Auf die Revision der Klägerin werden das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.11.2017 - 3 K
3052/15 = SIS 18 08 95, die Bescheide vom 10.04.2012 sowie die
Einspruchsentscheidung vom 13.01.2015 aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die
Grundsteuerbescheide vom 21.12.2001 und 04.10.2004 für die
Jahre 1994 bis 1996, vom 21.12.2001 und 12.10.2004 für die
Jahre 1997 bis 2001, vom 14.06.2002 und 12.10.2004 für das
Jahr 2002 und vom 12.10.2004 für die Jahre 2003 und 2004
aufzuheben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) war von 1993 bis 2007
Eigentümerin einer Liegenschaft in F, die mit einem 1996
fertiggestellten Geschäftshaus bebaut ist. Auf der Grundlage
einer Einheitswertfeststellung auf den 01.01.1991 waren
Grundsteuern festgesetzt worden.
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Auf den 01.01.1994 und den 01.01.1997 waren
am 21.12.2001 bzw. 17.12.2002 Einheitswertbescheide ergangen. Auf
Grundlage dieser Bescheide sowie der Grundsteuermessbescheide
setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
höhere Grundsteuern als bisher fest, und zwar am 21.12.2001
und 04.10.2004 für die Jahre 1994 bis 1996, am 21.12.2001 und
12.10.2004 für die Jahre 1997 bis 2001, am 14.06.2002 und
zuletzt am 12.10.2004 für das Jahr 2002 und am 12.10.2004
für die Jahre 2003 und 2004. Die entsprechenden
Differenzbeträge wurden für die Jahre 1994 bis 1996 am
25.01.2002, für die Jahre 1997 bis 2004 am 16.11.2004
vollständig entrichtet.
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Gegen die Einheitswertbescheide auf den
01.01.1994 und den 01.01.1997 legte die Klägerin Einspruch ein
und erhob Klage (3 K 2488/04 B). Dabei berief sie sich auf den
Eintritt der Feststellungsverjährung. In der mündlichen
Verhandlung vom 10.06.2009 hob das FA auf Hinweis des
Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg die Bescheide auf. Der
Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt
erklärt. Am 09.07.2009 hob das FA auch die entsprechenden
Grundsteuermessbescheide auf.
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Am 15.07.2009 beantragte die Klägerin,
im Wege der Folgebescheidsänderung die auf den
Einheitswerten/Grundsteuermessbeträgen auf den 01.01.1994 und
01.01.1997 beruhenden Grundsteuerbescheide aufzuheben. Das FA hob
die Grundsteuerbescheide nicht auf.
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Am 28.07.2009 erließ das FA auf den
01.01.1994 erneut einen Einheitswertbescheid, dem ein Wirkhinweis
nach § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) beifügt war,
sowie einen Grundsteuermessbescheid. Am 29.07.2009 erließ es
auf den 01.01.1997 einen mit einem Wirkhinweis für die Jahre
bis 2004 versehenen Einheitswertbescheid und einen
Grundsteuermessbescheid. Die Einsprüche gegen alle vier
Bescheide blieben erfolglos. Das FG wies die (nur) gegen die beiden
Grundsteuermessbescheide gerichtete Klage mit Urteil vom 29.04.2014
- 3 K 3142/12 (EFG 2014, 1560 = SIS 14 20 29) ab. Über die
Festsetzungsverjährung der Grundsteuer sei in den Verfahren
betreffend die Grundsteuer zu entscheiden. Das Urteil ist
rechtskräftig.
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Mit Bescheiden vom 10.04.2012 hatte das FA
zwischenzeitlich die am 15.07.2009 beantragte
Folgebescheidsänderung abgelehnt. Es wies mit
Einspruchsentscheidung vom 13.01.2015 die Einsprüche
zurück, mit denen die Klägerin den Eintritt der
Festsetzungsverjährung der Grundsteuer geltend machte.
