Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 17.10.2019 - 7
K 67/15 = SIS 20 13 83
aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische
Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob im Zuge der Übertragung eines Grundstücks mit
aufstehender Windkraftanlage (WKA) auf eine Personengesellschaft
die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung
(AfA) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu kürzen ist.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist die M-GbR. Sie wurde mit
Gesellschaftsvertrag (G-Vertrag) vom 24.02.2010, im
Innenverhältnis mit Wirkung ab dem 01.01.2010, gegründet
(§ 4 G-Vertrag). Gesellschafter der Klägerin sind G, J, D
und A zu je 25 %. Das Festkapital der Klägerin beträgt
10.000 EUR (§ 5 Nr. 1 G-Vertrag). Jeder Gesellschafter
hält hieran einen Anteil von 2.500 EUR (§ 5 Nr. 2
G-Vertrag). Gegenstand der Klägerin ist die Verwaltung eigenen
Vermögens, insbesondere von Grundstücken, das Betreiben
einer WKA sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte
(§ 2 G-Vertrag). Die Gewinnverteilung richtet sich nach den
Festkapitalkonten (§ 10 Nr. 1 G-Vertrag). Nach § 12 Nr. 6
G-Vertrag gewähren je 100 EUR Festkapitaleinlage eine Stimme
in der Gesellschafterversammlung. Im Falle der Auflösung der
Gesellschaft wird das sich bei der Liquidation ergebende
Vermögen im Verhältnis der (Fest-)Kapitalanteile an die
Gesellschafter verteilt (vgl. § 18 G-Vertrag).
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Zur Erfüllung der Einlageverpflichtung
der Gesellschafter ist nach § 5 Nr. 3 G-Vertrag ein
Grundstück mit aufstehender WKA auf die Klägerin zu
übertragen. Soweit der Wert der Einlage die Einlage
gemäß § 5 Nr. 2 G-Vertrag von nominal insgesamt
10.000 EUR übersteigt, ist dieser Betrag einem
gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto
gutzuschreiben.
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Das einzubringende Grundstück sollte
von der Besitz-GbR übertragen werden. An der Besitz-GbR waren
die GbR I zu 50 % sowie B und R zu jeweils 25 % beteiligt, an der
GbR I die Gesellschafter der Klägerin zu jeweils 25 %. Zum
Vermögen der Besitz-GbR gehörte ein Grundstück, das
mit einer Kläranlage und einer WKA bebaut war. Die Besitz-GbR
erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
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Bereits mit Auseinandersetzungsvertrag vom
28.12.2009 hatten die Gesellschafter der Besitz-GbR vereinbart,
dass die GbR I gegen Abfindung aus der Gesellschaft ausscheidet.
Zur Erfüllung des Abfindungsanspruchs sollte nach § 4 Nr.
1 des Auseinandersetzungsvertrags der mit der WKA bebaute Teil des
Grundstücks auf die neu gegründete Klägerin
übertragen werden. Der hinsichtlich der WKA mit dem Versorger
bestehende Stromeinspeisevertrag sollte im Innenverhältnis ab
dem 01.01.2010 auf die neu zu gründende Klägerin
übertragen werden (§ 4 Nr. 2 des
Auseinandersetzungsvertrags). Tatsächlich vereinbarte die
Klägerin mit der Y-GmbH mit Nachtragsvertrag vom 14.04.2010,
dass der Stromeinspeisevertrag mit Wirkung ab dem 01.01.2010 mit
allen Rechten und Pflichten auf die Klägerin übergeht.
Die Stromeinspeisevergütungen gingen ab März 2010 auf den
Konten der Klägerin ein. Am 04.03.2010 wurde die
Übertragung des Grundstücks nebst WKA ohne Auflassung von
der Besitz-GbR auf die Klägerin notariell beurkundet. Die
Auflassung wurde am 31.08.2010 notariell beurkundet.
