Die Revision der Beklagten gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 25.10.2018 - 10 K
141/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist die Auszahlung von
Kindergeld für den Zeitraum August 2015 bis September
2017.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) beantragte am 20.04.2015 Kindergeld für seine im
Februar 1997 geborene Tochter (L). Er gab an, dass L im Juli 2015
eine Ausbildung abschließen und ab September 2015 eine
dreijährige Ausbildung zur Erzieherin beginnen werde.
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Mit Bescheid vom 03.06.2015 setzte die
Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) ab März
2015 Kindergeld fest. Mit Bescheid vom 02.07.2015 hob die
Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab August 2015 auf, da
trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden sei, dass sich das
Kind weiterhin in Ausbildung befinde.
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Mit Antrag vom 07.10.2017, der erst am
03.04.2018 bei der Familienkasse eingegangen war, begehrte der
Kläger die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum
August 2015 bis August 2019. Mit Bescheid vom 09.04.2018 setzte die
Familienkasse Kindergeld ab dem Monat August 2015 mit dem Zusatz
„laufend“ fest. Unter der Überschrift
„Nachzahlung“ beschränkte es die Nachzahlung auf
den Zeitraum von Oktober 2017 bis April 2018. Zur Begründung
wurde ausgeführt, dass aufgrund der gesetzlichen Änderung
nach § 66 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Anträge, die nach dem 31.12.2017 eingehen, rückwirkend
nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten sechs
Kalendermonate vor dem Eingang des Antrags bei der Familienkasse
führen.
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Mit Schreiben vom 16.04.2018, welches die
Familienkasse als Einspruch wertete, begehrte der Kläger die
vollständige Auszahlung des Kindergeldes, da er aufgrund einer
Krankheit nicht in der Lage gewesen sei, seine Verpflichtungen zu
erfüllen. Er legte Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass
bei ihm eine depressive Störung oder Angststörung sowie
ein Burnout-Syndrom vorlägen, nachdem er im April 2016 einen
Nervenzusammenbruch erlitten habe.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 14.05.2018
wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet
zurück. Nach § 66 Abs. 3 EStG könnten Anträge,
die nach dem 31.12.2017 eingingen, nur noch zur Nachzahlung
für die letzten sechs Kalendermonate vor dem Eingang des
Antrags bei der Familienkasse führen. Folglich bestünde,
da der Antrag erst am 03.04.2018 bei der Familienkasse eingegangen
sei, ein Zahlungsanspruch erst ab Oktober 2017.
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Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen
gerichteten Klage statt und änderte den Bescheid vom
09.04.2018 im Abrechnungsteil dahingehend ab, dass das für die
Monate August 2015 bis September 2017 festgesetzte Kindergeld
für L an den Kläger auszuzahlen ist.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen
Rechts.
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Die Familienkasse beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten. Es unterstützt die Auffassung
der Familienkasse.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist zu Recht davon
ausgegangen, dass dem Kläger das Kindergeld für die
Monate August 2015 bis September 2017 auszuzahlen ist.
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1. Zu Recht hat das FG angenommen, dass sich
der Kläger mit seiner Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs.
1 Alternative 1 FGO gegen den Abrechnungsbescheid vom 09.04.2018 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.05.2018 wendet.
