Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10.10.2019 - 5 K 2662/16
U = SIS 19 17 68 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war bis zum 31.05.2012 Organträger der im
Dezember 2009 gegründeten X-GmbH (GmbH), an deren Stammkapital
er zu 60 % beteiligt war und an die er ab dem 01.01.2010 seinen
Betrieb einschließlich Grundstück verpachtete.
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Im Besteuerungszeitraum 2009 erbrachte der
Kläger, ab dem Besteuerungszeitraum 2010 die GmbH,
Personenbeförderungsleistungen ausschließlich für
oder an kranke, behinderte oder verletzte Personen. Die dem
Kläger und der GmbH erteilten Genehmigungen zum Verkehr mit
Mietwagen nach § 49 des Personenbeförderungsgesetzes
(PBefG) galten „nur für Fahrgäste, die auf Grund ihrer
körperlichen, geistigen und/oder seelischen Verfassung zur
Einrichtung, Behandlung, Therapie, Arbeitsstätte, Krankenhaus,
Arzt etc. und/oder zurück gefahren werden müssen, evtl.
im Rollstuhl sitzend oder im nicht qualifizierten Liegendtransport,
einschließlich Begleitpersonen“.
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Der Kläger und die GmbH rechneten
diese o.g. Transportleistungen zum großen Teil direkt
gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen oder
Berufsgenossenschaften ab. Hierfür war erforderlich, dass die
Krankenbeförderung ärztlich verordnet worden war. Bei den
so abgerechneten Beförderungsleistungen handelte es sich um
Krankenfahrten i.S. des § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und der Richtlinie
über die Verordnung von Krankenfahrten,
Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs.
1 Satz 2 Nr. 12 SGB V (Krankentransport-Richtlinie). Nur wenn eine
Krankenkasse die Erstattung der Kosten ablehnte, erhielt die
beförderte Person selbst eine Rechnung. Weitere
Beförderungsleistungen, insbesondere von Menschen mit
Behinderung, wurden aufgrund von Vereinbarungen mit verschiedenen
Einrichtungen und Verbänden, z.B. des Landschaftsverbandes
..., Arbeitsämtern und verschiedenen Krankenhäusern,
durchgeführt. Ferner beförderten der Kläger oder die
GmbH in den Besteuerungszeiträumen 2009 bis 2012 (Streitjahre)
auch Essenscontainer und Medikamente.
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Nach Außenprüfungen beim
Kläger und bei der GmbH gelangte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) zu der Auffassung, dass die
Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17
Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nur teilweise
vorlägen. Der Kläger und die GmbH hätten
Beförderungen von kranken und verletzten Personen nicht nur
mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind,
durchgeführt, sondern mit Fahrzeugen verschiedener Kategorien,
nämlich mit
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vier serienmäßig ausgestatteten
PKW (2010 bis 2012), die allenfalls über eine seitlich
ausfahrbare Trittstufe verfügten,
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fünf nicht von der Kraftfahrzeugsteuer
befreiten Kombis, die bei Bedarf für die Beförderung von
kranken und verletzten Personen eingerichtet werden
konnten,
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im Übrigen nach dem Fahrzeugschein als
Krankenkraftwagen anerkannten Fahrzeugen.
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Soweit Fahrzeuge für den
Krankentransport besonders eingerichtet gewesen seien, könne
zudem nicht ausgeschlossen werden, dass mit diesen Fahrzeugen auch
Personen befördert wurden, für deren Beförderung ein
solches Fahrzeug nicht notwendig war.
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Mangels Abgabe von Steuererklärungen
für die Besteuerungszeiträume 2010 und 2011 sowie wegen
fehlender Aufzeichnungen bezüglich der einzelnen Verwendung
der Fahrzeuge führte das FA Schätzungen durch. Soweit es
zur Steuerpflicht von Umsätzen gelangte, schätzte es die
Anteile der zum Regelsteuersatz sowie der - soweit
Krankentransporte auf Grundlage und im Rahmen einer
Sondervereinbarung z.B. mit einer Krankenkasse durchgeführt
wurden - ermäßigt besteuerten Umsätze.
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Die Einsprüche gegen die
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2009 und 2012 vom
23.11.2015 und die erstmaligen Bescheide über Umsatzsteuer
für 2010 und 2011 vom 02.12.2015 wies das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 21.07.2016 als unbegründet
zurück. Mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom
29.05.2019 für 2009 bis 2011 half das FA der
anschließenden Klage hinsichtlich weiterer, das vorliegende
Verfahren nicht betreffender Prüfungsfeststellungen insoweit
ab.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
seinem in EFG 2021,
236 = SIS 19 17 68
veröffentlichten Urteil nur teilweise statt. Der Kläger
könne sich nicht mit Erfolg auf die Steuerbefreiung des Art.