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6
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Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) im Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
(Gewinnfeststellungsbescheid) 2010 vom 06.12.2013 für die
Klägerin im Schätzungswege ermittelte Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 36.000 EUR ausgewiesen hatte,
reichte die Klägerin in dem sich anschließenden
Einspruchsverfahren eine Feststellungserklärung ein. Sie
erklärte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 165
EUR. Bei der Gewinnermittlung berücksichtigte sie für die
WKA eine AfA in Höhe von 30.300 EUR. Die Klägerin setzte
die WKA mit einem Wert von 400.000 EUR an und legte der AfA eine
Nutzungsdauer von elf Jahren zugrunde. Der jährliche
Absetzungsbetrag von 36.363 EUR sei im Feststellungszeitraum 2010
(Streitjahr) nur zeitanteilig ab März 2010 in Höhe von
30.300 EUR gewinnmindernd zu berücksichtigen. Der die
Festkapitalkonten von jeweils 2.500 EUR überschreitende Wert
der eingebrachten WKA wurde in Höhe von 390.000 EUR in der
Buchführung der Klägerin einem gesamthänderisch
gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben.
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Das FA erkannte in der
Einspruchsentscheidung vom 24.02.2015 den für die WKA geltend
gemachten Abschreibungsbetrag mit Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz
5 EStG nicht steuermindernd an. Es liege die Überführung
eines Wirtschaftsguts aus dem Privatvermögen in das
Betriebsvermögen und damit eine Einlage vor. Danach seien nach
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG die zuvor im Rahmen der Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung in Anspruch genommenen
Abschreibungsbeträge vom Einlagewert abzuziehen, so dass die
Klägerin im Ergebnis keine weiteren Abschreibungsbeträge
mehr in Anspruch nehmen könne. Hiervon ausgehend stellte das
FA in der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2015 die laufenden
Gesamthandseinkünfte der Klägerin mit 30.465 EUR fest. Im
Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet
zurück.
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Mit der hiergegen erhobenen Klage begehrte
die Klägerin sinngemäß, die für das Streitjahr
festgestellten laufenden Gesamthandseinkünfte in Höhe von
30.465 EUR auf 165 EUR herabzusetzen. Im Verfahren vor dem
Finanzgericht (FG) war streitig, ob die Übertragung des
Windkraftanlagengrundstücks auf die Klägerin ein
entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Vorgang sei. Zudem war
für den Fall der Annahme eines entgeltlichen Vorgangs
streitig, mit welchem Wert bei der Klägerin Anschaffungskosten
für die WKA als Bemessungsgrundlage für die AfA in
gleichen Jahresbeträgen (lineare AfA) anzusetzen seien. Nach
dem Sitzungsprotokoll vom 17.10.2019 verständigten sich die
Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung
tatsächlich dahingehend, dass die WKA im Zeitpunkt der
Übertragung auf die Klägerin mindestens einen Wert von
10.000 EUR hatte.
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Die Klage war nur in geringem Umfang
erfolgreich. Das FG änderte mit Urteil vom 17.10.2019 - 7 K
67/15 den Gewinnfeststellungsbescheid 2010 dahin, dass der laufende
Gesamthandsgewinn mit 29.708 EUR festgestellt wird. Zur
Begründung führte das FG im Wesentlichen aus:
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Die WKA sei gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten in die gewerblich tätige Klägerin
eingebracht worden. Es liege ein tauschähnlicher Vorgang vor,
soweit der Wert der WKA den Festkapitalkonten der Gesellschafter
gemäß § 5 Nr. 2 G-Vertrag in Höhe von 10.000
EUR gutgeschrieben worden sei. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG finde
insoweit keine Anwendung. Das FG schließe sich der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an, wonach § 7 Abs.
1 Satz 5 EStG bei der Übertragung von
Einzelwirtschaftsgütern in eine Personengesellschaft gegen
Gewährung von Gesellschaftsrechten mangels Einlage keine
Anwendung finde. Ein derartiger Vorgang sei auch nicht einer
Einlage i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG
gleichzustellen.
