Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.9.2013 11 K 3968/11 F =
SIS 14 12 45 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht
erstattet.
1
|
I. Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1.
im Streitjahr (2007) Mitunternehmerin einer in der Rechtsform einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Beigeladene zu 2.) - im
Folgenden: GbR - geführten Gemeinschaftspraxis war.
|
|
|
2
|
Die Kläger und Revisionskläger zu
1. und 2. (Kläger) betrieben gemeinschaftlich eine Arztpraxis.
Am 14.3.1998 schlossen sie mit der Beigeladenen zu 1., die
ebenfalls Ärztin ist, mit Wirkung zum 1.4.1998 einen
„Vertrag über die Errichtung einer ärztlichen
Gemeinschaftspraxis“ (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag) in
der Rechtsform einer GbR.
|
|
|
3
|
Gemäß diesem
Gesellschaftsvertrag sollte die Geschäftsführung
gemeinschaftlich ausgeübt werden; Entscheidungen waren
mehrheitlich zu treffen (§ 8 Abs. 1). Der Gesellschaftsvertrag
sah weiterhin vor, dass jeder Gesellschafter die Einberufung einer
Gesellschafterversammlung verlangen konnte (§ 8 Abs. 2).
Für alle künftig aus der Gemeinschaftspraxis entstehenden
Verbindlichkeiten gegenüber der Kassenärztlichen
Vereinigung, den Kassen und den Patienten sollten - so der
Gesellschaftsvertrag - die Vertragspartner als Gesamtschuldner
haften. Die Partner waren jedoch im Verhältnis zueinander nach
dem Grad des jeweiligen Verschuldens zum Ausgleich verpflichtet
(§ 9 Abs. 1). Des Weiteren war für jeden Vertragspartner
eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
Die Beigeladene zu 1. - so heißt es in dem
Gesellschaftsvertrag - war bis zum 31.3.2001 „zu Null an den
materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt“ (§ 11
Abs. 2). Ihr wurde jedoch das Recht eingeräumt, mit Wirkung
zum 31.3.2001 ein Drittel „der Praxis“ zu erwerben. In
diesem Fall sollte der Kaufpreis durch einen Gutachter ermittelt
werden (§ 11 Abs. 4).
|
|
|
4
|
§ 12 des Gesellschaftsvertrages
enthielt eine Abrede über die Gewinnbeteiligung. Danach sollte
die Beigeladene zu 1. bis zum 31.3.2001 jährlich „37 %
vom eigenen Honorarumsatz für die ersten 200.000 DM“ und
„42 % vom eigenen Honorarumsatz für die
darüberliegende Summe“ erhalten, „sofern ein
entsprechender Gewinn erzielt wird“. Der Beigeladenen zu 1.
stand das Recht zu, monatliche Vorauszahlungen auf den Gewinn zu
verlangen (§ 12 Abs. 1 Buchst. a). Nach Ausübung der
Option zur finanziellen Beteiligung sollte die Beigeladene zu 1.
einen Gewinn- oder Verlustanteil entsprechend ihrer Beteiligung
erhalten (§ 12 Abs. 1 Buchst. b). Regelungen zur
Schmälerung des „Honorarumsatzes“ und zur
„Umsatzberechnung“ waren in § 12 Abs. 2 und Abs. 3
des Gesellschaftsvertrages enthalten. Bis zum 31.3.2001 waren - so
der Gesellschaftsvertrag im Weiteren - alle Reparaturen und
Wartungen der gemeinsam genutzten Gegenstände auf Kosten der
Kläger durchzuführen (§ 14). Ferner sahen die
Abreden vor, dass die Gemeinschaftspraxis Arbeitgeber des
gemeinsamen ärztlichen und nichtärztlichen Personals sein
sollte (§ 16). Die Verfügungsmacht über die Konten
und die Barkasse lag bis zum 31.3.2001 bei den Klägern und
ihren Ehefrauen (§ 17). Die aus der gemeinsamen privaten und
kassenärztlichen Tätigkeit entstehenden Honorare sollten
auf die Konten der Gemeinschaftspraxis oder in die Barkasse (§
18) fließen.
|
|
|
5
|
Für den Fall des Ausscheidens eines
Gesellschafters sahen die vertraglichen Regelungen keine
Abfindungszahlungen vor. Dem Ausscheidenden war es untersagt, sich
innerhalb von drei Jahren nach seinem Ausscheiden im Umkreis von 15
km vom Sitz der Praxis als Arzt mit Privat- oder
Kassentätigkeit niederzulassen bzw. eine vergleichbare
Tätigkeit an einem Krankenhaus auszuüben (§ 22 Abs.