132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) berufen. Seine Beförderungsleistungen
erfüllten nur teilweise die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung des § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG. Die
Krankentransporte mit den serienmäßig oder mit
ausfahrbarem Trittbrett ausgestatteten PKW seien
umsatzsteuerpflichtig, der Anteil der steuerpflichtigen
Umsätze an mit umrüstbaren Kombis durchgeführten
Krankentransporten mit 50 % zu schätzen. 10 % der Transporte
mit von der Kraftfahrzeugsteuer befreiten Krankenkraftwagen seien
steuerpflichtig, da keine Feststellungen dazu hätten getroffen
werden können, ob die jeweilige Beförderung der kranken
oder verletzten Person auch unter Verwendung besonderer
Einrichtungen erfolgte oder ob die beförderte Person wie jeder
Dritte im Fahrzeug Platz genommen hatte. Entgegen dem FA sei jedoch
keine Bedürftigkeitskontrolle dahingehend durchzuführen,
ob die beförderte Person medizinisch auf die Verwendung der
besonderen Einrichtung des Krankenwagens angewiesen gewesen sei.
Gegen die Schätzung des FA, wonach 85 % der steuerpflichtigen
Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterlägen,
bestünden keine Bedenken.
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Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers. Am letzten Tag der verlängerten
Revisionsbegründungsfrist ging die per Telefax
übermittelte Revisionsbegründung nur unvollständig
im Umfang der Seiten 1 sowie 8 bis 10 ein. Diesen Seiten waren der
Revisionsantrag, das Berufen auf die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst.
g MwStSystRL mit Ausführungen zu Art. 134 Buchst. b
MwStSystRL sowie die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten
zu entnehmen.
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Der Kläger beantragt,
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unter Aufhebung der Vorentscheidung den
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2009 vom 23.11.2015 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2016 und des
Änderungsbescheids vom 29.05.2019 sowie den
Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 23.11.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21.07.2016 aufzuheben und unter
Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 vom
29.05.2019 die Umsatzsteuer auf jeweils 0 EUR festzusetzen.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist sei lediglich ein
unvollständiger Schriftsatz des Klägers übermittelt
worden. Wiedereinsetzung in die versäumte
Begründungsfrist sei nicht zu gewähren, da Zweifel an der
Ordnungsmäßigkeit der Arbeitsorganisation in der Kanzlei
der Prozessbevollmächtigten bestünden. Im Übrigen
verteidigt das FA die Vorentscheidung in der Sache.
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II. Die Revision ist zulässig. Die
innerhalb der verlängerten Revisionsbegründungsfrist beim
Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Teile der
Revisionsbegründung genügen den gesetzlichen
Anforderungen.
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1. Die Angabe der Revisionsgründe
erfordert nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a der
Finanzgerichtsordnung (FGO) eine bestimmte Bezeichnung der
Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dem ist
der Kläger nachgekommen, indem er substantiiert geltend
gemacht hat, das FG habe verkannt, dass er sich unmittelbar auf die
Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen
könne. Damit ist die Verletzung von Bundesrecht (§ 118
Abs. 1 Satz 1 FGO) gerügt, da für die Anwendung des
Unionsrechts auf den konkreten Sachverhalt die nationalen Gerichte
zuständig sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Pro Med Logistik und Pongratz vom
27.02.2014 - C-454/12 und C-455/12, EU:C:2014:111 = SIS 14 08 10, Rz 59 f., 64 f.; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 28; Seer in
Tipke/Kruse, § 118 FGO Rz 16 f.).
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2. Da der Kläger seine Revision auf die
Verletzung materiellen Rechts stützt, hat der Senat
gemäß dem Grundsatz der Vollrevision das angefochtene
Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts zu
prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe
gebunden zu sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.09.2019 - XI R 39/17,
BFH/NV 2020, 246 = SIS 20 00 45, Rz 12).
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III. Die Revision des Klägers ist auch
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Das FG, das für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.05.2012
von einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwischen dem
Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft
ausgegangen ist, da der Kläger keine Unionsrechtswidrigkeit
dieser Vorschrift geltend gemacht hat (Senatsurteil vom 17.03.2022
- XI R 23/21 (XI R 4/21), zur Veröffentlichung bestimmt,
BFH/NV 2022, 1016 = SIS 22 12 51, Rz 15), hat zu Unrecht
entschieden, dass Art. 134 Buchst. b MwStSystRL einer
Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL entgegensteht.
Die Sache ist nicht spruchreif.
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1. Die Personenbeförderungen sind nach
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei.