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Soweit jedoch der Wert der
übertragenen WKA der gesamthänderisch gebundenen
Rücklage mit 390.000 EUR gutgeschrieben worden sei, liege kein
tauschähnlicher Vorgang, sondern eine Einlage vor. Insoweit
könne die Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Satz
5 EStG keine Abschreibungsbeträge steuermindernd geltend
machen. Die Rechtsprechung des BFH, wonach insgesamt ein
tauschähnlicher Vorgang vorliege, wenn der Wert des zur
Erlangung der Mitunternehmerstellung eingebrachten Wirtschaftsguts
nicht nur dem Kapitalkonto I, sondern auch dem Kapitalkonto II oder
einem anderen Kapitalkonto (z.B. gesamthänderisch gebundenes
Rücklagenkonto) gutgeschrieben werde, sei durch das BFH-Urteil
vom 29.07.2015 - IV R 15/14 (BFHE 251, 422, BStBl II 2016, 593 =
SIS 16 01 11) überholt. Der BFH habe in dieser Entscheidung
zwar ausdrücklich offengelassen, ob auch dann ein in vollem
Umfang entgeltliches Geschäft vorliege, wenn der Wert des zur
Erlangung/Erweiterung einer Mitunternehmerstellung eingebrachten
Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I, sondern zum Teil auch
einem anderen Kapitalunterkonto (z.B. dem Kapitalkonto II)
gutgeschrieben oder in eine gesamthänderisch gebundene
Rücklage eingestellt werde. Die systematisch zutreffende
Übertragung der in diesem BFH-Urteil aufgestellten
Grundsätze auf den Streitfall führe aber dazu, dass die
WKA nur insoweit gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten
eingebracht sei, als deren Wert den Festkapitalkonten der
Gesellschafter gutgeschrieben werde. Denn die maßgeblichen
Gesellschafterrechte richteten sich nach dem Gesellschaftsvertrag
nur nach den Festkapitalkonten. Die vorzunehmende Aufspaltung des
Übertragungsvorgangs in einen vollentgeltlichen und in einen
voll unentgeltlichen Teil spiegele auch den wirtschaftlichen Gehalt
des zu beurteilenden Sachverhalts zutreffend wider. Ein
entgeltliches Austauschverhältnis liege nur insoweit vor, als
die Klägerin für die Übertragung der WKA
Gesellschaftsrechte im Wert von insgesamt 10.000 EUR gewährt
habe. Dass die gewährten Gesellschaftsrechte nach der
Übertragung der WKA einen Mehrwert repräsentieren, sei
lediglich ein notwendiger Reflex der Übertragung, der eine
Erhöhung der Anschaffungskosten nicht rechtfertige.
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Hieraus resultiere für das Streitjahr
bei Anschaffungskosten in Höhe von 10.000 EUR und einer
betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von elf Jahren ein
zeitanteiliger Abschreibungsbetrag in Höhe von 757 EUR (=
jährlicher Abschreibungsbetrag von 909 EUR x 10/12).
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Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, die sie mit einer Verletzung des § 7 Abs. 1
Satz 5 EStG begründet.
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Sie beantragt,
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das Urteil des Niedersächsischen FG
vom 17.10.2019 - 7 K 67/15 aufzuheben und den Bescheid für
2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen vom 06.12.2013 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.02.2015 dahin zu ändern, dass
ein laufender Gesamthandsgewinn in Höhe von 165 EUR
festgestellt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen, soweit
die Klägerin begehrt, in dem Bescheid für 2010 über
die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen vom 06.12.2013 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.02.2015 einen laufenden
Gesamthandsgewinn von unter 19.098 EUR festzustellen.
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Zur Begründung trägt das FA vor,
dass es - anders als noch vor dem FG - die im Streitfall erfolgte
Übertragung nunmehr als einen vollentgeltlichen Vorgang werte.
