Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Berücksichtigung einer Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung bei Leistung bis zum 10. Januar des Folgejahres

Berücksichtigung einer Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung bei Leistung bis zum 10. Januar des Folgejahres: Eine Umsatzsteuervorauszahlung, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt wird, ist auch dann im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (entgegen EStH 2017, § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines, "Kurze Zeit"). - Urt.; BFH 27.6.2018, X R 44/16; SIS 18 15 70

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Besteuerungsverfahren / Umsatzsteuer
Fundstellen
  1. BFH 27.06.2018, X R 44/16 (ECLI:DE:BFH:2018:U.270618.XR44.16.0)
    BStBl 2018 II S. 781
    DStR 2018 S. 2257

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 29.11.2018
    S. Bleschick in StBB 3/2019 S. 9
    J. Förster in BFH/PR 1/2019 S. 19
    K. Korn in NWB 46/2018 S. 3360
    M. Perschon in AktStR 1/2019 S. 57
    B. Rätke in BBK 22/2018 S. 1038
    H.-D. Rondorf in MwStR 1/2019 S. 38
    J. Schiffers in DStZ 23/2018 S. 857
Normen
[UStG] § 18 Abs. 1 Satz 4
[EStG] § 11 Abs. 1 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 2
[AO 1977] § 108 Abs. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Thüringer FG, 27.01.2016, SIS 16 20 74, Zufluss, Fälligkeit, Regelmäßig wiederkehrende Ausgabe, Umsatzsteuervorauszahlung, Frist
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 13.12.2022, SIS 23 02 65, Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit innerhalb der kurzen Ze...
  • LfSt Bayern 4.11.2022, SIS 23 00 42, Umsatzsteuerzahlungen/-Erstattungen als regelmäßig wiederkehrende Zahlungen (§ 11 EStG): Im Hinblick auf ...
  • BFH 21.6.2022, SIS 22 18 06, Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit innerhalb der kurzen Ze...
  • BFH 16.2.2022, SIS 22 08 63, Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben: Regelmäßig wiederkehrende E...
  • LfSt Bayern 27.7.2021, SIS 21 15 03, USt-Zahlungen, USt-Erstattungen, regelmäßig wiederkehrende Zahlungen: Das Bayerische Landesamt für Steuer...
  • FG München 15.10.2020, SIS 21 08 02, Betriebsausgabenabzug für im laufenden Wirtschaftsjahr vor dem 20.12. fällig gewordene und erst im Folgej...
  • LfSt Bayern 30.1.2020, SIS 20 02 10, USt-Zahlungen, USt-Erstattungen, regelmäßig wiederkehrende Zahlungen: Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom ...
  • FG Düsseldorf 9.12.2019, SIS 19 21 42, Periodengerechte Berücksichtigung von Ausgaben gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG: 1. Eine binnen 10 Tagen nac...
  • BFH 3.12.2019, SIS 20 04 22, Verfahrensgegenstand bei Ergehen mehrerer Änderungsbescheide während des Revisionsverfahrens, Berücksicht...
  • Sächsisches FG 7.11.2019, SIS 20 19 53, Betriebsausgabenabzug einer Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung bei dem F...
  • FinBeh Hamburg 25.3.2019, SIS 19 02 50, Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, keine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums: Nach den BFH-Urteilen vom ...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 17.1.2019, SIS 19 01 74, Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, USt-Vorauszahlung: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat Abschnitt 2 ihrer ...
Fachaufsätze
  • LIT 03 79 56 M. Seifert, StuB 5/2019 S. 204: Neues zur Anwendung der Zehn-Tagesregelung - Lit.; M. Seifert, StuB 5/2019 S. 204; EStG § 11 Abs. 1; Abs....
Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 27.1.2016 3 K 791/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie leistete die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 6.859 EUR durch Banküberweisung, ihr Konto wurde am 8.1.2015 belastet. Die Klägerin machte diese Zahlung als Betriebsausgabe im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für das Jahr 2014 geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) versagte den Betriebsausgabenabzug, da die Zahlung dem Jahr 2015 zuzurechnen sei. Die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei nicht anzuwenden, wenn der Fälligkeitstag aufgrund des § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraumes liege.

 

 

2

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit dem in EFG 2016, 1425 = SIS 16 20 74 veröffentlichten Urteil, die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei anzuwenden, weil sowohl der Zahlungszeitpunkt als auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb „kurzer Zeit“ nach Beendigung des Kalenderjahres 2014 gelegen hätten. Der gesetzliche Fälligkeitstermin für die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2014, der 10.1.2015, sei zwar auf einen Sonnabend gefallen, § 108 Abs. 3 AO sei aber teleologisch so zu reduzieren, dass diese Norm bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht anzuwenden sei.