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Insoweit kann der Senat dahingestellt sein
lassen, ob es sich bereits bei dem unter der Überschrift
„Nachzahlung“ im Bescheid vom 09.04.2018
enthaltenen Abrechnungsteil um einen förmlichen
Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO) handelt (ablehnend etwa FG Münster vom 26.09.2019 - 8 K
2081/18 Kg, juris = SIS 19 17 77, Rz 28, unter Hinweis auf das
Fehlen einer Streitigkeit, die die Verwirklichung der
Ansprüche i.S. des § 218 Abs. 1 AO betrifft). Denn
jedenfalls regelte die Familienkasse mit dieser Verfügung
gegenüber dem Kläger den Zeitraum, für den nach
ihrer Auffassung ein Auszahlungsanspruch bestand (ebenso FG
Düsseldorf vom 10.04.2019 - 10 K 3589/18 Kg, juris = SIS 19 10 69, Rz 11). Durch den dagegen gerichteten Einspruch entstand auch
eine Streitigkeit zwischen der Familienkasse und dem Kläger,
über welche die Familienkasse durch die Einspruchsentscheidung
vom 14.05.2018 entschied. Unerheblich ist dabei, dass die
Familienkasse ihre Entscheidung nicht ausdrücklich als
Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO
bezeichnete (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 07.08.1990 -
VII R 120/89, BFH/NV 1991, 569, unter II.2.a). Denn aus der
Begründung der Einspruchsentscheidung ergibt sich, dass die
Familienkasse nicht über die Festsetzung, sondern über
den Auszahlungsanspruch entschieden hat, wenn es dort heißt:
„Mit Bescheid vom 09.04.2018 wurde das Kindergeld ab
August 2015 festgesetzt, die Nachzahlung konnte aufgrund des §
66 Abs. 3 EStG in der Fassung vom 23.06.2017 lediglich ab Oktober
2017 erfolgen. Für davor liegende Zeiträume besteht kein
Auszahlungsanspruch“.
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2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist
ferner die Annahme des FG, dass der Kläger einen
Auszahlungsanspruch für die Monate August 2015 bis September
2017 hat und die Familienkasse die Auszahlung nicht unter Berufung
auf § 66 Abs. 3 EStG begrenzen darf.
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a) Nach § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des
Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur
Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften
(Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz - StUmgBG - ) vom 23.06.2017
(BGBl I 2017, 1682) wird das Kindergeld rückwirkend nur
für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in
dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Die Neuregelung ist
am 01.01.2018 in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 2 StUmgBG) und
gemäß § 52 Abs. 49a Satz 7 EStG i.d.F. des Art. 7
Nr. 6 Buchst. c StUmgBG nur auf Anträge anzuwenden, die nach
dem 31.12.2017 eingehen.
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Die Regelung ist damit im Streitfall
anwendbar, da der Antrag des Klägers nach den Feststellungen
des FG erst am 03.04.2018 bei der Familienkasse eingegangen
ist.
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b) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass
die Vorschrift das Festsetzungsverfahren und nicht das
Erhebungsverfahren betrifft.
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aa) Insofern berufen sich die Familienkasse
und das BMF zur Begründung ihrer Gegenauffassung zu Unrecht
auf den Wortlaut der Vorschrift. Hierin wird zwar das Wort
„gezahlt“ verwendet, was darauf hindeuten
könnte, dass die Vorschrift nur die Auszahlung des
Kindergeldes regelt und damit dem Erhebungsverfahren zuzuordnen
wäre. Dieser Begriff lässt jedoch keine klare Zuordnung
zum Erhebungsverfahren zu, weil er vom Gesetzgeber sowohl innerhalb
derselben Norm (§ 66 Abs. 2 EStG) als auch innerhalb der
§§ 64 und 65 EStG in Regelungszusammenhängen
verwendet wird, die eindeutig dem Festsetzungsverfahren zuzuordnen
sind. Demgegenüber verwendet der Gesetzgeber
üblicherweise die Begriffe „ausgezahlt“
oder „Auszahlung“, wenn er den dem
Erhebungsverfahren zuzuordnenden Auszahlungsvorgang beschreiben
will, so etwa in § 70 Abs. 1, § 72 Abs. 1 Satz 1, §
74 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 4 EStG. Entsprechend hat der
Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes gegen illegale
Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (SozialMissbrG)
vom 11.07.2019 (BGBl I 2019, 1066) die Formulierung in dem an die
Stelle des § 66 Abs. 3 EStG getretenen neuen § 70 Abs. 1
Satz 2 EStG dahingehend geändert, dass „Die
Auszahlung von festgesetztem Kindergeld“ rückwirkend
nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats
erfolgt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist (BTDrucks
19/8691, S. 67).