Dies habe eine Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen
(BMF) und den obersten Landesfinanzbehörden ergeben. Insoweit
sei die Klägerin klaglos zu stellen. Gleichwohl könne die
von der Klägerin begehrte Abschreibung nicht in voller
Höhe anerkannt werden. Der Wert der WKA betrage nach dem
vereinfachten Ertragswertverfahren lediglich 145.939,90 EUR. Die
Abschreibung für zehn Monate belaufe sich daher auf 11.367
EUR. Daraus ergebe sich ein laufender Gesamthandsgewinn in
Höhe von 19.098 EUR (= 30.465 EUR ./. 11.367 EUR).
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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18
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Das Urteil des FG ist aufzuheben, weil es die
Übertragung des im Privatvermögen befindlichen
Grundstücks mit aufstehender WKA (bzw. der ideellen Anteile
hieran) gegen Einräumung der Mitunternehmerstellungen zu
Unrecht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil
aufgeteilt hat. Diese Übertragung ist als ein insgesamt
entgeltlicher Vorgang zu beurteilen (dazu 1.). Die Sache ist nicht
spruchreif (dazu 2.).
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1. Die Übertragung der (ideellen) Anteile
an dem vorbezeichneten Grundstück mit aufstehender WKA gegen
Einräumung der Mitunternehmerstellungen ist ein insgesamt
tauschähnliches und damit ein vollentgeltliches Geschäft.
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG ist nicht, auch nicht teilweise
anwendbar.
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a) aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ist
bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den
Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich
erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem
Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der
Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei
gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die
Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt
(lineare AfA). Bemessungsgrundlage der linearen AfA sind daher die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts. Bei
abnutzbaren Wirtschaftsgütern, die nach einer Verwendung zur
Erzielung von Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn.
4 bis 7 EStG in ein Betriebsvermögen eingelegt worden sind,
mindert sich der Einlagewert um die AfA oder Absetzungen für
Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte
Absetzungen, die bis zum Zeitpunkt der Einlage vorgenommen worden
sind, höchstens jedoch bis zu den fortgeführten
Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 1 Satz 5
Halbsatz 1 EStG); ist der Einlagewert niedriger als dieser Wert,
bemisst sich die weitere AfA vom Einlagewert (§ 7 Abs. 1 Satz
5 Halbsatz 2 EStG).
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bb) Nach bisheriger höchstrichterlicher
Rechtsprechung begründet die Einbringung von
Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine gewerbliche
Personengesellschaft gegen die Einräumung (oder Erweiterung)
einer Mitunternehmerstellung (Gewährung von
Gesellschaftsrechten) keine Einlage i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 5
EStG, sondern ein entgeltliches Geschäft. § 7 Abs. 1 Satz
5 EStG greift nicht ein (BFH-Urteile vom 24.01.2008 - IV R 37/06,
BFHE 220, 374, BStBl II 2011, 617 = SIS 08 16 93, unter II.2., und
IV R 66/05, BFH/NV 2008, 1301 = SIS 08 28 03, unter II.2.). In
diesem Fall liegt für die Personengesellschaft ein
Anschaffungsgeschäft vor (BFH-Urteil in BFHE 220, 374, BStBl
II 2011, 617 = SIS 08 16 93, unter II.2.a und b).
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cc) Die Einräumung einer
Mitunternehmerstellung zeigt sich dadurch, dass der Wert des
eingebrachten Wirtschaftsguts dem Kapitalkonto des Gesellschafters
gutgeschrieben wird, welches nach dem Gesellschaftsvertrag die
Gesellschaftsrechte repräsentiert. Im Fall eines
gesellschaftsvertraglich vereinbarten Mehrkontenmodells wird dieses
Konto üblicherweise als Festkapitalkonto oder Kapitalkonto I
bezeichnet (BFH-Urteil in BFHE 251, 422, BStBl II 2016, 593 = SIS 16 01 11, Rz 27).