 

 

3

Das FA begründet seine Revision mit der Verletzung materiellen Rechts. Umsatzsteuervorauszahlungen würden grundsätzlich in dem Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten erfasst, in dem sie entstanden seien, sofern sie innerhalb von zehn Tagen nach Beendigung dieses Kalenderjahres entrichtet worden seien. Innerhalb dieses Zeitraums müssten die Zahlungen sowohl fällig als auch geleistet worden sein (Amtliches Einkommensteuer-Handbuch - EStH - 2017 H 11 Stichwort Allgemeines). Dies entspreche auch der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH). Anders als das FG meine, könne aus § 18 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) und einer teleologischen Betrachtung des § 108 Abs. 3 AO nicht geschlossen werden, die Fälligkeit liege im Streitfall innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums. Vielmehr ergebe sich die Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts aus einem Zusammenspiel beider Normen. Die Auslegung des FG führe unzutreffend zu einer faktischen Nichtanwendung des § 108 Abs. 3 AO und sei eine verfehlte Gesetzesanwendung.

 

 

4

Die mit einer Fiktion versehene Generalnorm des § 108 Abs. 3 AO gelte für sämtliche Normen aller Einzelsteuergesetze, welche auf Fristen Bezug nähmen, und somit auch für die streitgegenständliche Sachlage. Wenn das FG meine, es habe - anders als der BFH in seinem Urteil vom 11.11.2014 VIII R 34/12 (BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57) - darüber entscheiden müssen, ob die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen im Rahmen der Prüfung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG beachtlich sei, bedeute dies im Kern die Frage, ob die Norm des § 108 Abs. 3 AO auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG einwirken könne. Damit sei im Ergebnis nichts anderes zum Ausdruck gebracht worden als im BFH-Urteil, in dem ausgeführt werde, eine Verlängerung des Zehn-Tages-Zeitraums komme auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in Betracht. Das FG sei in doppelter Hinsicht von dem BFH-Urteil in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57 abgewichen: Zum einen bestimme das FG eine besondere, nämlich eine „fiktive“ Fälligkeit, welche ausschließlich für die Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG Wirkung entfalten solle. Zum anderen habe das FG verkannt, dass es über dieselbe Rechtsfrage wie der BFH zu entscheiden gehabt habe. Der BFH habe in seinem Urteil in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57 bereits sinngemäß erkannt, dass die Fälligkeitsbestimmung einerseits und die Interpretation der Norm des § 11 EStG andererseits zwei voneinander zu unterscheidende Fragen seien.

 

 

5

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

Sie ist insbesondere der Auffassung, die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG seien erfüllt, weil die Zahlung wirtschaftlich zum Jahr 2014 gehöre und innerhalb kurzer Zeit (hier acht Tage) nach Beendigung des Kalenderjahres abgeflossen sei. Weitere Voraussetzungen enthalte der Wortlaut der Vorschrift nicht. Insbesondere komme es auf die Fälligkeit der Zahlungen nicht an. In diesem Zusammenhang sei vor allem auf das BFH-Urteil vom 23.9.1999 IV R 1/99 (BFHE 190, 335, BStBl II 2000, 121 = SIS 00 03 68) zu verweisen.

 

 

8

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 in Höhe von 6.859 EUR als Betriebsausgabe für 2014 zu berücksichtigen ist. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG gilt die am 8.1.2015 entrichtete Zahlung als im Jahr 2014 abgeflossen.

 

 

9

1. Ausgaben sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres angefallen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, als in diesem Kalenderjahr abgeflossen.

 

 

10

a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die vom erkennenden Senat geteilt wird, sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (vgl. statt vieler BFH-Urteile vom 1.8.2007 XI R 48/05, BFHE 218, 372, BStBl II 2008, 282 = SIS 07 34 82, Rz 12, und in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57, Rz 14, m.w.N.).

 

 

11

b) Die Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember 2014 wurde von der Klägerin - unstreitig - am 8.1.2015 und damit „kurze Zeit“ i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nach Beendigung des Kalenderjahres entrichtet. Als „kurze Zeit“ gilt - ebenfalls nach ständiger BFH-Rechtsprechung - ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen (so z.B. Urteil in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57, Rz 16 f., m.w.N.), so dass dieses Tatbestandsmerkmal - dies steht zwischen den Beteiligten ebenfalls außer Streit - erfüllt ist.

