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Berechnung nach § 33 a EStG abziehbarer Unterhaltsleistungen bei Selbständigen

Berechnung nach § 33 a EStG abziehbarer Unterhaltsleistungen bei Selbständigen: 1. Bei Selbständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden (Bestätigung des Senatsurteils vom 28.3.2012 VI R 31/11, BFHE 237 S. 79, BStBl 2012 II S. 769 = SIS 12 13 98). - 2. Steuerzahlungen sind von dem hiernach zugrunde zu legenden unterhaltsrelevanten Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie gezahlt wurden (Bestätigung des Senatsurteils in BFHE 237 S. 79, BStBl 2012 II S. 769 = SIS 12 13 98). - 3. Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre jedoch zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr, sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom "Durchschnittseinkommen" des Streitjahres abzuziehen. - Urt.; BFH 28.4.2016, VI R 21/15; SIS 16 15 20

Kapitel:
Privatbereich > Unterhaltsleistung
Fundstellen
  1. BFH 28.04.2016, VI R 21/15
    BStBl 2016 II S. 742
    DStR 2016 S. 1743

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 1.9.2016
    -/- in NWB 31/2016 S. 2324
    A. Killat-Risthaus in DStZ 17/2016 S. 643
    J.H. in StuB 16/2016 S. 635
    S. Geserich in BFH/PR 10/2016 S. 304
    KAM in Stbg 12/2016 S. M 8
Normen
[EStG] § 33 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 19.02.2015, SIS 16 13 66, Opfergrenze, Leistungsfähigkeit, Vermögen, Rücklage, Nachzahlung, Unterhalt, Kind, Veranlagungszeitraum
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 6.4.2022, SIS 22 05 19, Allgemeine Hinweise zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen nach § 33 a Abs. 1 EStG als außergewö...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 26.3.2019, SIS 19 07 37, Zulässigkeit einer Klage gegen einen "Nullbescheid", Verfassungsmäßigkeit von § 10 d EStG: 1. Der Steuerp...
  • BFH 14.12.2016, SIS 17 04 54, Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung, Berechnung der Opfergrenze: Hat der Steuerpflichtige...
Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.2.2015 16 K 10187/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Streitig ist die Berechnung der nach § 33a des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbaren Unterhaltsleistungen bei einem Selbständigen, der Steuerzahlungen für mehrere Jahre geleistet hat.

 

 

2

Der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr (2012) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 425.642 EUR. In den Jahren 2010 bis 2012 betrug der Durchschnitt seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit 483.096 EUR. Daneben erwirtschafteten die Eheleute im Streitjahr noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 4.190 EUR bzw. 2.934 EUR. Im Streitjahr leistete der Kläger Zahlungen für Einkommensteuer 2009 (in Höhe von 1.085 EUR), 2010 (in Höhe von 210.905,31 EUR), 2011 (in Höhe von 195.059 EUR) und 2012 (in Höhe von 129.657 EUR) sowie für Solidaritätszuschlag und Annexsteuern 2009 (in Höhe von 59,67 EUR), 2010 (in Höhe von 9.974,41 EUR), 2011 (in Höhe von 10.520,10 EUR) und 2012 (in Höhe von 7.140 EUR). Hierfür verwendete er u.a. Bankguthaben in Höhe von 270.288,44 EUR und 140.696,87 EUR.

 

 

3

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten der Kläger und seine Ehefrau, für Unterhaltsleistungen an die beiden volljährigen Söhne des Klägers und Stiefsöhne der Ehefrau gemäß § 33a Abs. 1 EStG einen Betrag in Höhe von jeweils 8.004 EUR als außergewöhnliche Belastungen anzusetzen. Die Söhne A und B studierten im Streitjahr und wohnten in Y bzw. Z. Nach den Angaben in der Steuererklärung bezogen beide keine eigenen Einkünfte und Bezüge oder öffentlichen Ausbildungshilfen. Des Weiteren lebte der Sohn der Ehefrau und Stiefsohn des Klägers C im Haushalt des Klägers und seiner - insoweit kindergeldberechtigten - Ehefrau.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die geltend gemachten Unterhaltsleistungen im Rahmen der streitigen Einkommensteuerfestsetzung nicht, weil die sog. Opfergrenze aufgrund der Steuerzahlungen im Streitjahr von insgesamt ca. 564.000 EUR unterschritten worden sei. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hingegen statt. Es führte aus, das FA habe die Opfergrenze vorliegend fehlerhaft berechnet. Denn es habe außer Acht gelassen, dass der Kläger zur Abdeckung der Steuerschulden angesparte Mittel in Höhe von etwa 410.000 EUR eingesetzt habe.

 

 

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Es beantragt, das Urteil des Niedersächsischen FG vom 19.2.2015 16 K 10187/14 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

Während des Revisionsverfahrens ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Rechtsstreit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten.

 

 

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die streitigen Unterhaltsaufwendungen des Klägers an seine Söhne A und B im Ergebnis zu Recht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt.

 

 

10

1. Erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen (im Streitjahr) bis zu 8.004 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG).

