Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.08.2021 - 12 K
12186/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) bezieht als pensionierte Landesbeamtin
Versorgungsbezüge. Bis zum Eintritt in den Ruhestand war sie
hauptamtlich für die Gewerkschaft … (Gewerkschaft X) im
Deutschen Gewerkschaftsbund tätig und hierfür von ihrem
Dienstherrn freigestellt. Seit dem Eintritt in den Ruhestand ist
die Klägerin für verschiedene Gremien der Gewerkschaft X
ehrenamtlich tätig.
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Mit ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr (2016) machte sie Aufwendungen für
diese Tätigkeit in Höhe von … EUR als
Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen geltend.
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Dem folgte der Beklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) nicht.
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Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen
Klage gab das Finanzgericht (FG) statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
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das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom
03.08.2021 - 12 K 12186/19 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden,
dass die streitigen Aufwendungen der Klägerin als
Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen zu
berücksichtigen sind.
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1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1
Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Sie liegen nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor, wenn
zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein
Veranlassungszusammenhang besteht (z.B. Senatsurteile vom
06.05.2010 - VI R 25/09, BFHE 229, 297, BStBl II 2010, 851 = SIS 10 20 97, Rz 9 und vom 14.01.2021 - VI R 15/19, BFHE 272, 42, BStBl II
2021, 453 = SIS 21 04 60, Rz 11, jeweils m.w.N.).
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a) Dabei ist die Frage, ob der
Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass leistet oder
ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne
von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, anhand einer
Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
Nach dem Einkommensteuergesetz sind Aufwendungen dann als durch
eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie mit ihr in einem
steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang
stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang
besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die
betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen
die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrunds zur
einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (z.B.
Senatsurteil vom 06.05.2010 - VI R 25/09, BFHE 229, 297, BStBl II
2010, 851 = SIS 10 20 97, Rz 9, m.w.N.).
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b) Ob sich der streitige Aufwand konkret auf
die Höhe des Arbeitslohns auswirkt, ist dabei ohne Belang
(Senatsurteil vom 06.05.2010 - VI R 25/09, BFHE 229, 297, BStBl II
2010, 851 = SIS 10 20 97, Rz 9). Stehen Aufwendungen in einem
objektiven Zusammenhang mit dem Beruf, so ist es für den
Begriff der Werbungskosten überdies nicht von Bedeutung, ob
die Vorstellungen des Steuerpflichtigen, den Beruf zu fördern,
der Wirklichkeit entsprechen, das heißt geeignet sind, dieses
Ziel zu erreichen. Die Rechtsprechung hat daher die Anerkennung von
Werbungskosten und Betriebsausgaben grundsätzlich nicht davon
abhängig gemacht, ob der mit den Aufwendungen erstrebte Erfolg
eingetreten ist und ob die Aufwendungen nach objektiven
Gesichtspunkten üblich, notwendig oder zweckmäßig
waren. Vielmehr hat der Steuerpflichtige einen Ermessensspielraum,
ob und welche Aufwendungen er zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung seiner Einnahmen tätigt (so bereits Senatsurteil vom
28.11.1980 - VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368 = SIS 81 09 56, m.w.N.).
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c) Nach diesen Grundsätzen ist auch der
Abzug von Werbungskosten bei den Versorgungsbezügen zu
beurteilen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08.03.2006 - IX R 78/01, BFHE
212, 514, BStBl II 2006, 448 = SIS 06 16 50, unter II.1. sowie
Senatsurteile vom 24.03.2011 - VI R 59/10 = SIS 11 19 03, Rz 17 und vom 17.06.2010 - VI R
33/08 = SIS 10 32 14, Rz 12).
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d) Die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich
oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der
tatrichterlichen Würdigung des FG (Senatsurteil vom 06.03.2008
- VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316 = SIS 08 28 09, unter II.2.). Diese
ist für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO),
wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß
durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze
verstößt oder Erfahrungssätze verletzt
(ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 08.07.2015 -
VI R 77/14, BFHE 250, 518, BStBl II 2016, 60 = SIS 15 25 62, Rz 24,
m.w.N.).
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2. Die Würdigung des FG, die streitigen
Aufwendungen der Klägerin stünden in einem hinreichenden
Veranlassungszusammenhang mit ihren Versorgungsbezügen und
seien daher als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus §
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG zu berücksichtigen, ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Das FG ist ohne Verstoß gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze zu dem Schluss gelangt, der
erforderliche Veranlassungszusammenhang mit den
Versorgungsbezügen liege im Streitfall vor, weil die
Gewerkschaftsarbeit der Klägerin und die dadurch bedingten
Aufwendungen auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als
Ruhestandsbeamtin zielten.
