Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.01.2021 - 6 K
3341/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Für den Kläger und
Revisionskläger (Kläger) wurde für den
Streitzeitraum zu viel Lohnsteuer angemeldet und
abgeführt.
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Im Rahmen einer
Lohnsteuer-Außenprüfung auch für den Streitzeitraum
traf der Prüfer verschiedene Feststellungen im Hinblick auf
Verpflegungsmehraufwendungen, die mehreren Arbeitnehmern zu Unrecht
als Reisekosten steuerfrei erstattet worden waren. Der Prüfer
war deshalb der Auffassung, dass bestimmte Beträge
nachzuversteuern seien.
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Das FA folgte den Feststellungen des
Prüfers und erließ in Bezug auf die steuerfrei an zwei
Arbeitnehmer ausgezahlten Reisekostenerstattungen einen
Haftungsbescheid mit Leistungsgebot vom 31.10.2012. In diesem
Sammelbescheid hob es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung
für die Lohnsteuer-Anmeldungen des Prüfungszeitraums
auf.
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Ebenfalls unter dem 31.10.2012 erließ
das FA einen Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot wegen der
Reisekostenerstattungen an sieben weitere Arbeitnehmer, die
vorrangig in Anspruch genommen wurden.
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Der Kläger legte gegen den
Haftungsbescheid mit Leistungsgebot mit Schreiben vom 22.11.2012
und gegen den Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot mit Schreiben
vom 05.12.2012 Einspruch ein und begründete die
Einsprüche.
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Das FA half dem Einspruch gegen den
Haftungsbescheid mit Leistungsgebot durch Änderungsbescheid
vom 07.08.2013 teilweise ab. Im Übrigen wies es diesen
Einspruch als unbegründet zurück.
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Nachdem der Kläger die aus anderen
Gründen zu viel erfolgte Anmeldung und Abführung der
Lohnsteuerbeträge und Nebenabgaben für den Streitzeitraum
bemerkt hatte, beantragte er mit Schreiben vom ... die
Änderung der entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldungen. Mit
Schreiben vom ... erweiterte er seinen Einspruch gegen den
Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot und begehrte auch im Rahmen
dieses Einspruchsverfahrens die Korrektur der
Lohnsteuer-Anmeldungen für den Streitzeitraum wegen der zu
viel angemeldeten und abgeführten Lohnsteuern und
Nebenabgaben.
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Mit Einspruchsentscheidung vom ...
widerrief das FA den Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot
gemäß § 131 der Abgabenordnung (AO) und wies den
Einspruch im Übrigen zurück. Die Änderung der
Lohnsteuer-Anmeldungen sei wegen der eingetretenen Festsetzungs-
und Zahlungsverjährung auch im Rahmen einer Erweiterung des
Einspruchsverfahrens nicht mehr möglich.
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Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen
erhobene Klage ab. Die Lohnsteuer-Festsetzungen seien
bestandskräftig geworden, da sie innerhalb der einmonatigen
Einspruchsfrist nicht mit dem Einspruch angefochten worden seien.
Die mit Schreiben vom 22.11.2012 und vom 05.12.2012 erhobenen
Einsprüche des Klägers hätten sich allein gegen die
Haftungsbescheide vom 31.10.2012 und nicht (auch) gegen den
Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der
Nachprüfung gerichtet.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Er beantragt,
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das Urteil des FG, die
Einspruchsentscheidung vom ... sowie den Bescheid über die
Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 31.10.2012
aufzuheben und die Anmeldungen der Lohnsteuer für den
Streitzeitraum dahingehend abzuändern, dass die Summen der
Lohnsteuern sowie der Solidaritätszuschläge und der
Kirchensteuern um insgesamt ... EUR ... nach näherer
Maßgabe der Anlage 1 der Revisionsbegründung
herabgesetzt werden;
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hilfsweise, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Sache mit der Maßgabe an das FG
zurückzuverweisen, das Klageverfahren gemäß §
46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer Nachholung der
Einspruchsentscheidung über den Einspruch gegen den Bescheid
über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom
31.10.2012 auszusetzen.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision des Klägers ist
unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Das FG hat zutreffend entschieden, dass eine Änderung der
Lohnsteuer-Festsetzungen für den Streitzeitraum nicht in
Betracht kommt.