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Das FG hat die dagegen erhobene Klage
abgewiesen. Wenn das FA nach der Aufhebung der
Einheitswertbescheide und der Grundsteuermessbescheide am
10.06.2009 die Grundsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 AO aufgehoben hätte, wäre es, so das FG, sogleich
befugt gewesen, neue Grundsteuerbescheide mit demselben Inhalt zu
erlassen, so dass die Aufhebung entbehrlich gewesen sei. Das FA
hätte zunächst nach § 155 Abs. 2 AO nach Erlass der
neuen Grundlagenbescheide vom 28./29.07.2009 nach § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 AO wieder Grundsteuerbescheide erlassen dürfen.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Grundsteuer sei zwar
nicht nach § 171 Abs. 10 AO, jedoch nach § 171 Abs. 14 AO
gehemmt gewesen. Die auf die Einheitswertbescheide vom 21.12.2001
bzw. 17.12.2002 zurückgehende Grundsteuer sei in allen
Fällen bereits gezahlt worden. Mit ersatzloser Aufhebung der
Grundsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
wären nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO
Grundsteuererstattungsansprüche entstanden. Die für
§ 171 Abs. 14 AO entscheidende Frist für deren
Zahlungsverjährung hätte nicht vor Aufhebung der
Bescheide zu laufen begonnen. § 171 Abs. 14 AO sei nicht auf
diejenigen Fälle zu beschränken, in denen eine
Steuerfestsetzung nicht wirksam bekannt gegeben wurde. Die
Vorschrift genüge auch verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Sie unterbinde nur die Rückforderung geleisteter Zahlungen und
stelle sicher, dass ein nach Ablauf der regulären
Festsetzungsverjährung erlassener Steuerbescheid keine
Grundlage für weitere Zahlungsverlangen biete. Das FG-Urteil
ist in EFG 2018, 1325 = SIS 18 08 95 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 171 Abs. 14 AO
sowie der §§ 181 Abs. 5, 155 Abs. 2 AO. § 171 Abs.
14 AO sei nicht anwendbar.
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Ursprung des Problems sei das Fehlen einer
ordnungsgemäßen Aufforderung zur Abgabe einer
Erklärung auf den Einheitswert 01.01.1991 vor Ablauf der
verlängerten Feststellungsfrist. Damit sei § 181 Abs. 3
Satz 3 AO nicht anwendbar gewesen, während das FA jahrelang
den Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 AO unterlassen habe. Sie,
die Klägerin, habe sich von Beginn an offen unter Hinweis auf
die Verjährungsfrage gegen die Bescheide zur Wehr gesetzt. Das
sei nicht mit den Konstellationen zu vergleichen, für die der
Gesetzgeber § 171 Abs. 14 AO geschaffen habe, in denen
nämlich der Steuerpflichtige das Auseinanderfallen von
Festsetzungsverjährung und Zahlungsverjährung bewusst
ausnutze, indem er einen Bekanntgabemangel erst nach Eintritt der
Festsetzungsverjährung rüge. Nur für die daraus
resultierenden Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 Satz
1 AO habe der Bundesfinanzhof (BFH) die Anwendbarkeit von §
171 Abs. 14 AO (BFH-Urteile vom 13.03.2001 - VIII R 37/00, BFHE
194, 326, BStBl II 2001, 430 = SIS 01 09 14, und vom 17.03.2004 -
II R 47/98, BFH/NV 2004, 1066 = SIS 04 30 04; BFH-Beschluss vom
07.07.2004 - VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896 = SIS 04 32 19) sowie die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift
bejaht (BFH-Urteil in BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430 = SIS 01 09 14; ihm folgend Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts
- BVerfG - vom 18.02.2003 - 2 BvR 1114/01, DStZ 2003, 309, HFR
2003, 718 = SIS 03 33 74). Soweit es Fälle des § 37 Abs.
2 Satz 2 AO betreffe, sei die Vorschrift teleologisch zu
reduzieren. Andernfalls entspreche sie nicht den
verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Rechtsstaatsprinzip und
den Gleichheitssatz.
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Ferner erfasse § 171 Abs. 14 AO nur
Erstattungsansprüche, die vor Eintritt der
Festsetzungsverjährung entstanden seien (so bereits die
Urteile der FG Schleswig-Holstein vom 03.08.2000 - V 788/98, EFG
2001, 56 = SIS 01 69 46, und Köln vom 02.04.2009 - 15 K
2546/07, EFG 2009, 1430 = SIS 09 27 61), während die Zahlung
zumindest für die Jahre 1994 bis 1999 nach Eintritt der
regulären Festsetzungsverjährung erfolgt sei.
