Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 15.01.2020 - 5 K
1578/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine als
Steuerberatungsgesellschaft tätige Partnerschaftsgesellschaft
mit beschränkter Berufshaftung, die für das Streitjahr
2017 ihren Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung
gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
ermittelt.
|
|
|
2
|
Am 10.01.2018 leistete die Klägerin
die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum
Dezember 2017 (Streitjahr) in Höhe von 2.422,93 EUR. Diese war
aufgrund einer der Klägerin gewährten
Dauerfristverlängerung gemäß § 18 Abs. 1
Sätze 1 und 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 46
Abs. 1 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)
erst am 10.02.2018 fällig.
|
|
|
3
|
Mit Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung für das Streitjahr vom 03.06.2019
stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) die
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit fest, ohne die
geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den
Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres als Betriebsausgabe
auf der Gesamthandsebene zu berücksichtigen.
|
|
|
4
|
Dagegen erhob die Klägerin erfolglos
Einspruch und Klage. Die Begründung des Finanzgerichts (FG)
zur Abweisung der Klage ist in EFG 2021, 1185 mitgeteilt.
|
|
|
5
|
Die Klägerin verfolgt mit der Revision
ihr Begehren weiter. Sie rügt eine Verletzung von Bundesrecht
durch das FG, das § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG unzutreffend
ausgelegt habe. Das FG habe die Fälligkeit der
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum
Dezember des Streitjahres innerhalb des für eine „kurze
Zeit“ maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums
zu Unrecht als Voraussetzung für den Abzug als Betriebsausgabe
gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG noch im Streitjahr
angesehen.
|
|
|
6
|
Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
|
|
das angefochtene Urteil des
Sächsischen FG vom 15.01.2020 - 5 K 1578/19 aufzuheben und den
Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 2017 vom 03.06.2019 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15.10.2019 dergestalt zu ändern,
dass vom bislang angesetzten Gewinn aus der Gesamthand die
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum
Dezember 2017 in Höhe von 2.422,93 EUR als weitere
Betriebsausgabe abgezogen wird.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt,
|
|
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
9
|
Das FG hat zu Recht erkannt, dass die am
10.01.2018 geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den
Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 eine Betriebsausgabe des Jahres
2018 und nicht des Streitjahres ist. Eine abweichende Zuordnung der
Ausgabe zum Streitjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2
EStG kommt nicht in Betracht, weil die Umsatzsteuer-Vorauszahlung
für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres nicht
innerhalb des für eine „kurze
Zeit“ i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2
i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG maßgeblichen
Zehn-Tages-Zeitraums fällig war.
|
|
|
10
|
1. Aufgrund der Dauerfristverlängerung
und des Abflusses der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den
Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 am 10.01.2018 handelt es sich
um eine Betriebsausgabe des Jahres 2018.
|
|
|
11
|
Bei einer Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3
EStG bestimmt der für den Betriebsausgabenabzug geltende
§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, dass Ausgaben für dasjenige
Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind.
Maßgeblich ist, wann der Steuerpflichtige nach dem Gesamtbild
der Verhältnisse die wirtschaftliche Verfügungsmacht
über die hingegebenen Mittel verliert (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.02.2022 - X R 2/21, zur amtlichen
Veröffentlichung vorgesehen, DStR 2022, 1101 = SIS 22 08 63,
Rz 9).
|
|
|
12
|
2. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen - wie die hier
streitigen für den Voranmeldungszeitraum Dezember des
Streitjahres - sind zwar nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH regelmäßig wiederkehrende Ausgaben i.S. des §
11 Abs. 2 Satz 2 EStG (BFH-Urteile vom 01.08.2007 - XI R 48/05,
BFHE 218, 372, BStBl II 2008, 282 = SIS 07 34 82, unter II.2.a; vom
11.11.2014 - VIII R 34/12, BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285 = SIS 15 00 57, Rz 14 f.; vom 27.06.2018 - X R 44/16, BFHE 262, 97, BStBl
II 2018, 781 = SIS 18 15 70, Rz 10, sowie vom 03.12.2019 - VIII R
23/17, BFH/NV 2020, 613 = SIS 20 04 22, Rz 18). Mit Leistung der
Zahlung am 10.01.2018 hat der Kläger innerhalb des für
eine „kurze Zeit“ i.S. des §
11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zeitraums von bis zu zehn
Tagen (BFH-Urteil in BFHE 262, 97, BStBl II 2018, 781 = SIS 18 15 70, Rz 11, m.w.N.) auch die Verfügungsmacht über die
gezahlten Mittel verloren. Der vom Abflussprinzip abweichenden
Zuordnung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung zum Streitjahr
gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG steht jedoch
entgegen, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den
Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres erst nach Ablauf
des Zehn-Tages-Zeitraums zum 10.02.2018 fällig war.