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1. Die Lohnsteuer-Anmeldungen (§ 167 AO)
für den Streitzeitraum standen gemäß § 168
Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der
Nachprüfung gleich. Damit werden unmittelbar an die
Steuererklärung die Rechtsfolgen einer Steuerfestsetzung
geknüpft. Das Steueranmeldungs-Verfahren ist ein
abgekürztes Festsetzungsverfahren. Die Steueranmeldung kann
gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert sowie durch
Einspruch und Klage angefochten und dementsprechend ebenfalls
geändert werden; nach § 164 Abs. 3 AO kann der Vorbehalt
der Nachprüfung aufgehoben werden (Senatsurteil vom 07.07.2004
- VI R 171/00, BFHE 206, 562, BStBl II 2004, 1087 = SIS 04 37 80).
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2. Das FA hat im Anschluss an die
Lohnsteuer-Außenprüfung den Vorbehalt der
Nachprüfung hinsichtlich der Lohnsteuer-Anmeldungen für
den Prüfungszeitraum und damit auch für den
Streitzeitraum mit Bescheid vom 31.10.2012 aufgehoben. Die
Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts steht gemäß
§ 164 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 AO einer Steuerfestsetzung ohne
Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
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3. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid
keinen Einspruch eingelegt, wie das FG zu Recht entschieden
hat.
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a) Gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1
AO soll bei der Einlegung des Rechtsbehelfs der Verwaltungsakt
bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Danach
ist die Rechtswirksamkeit des eingelegten Rechtsbehelfs nicht von
einer genauen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts
abhängig. Es ist jedoch erforderlich, dass sich die
Zielrichtung des Begehrens aus der Rechtsbehelfsschrift in der
Weise ergibt, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt entweder
aus dem Inhalt der Rechtsbehelfsschrift selbst ermitteln lässt
oder dass Zweifel oder Unklarheiten hinsichtlich des Gewollten
beseitigt werden können. Fehlt es an einer eindeutigen und
zweifelsfreien Erklärung des Gewollten, ist der wirkliche
Wille des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner Erklärungen
zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass
der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der
angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu
kommen (Grundsatz der meistbegünstigenden Auslegung, s. Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.10.2019 - IX R 4/19, BFHE 266,
126, BStBl II 2020, 368 = SIS 19 19 27, Rz 12, m.w.N.). Dies gilt
grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger
Personen (BFH-Urteile vom 28.11.2001 - I R 93/00, BFH/NV 2002, 613
= SIS 02 62 03; vom 11.02.2009 - X R 51/06, BFHE 226, 1, BStBl II
2009, 892 = SIS 09 30 12, unter II.2.a aa; vom 19.08.2013 - X R
44/11, BFHE 243, 304, BStBl II 2014, 234 = SIS 14 04 25, Rz 16, und
vom 14.06.2016 - IX R 11/15 = SIS 16 23 29, Rz 22; Senatsurteil vom 08.05.2008 - VI R 12/05, BFHE
222, 196, BStBl II 2009, 116 = SIS 08 44 52, unter II.1.).
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Sowohl außerprozessuale als auch
prozessuale Rechtsbehelfe sind in entsprechender Anwendung des
§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Danach ist
nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern
der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei dürfen auch
außerhalb der Erklärung liegende Umstände
berücksichtigt werden. Die Auslegung darf jedoch nicht zur
Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich
in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte finden lassen.
Eine derartige Korrektur der Erklärung kann auch mit dem
Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung nicht
gerechtfertigt werden (BFH-Urteile in BFHE 243, 304, BStBl II 2014,
234 = SIS 14 04 25, Rz 19; vom 28.11.2018 - I R 61/16 =
SIS 19 12 01, Rz 24, und in BFHE
266, 126, BStBl II 2020, 368 = SIS 19 19 27, Rz 13).
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Die Auslegung des Einspruchs als
vorprozessualer Rechtsbehelf ist Gegenstand der vom FG zu
treffenden tatsächlichen Feststellungen, an die das
Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist, soweit im
Revisionsverfahren keine zulässigen und begründeten
Revisionsrügen erhoben werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Das
Revisionsgericht kann die Auslegung nur daraufhin
überprüfen, ob das FG die anerkannten Auslegungsregeln
beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze
verstoßen hat (BFH-Urteile in BFHE 222, 196, BStBl II 2009,
116 = SIS 08 44 52, unter II.1., und vom 28.11.2018 - I R 61/16 =
SIS 19 12 01, Rz 22). Allerdings
ist revisionsrechtlich in vollem Umfang nachprüfbar, ob der
Einspruch überhaupt auslegungsbedürftig ist. Hieran fehlt
es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen
eindeutigen Inhalt hat (BFH-Urteile in BFHE 222, 196, BStBl II
2009, 116 = SIS 08 44 52, unter II.1., und in BFHE 266, 126, BStBl
II 2020, 368 = SIS 19 19 27, Rz 18).