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§ 155 Abs. 2 AO schließlich sei
nur anwendbar, wenn noch kein Grundlagenbescheid ergangen sei,
könne aber nicht die Feststellungsverjährung eines
tatsächlich erlassenen Grundlagenbescheids
überwinden.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung der Vorentscheidung, der
Ablehnungsbescheide vom 10.04.2012 sowie der Einspruchsentscheidung
vom 13.01.2015 das FA zu verpflichten, die Grundsteuerbescheide vom
21.12.2001 und 04.10.2004 für die Jahre 1994 bis 1996, vom
21.12.2001 und 12.10.2004 für die Jahre 1997 bis 2001, vom
14.06.2002 und 12.10.2004 für das Jahr 2002 und vom 12.10.2004
für die Jahre 2003 und 2004 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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§ 171 Abs. 14 AO erlaube keine
Differenzierung zwischen den Erstattungsansprüchen nach §
37 Abs. 2 Satz 1 AO und § 37 Abs. 2 Satz 2 AO und sei mit
diesem Inhalt auch nicht verfassungswidrig. Anders als der BFH in
seinem Urteil vom 04.08.2020 - VIII R 39/18 (BFHE 270, 81, HFR
2021, 6 = SIS 20 16 79, dort Rz 23) entschieden habe, sei die
Ablaufhemmung - ebenso wenig wie im Falle des § 171 Abs. 10 AO
- auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der
Erstattungsanspruch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung
entstanden sei. Jedenfalls aber sei für die Entstehung des
Erstattungsanspruchs die rechtsgrundlose Zahlung (materielle
Rechtsgrundtheorie), nicht aber die Aufhebung des Steuerbescheids
(formelle Rechtsgrundtheorie) maßgebend. Andernfalls liefe
§ 171 Abs. 14 AO leer, denn die Aufhebung der Bescheide liege
regelmäßig nach Ablauf der
Festsetzungsverjährung.
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Schließlich sei der Streitfall mit
der Konstellation des Bekanntgabemangels in gewisser Hinsicht
vergleichbar. Der Ursprung des Problems bestehe darin, dass die
Aufforderung zur Abgabe der Erklärung an die Steuerschuldnerin
selbst statt an den Liquidator gerichtet worden sei, was ebenfalls
ein formeller Fehler in Gestalt einer unvollständigen
Bekanntgabe sei. Es könne nicht richtig sein, dass
Grundsteuerbescheide, die - unstreitig - materiell-rechtlich
zutreffend seien und innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen
worden seien, allein deshalb verjährten, weil wegen eines
Streits über einen Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 AO
Bescheide zunächst aufgehoben und unverzüglich
inhaltsgleich neu erlassen worden seien. Die Aufhebung der
Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 habe die Anwendung von
§ 155 Abs. 2 AO eröffnet, um die in der Aufhebung und dem
gleichzeitig erneuten Erlass der Grundsteuerbescheide liegende
Förmelei zu vermeiden.
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II. Die Revision ist begründet. Der Senat
entscheidet in der Sache selbst und verpflichtet das FA zur
Aufhebung der Grundsteuerbescheide 1994 bis 2004 (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Änderung
der Folgebescheide ist prozessual Gegenstand eines
Verpflichtungsbegehrens nach § 40 Abs. 1 FGO (BFH-Urteil vom
24.05.2006 - I R 93/05, BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76 = SIS 06 40 88, unter II.1.). Die Grundsteuerbescheide sind nach § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufzuheben, nachdem das FA die
Grundsteuermessbescheide auf den 01.01.1994 und auf den 01.01.1997
am 09.07.2009 aufgehoben hatte. Die neuerlichen
Grundsteuermessbescheide vom 28./29.07.2009 stehen dem nicht
entgegen, da sie ihrerseits wegen Eintritts der
Festsetzungsverjährung der Grundsteuer keine
Änderungsverpflichtung begründen.
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1. Nach Aufhebung der Grundsteuermessbescheide
vom 09.07.2009 war das FA zur Folgeänderung hinsichtlich der
Grundsteuerbescheide verpflichtet.