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aa) Gewerkschaften sind dauernde freie
Vereinigungen von Arbeitnehmern zum Zwecke der Erlangung und
Erhaltung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen. Sie sind
solidarische Interessenvertretungen der ihnen angeschlossenen
Beschäftigten (Mitglieder), deren Zweck unter anderem auf die
Verbesserung der beruflichen Bedingungen ihrer angeschlossenen
Beschäftigten (Mitglieder), im Besonderen auch deren
Einnahmen, gerichtet ist. Art und Organisation der
Interessenvertretung stellen somit die Gewerkschaften - auch sofern
sie Industrieverband sind - an die Seite der echten
Berufsverbände, die ebenfalls objektiv in einem engen, durch
ihre Aufgabenstellung und ihre tägliche Arbeit sichtbaren
Zusammenhang mit den Berufen der in ihnen vereinigten Mitglieder
stehen. Unter diesen Gesichtspunkten sind auch Maßnahmen der
Mitglieder selbst zur Stärkung, Erhaltung und Förderung
des sie vertretenden Berufsverbands zu sehen. Da die Arbeit eines
Berufsverbands auf dem Gedanken beruht, dass nur die
Solidarität der Mitglieder zur Veränderung der
beruflichen Bedingungen zugunsten der angeschlossenen Mitglieder
führt, ist es folgerichtig, bei den Aufwendungen eines
Mitglieds zwecks Förderung der solidarischen Gemeinschaft
ebenfalls einen objektiven, durch Aufgabenstellung und Arbeit des
Berufsverbands sichtbar werdenden Zusammenhang mit seiner
Berufstätigkeit zu bejahen. Dieser Zusammenhang reicht aus,
den Werbungskostenbegriff zu erfüllen, obwohl die Aufwendungen
des einzelnen Mitglieds in der Regel nicht unmittelbar und allein
auf dessen eigene berufliche Bedingungen, sondern nur mittelbar
durch die Arbeit der Gemeinschaft auf die Verhältnisse
sämtlicher betroffener Mitglieder des Berufsverbands einwirken
können. Denn der Werbungskostenbegriff erfordert nicht einen
unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der
Förderung der Berufstätigkeit (Senatsurteil vom
28.11.1980 - VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368 = SIS 81 09 56).
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bb) An diesen Grundsätzen, die für
Aufwendungen im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit
für die zuständige Gewerkschaft eines berufstätigen
Steuerpflichtigen gelten, hält der Senat fest und
überträgt diese auch auf die ehrenamtliche Tätigkeit
eines nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Steuerpflichtigen,
der Versorgungsbezüge erhält. Denn Gewerkschaften - hier
die Gewerkschaft X - vertreten nicht nur die beruflichen Interessen
der berufstätigen Arbeitnehmer und Beamten, sondern auch die
Erwerbsinteressen von Pensionären. Sie streben
regelmäßig an, die Ergebnisse einer Tarifrunde im
öffentlichen Dienst zeitgleich und systemgerecht
beziehungsweise wirkungsgleich auf den Bereich Besoldung und
Versorgung zu übertragen (z.B. Pressemitteilung der Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft vom 07.06.2023, Überschrift:
„Bundesinnenministerium legt Entwurf eines
Besoldungsanpassungsgesetzes vor“, zur zeit-
und wirkungsgleichen Übertragung des Tarifabschlusses
Bund/Kommunen auf die Beamtinnen und Beamten des Bundes, die
Richterinnen und Richter sowie die Soldatinnen und Soldaten,
abrufbar im Zeitpunkt der Entscheidung unter
www.verdi.de/presse/pressemitteilungen).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist
die Würdigung des FG, dass die Aufwendungen der Klägerin,
die ihr im Rahmen ihrer Gewerkschaftstätigkeit entstanden
sind, in einem Veranlassungszusammenhang mit dem Erhalt und der
Sicherung ihrer Versorgungsbezüge stehen, jedenfalls
möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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c) Dem steht das Senatsurteil vom 05.11.1993 -
VI R 24/93 (BFHE 172, 478, BStBl II 1994, 238 = SIS 94 04 36) nicht
entgegen. Zwar hat der Senat in dieser Entscheidung Aufwendungen
einer emeritierten Professorin für eine gegenwärtig
ausgeübte Forschungstätigkeit nicht als Werbungskosten
bei den Emeritenbezügen und damit bei den Einkünften aus
früheren Dienstleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 und Abs. 2 EStG anerkannt. Tragend hierfür war die
Wertung des Senats, dass zwischen den gegenwärtigen
Aufwendungen eines entpflichteten Hochschulprofessors für
Forschungszwecke und seinen (Versorgungs-)Bezügen nach §
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kein steuerrechtlich anzuerkennender
wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Denn ebenso wie ein in den
Ruhestand versetzter Beamter erhalte ein entpflichteter Professor
seine Bezüge unabhängig davon, ob er eine Tätigkeit
ausübt oder nicht.
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Für die hier zu entscheidende Frage, ob
Aufwendungen eines Versorgungsempfängers im Zusammenhang mit
einer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit bei wertender
Betrachtung in einem erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang
vergleichbar einem Arbeitnehmer, der Einkünfte für eine
gegenwärtige Beschäftigung im Sinne des § 19 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, stehen und deshalb (ebenfalls) als
Werbungskosten bei den Einkünften aus früheren
Dienstleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und
Abs. 2 EStG abzugsfähig sind, lässt sich die vorgenannte
Entscheidung daher nicht fruchtbar machen.
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3. Die Höhe der geltend gemachten
Werbungskosten steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit. Das
FG hat der Klage nach alledem zu Recht stattgegeben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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