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b) Die vom FG vorgenommene Auslegung der
Einspruchsschreiben des Klägers vom 22.11.2012 und vom
05.12.2012 hält nach diesen Maßstäben einer
revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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Die Vorinstanz ist zutreffend davon
ausgegangen, dass der Kläger mit seinem Schreiben vom
22.11.2012 Einspruch nur gegen den Haftungsbescheid mit
Leistungsgebot eingelegt hat, nicht aber auch gegen die mit diesem
Bescheid verbundene Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung.
Das FG hat sich insoweit zu Recht auf den Wortlaut des
Einspruchsschreibens gestützt, in dem nur der
Haftungsbescheid, nicht aber der Bescheid über die Aufhebung
des Nachprüfungsvorbehalts angesprochen ist. Das FG hat -
jedenfalls hilfsweise - auch die weiteren Umstände in den
Blick genommen, die nach der Einlegung des Einspruchs zutage
getreten sind. Es hat dabei ohne Rechtsfehler berücksichtigt,
dass sich der Kläger auch mit der in dem weiteren
Einspruchsschreiben vom 05.12.2012 enthaltenen
Einspruchsbegründung zum Einspruch vom 22.11.2012
ausschließlich gegen seine Inanspruchnahme als
Haftungsschuldner gewandt hat, nicht aber (auch) gegen die
Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts.
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Soweit der Kläger in seinem Schreiben vom
05.12.2012 neben der Einspruchsbegründung zu seinem Einspruch
vom 22.11.2012 auch Einspruch gegen den „Leistungsbescheid
ohne Leistungsgebot“ eingelegt hat, hat
das FG diesen Einspruch ohne Rechtsfehler als einen solchen gegen
den „Haftungsbescheid“ ohne
Leistungsgebot ausgelegt. Es hat in der Wahl des Wortes
„Leistungsbescheid“ anstelle des
Wortes „Haftungsbescheid“
lediglich ein Schreibversehen erblickt und keinen Anhaltspunkt
dafür gesehen, dass mit der Formulierung
„Leistungsbescheid ohne
Leistungsgebot“ auch der Bescheid
über die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts gemeint
sei. Diese Auslegung des FG ist nicht nur möglich, sondern
naheliegend und daher für den Senat revisionsrechtlich
ebenfalls bindend.
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Letztlich hat das FG auch untersucht, ob sich
aufgrund der Schreiben des Klägers vom ... und vom ... ein
anderes Auslegungsergebnis ergibt. Dies hat das FG im Hinblick auf
den erheblichen Zeitablauf verneint und daraus ohne Rechtsfehler
geschlossen, dass der Kläger den Willen zur Anfechtung des
Bescheids über die Aufhebung des Vorbehalts der
Nachprüfung vom 31.10.2012 erst nach Ablauf der
Einspruchsfrist gebildet hat. Dies ist unter den im Streitfall
gegebenen Umständen ebenfalls naheliegend. Denn dem
Kläger waren die Gründe, die seine Lohnsteuer-Anmeldungen
für den Streitzeitraum als zu seinen Lasten rechtsfehlerhaft
erscheinen und die Anfechtung daher geboten sein ließen, bis
zum Ablauf der Einspruchsfrist noch nicht bekannt. Diese Kenntnis
erlangte der Kläger vielmehr erst wesentlich später.
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4. Entgegen der Ansicht des Klägers ist
mit der Anfechtung des Lohnsteuer-Haftungsbescheids nicht auch
automatisch oder - wie der Kläger formuliert -
„umgekehrt inzident“ die
Anfechtung des Bescheids über die Aufhebung des Vorbehalts der
Nachprüfung verbunden.
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a) Zwar hat das FA den Bescheid über die
Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung (und damit die
Lohnsteuer-Festsetzung) mit dem Lohnsteuer-Haftungsbescheid mit
Leistungsgebot in einem Sammelbescheid verbunden. Dies ändert
jedoch nichts daran, dass beide - in dem Sammelbescheid nur der
äußeren Form nach verbundene - Verwaltungsakte ihre
rechtliche Selbständigkeit behielten. Denn Steuern - wie die
Lohnsteuer als besondere Erhebungsform der Einkommensteuer (§
38 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) - werden
nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO durch Steuerbescheid festgesetzt;
wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner),
kann gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch
Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (Senatsurteil vom
08.03.2022 - VI R 33/19, BFHE 275, 493, BStBl II 2023, 98 = SIS 22 11 07, Rz 20).