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a) Das Verfahren zur Festsetzung der
Grundsteuer vollzieht sich in drei Stufen. Es besteht zweifach ein
Verhältnis zwischen Grundlagenbescheid (i.S. der
Legaldefinition des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO) und
Folgebescheid. Auf der ersten Stufe stellt das FA im
Einheitswertbescheid den Einheitswert für die wirtschaftliche
Einheit des Grundbesitzes fest (§ 180 Abs. 1 Nr. 1 AO, §
19 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG - ). Auf der zweiten Stufe
setzt das FA im Grundsteuermessbescheid den Steuermessbetrag fest
(§ 184 Abs. 1 AO, § 13 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes in
der im Streitjahr geltenden Fassung - GrStG - ). Auf der dritten
Stufe schließlich setzt die Gemeinde - bzw. nach § 1
Abs. 2 GrStG das Land - die Grundsteuer fest (§ 27 Abs. 1
GrStG). Der Einheitswertbescheid ist Grundlagenbescheid für
den Grundsteuermessbescheid, Letzterer wiederum alleiniger
Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid (vgl.
BFH-Urteil vom 11.11.2009 - II R 14/08, BFHE 228, 1, BStBl II 2010,
723 = SIS 10 04 98, unter II.2.c, cc, m.w.N.).
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b) Diesem doppelten Verhältnis von
Grundlagenbescheid zu Folgebescheid tragen die
Anpassungsverpflichtungen Rechnung. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu
ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO),
dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt,
erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Das bedeutet, dass
ein Grundsteuermessbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu
ändern ist, soweit ein zugrunde liegender Einheitswertbescheid
erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Weiter ist ein
Grundsteuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,
soweit ein zugrunde liegender Grundsteuermessbescheid zu erlassen,
aufzuheben oder zu ändern ist. Die Aufhebung eines
Grundlagenbescheids bedeutet, dass die Wirkungen des
Grundlagenbescheids rückgängig zu machen sind (BFH-Urteil
in BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76 = SIS 06 40 88, unter II.3.a).
Wird ein Grundsteuermessbescheid ersatzlos aufgehoben, ist folglich
der Grundsteuerbescheid aufzuheben.
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c) Ebenso berücksichtigt die Hemmung der
Verjährung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO dieses doppelte
Stufenverhältnis.
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aa) Nach dieser Vorschrift endet, soweit
für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid,
ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist
(Grundlagenbescheid), die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von
zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist der
andere Verwaltungsakt seinerseits ein Feststellungsbescheid, gilt
die Vorschrift mit der Maßgabe, dass dessen
Feststellungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach
Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet (so inzident die beiden
zu § 181 Abs. 5 Satz 1 AO ergangenen BFH-Urteile vom
13.07.1999 - VIII R 76/97, BFHE 189, 309 = SIS 99 24 35 - teilweise
NV -, BStBl II 1999, 747 = SIS 99 24 35, unter 4.a der
Entscheidungsgründe, und in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723 =
SIS 10 04 98, unter II.2.c cc).
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bb) Wird ein Bescheid betreffend die
Feststellung des Einheitswerts bekanntgegeben, endet die
Festsetzungsfrist für den Bescheid betreffend den
Grundsteuermessbetrag nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach
Bekanntgabe des Bescheids betreffend den Einheitswert. Wird ein
Bescheid betreffend den Grundsteuermessbetrag bekanntgegeben, endet
die Festsetzungsfrist für den Bescheid betreffend die
Grundsteuer nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des
Bescheids betreffend den Grundsteuermessbetrag.
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d) Nach diesen Maßstäben waren -
vorbehaltlich nachfolgender Grundlagenbescheide - nach der
Aufhebung der Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 die
Grundsteuerbescheide 1994 bis 2004 gemäß § 175 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 AO aufzuheben. Soweit für die Grundsteuer
bereits die reguläre Festsetzungsfrist abgelaufen war, war der
Eintritt der Verjährung nach § 171 Abs. 10 AO gehemmt. Da
die Klägerin innerhalb der Frist des § 171 Abs. 10 AO
zudem einen Aufhebungsantrag gestellt hatte und über diesen
noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist, ist die
Verjährungsfrist insoweit bisher nach § 171 Abs. 3 AO
nicht abgelaufen.
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e) Es ist in diesem Zusammenhang nicht
erheblich, inwieweit § 155 Abs. 2 AO i.V.m. § 162 Abs. 5
AO dem Grunde nach infolge der Aufhebung der
Grundsteuermessbescheide als Grundlagenbescheide eine
Schätzung der Grundsteuer erlauben und so einer
Anpassungsverpflichtung entgegenstehen könnte.