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bb) Für eine Zuordnung zum
Festsetzungsverfahren spricht dagegen die systematische Verortung
der Regelung in § 66 EStG. Die Vorschriften der §§
62 bis 69 EStG befassen sich mit den materiellen Voraussetzungen
des Kindergeldanspruchs und Fragen der Festsetzung desselben. In
den §§ 70 und 72 EStG erfolgt der Übergang vom
Festsetzungs- in das Erhebungsverfahren, während die
§§ 74 bis 76 EStG ausschließlich Fragen der
Erhebung betreffen. Diese Sichtweise wird auch dadurch
bestätigt, dass der Gesetzgeber im Rahmen des SozialMissbrG
die Auszahlungsbeschränkung von § 66 Abs. 3 EStG nach
§ 70 Abs. 1 EStG verschoben hat. Zur Begründung
führte er u.a. an, dass die Regelung sich nunmehr in § 70
EStG „Festsetzung und Zahlung von Kindergeld“
befinde und die Auszahlungsbeschränkung somit nicht mehr im
Bereich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den
Anspruch auf Kindergeld (§§ 62 bis 66 EStG) enthalten sei
(BTDrucks 19/8691, S. 67).
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cc) Auch die Entwurfsbegründung zum
StUmgBG (BTDrucks 18/12127) vom 26.04.2017 bringt keinen
eindeutigen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck und spricht eher
für eine materiell-rechtliche im Festsetzungsverfahren zu
berücksichtigende Wirkung der Ausschlussfrist.
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So wird zunächst ausgeführt, die
Regelung solle verhindern, dass für einen mehrjährigen
Zeitraum in der Vergangenheit rückwirkend Kindergeld
ausgezahlt werden könne. Dies kann auch dahin verstanden
werden, dass Kindergeld rückwirkend nur beschränkt
festgesetzt und in der Folge auch nur beschränkt ausgezahlt
werden soll. Gleiches gilt für den Hinweis, die Regelung
bewirke, dass das Kindergeld über die zurückliegenden
sechs Monate hinaus nicht mehr zur Auszahlung gelangen
könne.
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In diese Richtung deuten auch die weiteren
Ausführungen, wonach die Regelung abweichend von der
regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren gemäß
§ 169 AO vorsehe, dass Kindergeld rückwirkend nur noch
sechs Monate ausgezahlt werden könne. Die Regelungen zur
Festsetzungsfrist (§§ 169 ff. AO) sind in dem mit
„Steuerfestsetzung“ überschriebenen 1.
Unterabschnitt des Vierten Teils Dritter Abschnitt der
Abgabenordnung enthalten. Der Ablauf der Festsetzungsfrist
schließt nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO eine
Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung aus.
Dementsprechend müsste eine in § 66 Abs. 3 EStG bestimmte
Abweichung von dieser regulären Festsetzungsfrist ebenfalls im
Festsetzungsverfahren Berücksichtigung finden.
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Auch soweit der Gesetzgeber darauf hinweist,
dass der materiell-rechtliche Anspruch hierdurch nicht berührt
werde, was insbesondere für an das Kindergeld anknüpfende
Annexleistungen im außersteuerlichen Bereich von Bedeutung
sei, ergibt sich daraus keine Zuordnung der Norm zum
Erhebungsverfahren. Denn diese Formulierung kann auch dahin
verstanden werden, dass die Annexleistungen nicht an die
rechtzeitige Beantragung und Festsetzung des Kindergeldes, sondern
nur an die sonstigen materiellen Voraussetzungen des
Kindergeldanspruchs anknüpfen und deshalb auch für die
Zeiträume bestehen bleiben sollen, für die wegen des
Eingreifens der Ausschlussfrist kein Kindergeld festgesetzt
wird.
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Zu Recht weist das BMF zwar darauf hin, dass
das Bundesverwaltungsgericht der Festsetzungsentscheidung der
Familienkasse für die kinderbezogenen Bestandteile der
Besoldung Tatbestandswirkung beimisst (Urteil vom 26.08.1993 - 2 C
16/92, NVwZ 1995, 170) und dies auch für den Fall gilt, dass
der ablehnende Bescheid auf die Verletzung der Mitwirkungspflicht
gestützt ist und der Betroffene hiergegen keinen Einspruch
eingelegt hat (Urteil vom 18.06.2013 - 2 B 12/13, Zeitschrift
für Beamtenrecht 2013, 352). Anders als das BMF meint,
lässt sich diese Rechtsprechung aber nicht ohne weiteres auf
den Fall übertragen, dass der Kindergeldberechtigte das
Kindergeld nicht beantragt hat. Insoweit wird vielmehr die
Auffassung vertreten, dass der Familienzuschlag unabhängig vom
Kindergeldantrag zu bewilligen ist (Möller in:
Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder,
Art. 36 BayBesG Rz 69 unter Verweis auf die entsprechenden
Ausführungsbestimmungen zum bayerischen Besoldungsrecht).