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Ausgehend hiervon gibt es keine
Rechtsgrundlage für die Annahme, die Anfechtung des
Haftungsbescheids umfasse automatisch bzw. „umgekehrt
inzident“ auch die Anfechtung des
Bescheids über die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts.
Die von der Revision geforderte („umgekehrt
inzidente“) Anfechtung von
Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. eines Bescheids, durch den der
Vorbehalt der Nachprüfung von Lohnsteuer-Anmeldungen
aufgehoben wird, aufgrund der Anfechtung eines
Lohnsteuer-Haftungsbescheids kennen weder die AO noch das EStG.
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b) Der Senat kann im Streitfall offenlassen,
ob und ggf. in welchem Umfang er sich den ausführlichen
Darlegungen des Klägers sowie des vorgelegten Rechtsgutachtens
zum Verhältnis der Lohnsteuer-Haftung zur Lohnsteuer-Anmeldung
und zu den weiteren Formen der Lohnsteuer-Festsetzung
anschließen könnte.
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Denn in verfahrensrechtlicher Hinsicht
können die verschiedenen, vom Kläger so bezeichneten
Verschränkungen zwischen Lohnsteuer-Haftung und
Lohnsteuer-Festsetzung nicht darüber hinweghelfen, dass ein
Lohnsteuer-Haftungsbescheid und ein Bescheid über die
Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der
Lohnsteuer-Anmeldungen unterschiedliche Verwaltungsakte sind, die
jeweils mit dem Einspruch und der Klage angefochten werden
können und damit auch angefochten werden müssen, um den
Eintritt der (formellen) Bestandskraft des jeweiligen Bescheids zu
verhindern (s.a. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.05.1989 -
XII K 50/85, EFG 1989, 598, zu einem
Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid; Niedersächsisches FG,
Urteil vom 31.05.2012 - 11 K 507/10, EFG 2012, 2015 = SIS 12 26 63;
v. Bornhaupt,
Steuerliche Vierteljahresschrift 1991, 345, 355).
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Etwaige Abhängigkeiten oder
„Verschränkungen“
materieller und verfahrensrechtlicher Regelungen, die
unterschiedliche Verwaltungsakte betreffen, können ohne eine -
im Streitfall nicht vorhandene - gesetzliche Grundlage nicht dazu
führen, das Erfordernis der Anfechtung des jeweiligen
Verwaltungsakts zu suspendieren. Es trifft deshalb nicht zu, dass
durch den Einspruch gegen einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid die
Überprüfbarkeit der Lohnsteuer-Anmeldungen wieder
eröffnet wird, wie der Kläger meint. Unabhängig von
ihrem materiellen Regelungsgehalt sind Haftungsbescheid und
Lohnsteuer-Anmeldung bzw. Aufhebungsbescheid unterschiedliche
Verwaltungsakte, die - wie dargelegt - jeweils in (formeller)
Bestandskraft erwachsen, sofern sie nicht durch Einspruch und Klage
angefochten werden.
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c) Dementsprechend ist auch der erkennende
Senat in ständiger Rechtsprechung wie selbstverständlich
- ohne dies ausdrücklich zu betonen - davon ausgegangen, dass
mit der Anfechtung eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids nicht
automatisch oder - wie der Kläger formuliert -
„umgekehrt inzident“ auch die
entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldungen angefochten werden. Vielmehr
hat der Senat in ständiger Rechtsprechung den Streitgegenstand
im Falle der Anfechtung eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids auf
diesen Bescheid beschränkt und nicht auch über die
Lohnsteuer-Anmeldungen der Anmeldungszeiträume entschieden,
in denen der
Haftungstatbestand verwirklicht wurde.
