Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 25.9.2014 8 K 4017/11 E
= SIS 15 14 38 aufgehoben, soweit es die Einkommensteuer 2007 und
2009 betrifft.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Einkommensteuerbescheide für 2007 und für 2009 vom
26.1.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2011
werden mit der Maßgabe geändert, dass die für die
Wartung der Heizungsanlage in den Jahren 2007 und 2009 angefallenen
Aufwendungen in Höhe von 166,60 EUR bzw. von 59,50 EUR als
sofort abzugsfähige Werbungskosten berücksichtigt
werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu
tragen.
1
|
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom
21.12.2006 ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück
zu einem Kaufpreis von 185.000 EUR. Die Anschaffungsnebenkosten
beliefen sich auf 15.184,45 EUR. Die auf das vermietete
Gebäude mit fünf Wohnungen entfallenden
Anschaffungskosten gab der Kläger in der Einkommensteuer 2007
mit 162.781,48 EUR an. Der Übergang von Nutzen und Lasten
erfolgte am 31.1.2007.
|
|
|
2
|
In den Streitjahren (2007, 2008 und 2009)
führte der Kläger Instandsetzungs- und
Renovierungsmaßnahmen an dem Mehrfamilienhaus durch. Dabei
handelt es sich im Wesentlichen um die Modernisierung der
Bäder in zwei Wohnungen, den Austausch von Fenstern, das
Verlegen von Fußböden, die Durchführung von
Elektroinstallationsarbeiten, das Streichen von Wänden, den
Austausch eines Gasheizgeräts im Erdgeschoss des Hauses sowie
um die Vornahme weiterer Renovierungs- und Reparaturarbeiten in
einzelnen Wohnungen sowie im gesamten Gebäude wie die
Reparatur des Daches und der Fassade, die Erneuerung der Gasleitung
und der Heizungsanlage. Darüber hinaus wurde in den Jahren
2007 und 2009 die Heizungsanlage des Hauses gewartet. Die
dafür insgesamt angefallenen Aufwendungen (8.912 EUR brutto in
2007, 29.422 EUR brutto in 2008 und 7.384 EUR brutto in 2009)
machte der Kläger in den Streitjahren als sofort
abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung geltend.
|
|
|
3
|
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) die Einkommensteuer für die Jahre 2007
und 2008 zunächst - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung -
erklärungsgemäß festgesetzt hatte, vertrat das FA
im Zuge der Veranlagung für 2009 die Auffassung, dass die in
den Jahren 2007 bis 2009 angefallenen Erhaltungsaufwendungen
insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6
Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre
(EStG) anzusehen seien. Die geltend gemachten Aufwendungen
berücksichtigte es - nach Änderung der
Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 - in allen Jahren nunmehr
lediglich im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung
(AfA).
|
|
|
4
|
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
In seinem in EFG 2015, 1179 = SIS 15 14 38 veröffentlichten
Urteil folgte das Finanzgericht (FG) der Auffassung des FA und
beurteilte die geltend gemachten Aufwendungen insgesamt als solche
i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Die vom Kläger
durchgeführten Reparatur-, Renovierungs- und
Umbaumaßnahmen seien als Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen i.S. dieser Vorschrift zu bewerten.
Dabei könne dahinstehen, ob einzelne Maßnahmen bei
isolierter Betrachtung als jährlich anfallende
Erhaltungsarbeiten bzw. als Schönheitsreparaturen einzuordnen
wären. Denn diese Maßnahmen stünden jedenfalls in
einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang
mit den anderen Maßnahmen und könnten daher nicht
isoliert betrachtet werden. Entsprechendes gelte in Bezug auf
Aufwendungen für Maßnahmen, die zu einer wesentlichen
Verbesserung des Gebäudes i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 3.
