Ehescheidung, Beamter, Verzicht auf Versorgungsausgleich, WK-Abzug: 1. Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 1408 Abs. 2 BGB an seinen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden, sind sofort als Werbungskosten abziehbar (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 8.3.2006 IX R 107/00 = SIS 06 16 49). - 2. Werden die Abfindungszahlungen fremdfinanziert, kann der Beamte die dadurch entstehenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit absetzen. - Urt.; BFH 8.3.2006, IX R 78/01; SIS 06 16 50
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob eine Zahlung des Klägers und Revisionsklägers
(Kläger) als Gegenleistung für den Verzicht seiner
früheren Ehefrau auf den Versorgungsausgleich sowie damit
zusammenhängende Darlehenszinsen als vorab entstandene
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen
sind.
Der Kläger ist Soldat. Seine Ehe wurde
am 18.10.1996 (Streitjahr) rechtskräftig geschieden, nachdem
die Eheleute bereits seit April 1995 getrennt gelebt hatten. Mehr
als ein Jahr vor der Stellung des Scheidungsantrags, nämlich
am 19.4.1995, hatten sie in einer notariell beurkundeten
Vereinbarung für den Fall der Scheidung jeglichen
Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Als Gegenleistung hatte sich
der Kläger gegenüber seiner Ehefrau zu Zahlungen von
30.000 DM verpflichtet, und zwar fällig innerhalb von dreizehn
Monaten nach dem Tag der Ausreise der Ehefrau in die USA.
In seiner Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte der Kläger die an seine Ehefrau
gezahlten 30.000 DM und damit zusammenhängende Schuldzinsen in
Höhe von 2.081 DM als vorab entstandene Werbungskosten bei
seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend,
weil diese Aufwendungen der Erhaltung ungeschmälerter
künftiger Versorgungsbezüge gedient hätten. Dem
folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
nur in Bezug auf die Schuldzinsen.
Im Verlauf des anschließenden
Klageverfahrens änderte das FA den Einkommensteuerbescheid
für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung nach
§ 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), indem es die
Zinsen ebenfalls nicht mehr als Werbungskosten
berücksichtigte. Den geänderten Bescheid machte der
Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
Die Klage blieb erfolglos. In seinem in EFG
2001, 1593 = SIS 02 81 79 veröffentlichten Urteil führte
das Finanzgericht (FG) aus, die im Vorgriff auf die Scheidung
geleistete Zahlung des Klägers führe wegen des nur sehr
entfernten Zusammenhangs mit seinem Beruf nicht zu Werbungskosten.
Es handele sich bei der Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) um eine nichtsteuerbare
Angelegenheit auf der Vermögensebene, so dass auch
Schuldzinsen nicht abgezogen werden könnten.
Seine Revision stützt der Kläger
auf Verletzung materiellen Rechts. Die an die Ehefrau gezahlte
Abfindung sei steuerrechtlich so zu behandeln wie eine sog.
Auffüllungszahlung nach § 58 des
Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) an den Dienstherrn, die als
vorab entstandene Werbungskosten abziehbar seien. In beiden
Fällen werde gezahlt, um eine Kürzung der Beamtenpension
zu vermeiden.
Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für
1996 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 9.8.1999 dahin
gehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von
32.081 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Klage stattzugeben
(§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Unzutreffend hat das FG
Ausgleichszahlung und Zinsen in Höhe von insgesamt 32.081 DM
nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt.
1. Die an die frühere Ehefrau geleisteten
30.000 DM sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) sofort abziehbar.
Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der
Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie
erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn mit dem
Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden.
Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab
entstandener Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter
wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der
Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die
betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richtet
(Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
4.7.1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 = SIS 90 18 09; BFH-Urteil vom 11.1.2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II
2005, 477 = SIS 05 21 69).
Nach diesen Maßstäben hat der
erkennende Senat in seiner Entscheidung in der Sache IX R 107/00 =
SIS 06 16 49 vom heutigen Tag, auf die zur Vermeidung von
Wiederholungen verwiesen wird, Ausgleichszahlungen, die ein zum
Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte auf Grund einer
Vereinbarung gemäß § 1587o BGB an den anderen
Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge
(§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, ebenso wie
Auffüllungszahlungen nach § 58 BeamtVG als sofort
abziehbare Werbungskosten beurteilt.
Nichts anderes gilt für
Ausgleichszahlungen, die - wie hier - auf Grundlage einer
Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für
einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich an den früheren
Ehegatten gezahlt werden. Denn auch hier wendet der Ehegatte etwas
auf, um die Kürzung seiner künftigen
Versorgungsbezüge zu verhindern. Es macht keinen Unterschied,
dass die Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB nicht im
Zusammenhang mit einer Scheidung getroffen wird, ist sie doch
ebenso wie eine Vereinbarung nach § 1587o BGB auf eine
Sicherung der Versorgungsansprüche gerichtet (vgl. dazu auch
Palandt/ Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 65.
Aufl., § 1408 Rn. 20).
2. Auch die im Zusammenhang mit der
Finanzierung der Ausgleichszahlung entstandenen Schuldzinsen in
Höhe von 2.081 DM sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Der wirtschaftliche
Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit ergibt sich schon deshalb, weil der Kläger mit der
Ausgleichszahlung Werbungskosten fremdfinanziert hatte.
3. Da die Vorentscheidung diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die
Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Weitere
Werbungskosten von 32.081 DM sind von den Einnahmen abzuziehen. Der
Senat überträgt die Errechnung der Einkommensteuer
für das Streitjahr gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO dem FA.