Entsprechendes sehen auch die Ausführungsbestimmungen zu
§ 40 des Bundesbesoldungsgesetzes vor (Gemeinsames
Ministerialblatt 2017, 430). Dort heißt es in Rz 40.2.2:
„Ungeachtet Randnummer 40.2.1 ist der kinderbezogene
Anteil im Familienzuschlag auch dann zu gewähren, wenn der
Besoldungsempfänger ein zustehendes Kindergeld nicht beantragt
oder hierauf ausdrücklich verzichtet, da es lediglich auf den
materiell rechtlichen Anspruch ankommt.“
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dd) Für die Auffassung der Familienkasse
und des BMF lässt sich auch nicht die erst in der
nachfolgenden Legislaturperiode abgegebene Begründung zum
Entwurf des SozialMissbrG (BTDrucks 19/8691, S. 65 vom 25.03.2019)
anführen. Zum einen hat der BFH in dem vom BMF zitierten
Urteil vom 11.06.2019 - X R 7/18 (BFHE 265, 175, BStBl II 2019, 583
= SIS 19 11 72, Rz 15) zwar ausgeführt, dass der
Äußerung eines - späteren - Gesetzgebers mitunter
eine gewisse Indizwirkung für die in früheren Jahren
geltende Rechtslage beigemessen werden mag. Diese Aussage wurde
zugleich aber dadurch eingeschränkt, dass durch die Auslegung
der im Streitjahr geltenden gesetzlichen Regelungen zu ermitteln
sei, welcher Regelungsgehalt der Norm beizumessen sei. Zum anderen
wird die Aussage, dass § 66 Abs. 3 EStG nicht das
Festsetzungsverfahren betreffe, sondern im Erhebungsverfahren
anzuwenden sein sollte, durch die Gesetzesänderung widerlegt.
Denn dadurch hat der Gesetzgeber selbst bestätigt, dass ein
derartiger gesetzgeberischer Wille aufgrund des bisherigen
Wortlauts und des systematischen Standorts der Vorschrift im Gesetz
keinen hinreichenden Niederschlag gefunden hat. Diese inhaltlichen
Änderungen des Gesetzes können auch nicht deshalb
außer Betracht bleiben, weil die Begründung des
Gesetzentwurfs die Gesetzesänderung in den Mantel einer
Klarstellung gekleidet hat.
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ee) Eine Zuordnung des § 66 Abs. 3 EStG
zum Festsetzungsverfahren widerspricht auch nicht dem vom BMF
dargelegten Sinn und Zweck der Norm. Denn die Norm kann ihre
Wirkung, den Anspruchsteller zu einer zeitnahen Stellung seines
Kindergeldantrags zu bewegen und der Familienkasse dadurch die
notwendige Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen,
auch dann entfalten, wenn bei verspäteter Antragstellung
bereits die Festsetzung über den Sechsmonatszeitraum hinaus
abgelehnt wird. Damit entfällt auch die darüber
hinausgehende Auszahlung des Kindergeldes an den
Kindergeldberechtigten.
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ff) Überdies steht dieses
Verständnis der Bestimmung auch im Einklang mit der Auslegung
des wortgleichen § 66 Abs. 3 EStG in der im Zeitraum 1996 bis
1997 geltenden Fassung durch den BFH. Seinerzeit war die Vorschrift
schon einmal durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 (BGBl
I 1995, 1250) eingeführt, wenig später jedoch durch das
Erste Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
und anderer Gesetze vom 16.12.1997 (BGBl I 1997, 2970) wieder
abgeschafft worden. Insoweit wurde im Urteil vom 24.10.2000 - VI R
65/99 (BFHE 193, 361, BStBl II 2001, 109 = SIS 01 02 32, unter 1.)
ausgeführt, dass der „Kindergeldanspruch“
des Klägers „durch § 66 Abs. 3
ausgeschlossen“ ist. Hieraus ergibt sich, dass der BFH
§ 66 Abs. 3 EStG bereits hinsichtlich der Frage
berücksichtigte, ob ein Kindergeldanspruch festzusetzen ist.