Alternative des Handelsgesetzbuchs (HGB) geführt hätten
und daher grundsätzlich nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a
EStG fielen. Die Frage, ob anschaffungsnahe Aufwendungen vorliegen,
sei bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude
jedenfalls dann in Bezug auf das Gesamtgebäude zu beantworten,
wenn dieses - wie im Streitfall - nicht in verschiedene
Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. Der notwendige
räumliche, zeitliche und sachliche Zusammenhang entfalle im
Streitfall auch nicht dadurch, dass die Renovierungs- und
Umbaumaßnahmen in den einzelnen Wohnungen aus
unterschiedlichem Anlass und in unterschiedlich stark
ausgeprägtem Umfang erfolgt sind.
|
|
|
5
|
Mit seiner Revision rügt der
Kläger die Verletzung formellen (§ 76 Abs. 1, § 96
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. Art. 103 Abs. 1 des
Grundgesetzes - GG - ) und materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Nr.
1a, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Zur Begründung führt er
an, das FG habe rechtsfehlerhaft sämtliche Renovierungs- und
Umbaumaßnahmen pauschal als anschaffungsnahen
Herstellungsaufwand behandelt, ohne im Einzelfall zu prüfen,
ob tatsächlich insgesamt eine einheitliche Baumaßnahme
vorliege. Konkrete Feststellungen zu den Umständen des
Streitfalls habe das FG nicht getroffen. Entgegen der Auffassung
des FG seien die durchgeführten Arbeiten nicht zusammen zu
betrachten. Jedenfalls seien aber Aufwendungen für
Schönheitsreparaturen und Erhaltungsarbeiten, die wie die
Wartung der Heizung jährlich üblicherweise anfallen,
davon auszunehmen.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG vom 25.9.2014, die Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2011 und
die Änderungsbescheide für die Einkommensteuerfestsetzung
2007 und 2008 vom 26.1.2011 aufzuheben sowie den
Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 26.1.2011 mit der
Maßgabe zu ändern, dass die für die
Renovierungsarbeiten in 2009 angefallenen Aufwendungen in Höhe
von 7.384 EUR wie die in 2007 und 2008 angefallenen Aufwendungen in
Höhe von 8.912 EUR bzw. 29.422 EUR als sofort abziehbare
Erhaltungsaufwendungen berücksichtigt werden.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist teilweise begründet.
Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils,
soweit dieses die Einkommensteuer 2007 und 2009 betrifft, und zur
Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO). Das FG hat zwar zutreffend den überwiegenden Teil der
geltend gemachten Aufwendungen für die vorgenommenen
Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen als
anschaffungsnahe Herstellungskosten beurteilt. Entgegen der
Auffassung des FG sind jedoch die geltend gemachten Aufwendungen
für die Wartung der Heizung (166,60 EUR in 2007 und 59,50 EUR
in 2009) nicht mit einzubeziehen, sondern zum sofortigen
Werbungskostenabzug zuzulassen. Insoweit ist der Klage
stattzugeben. Im Übrigen ist die Revision unbegründet
(Streitjahr 2008) und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
FGO).
|
|
|
9
|
1. Die geltend gemachten Verfahrensrügen
greifen nicht durch.
|
|
|
10
|
a) Die vom Kläger gerügte Verletzung
rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO)
liegt nicht vor. Eine unzulässige
Überraschungsentscheidung hat das FG nicht getroffen. Es hat
sich in seiner Entscheidung mit den schriftlichen und
mündlichen Einlassungen des Klägers auseinandergesetzt
und seine Entscheidung entsprechend der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis
des Verfahrens gewonnenen Überzeugung getroffen (vgl. hierzu
z.B. BFH-Urteil vom 19.12.2007 IX R 30/07, BFH/NV 2008, 1300 = SIS 08 28 02). Ferner hat es keinen bis dahin unerörterten
rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage
seiner Entscheidung gemacht. Das FG war unter dem Gesichtspunkt der
Gewährung rechtlichen Gehörs indes weder gehalten, das
Ergebnis seiner Gesamtwürdigung mit den Beteiligten vorab zu
erörtern, noch war es verpflichtet, der tatsächlichen und
rechtlichen Auffassung des Klägers zu folgen.
|
|
|
11
|
b) Das FG hat auch nicht - wie vom Kläger
gerügt - seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs.