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Die Lohnsteuer-Haftungsschuld des
Arbeitgebers, die durch Erlass eines Haftungsbescheids nach §
42d EStG i.V.m. § 191 AO festgesetzt wird, und die
Lohnsteuer-Abführungs- bzw. Entrichtungsschuld des
Arbeitgebers, die durch die Lohnsteuer-Anmeldung (§ 41a Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 167 AO) oder durch von der
Finanzbehörde erlassene Steuerbescheide (§ 155 AO) - auch
in der Form eines Bescheids über die Aufhebung des Vorbehalts
der Nachprüfung (§ 168, § 164 Abs. 3 AO) -
verwirklicht wird, sind voneinander zu unterscheiden und stehen
nicht in einem Konkurrenzverhältnis (Senatsurteil in BFHE 206,
562, BStBl II 2004, 1087 = SIS 04 37 80, unter II.2.c). Die
unterschiedlichen Regelungsbereiche eines
Lohnsteuer-Haftungsbescheids (Festsetzung einer Haftungsschuld) und
einer Lohnsteuer-Anmeldung oder eines an deren Stelle erlassenen
Steuerbescheids (Festsetzung der Lohnsteuer-Entrichtungsschuld)
stehen der Annahme einer „umgekehrt
inzidenten“ Anfechtung des Steuerbescheids
im Falle der Anfechtung des Haftungsbescheids entgegen.
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d) Aus den vom Kläger angeführten
Senatsurteilen vom 15.05.1992 - VI R 106/88 (BFHE 168, 532, BStBl
II 1993, 840 = SIS 92 20 21) und vom 17.02.1995 - VI R 52/94 (BFHE
177, 253, BStBl II 1995, 555 = SIS 95 13 46) folgt für den
Streitfall nichts Abweichendes. Der Senat hat dort entschieden,
dass dem späteren Erlass eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids
die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 1 AO
entgegensteht, wenn das FA aufgrund einer
Lohnsteuer-Außenprüfung den Vorbehalt der
Nachprüfung bei den in den Lohnsteuer-Anmeldungen des
Prüfungszeitraums liegenden Steuerfestsetzungen aufhebt, da
der Lohnsteuer-Haftungsbescheid inzidenter die in den
Lohnsteuer-Anmeldungen liegenden Steuerbescheide in der Gestalt des
Aufhebungsbescheids ändere (zum
Lohnsteuer-Pauschalierungsbescheid ebenso z.B. Senatsurteil vom
15.05.1992 - VI R 183/88, BFHE 168, 505, BStBl II 1993, 829 = SIS 92 20 32).
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Die vorgenannten Entscheidungen betreffen
damit die Anwendbarkeit der Änderungssperre des § 173
Abs. 2 AO, nicht aber die Frage, ob ein Haftungsanspruch einem
Steueranspruch gleichzusetzen ist (s. Senatsbeschluss vom
23.08.2012 - VI B 53/12 = SIS 12 29 66, Rz 6). Erst recht betreffen sie nicht die im Streitfall
zu entscheidende Frage nach der Reichweite eines Einspruchs gegen
einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid und dessen Erstreckung auf die
Lohnsteuer-Anmeldungen.
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34
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Der erkennende Senat kann deshalb dahinstehen
lassen, ob er an der Annahme einer inzidenten Änderung einer
Lohnsteuer-Anmeldung durch einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid
festhalten könnte. Denn für eine solche inzidente
Änderung dürfte es an einer hinreichenden Rechtsgrundlage
fehlen. Die vom Senat weiterhin als zutreffend erachteten
Ergebnisse der vorgenannten Entscheidungen ließen sich
vielmehr auch durch sachgerechte Auslegung der Änderungssperre
in § 173 Abs. 2 AO erzielen.
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35
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Der Senat ist zudem bereits in den
vorgenannten Urteilen erkennbar davon ausgegangen, dass
Haftungsbescheid, Lohnsteuer-Anmeldung und Aufhebungsbescheid
unterschiedliche Verwaltungsakte bleiben, die damit ungeachtet der
dort (noch) angenommenen Inzident-Änderung ihre
verfahrensrechtliche Selbständigkeit nicht verlieren und die
folglich selbständig anfechtbar sind. Der Senat hat auch in
jenen Urteilen in der Anfechtung des Lohnsteuer-Haftungsbescheids
gerade keine („umgekehrt
inzidente“) Anfechtung der
Lohnsteuer-Anmeldung bzw. des Bescheids über die Aufhebung des
Nachprüfungsvorbehalts erblickt.