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a) Nach dieser Vorschrift befreien die
Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen ...,
einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des
öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden
Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte
Einrichtungen bewirkt werden“. Die
Steuerbefreiung knüpft an leistungs- und an personenbezogene
Voraussetzungen an: Um als eng mit der Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbunden angesehen werden zu können, muss
die betreffende Leistung im Lichte von Art. 134 Buchst. a
MwStSystRL betrachtet jedenfalls für die der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unterfallenden
Umsätze unerlässlich sein (vgl. EuGH-Urteil Finanzamt D
vom 08.10.2020 - C-657/19, EU:C:2020:811 = SIS 20 15 41, Rz 31); ferner muss es sich um
eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit
verbundene Leistungen handeln, die von Einrichtungen des
öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht
werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen
mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind (vgl.
EuGH-Urteil Kingscrest Associates und Montecello vom 26.05.2005 -
C-498/03, EU:C:2005:322 = SIS 05 30 13, Rz 34; BFH-Urteile vom 18.08.2005 - V R 71/03, BFHE 211,
543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79, unter II.2.d cc; vom
07.12.2016 - XI R 5/15, BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47).
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b) Danach sind die
Personenbeförderungsleistungen „eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Dienstleistungen“.
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aa) Nach den tatsächlichen Feststellungen
des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war Gegenstand der
Personenbeförderung des Klägers und der GmbH -
entsprechend der ihnen jeweils nach § 49 PBefG erteilten
Genehmigung - ausschließlich der Transport kranker oder
verletzter Personen oder solcher mit Behinderung. Ob die
beförderten Personen aufgrund ihrer körperlichen,
geistigen und/oder seelischen Verfassung ggf. der Begleitung durch
einen Dritten bedurften, ist dabei unerheblich. Unter
Berücksichtigung der Ergebnisse der mündlichen
Verhandlung vor dem erkennenden Senat ist dabei davon auszugehen,
dass sich die Beförderungsleistung nicht auf den bloßen
Transport dieser Personen beschränkte. In den Fahrzeugen
wurden vielmehr ein Notfall-Set sowie Sauerstoff vorgehalten. Zudem
wurden die beförderten Personen nach Bedarf bis in die
Krankenstation des Krankenhauses begleitet oder wurden Personen
nach telefonischer Anforderung durch die Krankenstation unmittelbar
von dort abgeholt.
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bb) Diese Leistungen sind dem Grunde nach
gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL von der
Steuer befreit (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2021 - XI R 32/20 (XI R
42/19), BFHE 272, 270 = SIS 21 09 33, Rz 27). Ob die Leistungen
daneben die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. p
MwStSystRL erfüllen, ist insoweit unerheblich. Denn gerade im
Zusammenhang mit eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen
Sicherheit verbundenen Leistungen können sich
Überschneidungen mit anderen Steuerbefreiungen ergeben (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 25).
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cc) Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen,
dass der Kläger oder die GmbH ihre entgeltlichen Leistungen
ggf. nicht gegenüber der hilfsbedürftigen Person als sog.
Selbstzahler, sondern gegenüber einem
Sozialleistungsträger erbracht haben. Für Art. 132 Abs. 1
Buchst. g MwStSystRL kommt es nicht darauf an, wer
mehrwertsteuerrechtlich Empfänger der entgeltlichen Leistung
ist, sondern dass die Leistung einen für die Durchführung
der Maßnahmen der Sozialfürsorge und der sozialen
Sicherheit unerlässlichen Schritt enthält und ihre
Belastung mit der Mehrwertsteuer daher zwangsläufig dazu
führen würde, die Kosten der genannten Umsätze zu
erhöhen (vgl. EuGH-Urteil Finanzamt D, EU:C:2020:811 =
SIS 20 15 41, Rz 36; BFH-Urteil in
BFHE 272, 270 = SIS 21 09 33, Rz 30). Letzteres ist hier der
Fall.
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c) Der Kläger und die GmbH sind
Einrichtungen, die im Inland als Einrichtungen mit sozialem
Charakter anerkannt sind.
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aa) Der Begriff
„Einrichtung“ ist
grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen wie
den Kläger (vgl. EuGH-Urteil Gregg vom 07.09.1999 - C-216/97,
EU:C:1999:390 = SIS 00 01 53, Rz
21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie die GmbH
(vgl. dazu EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello,
EU:C:2005:322 = SIS 05 30 13, Rz
35 und 40; MDDP vom 28.11.2013 - C-319/12, EU:C:2013:778 =
SIS 13 32 46, Rz 28 und 31;
BFH-Urteil in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 28) zu erfassen.