1 FGO) verletzt. Auf der insoweit maßgeblichen Grundlage des
materiell-rechtlichen Standpunkts des FG ist nicht ersichtlich,
dass sich ihm - ohne entsprechenden Beweisantrag - eine weitere
Sachaufklärung zu den konkreten Umständen der einzelnen
Renovierungsmaßnahmen aufdrängen musste. In der Sache
wendet sich der Kläger vielmehr gegen die Richtigkeit der
finanzgerichtlichen Würdigung der Gesamtumstände des
Streitfalls; damit macht er materiell-rechtliche Fehler des FG
geltend, nicht aber einen Verfahrensfehler. Insoweit kann
dahinstehen, ob der rechtskundig vertretene Kläger mangels
entsprechender Rüge im finanzgerichtlichen Verfahren sein
Rügerecht verloren hat (vgl. hierzu § 155 FGO i.V.m.
§ 295 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschlüsse vom
24.2.2003 III B 117/02, BFH/NV 2003, 810 = SIS 03 24 59, und vom
28.7.2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43 = SIS 05 04 08).
|
|
|
12
|
2. Aufwendungen, die - wie im Streitfall -
durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann
nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1
EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten
handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu
berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7
Abs. 1, 4 und 5 EStG).
|
|
|
13
|
a) Welche Aufwendungen zu den
Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs.
2 Satz 1 HGB. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die
durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von
Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes,
seine Erweiterung oder für eine über seinen
ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung
entstehen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22.9.2009 IX R 21/08, BFH/NV
2010, 846 = SIS 10 11 77).
|
|
|
14
|
Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes
gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9
Abs. 5 Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach
der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn
die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten
des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe
Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die
AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie
sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen
Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG
die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2
Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die
jährlich üblicherweise anfallen.
|
|
|
15
|
b) Der Begriff der Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz
1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der
Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen,
durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen
Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude
selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in
einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den
Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG
gehören daher insbesondere Aufwendungen für die
Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro-
und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und
der Dacheindeckung, die - ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr.
1a Satz 1 EStG - vom Grundsatz her als sofort abziehbare
Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären (vgl. hierzu
BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 846 = SIS 10 11 77).
|
|
|
16
|
c) Hierzu gehören grundsätzlich auch
sogenannte Schönheitsreparaturen wie das Tapezieren,
Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen
der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und
Außentüren sowie der Fenster, wenn sie innerhalb von
drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden und die
hierfür angefallenen Aufwendungen - gegebenenfalls zusammen
mit weiteren Aufwendungen für bauliche Maßnahmen - ohne
Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten übersteigen (a.A.
Schmidt/Kulosa, EStG, 35. Aufl., § 6 Rz 382, 386; Trossen,
DStR 2012, 447, 448; vgl. zum Begriff der
Schönheitsreparaturen § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten
Berechnungsverordnung; Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches
Gesetzbuch, 75. Aufl., § 535 Rz 41). Denn auch
Schönheitsreparaturen in diesem Sinne sind bauliche
Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an
vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes beseitigt
werden.
|
|
|
17
|
aa) Der Senat führt insoweit seine
Rechtsprechung zur Einbeziehung von Schönheitsreparaturen in
die anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1
Nr. 1a Satz 1 EStG fort (BFH-Urteil vom 25.8.2009 IX R 20/08, BFHE
226, 256, BStBl II 2010, 125 = SIS 09 34 55). Soweit der BFH in
seinem Urteil in BFHE 226, 256, BStBl II 2010, 125 = SIS 09 34 55
noch einen engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang der Schönheitsreparaturen zu einer als
einheitlich zu würdigenden Instandsetzung und Modernisierung
des Gebäudes gefordert hat, hält der Senat hieran indes
nicht mehr fest.
|
|
|
18
|
Weder der Gesetzeswortlaut noch der
systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 der Vorschrift
sprechen dafür, dass Aufwendungen für
Schönheitsreparaturen vom Anwendungsbereich des § 6 Abs.