|
|
|
13
|
a) Der X. Senat des BFH hat mit Urteil in DStR
2022, 1101 = SIS 22 08 63, Rz 13 ff., 19 ff., maßgeblich
unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 09.05.1974 - VI R 161/72
(BFHE 112, 373, BStBl II 1974, 547 = SIS 74 03 12) entschieden,
§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei als Ausnahmetatbestand zu §
11 Abs. 2 Satz 1 EStG konzipiert. Für die vom Folgejahr, in
dem der Abfluss der Ausgabe stattfinde, abweichende Zuordnung zum
vorhergehenden Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit
sei erforderlich, dass eine regelmäßig wiederkehrende
Ausgabe im Sinne der Regelung nach dem zugrundeliegenden
Rechtsverhältnis innerhalb der kurzen Zeit (des
Zehn-Tages-Zeitraums) fällig (zahlbar) geworden sei und
abfließe. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat
auf die Begründung des BFH-Urteils in DStR 2022, 1101 = SIS 22 08 63 Bezug. Er schließt sich dieser Rechtsprechung an.
|
|
|
14
|
b) Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2
Satz 2 EStG sind danach nicht erfüllt, wenn die
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum
Dezember eines Jahres zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des
Folgejahres (hier: bis zum 10.01.2018) geleistet wird, wegen einer
erteilten Dauerfristverlängerung aber erst nach dessen Ablauf
(hier: am 10.02.2018) fällig ist.
|
|
|
15
|
Gründe, die bei
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen mit einer Dauerfristverlängerung
dafür sprechen könnten, zu einer anderen Auslegung des
§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG als im BFH-Urteil in DStR 2022, 1101 =
SIS 22 08 63 zu kommen, sind angesichts des Normzwecks nicht
ersichtlich. Die Regelung soll Zufälligkeiten vermeiden, die
bei strikter Anwendung des die Gewinnermittlung nach § 4 Abs.
3 EStG grundsätzlich beherrschenden Zu- und Abflussprinzips
entstünden, würde man die Zahlung mal in dem einen oder
mal in dem anderen Jahr berücksichtigen müssen. Nur
ausnahmsweise ist der wirtschaftlichen Zuordnung der Zahlungen
für den im Gesetz genannten Zehn-Tages-Zeitraum der Vorrang
einzuräumen. Daraus folgt, dass die regelmäßig
wiederkehrende Ausgabe (hier: Umsatzsteuer-Vorauszahlung) nicht nur
innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums gezahlt werden, sondern nach dem
zugrundeliegenden Rechtsverhältnis auch innerhalb des
Zehn-Tages-Zeitraums zahlbar, d.h. fällig sein muss
(BFH-Urteil in DStR 2022, 1101 = SIS 22 08 63, Rz 23, 24).
|
|
|
16
|
Würde man auf die Fälligkeit der
regelmäßig wiederkehrenden Ausgabe innerhalb des
Zehn-Tages-Zeitraums verzichten, könnten
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Voranmeldungszeitraum
Dezember, die wegen der beantragten und erteilten
Dauerfristverlängerung erst deutlich nach dem Jahreswechsel
fällig werden und typischerweise nicht um den Jahreswechsel
herum geleistet werden sollen, allein durch eine freiwillige
Zahlung vor Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums dem
Vorjahr zugeordnet werden. Es würden bei diesem
Normverständnis nicht Zufälligkeiten vermieden, die bei
der Zuordnung regelmäßig wiederkehrender Ausgaben
auftreten können, sondern dem Normzweck zuwiderlaufende
Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die Ausgabe bewusst
dem einen oder dem anderen Veranlagungszeitraum zuordnen zu
können.
|
|
|
17
|
c) Das FG-Urteil entspricht diesen
Grundsätzen. Das FG hat für die Anwendung von § 11
Abs. 2 Satz 2 EStG eine Fälligkeit der
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum
Dezember des Streitjahres innerhalb des bis zum 10.01.2018
laufenden Zehn-Tages-Zeitraums verlangt. Da die Vorauszahlung wegen
der erteilten Dauerfristverlängerung erst zum 10.02.2018
fällig war, hat das FG den Abzug als Betriebsausgabe im
Streitjahr zutreffend abgelehnt. Die freiwillige Zahlung der
Klägerin vor Fälligkeit innerhalb des
Zehn-Tages-Zeitraums und die wirtschaftliche Zugehörigkeit der
erbrachten und bezogenen Leistungen zum Voranmeldungszeitraum
Dezember des Streitjahres genügen für eine vom
Abflussjahr abweichende Zuordnung der Ausgabe zum Streitjahr
nicht.
|
|
|
18
|
3. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§§ 121, 90 Abs. 2 FGO).
|
|
|
19
|
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|