffassung: Kramer, Die Besteuerung der
Bediensteten Internationaler Organisationen unter besonderer
Berücksichtigung der Rechtslage in der Bundesrepublik
Deutschland, Diss. Bonn 1977, S. 127 ff.).
5. Die Vorentscheidung ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sie war daher aufzuheben. Die
Sache ist spruchreif. Da die Kläger durch die
Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre nicht in
ihren Rechten verletzt sind, war die Klage als unbegründet
abzuweisen.