1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausgenommen sind. Nach dem Wortlaut des §
6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG gehören ausdrücklich nur
Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz
1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die
jährlich üblicherweise anfallen, nicht zu den
Aufwendungen i.S. des Satzes 1 der Vorschrift. Zu den
üblicherweise jährlich anfallenden Erhaltungsarbeiten
zählen Schönheitsreparaturen jedoch nicht, da diese im
Regelfall nicht jährlich vorgenommen werden (vgl. auch
Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 386; Spindler, DB 2004, 507,
510).
|
|
|
19
|
bb) Für diese Auslegung spricht auch der
vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1
EStG verfolgte Zweck, einerseits die bis zur
Rechtsprechungsänderung des Senats durch die Urteile vom
12.9.2001 IX R 39/97 (BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569 = SIS 02 09 29) und IX R 52/00 (BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574 = SIS 02 09 30) bestehende Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand gesetzlich
festzuschreiben und andererseits aus Gründen der
Rechtsvereinfachung und –sicherheit eine typisierende
Regelung zu schaffen (vgl. Begründung des Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften -
Steueränderungsgesetz 2003 -, BTDrucks 15/1562, S. 32). Dieser
gesetzlichen Intention einer Typisierung würde es aber
widersprechen, wenn man im Rahmen einer im Anschluss an den Erwerb
vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes
einzelne Arbeiten isoliert und damit stets den konkreten statt den
typischen Fall betrachten müsste (vgl. insoweit bereits
BFH-Urteil in BFHE 226, 256, BStBl II 2010, 125 = SIS 09 34 55).
|
|
|
20
|
d) Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs.
1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören darüber hinaus auch
Aufwendungen für eine über den ursprünglichen
Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes
i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, wenn sie im Rahmen einer
Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit dem Erwerb des
Gebäudes anfallen (ebenso Wendt, in: Festschrift für
Wolfgang Spindler, Steuerrecht im Rechtsstaat, 2011, S. 879, 890;
für eine generelle Einbeziehung solcher Aufwendungen
Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 416; Schmidt/Kulosa, a.a.O.,
§ 6 Rz 385, sowie Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6
EStG Rz 482; ablehnend dagegen Werndl, in: Kirchhof/Söhn/
Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Ba 15, Ba 34; Söffing, DB 2004,
946, 947; Fahlenbach, DStR 2014, 1902, 1906).
|
|
|
21
|
aa) Dass Aufwendungen für eine
wesentliche Verbesserung des Gebäudes bereits nach § 255
Abs. 2 Satz 1 HGB zu Herstellungskosten führen, steht dem
nicht entgegen. Zwar werden die in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1
EStG verwendeten Begriffe „Anschaffungskosten“
und „Herstellungskosten“ in der Regel auch im
Bereich der Überschusseinkünfte i.S. von § 255 HGB
ausgelegt. Im Hinblick auf den Wortlaut und den systematischen
Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 der Vorschrift sowie deren Sinn
und Zweck ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch
gegenüber § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche
Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für
Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an
den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen.
|
|
|
22
|
bb) Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs.
1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer
handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für
bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit
der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und
Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift
ausdrücklich ausgenommen sind. Anhaltspunkte dafür, dass
der Gesetzgeber Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung
vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz
1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Wortlaut und
Systematik der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, dass der
Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für
Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen
und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von
Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten wegen einer
wesentlichen Verbesserung vermeiden wollte.
|
|
|
23
|
e) Ob Aufwendungen für bauliche
Maßnahmen im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Erwerb
eines Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung
angefallen sind, ist vom FG im Rahmen seiner tatrichterlichen
Würdigung zu beantworten. Dabei kann im Regelfall von einer
Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung
des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche
Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung
durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift des
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das
Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer
Einzelfallprüfung bedarf. Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang, ob die Renovierungsmaßnahmen in diesem Zeitraum
unmittelbar im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes oder im
Zuge eines Mieterwechsels vorgenommen werden. Übersteigen die
hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 %
der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten
Anschaffungskosten, sind diese insgesamt als anschaffungsnahe
Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu
behandeln.
|
|
|
24
|
f) Die Zurechnung von anschaffungsnahen
Aufwendungen zu den Herstellungskosten bedeutet allerdings nicht,
dass es in diesen Jahren überhaupt keinen sofort
abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geben könnte.