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aa) Nach § 155 Abs. 2 AO kann ein
Steuerbescheid erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid
noch nicht erlassen wurde. § 162 Abs. 5 AO ermöglicht in
diesen Fällen die Schätzung der in einem
Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Die
Vorschrift erlaubt nur, im Folgebescheid eine erkennbar
einstweilige Regelung zu treffen, die einem noch zu erlassenden
Grundlagenbescheid vorgreift (BFH-Urteil in BFHE 214, 7, BStBl II
2007, 76 = SIS 06 40 88, unter II.2.b cc).
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bb) Inwieweit nach Aufhebung eines
Grundlagenbescheids ein solcher als „noch nicht
erlassen“ i.S. des § 155 Abs. 2 AO zu betrachten
ist, kann dahinstehen. Denn es sind anschließend erneut
Grundlagenbescheide in Gestalt der Einheitswertbescheide und der
Grundsteuermessbescheide vom 28./ 29.07.2009 ergangen. Für die
Frage, ob die fortbestehenden Grundsteuerbescheide zutreffende
Folgebescheide sind, kommt es nur noch darauf an, ob sie diese
Grundlagenbescheide zutreffend umsetzen. Sollten die
Grundlagenbescheide vom 28./29.07.2009 eine Anpassungsverpflichtung
nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO begründet haben,
wäre damit die Rechtslage der Interimsphase überholt.
Sollte die Anpassung wegen Festsetzungsverjährung der
Grundsteuer nicht mehr zulässig gewesen sein, wäre auch
die Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO rechtswidrig gewesen.
Es stünde fest, dass die Besteuerungsgrundlagen nicht mehr
berücksichtigt werden können.
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2. Die Anpassung der Grundsteuerbescheide an
die Grundsteuermessbescheide vom 28./29.07.2009 ist nicht
vorzunehmen. Für die Grundsteuer 1994 bis 2004 war am
09.07.2009, dem Zeitpunkt des Erlasses der
Grundsteuermessbescheide, bereits Festsetzungsverjährung
eingetreten.
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a) § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
enthält eine Änderungsvorschrift und ermöglicht
insoweit die Durchbrechung der Bestandskraft des jeweiligen
Folgebescheids, hemmt oder unterbricht allein jedoch nicht die
Festsetzungs- oder Feststellungsverjährung des
Folgebescheids.
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b) Für die Grundsteuer war die
regelmäßige vierjährige Verjährungsfrist
(§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) abgelaufen. Sie begann nach
§ 170 Abs. 1 AO jeweils mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem
die Steuer entstanden ist. Nach § 9 Abs. 2 GrStG entsteht die
Steuer mit dem Beginn des Kalenderjahrs, für das die Steuer
festzusetzen ist. Das war für das letzte Streitjahr 2004 der
Beginn des Jahres 2004, so dass die Verjährungsfrist mit
Ablauf des Jahres 2004 begann und mit Ablauf des Jahres 2008
abgelaufen war. Für die früheren Streitjahre gilt
Entsprechendes.
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30
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c) Die Verjährung der Grundsteuer war
nicht nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO gehemmt. Die Vorschrift ist
nach § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO nicht anwendbar. Sind
Einheitswertbescheide - erste Stufe - mit einem Wirkhinweis nach
§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO erlassen worden, sind die
Grundsteuerbescheide - dritte Stufe - dann nach § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 AO an die Grundsteuermessbescheide - zweite Stufe -
anzupassen, wenn für die Grundsteuer ohne Anwendung von §
171 Abs. 10 AO noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten
ist.
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31
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aa) Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine
gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden
Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte
Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist,
für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten
Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171
Abs. 10 AO außer Betracht. Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO
ist hierauf im Feststellungsbescheid hinzuweisen.
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bb) Im dreistufigen Verfahren wird der
Wirkhinweis auf der ersten Stufe (Einheitswert) auch für die
dritte Stufe (Grundsteuer) erteilt. § 181 Abs. 5 AO trägt
der dienenden Funktion der gesonderten Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen Rechnung. Aus der Technik der getrennten
Feststellung sollen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile, aber
auch keine Vorteile entstehen. Die Vorschrift gilt nicht nur
für den erstmaligen Erlass, sondern auch für die
Änderung oder Berichtigung von Feststellungsbescheiden (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723 = SIS 10 04 98, unter
II.2.c, m.w.N.). Sie gilt auch, wenn ein Feststellungsbescheid
zunächst aufgehoben und anschließend neu erlassen wird.