 

 

12

c) Im Streitfall kann dahinstehen, ob es zur Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG erforderlich ist, dass die Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb dieses Zehn-Tages-Zeitraums nicht nur gezahlt, sondern auch fällig sein muss (dies bejahend BFH-Urteile vom 9.5.1974 VI R 161/72, BFHE 112, 373, BStBl II 1974, 547 = SIS 74 03 12; vom 24.7.1986 IV R 309/84, BFHE 147, 419, BStBl II 1987, 16 = SIS 86 24 11 in Bezug auf die entsprechende Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG; in BFHE 218, 372, BStBl II 2008, 282 = SIS 07 34 82; in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57, und vom 24.8.2017 VI R 58/15, BFHE 259, 321, BStBl II 2018, 72 = SIS 17 20 67; Urteil des Sächsischen FG vom 30.11.2016 2 K 1277/16, EFG 2017, 227 = SIS 16 27 47; s.a. EStH 2017, § 11 EStG H 11 Stichwort Allgemeines, „Kurze Zeit“; a.A. Urteil des FG Köln vom 24.9.2015 15 K 3676/13, EFG 2016, 230 = SIS 16 01 62, Rz 35; Dürr, DStZ 2016, 645; Steck, DStZ 2016, 652).

 

 

13

Im Gegensatz zur Auffassung des FA wäre im Streitfall auch der auf die Fälligkeit bezogene Zehn-Tages-Zeitraum des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG eingehalten worden.

 

 

14

aa) Der die regelmäßige Wiederkehr bestimmende Zahlungs- und Fälligkeitstermin beruht auf einer gesetzlichen Regelung: Die Vorauszahlung ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, d.h. im Streitfall war die Umsatzsteuervorauszahlung der Klägerin für den Dezember 2014 am 10.1.2015 und infolgedessen innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG fällig.

 

 

15

bb) Bei der Ermittlung der (ggf. erforderlichen) Fälligkeit ist allein auf diese gesetzliche Frist abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO bzw. § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Fällt danach das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Zutreffend hat der BFH in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57 zum einen die Anwendung des § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB auf Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG verneint und die Umsatzsteuervorauszahlung, die - obgleich fristgerecht - am Montag, den 11. Januar des dem dortigen Streitjahr folgenden Jahres geleistet worden war, nicht als kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres i.S. von § 11 EStG abgeflossen angesehen. Es fehle bereits an der Voraussetzung, dass eine Leistung „zu bewirken ist“. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regelten nämlich keine Zahlungspflicht, sondern knüpften nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um danach im Rahmen der Einkommensermittlung eine vom Grundsatz abweichende periodengerechte zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben für die Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte zu bestimmen (BFH-Urteil in BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57, Rz 18). Zum anderen sei auch § 108 Abs. 3 AO nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar, da jene Vorschriften keine Frist regelten, sondern lediglich eine gesetzlich normierte Zufluss- bzw. Abflussfiktion schafften.

 

 

16

Diese Erwägungen würden ebenfalls für die Beurteilung eines (ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmals der Fälligkeit der Verbindlichkeit im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gelten, denn entscheidend ist auch hier, dass in dieser Vorschrift nicht an eine Handlungsfrist i.S. des § 108 Abs. 3 AO, sondern an einen tatsächlichen Vorgang, nämlich die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums angeknüpft wird. Im Gegensatz zur Auffassung des FA ist allein die Frage zu beantworten, wann eine Zahlung als abgeflossen gilt. Auf die Frage, wie die (ggf. erforderliche) Fälligkeit im Einzelfall zu bestimmen ist bzw. ob die Frist zur Zahlung der Steuerschuld gemäß § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bzw. § 108 Abs. 3 AO hinausgeschoben wird, kommt es hingegen nicht an.

 

 

17

Zudem ist zu berücksichtigen - hierauf weist die Klägerin zu Recht hin -, dass Zweck des § 108 Abs. 3 AO die Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe und die Berücksichtigung der in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung üblichen Fünftagewoche ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.10.2003 IX R 68/98, BFHE 203, 26, BStBl II 2003, 898 = SIS 03 47 17, unter II.1.b aa). Die Vorschrift will daher zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, nicht aber verhindern, dass § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in bestimmten Jahren aufgrund einer kalendarischen Konstellation zur Anwendung kommen kann.