 

 

11

a) Die von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich ebenso nach dem Zivilrecht wie die Unterhaltsbedürftigkeit (Senatsurteil vom 28.3.2012 VI R 31/11, BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769 = SIS 12 13 98; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz 42). Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind damit diejenigen Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige unterhaltsverpflichtet ist. Nach der sog. konkreten Betrachtungsweise setzt die Abziehbarkeit von Leistungen des Steuerpflichtigen an dem Grunde nach unterhaltsberechtigte Personen zudem voraus, dass die unterhaltene Person bedürftig ist (§ 1602 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ; Senatsurteil vom 5.5.2010 VI R 29/09, BFHE 230, 12, BStBl II 2011, 116 = SIS 10 23 01). Darüber hinaus ist § 1603 BGB zu beachten. Nach dieser Vorschrift ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Dabei kommt es auf das Vermögen und die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten (sog. Nettoeinkommen) an (Senatsurteil vom 6.2.2014 VI R 34/12, BFHE 245, 127, BStBl II 2014, 619 = SIS 14 18 41). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können daher Unterhaltsaufwendungen im Allgemeinen nur dann als zwangsläufig und folglich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze, vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 245, 127, BStBl II 2014, 619 = SIS 14 18 41, m.w.N.). Dies gilt allerdings nicht für Ehegatten und minderjährige Kinder, mit denen der Steuerpflichtige gemäß § 1603 Abs. 2 BGB alle ihm verfügbaren Mittel teilen muss (Senatsurteil in BFHE 245, 127, BStBl II 2014, 619 = SIS 14 18 41), sowie bei einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft; Senatsurteil vom 17.12.2009 VI R 64/08, BFHE 227, 491, BStBl II 2010, 343 = SIS 10 02 67, m.w.N.; BMF-Schreiben vom 7.6.2010, BStBl I 2010, 582 = SIS 10 14 86, Tz 12).

 

 

12

b) Im Fall von Selbständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden (Senatsurteil in BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769 = SIS 12 13 98).

 

 

13

c) Steuerzahlungen (einschließlich entsprechender Voraus- und Nachzahlungen) sind von dem hiernach zugrunde zu legenden Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie geleistet wurden (Senatsurteil in BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769 = SIS 12 13 98, m.w.N.). Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Denn Steuervorauszahlungen, -erstattungen und -nachzahlungen für mehrere Jahre können insbesondere bei Selbständigen und Gewerbetreibenden zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr führen. In einem solchen Fall gilt es, das Nettoeinkommen als Grundlage der Unterhaltsbemessung realitätsgerecht zu ermitteln. Das entspricht auch der familienrichterlichen Praxis (z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21.9.2011 XII ZR 121/09, NJW 2011, 3577, und vom 2.6.2004 XII ZR 217/01 = SIS 04 37 92, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2004, 1177; Gerhardt in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 1 Rz 1009 ff.; Ehinger/Griesche/Rasch, Handbuch Unterhaltsrecht, 7. Aufl., A. Rz 89, E. Rz 128; Kleffmann/Klein, Unterhaltsrecht, 2. Aufl., Grundlagen der Einkommensermittlung Rz 409 f.; Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl., vor § 1361 BGB Rz 35). Deshalb sind in Fällen wie dem vorliegenden, in dem innerhalb eines Jahres die Einkommensteuer für drei zurückliegende Jahre und die Vorauszahlungen für das Streitjahr entrichtet wurden, für die Ermittlung der unterhaltsrelevanten Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen sämtliche im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten Steuerzahlungen in den Blick zu nehmen und ein Durchschnittsbetrag zu ermitteln. Dieser ist sodann vom „Durchschnittseinkommen“ des Streitjahres in Abzug zu bringen und erst das danach verbleibende Nettoeinkommen der Berechnung der Opfergrenze zugrunde zu legen.

 

 

14

2. Nach diesen Grundsätzen waren die vom Kläger an seine Söhne geleisteten Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) waren im Streitjahr die von dem Kläger unterstützten Söhne A und B tatsächlich unterhaltsbedürftig. Überdies war der Kläger entgegen der Auffassung des FA auch unter Berücksichtigung der Opfergrenze entsprechend leistungsfähig. Denn das vom FA für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum (2010 bis 2012) zutreffend ermittelte Durchschnittseinkommen des Klägers in Höhe von 483.096 EUR war um die durchschnittliche Steuerzahlung in Höhe von ca. 188.000 EUR zu vermindern. Bei dem danach verbleibenden Nettoeinkommen wird die Opfergrenze bei der vorliegenden Familiensituation und Unterhaltsleistungen des Klägers in Höhe von 16.008 EUR nicht berührt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz beruht die Leistungsfähigkeit des Klägers demnach nicht auf seinen Vermögensverhältnissen, insbesondere dem Umstand, dass er die Steuerzahlungen zum Teil aus privaten Rücklagen bestritten hat, sondern auf der Höhe seines Nettoeinkommens.

 

 

15

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Die neuere BFH-Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33 a EStG lehnt sich mit der sog. konkreten Betrachtungsweise eng an die zivilrechtliche Unterhaltspflicht an. Ist der Steuerpflichtige zivilrechtlich konkret unterhaltspflichtig, erkennt das FA entsprechende Zahlungen aber nicht steuermindernd an, kann daher eine Klage erfolgversprechend sein.