Zudem verwies der BFH auf die nach § 163 AO bestehende
Möglichkeit einer abweichenden Festsetzung der
Steuervergütung aus Billigkeitsgründen, was ebenfalls
darauf schließen lässt, dass bereits die reguläre
Festsetzung und nicht erst die Auszahlung durch § 66 Abs. 3
EStG als ausgeschlossen erachtet wurde. Soweit die Familienkasse
geltend macht, aus der Begründung zum Entwurf des StUmgBG
ergebe sich, dass der Gesetzgeber an dieser Auslegung nicht habe
festhalten wollen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen ist
nicht ersichtlich, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs
eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung erfolgte. Zum
anderen wäre kaum erklärlich, warum der Gesetzgeber dann
ein abweichendes Verständnis im Gesetzeswortlaut nicht zum
Ausdruck gebracht, sondern eine wortlautidentische Regelung
gewählt haben sollte.
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gg) Schließlich spricht sich auch die
überwiegende Meinung im Fachschrifttum für eine
materiell-rechtliche, im Festsetzungsverfahren zu
berücksichtigende Wirkung des § 66 Abs. 3 EStG aus
(Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar,
Fach A, I. Kommentierung, § 66 Rz 18; Hildesheim in
Bordewin/Brandt, § 66 EStG Rz 41; Avvento in Kirchhof, EStG,
18. Aufl., § 66 Rz 7; Blümich/Selder, § 66 EStG Rz
36; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 66 EStG Rz 20; a.A.
Bauhaus in Korn, § 66 EStG Rz 13; offengelassen in
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 38. Aufl., § 66 Rz 6).
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c) Weiter ist auch die Annahme des FG nicht zu
beanstanden, dass die durch die Familienkasse entgegen § 66
Abs. 3 EStG vorgenommene rückwirkende Festsetzung des
Kindergeldes für den Zeitraum August 2015 bis September 2017
konstitutiv wirkt und infolge der eingetretenen Bestandskraft auch
die Familienkasse bindet.
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aa) Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es
im Abrechnungsverfahren allein auf die formelle Bescheidlage an
(BFH-Urteil vom 30.03.2010 - VII R 17/09, BFH/NV 2010, 1412 = SIS 10 21 03, Rz 7; Senatsurteil vom 15.07.2010 - III R 32/08, BFH/NV
2010, 2237 = SIS 10 35 55, Rz 14 f.). Danach bestand im Streitfall
ein Kindergeldanspruch auch für den Zeitraum August 2015 bis
September 2017, da die Familienkasse mit Bescheid vom 09.04.2018
Kindergeld ab dem Monat August 2015 mit dem unter der Rubrik
Befristung eingetragenen Zusatz „laufend“
festgesetzt hat.
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bb) Diese Festsetzung bewirkte auch kein
verwirkungsähnliches Durchsetzungshindernis, mit der Folge,
dass der Auszahlungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden
durfte. Denn um der Festsetzung ihren konstitutiven Charakter zu
nehmen, hätte bereits diese in einer für den
Erklärungsempfänger erkennbaren Weise dahingehend
eingeschränkt werden müssen, dass ihr nur deklaratorische
Funktion - insbesondere zur Wahrung von kindergeldabhängigen
Annexansprüchen - zukommt. Dies ist jedoch nicht geschehen;
vielmehr erfolgte eine entsprechende Einschränkung erst im
Abrechnungsteil des Bescheides. Diese mit keinerlei
Einschränkung versehene Festsetzung begründete daher auch
für die Monate August 2015 bis September 2017 einen
Kindergeldanspruch.
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Da keine Auszahlungshindernisse vorlagen, hat
das FG dementsprechend den Abrechnungsbescheid zu Recht an diese
Festsetzung angepasst.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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