Aus der dienenden Funktion sowohl der Feststellung des
Einheitswerts als auch der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags
für die Grundsteuerfestsetzung folgt eine entsprechende
Anwendung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO im Verhältnis
zwischen der ersten und der dritten Stufe. Wäre nur ein
zweistufiges Verfahren vorgesehen, könnte ein
Feststellungsbescheid, der sowohl den Einheitswert als auch den
Grundsteuermessbetrag enthielte, korrigiert werden, solange die
Festsetzung der Grundsteuer möglich ist. Dieses Ergebnis ist
durch die die zweite Stufe überspringende Anwendung der Regeln
über den Wirkhinweis herzustellen (vgl. im Einzelnen
BFH-Urteil in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723 = SIS 10 04 98, unter
II.2.c cc).
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cc) Die Frage, ob Verjährung in der
dritten Stufe (Grundsteuer) eingetreten ist, ist bei Vorliegen
eines Wirkhinweises in der ersten Stufe (Einheitswert) allein im
Verfahren betreffend die Grundsteuer zu prüfen. Dies hat das
FG in seinem zu den Grundsteuermessbescheiden ergangenen Urteil in
EFG 2014, 1560 = SIS 14 20 29 zu Recht entschieden. Die
Bestimmtheit und damit die Wirksamkeit des Wirkhinweises nach
§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO verlangt zwar die Angabe, dass die
Feststellungen nach Ablauf der Feststellungsfrist getroffen worden
und nur noch für solche Folgesteuern von Bedeutung sind,
für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten
Feststellung noch nicht abgelaufen war. Es bedarf aber keiner
genauen Angabe, für welche Steuerarten und welche
Besteuerungszeiträume (Veranlagungszeiträume) den
getroffenen Feststellungen Rechtswirkung zukommen soll (BFH-Urteil
vom 18.03.1998 - II R 7/96, BFHE 185, 573, BStBl II 1998, 555 = SIS 98 19 69). Diese Erleichterung liefe ins Leere, wenn im Verfahren
betreffend den Grundlagenbescheid zu prüfen wäre, ob bei
den Folgesteuern Festsetzungs- oder Feststellungsverjährung
eingetreten ist (so allerdings Söhn in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 181 AO Rz 144;
differenzierend auch Urteil des Hessischen FG vom 29.03.2011 - 11 K
1736/09, juris = SIS 11 38 11, Rz 24). Das bedeutet umgekehrt, dass
diese Prüfung im Verfahren betreffend den Folgebescheid
stattfinden muss. Wegen § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO ist
im Rahmen dieser Prüfung § 171 Abs. 10 AO nicht
anwendbar.
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dd) Die Einheitswertbescheide vom
28./29.07.2009 - erste Stufe - sind nach § 181 Abs. 5 Satz 1
Halbsatz 1 AO nach Ablauf der für sie geltenden
Feststellungsfrist mit dem Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz
2 AO erlassen worden, der die Anwendung von § 171 Abs. 10 AO
für die Prüfung der Festsetzungsverjährung der
Grundsteuer - dritte Stufe - sperrt.
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d) Die Verjährungsfrist für die
Grundsteuer war schließlich nicht nach § 171 Abs. 14 AO
gehemmt. Nach dieser Vorschrift endet die Festsetzungsfrist
für einen Steueranspruch nicht, soweit ein damit
zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO
noch nicht verjährt ist (§ 228 AO). §§ 228 ff.
AO regeln die Zahlungsverjährung.