Aufwendungen, die mit den Umbau-, Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Zusammenhang stehen,
können als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu
berücksichtigen sein. Hierunter fallen insbesondere
Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise
anfallen und daher nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich
nicht zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen gehören. Zu den jährlich
üblicherweise anfallenden Erhaltungsaufwendungen in diesem
Sinne gehören insbesondere Aufwendungen für
regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder
Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und
-verkalkungen oder Ablesekosten (Trossen, DStR 2012, 447, 449;
ähnlich Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 386; Spindler, DB
2004, 507, 510; Pezzer, DStR 2004, 525, 528).
|
|
|
25
|
g) Bei der Prüfung, ob die Aufwendungen
für Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen zu
anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr.
1a Satz 1 EStG führen, ist bei einem aus mehreren Einheiten
bestehenden Gebäude dann auf das Gebäude insgesamt
abzustellen, wenn das Gesamtgebäude nicht in unterschiedlicher
Weise genutzt wird und somit nicht in verschiedene
Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist (Umkehrschluss aus BFH-Urteil
vom 25.9.2007 IX R 28/07, BFHE 219, 96, BStBl II 2008, 218 = SIS 08 07 24; vgl. auch Wendt, in: Festschrift für Wolfgang Spindler,
a.a.O., S. 879, 893; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 382;
Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 427). Maßgeblich ist
insoweit, ob zwischen den Gebäudeteilen ein einheitlicher
Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht (vgl. auch BFH-Urteil
vom 7.12.2010 IX R 14/10, BFH/NV 2011, 1302 = SIS 11 23 17).
|
|
|
26
|
3. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im
Streitfall zutreffend die für die durchgeführten Umbau-,
Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen angefallenen
Aufwendungen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.
von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG beurteilt. Nach den nicht
mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen
angegriffenen und daher den BFH bindenden Feststellungen (§
118 Abs. 2 FGO) des FG hat der Kläger innerhalb von drei
Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes sukzessive auf
sämtlichen Etagen Renovierungs- und
Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Dem Umstand, dass
die Arbeiten teilweise im Zuge eines Mieterwechsels vorgenommen
worden sind, hat das FG zu Recht keine Bedeutung beigemessen. Diese
Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führten zu Kosten
von insgesamt 38.227 EUR ohne Umsatzsteuer, die über 15 % der
Anschaffungskosten des Gebäudes (162.781 EUR) liegen. Dabei
hat das FG zutreffend auf das gesamte Gebäude abgestellt, da
das aus fünf Wohnungen bestehende Mehrfamilienhaus nach den
Feststellungen des FG einheitlich zu Vermietungszwecken genutzt
wird. Ebenfalls zu Recht hat das FG es als unerheblich angesehen,
ob einzelne Baumaßnahmen zu einer wesentlichen Verbesserung
des Gebäudes geführt haben und damit als
Herstellungskosten i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu
beurteilen sind.
|
|
|
27
|
4. Das FG hat jedoch zu Unrecht auch die
für die Wartung der Heizungsanlage angefallenen Kosten den
anschaffungsnahen Herstellungskosten zugeordnet. Entgegen der
Auffassung des FG handelt es sich insoweit um regelmäßig
jährlich anfallende Wartungsarbeiten i.S. von § 6 Abs. 1
Nr. 1a Satz 2 EStG, die nicht im Zusammenhang mit etwaigen Umbau-,
Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen stehen. Die
hierfür entstandenen Kosten können daher in den
jeweiligen Streitjahren als Werbungskosten abgezogen werden.
|
|
|
28
|
Da das FG teilweise von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil aufzuheben,
soweit dieses die Einkommensteuer 2007 und 2009 betrifft. Die Sache
ist spruchreif. Die geltend gemachten Aufwendungen für die
Wartung der Heizung in Höhe von 166,60 EUR im Jahr 2007 und in
Höhe von 59,50 EUR im Jahr 2009 sind nicht in die Berechnung
der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen, sondern zum
sofortigen Werbungskostenabzug zuzulassen. Die angefochtenen
Bescheide sind entsprechend zu ändern. Die Neuberechnung der
Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe
wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
|
|
|
29
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
|