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Für den Streitfall ist es ferner nicht
von Bedeutung, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung
Haftungsbescheide grundsätzlich als sachverhaltsbezogene
Verwaltungsakte beurteilt (s. z.B. Senatsurteil vom 11.12.2008 - VI
R 20/05, BFH/NV 2009, 904 = SIS 09 15 48), während er
Lohnsteuer-Anmeldungen als zeitraumbezogene Steuerbescheide
ansieht, deren Regelungsinhalt die Entrichtungsschuld des
Arbeitgebers für den Anmeldungszeitraum ist (s. z.B.
Senatsurteil vom 07.02.2008 - VI R 83/04, BFHE 220, 220, BStBl II
2009, 703 = SIS 08 15 06). Denn der Sachverhalts- oder
Zeitraumbezug der verschiedenen Verwaltungsakte ist für die
hier zu beurteilende verfahrensrechtliche Frage, ob durch den
Einspruch gegen einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid inzident auch
Einspruch gegen die Lohnsteuer-Anmeldung bzw. den Bescheid
über die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts eingelegt
wird, nicht entscheidungserheblich.
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37
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e) In dem vom Kläger angeführten
Senatsurteil vom 31.08.1990 - VI R
78/86 (BFHE 161, 539, BStBl II 1991, 537 = SIS 90 23 42) hatte der Senat nur zu untersuchen, welche
Wirkung eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO im Rahmen
des § 173 Abs. 2 Satz 2 AO entfaltet. Für den
vorliegenden Fall lässt sich aus jener Entscheidung daher
ebenfalls nichts Entscheidungserhebliches ableiten.
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5. Eine andere Beurteilung des Streitfalles
ergibt sich schließlich nicht aus dem auch im Steuerrecht
geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Dessen Voraussetzungen
liegen nicht vor.
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Selbst wenn der Kläger die rechtliche
Bedeutung der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung in dem
Sammelbescheid vom 31.10.2012 nicht vollständig
überblickt haben und rechtsirrig davon ausgegangen sein
sollte, die Einlegung des Einspruchs gegen diesen Bescheid sei
nicht erforderlich bzw. der Einspruch gegen diesen Bescheid sei
(„umgekehrt inzident“) bereits
durch den Einspruch gegen den Haftungsbescheid erhoben worden, so
beruhte dies jedenfalls nicht auf einem Verhalten des FA. Zu einem
über die Rechtsbehelfsbelehrung hinausgehenden Hinweis auf das
Erfordernis einer Anfechtung des Bescheids über die Aufhebung
des Nachprüfungsvorbehalts oder zu einer Belehrung über
die Bedeutung dieses Bescheids und seiner verfahrensrechtlichen
Selbständigkeit in Bezug auf den Haftungsbescheid war das FA
im Streitfall gegenüber dem Kläger auch nach Treu und
Glauben zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes selbst unter
Berücksichtigung der vom Kläger dargestellten
lohnsteuerlichen
„Verschränkungen“ und
„Unklarheiten“ nicht
verpflichtet.
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6. Da der Kläger den Bescheid über
die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung innerhalb der
Einspruchsfrist nicht angefochten hat, ist er mit Ablauf der
Einspruchsfrist in Bestandskraft erwachsen. Die mit Schreiben vom
... beantragte Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen für
den Streitzeitraum kommt nach Aufhebung des
Nachprüfungsvorbehalts gemäß § 164 Abs. 2 Satz
1 AO nicht mehr in Betracht. Die Voraussetzungen einer anderen
Änderungsnorm sind im Streitfall ebenfalls nicht gegeben.
Soweit das vorgenannte Schreiben oder das weitere Schreiben des
Klägers vom ... (auch) als Einspruch gegen den
Aufhebungsbescheid vom 31.10.2012 auszulegen sein sollten,
wäre der Einspruch jedenfalls verfristet. Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand scheidet bereits nach § 110 Abs. 3 AO
aus.
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7. Der Hilfsantrag des Klägers hat
ebenfalls keinen Erfolg. Denn das FA hat jedenfalls mit der
Einspruchsentscheidung vom ... bereits über den Einspruch des
Klägers gegen den Bescheid über die Aufhebung des
Vorbehalts der Nachprüfung vom 31.10.2012 entschieden und
darauf erkannt, dass der Kläger innerhalb der Einspruchsfrist
gegen diesen Bescheid keinen Einspruch eingelegt habe und die nach
Ablauf der Einspruchsfrist erklärte Erweiterung des Einspruchs
gegen den Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot auf den Bescheid
über die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts nicht zu
einer Änderung der Lohnsteuer-Festsetzungen für den
Streitzeitraum führen könne.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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