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aa) Es ist jeder mit dem Steueranspruch
zusammenhängende Erstattungsanspruch geeignet, die
Ablaufhemmung auszulösen (BFH-Urteil in BFHE 270, 81, HFR
2021, 6 = SIS 20 16 79, Rz 22, m.w.N.). Der Senat folgt dieser
Rechtsauffassung, denn sie entspricht dem weitgefassten Wortlaut
des § 171 Abs. 14 AO. Der Klägerin ist zwar insoweit
Recht zu geben, als der Gesetzgeber mit der Vorschrift insbesondere
zu vermeiden suchte, dass der Steuerpflichtige mit der
Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekanntgegeben
worden, innerhalb der fünfjährigen
Zahlungsverjährungsfrist eine Erstattung zu viel gezahlter
Steuern verlangen kann, ohne dass das Finanzamt die
Steuerfestsetzung innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist
durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheides nachholen
könnte. Die Vorschrift ist jedenfalls vor diesem Hintergrund
verfassungskonform (vgl. im Einzelnen BTDrucks 10/1636, S. 44;
BFH-Urteile in BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430 = SIS 01 09 14,
unter 2.b, und in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6 = SIS 20 16 79, Rz 21;
BVerfG-Beschluss in DStZ 2003, 309 = SIS 03 33 74; BFH-Beschluss
vom 16.11.2011 - V B 34/11, BFH/NV 2012, 373 = SIS 12 03 47). Eine
entsprechende Einschränkung des Wortlauts ist der Regelung
jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr kann diese Konstellation auch
exemplarisch dafür stehen, dass innerhalb der
Zahlungsverjährungsfrist notwendige Steuerfestsetzungen
nachgeholt werden können.
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bb) Der Erstattungsanspruch muss vor Ablauf
der Festsetzungsfrist entstanden sein (BFH-Urteil in BFHE 270, 81,
HFR 2021, 6 = SIS 20 16 79, Rz 23, mit Hinweis auf die
Gesetzesbegründung; ebenso Urteile der FG Schleswig-Holstein
in EFG 2001, 56 = SIS 01 69 46, und Köln in EFG 2009, 1430 =
SIS 09 27 61). § 171 Abs. 14 AO hemmt den Ablauf einer offenen
Festsetzungsfrist, vermag aber nach einmal eingetretener
Festsetzungsverjährung diese nicht erneut anlaufen zu lassen.
Dies entspricht dem Wortlaut des § 171 Abs. 14 AO (die
„Festsetzungsfrist ... endet nicht, soweit
…“). Nicht enden kann nur, was begonnen, aber noch
nicht geendet hat. Eine bereits abgelaufene Frist hat bereits
geendet. Dieses Normverständnis ist auch systemgerecht. Nach
§ 47 AO erlöschen Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis insbesondere - u.a. - durch
Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232
AO). Das Erlöschen ist endgültig (Klein/Ratschow, AO, 15.
Aufl., § 47 Rz 7). Ein erloschener Anspruch kann nicht wieder
aufleben (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz 1,
m.w.N.). Ereignisse, die eine Hemmung der Verjährung bewirken
könnten, gehen nach Eintritt der Festsetzungsverjährung
ins Leere. Alle verjährungshemmenden Tatbestände des
§ 171 AO schieben den Eintritt der Verjährung über
den regulären Zeitpunkt hinaus (BFH-Beschluss vom 14.09.2007 -
VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25 = SIS 08 04 50; Banniza in HHSp,
§ 171 AO Rz 3). Sie eröffnen nicht eine einmal
abgelaufene Festsetzungsfrist erneut (Drüen in Tipke/Kruse,
§ 171 AO Rz 1). Eine Rechtsgrundlage für ein erneutes
Anlaufen der Festsetzungsfrist enthält die Vorschrift
nicht.
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cc) Ein Erstattungsanspruch i.S. des § 37
Abs. 2 AO besteht u.a., wenn eine Steuer oder steuerliche
Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist oder wenn
der rechtliche Grund für die Zahlung später
wegfällt. Für die Frage, ob ein Rechtsgrund für eine
Steuerzahlung besteht, ist § 171 Abs. 14 AO nicht im Sinne der
sog. materiellen Rechtsgrundtheorie, sondern der formellen
Rechtsgrundtheorie auszulegen. Maßgeblich ist danach, dass es
für die Zahlung des Steuerpflichtigen an einem formalen
Rechtsgrund in Gestalt eines wirksamen Steuerbescheids fehlt
(BFH-Urteil in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6 = SIS 20 16 79, Rz 27 f.,
m.w.N.). Der BFH hat diese Beurteilung auf die
Gesetzesbegründung (BTDrucks 10/1636, S. 44) gestützt,
nach der gerade eine Zahlung, die zwar einem materiellen
Steueranspruch entspricht, jedoch auf einen unwirksam
bekanntgegebenen Steuerbescheid erfolgt ist, als rechtsgrundlose
Zahlung angesehen wurde. Der Senat folgt dieser Beurteilung, die
sich einerseits in das formell geprägte Recht der
Verjährung einfügt und andererseits auch den weiten
Anwendungsbereich der Vorschrift eingrenzt, den die Anknüpfung
an jedweden Erstattungsanspruch zunächst eröffnet.