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(1) Nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung, der Verwaltungsauffassung und der herrschenden
Meinung im Fachschrifttum liegt bei der Einbringung von
Einzelwirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine
Personengesellschaft ein vollentgeltliches (= insgesamt
entgeltliches) Geschäft auch dann vor, wenn infolge der der
Einbringung zugrundeliegenden Vereinbarung der Wert des
eingebrachten Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I, sondern
auch einer gesamthänderisch gebundenen Rücklage
gutgeschrieben wird (BFH-Urteile in BFHE 220, 374, BStBl II 2011,
617 = SIS 08 16 93, unter II.2.b bb bbb und II.2.b cc; in BFH/NV
2008, 1301 = SIS 08 28 03, unter II.2.b bb; BMF-Schreiben vom
11.07.2011 - IV C 6-S 2178/09/10001, BStBl I 2011, 713 = SIS 11 22 66, Tz. II.2.a, dritter Spiegelstrich, Alternative 1 i.V.m.
BMF-Schreiben vom 26.07.2016 - IV C 6-S 2178/09/10001, BStBl I
2016, 684 = SIS 16 15 40; Schmidt/Kulosa, EStG, 42. Aufl., § 7
Rz 125; Bartone in Korn, § 7 EStG Rz 101.1; Anzinger in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 7 EStG Rz 214).
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Auch bei der Einbringung betrieblicher
Sachgesamtheiten nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes und
Gutschrift des eingebrachten Werts in vorbezeichneter Weise geht
die ganz herrschende Meinung von einem vollentgeltlichen
Geschäft aus (z.B. BFH-Urteil vom 25.04.2006 - VIII R 52/04,
BFHE 214, 40, BStBl II 2006, 847 = SIS 06 31 73, unter II.B.3.a;
vgl. auch BFH-Urteil vom 17.07.2008 - I R 77/06, BFHE 222, 402,
BStBl II 2009, 464 = SIS 08 37 67, unter B.I.3.; BMF-Schreiben vom
11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 - b/08/10001//2011/0903665, BStBl I
2011, 1314 = SIS 11 41 63, Rz 24.07 i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I
2016, 684 = SIS 16 15 40; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz,
Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 24 UmwStG Rz 131; Patt in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock (D/P/M), Kommentar zum KStG,
§ 24 UmwStG Rz 108; Bär/Merkle in
Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., §
24 Rz 76).
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(2) Der Senat hält an dieser Beurteilung
- auch aus Gründen der Rechtsprechungskontinuität - fest.
Bei einer vereinbarungsgemäßen Gutschrift des Werts des
eingebrachten Wirtschaftsguts in vorbezeichneter Weise liegt
insgesamt ein tauschähnliches Geschäft vor. Dieser
Vorgang ist auch entgeltlich, soweit eine anteilige Gutschrift auf
dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einbringung insgesamt für
Rechnung des Einbringenden erfolgt, d.h. es zu keinen
Vermögensverschiebungen zwischen den Gesellschaftern
kommt.
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In diesem Fall ist der auf dem
gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto verbuchte
Wertanteil des eingebrachten Wirtschaftsguts Bestandteil der vom
Einbringenden im Austausch gegen die Einräumung der
Mitunternehmerstellung geschuldeten Leistung und damit Teil des
tauschähnlichen Geschäfts. Auch wenn die Gutschrift auf
diesem Rücklagenkonto dem Einbringenden - anders als eine
Gutschrift auf dem Festkapitalkonto - keine direkte
Vermögensposition zuweist, gewährleistet sie doch, dass
der Einbringende eine Mitunternehmerstellung in Höhe des Werts
seines eingebrachten Wirtschaftsguts erhält. Denn der
Einbringende partizipiert an dem gesamthänderisch gebundenen
Rücklagenkonto anteilig in Höhe seiner Beteiligungsquote,
die sich wiederum nach dem Festkapitalkonto richtet. In einem
solchen Fall ist die anteilige Gutschrift auf dem
gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto ein Teil der
dem Einbringenden für seine Sacheinlage gewährten
„tauschähnlichen Gegenleistung“ und
nicht nur eine reflexartige Wertsteigerung seiner Beteiligung.