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bb) Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL legt
weder die Voraussetzungen noch die Modalitäten einer
Anerkennung des sozialen Charakters von anderen Einrichtungen als
solchen des öffentlichen Rechts fest. Es ist daher
grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts eines jeden
Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen diesen
Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann,
wobei die Mitgliedstaaten über ein Ermessen verfügen
(vgl. EuGH-Urteile Les Jardins de Jouvence vom 21.01.2016 -
C-335/14, EU:C:2016:36 = SIS 16 02 98, Rz 32 und 34; Finanzamt D, EU:C:2020:811 = SIS 20 15 41, Rz 43). Zu ihnen können das
Bestehen spezifischer Vorschriften - seien es nationale oder
regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften
oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit -, das mit den
Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene
Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit
den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer
ähnlichen Anerkennung kommen, und der Gesichtspunkt
zählen, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter
Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen
Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden,
insbesondere wenn die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche
Beziehungen zu diesen Einrichtungen unterhalten (vgl. in diesem
Sinne EuGH-Urteile Kügler vom 10.09.2002 - C-141/00,
EU:C:2002:473 = SIS 02 97 10, Rz
58; Les Jardins de Jouvence, EU:C:2016:36 = SIS 16 02 98, Rz 35; Finanzamt D,
EU:C:2020:811 = SIS 20 15 41, Rz
44).
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cc) Danach sind der Kläger und die GmbH
in Bezug auf ihre Personenbeförderungsleistungen im Inland als
Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt. Die
Verordnungsfähigkeit von Krankenfahrten ist im
Sozialversicherungsrecht als Teil der vertragsärztlichen
Versorgung gesetzlich verankert (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB
V). Zudem führten der Kläger und die GmbH
Personenbeförderungen, insbesondere von Menschen mit einer
Behinderung, aufgrund von Vereinbarungen mit verschiedenen
Einrichtungen und Verbänden durch. Die Kosten für ihre
Leistungen wurden zum großen Teil durch Krankenkassen und
andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen; nach
den Feststellungen des FG erhielt die beförderte Person selbst
nur dann eine Rechnung, wenn eine Krankenkasse die Erstattung der
Kosten ablehnte.
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2. Der Steuerfreiheit steht - entgegen dem
Urteil des FG - nicht Art.
134 Buchst. b MwStSystRL entgegen.
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a) Art. 134 Buchst. b MwStSystRL
schließt Dienstleistungen von der Steuerfreiheit nach Art.
132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL aus, wenn sie im Wesentlichen dazu
bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch
Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit
Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen
Unternehmen bewirkt werden. Dabei liefe es dem dieser Bestimmung
zugrunde liegenden Grundsatz der steuerlichen Neutralität
zuwider, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb
stehende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen
hinsichtlich der Umsatzsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl.
EuGH-Urteil Administration de l’Enregistrement, des
Domaines und de la TVA vom 15.04.2021 - C-846/19, EU:C:2021:277 =
SIS 21 05 98, Rz 67).
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b) Im Streitfall steht Art. 134 Buchst. b
MwStSystRL der Steuerfreiheit nicht entgegen. Die
Personenbeförderungsleistungen des Klägers und der GmbH
standen unter den Umständen des vorliegenden Streitfalls nicht
in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von Taxi- und
Mietwagenunternehmern. Denn kranke, verletzte oder behinderte
Personen werden zwar auch von Taxi- und Mietwagenunternehmern
befördert. Jedoch gingen die vorliegend erbrachten
Dienstleistungen über die bloße Beförderung dieser
Personen hinaus.
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Zudem beschränkt sich die Anwendung von
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auf Dienstleistungen, die
durch Einrichtungen bewirkt werden, die - wie hier der Kläger
und die GmbH - als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt
sind. Soweit Taxi- und Mietwagenunternehmen vergleichbare
Leistungen wie im Streitfall erbringen, aber nicht die
zusätzlichen unternehmerbezogenen Anerkennungsvoraussetzungen
erfüllen, ist das Fehlen dieser Voraussetzungen bei
Wettbewerbern nicht geeignet, eine Wettbewerbsverzerrung zu
begründen, sondern notwendige Folge der Anwendung des
Befreiungstatbestandes. Sollten Wettbewerber des Klägers im
Übrigen die unternehmerbezogenen Anerkennungsvoraussetzungen
erfüllen, steht es ihnen frei, sich für entsprechende
Leistungen ebenfalls auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1
Buchst. g MwStSystRL zu berufen (vgl. BFH-Urteil vom 24.03.2021 - V R 1/19, BFHE 272, 547 = SIS 21 13 76, Rz 62).
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar kommt
es auf eine Anwendung von § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG nicht an.
Soweit der Kläger oder die GmbH aber nach den Feststellungen
des FG auch Essenscontainer oder Medikamente transportiert haben,
ist kein Befreiungstatbestand ersichtlich. Insbesondere kann sich
der Kläger bezüglich dieser Dienstleistungen bereits
deshalb nicht mit Erfolg auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL
berufen, da er und die GmbH insoweit nicht als Einrichtungen mit
sozialem Charakter anerkannt sind.
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Das FG hat zur Höhe der betreffenden
Umsätze keine Feststellungen getroffen. Diese sind
nachzuholen. Dabei wird das FG auch der Frage einer
Privatverwendung von Fahrzeugen und Telefonen nachzugehen
haben.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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