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dd) Nach diesen Maßstäben war der
Eintritt der Festsetzungsverjährung der Grundsteuer nicht nach
§ 171 Abs. 14 AO gehemmt. Es war vor Ablauf der
Festsetzungsfrist kein Grundsteuererstattungsanspruch der
Klägerin entstanden. Die Klägerin hat die Grundsteuern
nicht ohne Rechtsgrund gezahlt. Der Rechtsgrund ist auch nie
entfallen. Rechtsgrund für die Zahlung der Grundsteuern sind
nach Maßgabe der formellen Rechtsgrundtheorie allein die
Grundsteuerbescheide. Diese Bescheide wurden bisher nicht
aufgehoben und sind nach wie vor wirksam. Dieser Umstand kann nicht
durch die hypothetische Überlegung ersetzt werden, dass ein
Erstattungsanspruch entstanden wäre, hätte das FA nach
Aufhebung der Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 auch die
Grundsteuerbescheide aufgehoben. Damit würde der wirkliche
Geschehensablauf durch einen fiktiven Geschehensablauf ersetzt.
Dies ist unzulässig. § 171 AO ist analogiefeindlich (vgl.
Banniza in HHSp, § 171 AO Rz 7; ähnlich - jedenfalls
für Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen - Drüen in
Tipke/Kruse, § 171 AO Rz 1a) und gestattet es nicht, eine
maßgebende Voraussetzung eines Hemmungstatbestands, hier die
Existenz eines Erstattungsanspruchs, zu fingieren. Soweit das FA
einwendet, die Aufhebung der Grundsteuerbescheide wäre eine
leere Förmelei gewesen (ähnlich Urteil des FG Köln
in EFG 2009, 1430 = SIS 09 27 61), ist darauf hinzuweisen, dass
eine förmliche Betrachtungsweise der Natur der
Verjährungsvorschriften entspricht. Vielmehr widerspräche
es im Ansatz der formellen Rechtsgrundtheorie, an die Stelle der
tatsächlichen Bescheidlage Erwägungen zu setzen, welche
Ansprüche bestünden, wenn die Bescheidlage anders
wäre.
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ee) Im Übrigen merkt der Senat an, dass
selbst unter dem Aspekt der „leeren
Förmelei“ der Streitfall im Ergebnis nicht anders zu
beurteilen wäre als geschehen. Wären am 09.07.2009 oder
danach die Grundsteuerbescheide aufgehoben worden, wäre mit
dieser Aufhebung zwar ein Erstattungsanspruch bei der Klägerin
entstanden, der aber die Hemmung nach § 171 Abs. 14 AO auch
nicht mehr hätte bewirken können, weil er erst nach
Eintritt der Festsetzungsverjährung entstanden wäre. Auch
§ 171 Abs. 10 AO hätte keine Hemmung mehr bewirkt. Die
Hemmung nach dieser Vorschrift reicht nur, soweit und solange in
offener Feststellungsfrist ein Grundlagenbescheid, der für die
Festsetzung der Folgesteuer bindend ist, noch zulässig ergehen
kann (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1999 - IX R 41/97, BFHE 190, 71,
BStBl II 2000, 173 = SIS 00 04 34, unter II.1.a). Nachdem aber
für die Einheitswertfeststellung und die
Grundsteuermessbetragsfestsetzung bereits Verjährung
eingetreten war, durften nur noch Aufhebungsbescheide, aber keine
erneuten Feststellungen mehr ergehen, die zu Festsetzungen von
Grundsteuer hätten führen können.
Einheitswertbescheide mit einem Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5
AO bleiben insoweit außer Betracht, denn sie entfalten nach
§ 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO Wirkung gerade nur für
den Fall, dass in der Grundsteuer ohne Anwendung von § 171
Abs. 10 AO noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten
ist.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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