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dd) Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich
im Grundsatz nichts Abweichendes aus den BFH-Urteilen in BFHE 251,
422, BStBl II 2016, 593 = SIS 16 01 11 (Rz 25 f.) und vom
04.02.2016 - IV R 46/12 (BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607 = SIS 16 05 32, Rz 26 f.).
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In diesen Urteilen hat der Senat entschieden,
dass keine Einbringung gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten, sondern eine Einlage vorliegt, wenn der
Gegenwert des übertragenen Wirtschaftsguts dem Einbringenden
allein auf seinem Kapitalkonto II gutgeschrieben wird und sich die
maßgeblichen Gesellschaftsrechte nach den Regelungen im
Gesellschaftsvertrag nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden
festen Kapitalanteil richten (so jetzt auch BMF-Schreiben in BStBl
I 2016, 684 = SIS 16 15 40).
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Zugleich hat der Senat offengelassen, ob an
der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei, wonach ein
vollentgeltliches Geschäft auch dann vorliege, wenn der Wert
des eingebrachten Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I,
sondern zum Teil auch einem anderen Kapitalunterkonto (z.B. dem
Kapitalkonto II) oder der gesamthänderisch gebundenen
Rücklage gutgeschrieben werde. Das FG hat hieraus allgemein
gefolgert, dass in derartigen Fällen die Einbringung in einen
entgeltlichen (tauschähnliches Geschäft) und einen
unentgeltlichen Teil (Einlage) aufzuteilen sei (vgl. auch
Kollmann/Schmidt/Kaya, DStR 2022, 2294). Dem schließt sich
der Senat nicht an. Die geäußerten Bedenken bezogen sich
allein auf die den vorbezeichneten Urteilen zugrundeliegenden
besonderen Sachverhaltskonstellationen. In diesen Fällen war
der Übertragende bereits Gesellschafter (Kommanditist) einer
bestehenden Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) und sowohl vor als
auch nach der Einbringung zu 100 % am Vermögen, Gewinn/Verlust
und an den Stimmrechten der Personengesellschaft beteiligt (vgl.
dazu HHR/Niehus/Wilke, § 6 EStG Rz 1560; Patt in D/P/M,
a.a.O., § 24 UmwStG Rz 109). In solchen Fällen, in denen
eine relative Erweiterung der Mitunternehmerstellung gegenüber
den Mitgesellschaftern nicht erfolgt, stellt sich die Frage, ob und
wie zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Vorgängen
unterschieden werden kann. Bei der im Streitfall gegebenen
Konstellation der (erstmaligen) Einräumung einer
Mitunternehmerstellung liegt hingegen bei anteiliger Gutschrift des
Werts des eingebrachten Wirtschaftsguts auf dem Festkapitalkonto
und der gesamthänderisch gebundenen Rücklage ein
insgesamt entgeltlicher Vorgang vor.
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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im
Streitfall § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG mangels einer Einlage
insgesamt nicht anwendbar.
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aa) Die Gesellschafter der Klägerin haben
sich anlässlich ihrer Neugründung nach § 5 Nr. 3
G-Vertrag verpflichtet, ihre Sacheinlage durch Übertragung des
Windkraftanlagengrundstücks einschließlich Aufbauten zu
erbringen. Soweit der Wert dieser Einlage die Höhe der
Festkapitalkonten der Gesellschafter von jeweils 2.500 EUR, d.h.
insgesamt 10.000 EUR überstieg, war der übersteigende
Betrag einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto
gutzuschreiben. Die Klägerin hat daher ein Mehrkontenmodell
installiert. Ausweislich der gesellschaftsvertraglichen Regelungen
richten sich bei diesem Kontenmodell die maßgeblichen
Gesellschaftsrechte, insbesondere das Gewinnbezugsrecht und das
Stimmrecht, nach den festen Kapitalanteilen der Gesellschafter
(vgl. § 5 Nr. 2, § 10 Nr. 1, § 12 Nr. 6
G-Vertrag).