 

 

18

Diese Auslegung wird durch den Zweck des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG gestützt, Zufallsergebnisse zu vermeiden. Es wäre nicht verständlich, wenn § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG trotz rechtzeitiger Zahlung allein deswegen nicht angewendet werden könnte, weil das Fristende des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht auf einen Werktag, sondern auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, und damit aufgrund der Regelung des § 108 Abs. 3 AO bzw. § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB die Steuerschuld erst am folgenden Werktag zu begleichen ist. Es kann nicht von einem Umstand abhängen, auf den der Steuerpflichtige keinen Einfluss hat, dass bei identischen Vorgaben, nämlich der Erklärung und Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember vor dem 10. Januar des Folgejahres, in einigen Jahren eine Zurechnung der Zahlung zum Vorjahr erfolgt und in anderen Jahren - wie dem Streitjahr und dem Folgejahr 2015 - die Umsatzsteuervorauszahlung im Jahr der Entrichtung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist. Die Klägerin hat die so möglichen unterschiedlichen Rechtsfolgen plastisch beschrieben: Die Gewinnermittlung 2013 enthielte zwölf monatliche Umsatzsteuervorauszahlungen, die des Jahres 2014 dagegen nur elf. Im Jahr 2015 gäbe es zwölf Vorauszahlungen, jedoch mit abweichender wirtschaftlicher Zugehörigkeit (Dezember 2014 bis November 2015). Schließlich würde das Ergebnis 2016 mit 13 Umsatzsteuervorauszahlungen belastet. Derartige Zufallsergebnisse sollten durch § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG vermieden werden. Die Vorschrift wäre daher, sofern ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung gefordert würde, so auszulegen, dass sich der Zehn-Tages-Zeitraum nicht gemäß § 108 Abs. 3 AO verlängert (ebenso Urteil des Sächsischen FG in EFG 2017, 227 = SIS 16 27 47; Kister in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 11 EStG Rz 123 i.V.m. Rz 80; Schmidt/Krüger, EStG, 37. Aufl., § 11, Rz 40 i.V.m. Rz 27; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 11 Rz 117 i.V.m. Rz 61; Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz 93; Leist, Anmerkung zum Urteil des Thüringer FG vom 27.1.2016 3 K 791/15, EFG 2016, 1425 = SIS 16 20 74; im Ergebnis ebenso Korn, Neue Wirtschaftsbriefe - NWB - 2016, 3134; ders., NWB 2018, 1800; wohl auch Pezzer, BFH/PR 2015, 136; a.A. EStH 2017, § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines, „Kurze Zeit“; Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 09/2014 vom 7.3.2014, DStR 2014, 1287; Bergan/Martin in Lademann, EStG, § 11 EStG Rz 150 i.V.m. Rz 100).

 

 

19

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiFG Dr. Bleschick

1. Der BFH hat der Verwaltungsansicht eine Absage erteilt, wonach für die Prüfung der Frage der Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums eine Verlängerung nach § 108 Abs. 3 AO greift, wenn der Fälligkeitstag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt (H 11, Stichwort Allgemeines, „Kurze Zeit“ EStH). Da die Rezensionsentscheidung mittlerweile im BStBl II veröffentlicht worden ist, steht fest, dass die Finanzverwaltung ihre bisherige Auffassung aufgegeben hat.

 

2. Die Besprechungsentscheidung ist für alle Personen relevant, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln oder Überschusseinkünfte erzielen (z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Für diese Steuerpflichtigen gilt nun, dass bis zum 10.1. (einschließlich) abgeflossene USt-Vorauszahlungen für das Vorjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten stets dem Vorjahr zuzurechnen sind. Fließt die USt-Vorauszahlung dagegen ab dem 11.1. des Folgejahres ab, darf sie nicht für das VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, sondern nur für das Abflussjahr abgezogen werden (BFH, Urteil vom 11.11.2014 VIII R 34/12 = SIS 15 00 57, BStBl 2015 II S. 285).

 

3. Wurde eine USt-Vorauszahlung versehentlich dem unzutreffenden VZ zugeordnet und ist für dieses Jahr mit Ablauf der Einspruchsfrist bereits Bestandskraft eingetreten, greift regelmäßig keine Korrekturvorschrift zugunsten des Steuerpflichtigen ein (BFH, Urteil vom 3.5.2017 X R 4/16 = SIS 17 18 63, BFH/NV 2017 S. 1415). Die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet mangels nachträglich bekannt gewordener Tatsachen aus, weil insoweit auch sämtliche Tatsachen als „bekannt“ gelten, die – wie die einzelnen USt-Vorauszahlungen und ihre Höhe – über die EDV zur Verfügung gestellt werden. Auch eine Korrektur nach § 174 Abs. 3 AO ist zu versagen, da diese Änderungsmöglichkeit einen kognitiven Prozess beim tätig gewordenen FA-Mitarbeiter voraussetzt und eine rein mechanische Übernahme von Erklärungsfehlern des Steuerpflichtigen bzw. seines Beraters insoweit nicht genügt. Schließlich ist eine Berichtigung nach § 129 AO häufig nicht möglich, weil die Nichtberücksichtigung einer einzelnen USt-Vorauszahlung als Betriebsausgabe nicht „offenbar“ i.S. dieser Vorschrift ist, wenn die Anlage EÜR – wie üblich – nur eine Gesamtbetragsangabe enthält.