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bb) Das einzubringende
Windkraftanlagengrundstück befand sich vor der
Übertragung auf die Klägerin im Privatvermögen der
Besitz-GbR. Die Sacheinlage stellt sich daher steuerrechtlich als
die Einbringung von Einzelwirtschaftsgütern des
Privatvermögens gegen erstmalige Einräumung von
Mitunternehmerstellungen dar; der Grund und Boden sowie die
aufstehende WKA sind steuerrechtlich unterschiedliche
Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 06.02.2014 - IV R 41/10 =
SIS 14 13 25, Rz 41). Jeder
Gesellschafter der Klägerin hat seine (ideellen) Anteile an
dem Windkraftanlagengrundstück eingebracht. Der Umstand, dass
das Windkraftanlagengrundstück zivilrechtlich unmittelbar von
der Besitz-GbR auf die Klägerin übertragen wurde, ist
unerheblich. Denn hiermit hat die Besitz-GbR ihre
Abfindungsverpflichtung gegenüber der GbR I erfüllt und
das Windkraftanlagengrundstück für Rechnung der
Gesellschafter der Klägerin in dieselbe eingebracht.
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cc) Dieser Einbringungsvorgang ist für
jeden Gesellschafter der Klägerin als ein insgesamt
tauschähnliches Geschäft und damit als ein
vollentgeltlicher Vorgang zu werten. Dem steht die anteilige
Gutschrift auf dem gesamthänderisch gebundenen
Rücklagenkonto nicht entgegen. Das Entgelt besteht für
jeden Gesellschafter in der Gutschrift auf dem jeweiligen
Festkapitalkonto in Höhe von 2.500 EUR und seinem Anteil an
der gesamthänderisch gebundenen Rücklage, der sich
wiederum nach seiner Beteiligungsquote richtet.
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2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat
- aus seiner Sicht zu Recht - bisher keine ausreichenden
tatsächlichen Feststellungen zum gemeinen Wert der
übertragenen WKA getroffen.
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a) Überträgt ein Gesellschafter ein
Wirtschaftsgut seines Privatvermögens gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer
Personengesellschaft, wird dieser Vorgang nach ständiger
Rechtsprechung als Anschaffung des Wirtschaftsguts zu einem dem
gemeinen Wert des Wirtschaftsguts entsprechenden Preis beurteilt
(z.B. BFH-Urteil vom 26.03.2015 - IV R 7/12 = SIS 15 15 21, Rz 13, m.w.N.). Gehört das
eingebrachte Wirtschaftsgut bei der Personengesellschaft zu deren
abnutzbarem Anlagevermögen, ergibt sich die
AfA-Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG folglich
aus dem gemeinen Wert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der
Einbringung. Der gemeine Wert ist ein objektiver Wert. Dieser Wert
ist vom FG festzustellen (BFH-Urteil vom 26.03.2015 - IV R 7/12 =
SIS 15 15 21, Rz 14 f.).
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b) Die WKA ist eine Betriebsvorrichtung und
damit - anders als der Grund und Boden, auf dem sie montiert ist -
ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens
(z.B. BFH-Urteil vom 06.02.2014 - IV R 41/10 = SIS 14 13 25, Rz 28, m.w.N.). Die
Klägerin hat die AfA-Bemessungsgrundlage für die WKA mit
einem Betrag von 400.000 EUR angesetzt. Das FA ist hingegen von
einem wesentlich geringeren gemeinen Wert der WKA ausgegangen.
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Das FG wird im zweiten Rechtsgang die
erforderlichen Feststellungen zum gemeinen Wert der WKA nachzuholen
und - im Rahmen des Klageantrags - über die Klage zu
entscheiden haben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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