1 und Abs. 2).
|
|
|
6
|
Die Beigeladene zu 1. machte von der ihr
eingeräumten Erwerbsoption zum 31.3.2001 keinen Gebrauch. Der
Gesellschaftsvertrag wurde unverändert fortgeführt. Im
Jahr 2011 veräußerte der Kläger zu 2. seinen
Gesellschaftsanteil an einen anderen Arzt. Die Beigeladene zu 1.
erwarb unmittelbar im Anschluss daran von diesem und dem
Kläger zu 1. jeweils einen 2,5 %-igen
Gesellschaftsanteil.
|
|
|
7
|
Mit Bescheid für 2007 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
vom 2.1.2009 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) die Einkünfte der GbR unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung erklärungsgemäß fest. Dabei
ging es davon aus, dass auch die Beigeladene zu 1. Mitunternehmerin
war und Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte. Auch
der - aus hier unstreitigen Gründen - erlassene
Änderungsbescheid vom 2.4.2009 erging unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung.
|
|
|
8
|
Eine im Jahr 2009 bei der GbR
durchgeführte Außenprüfung gelangte zu der
Auffassung, dass die GbR mit Ausnahme der Forderungen aus
Leistungen nicht über Gesamthandsvermögen verfügte.
Die Praxiseinrichtung, Bankguthaben und Darlehensverbindlichkeiten
seien - so der Außenprüfungsbericht - alleine den
Klägern zugerechnet worden. Diese hätten im
Innenverhältnis auch die Betriebs- und Finanzierungskosten der
Praxis getragen. Die Beigeladene zu 1. habe nur ihre eigenen
Sonderbetriebsausgaben aufgewendet. Ihr „Gewinnanteil“
- auf den sie monatlich einen Abschlag erhalten habe - sei
vierteljährlich ermittelt worden. Nach Eingang der
Abrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung für das
Quartal habe sie den Restbetrag für das Quartal ausgezahlt
bekommen.
|
|
|
9
|
Der Außenprüfer gelangte daher
zu der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1. steuerlich nicht als
Mitunternehmerin der GbR anzusehen sei. Die Einkünfte der GbR
seien somit nicht gesondert und einheitlich für die
Kläger und die Beigeladene zu 1. festzustellen. Die
Einkünfte der Beigeladenen zu 1. seien im Rahmen ihrer
Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen, während
die Einkünfte der Kläger als Einkünfte einer
zweigliedrigen GbR gesondert und einheitlich festzustellen seien.
Das FA schloss sich der Auffassung des Prüfers an und
erließ am 9.8.2010 einen Bescheid für das Jahr 2007, in
dem es die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen
Feststellung für die dreigliedrige GbR ablehnte. Es wies
darauf hin, dass dieser Bescheid den Bescheid vom 2.4.2009
ändere. Am 24.9.2010 erließ das FA zudem einen Bescheid
für 2007 über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für eine aus den
Klägern bestehende, zweigliedrige GbR, in dem es
Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte und den
Gesellschaftern jeweils zur Hälfte zurechnete.
|
|
|
10
|
Sowohl die Kläger als auch die
Beigeladene zu 1. erhoben gegen den Bescheid vom 9.8.2010 erfolglos
Einspruch. Die von den Klägern hiergegen gerichtete Klage wies
das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2014, 840 = SIS 14 12 45
veröffentlichten Urteil vom 19.9.2013 11 K 3968/11 F als
unbegründet ab.
|
|
|
11
|
Ihre Revision begründen die
Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts. Sie sind der
Meinung, das FG verneine zu Unrecht das Mitunternehmerrisiko der
Beigeladenen zu 1. Es habe insbesondere verkannt, dass eine
Gewinnbeteiligung vorliege.
|
|
|
12
|
Aus § 12 Abs. 1 des
Gesellschaftsvertrages ergebe sich, dass die Beigeladene zu 1.
anders als eine Angestellte nur dann eine Zahlung in der dort
vorgesehenen Höhe erhalte, sofern ein entsprechender Gewinn
erzielt werde. Hieraus folgere das FG eine begrenzte Teilnahme der
Beigeladenen zu 1. am Misserfolg der GbR. Diese isolierte
Betrachtung sei unzutreffend, denn die Beigeladene zu 1. nehme auch
am Erfolg der GbR teil. Ihr stehe ein betragsmäßig
begrenztes Vorrecht auf den (gesamten) Gewinn der GbR zu. Dass der
Gewinn der GbR tatsächlich wesentlich über den der
Beigeladenen zu 1. zustehenden Zahlungen gelegen habe, sei
unerheblich.
|
|
|
13
|
Die Beigeladene zu 1. sei auch - anders als
vom FG festgestellt - an den stillen Reserven der GbR beteiligt
gewesen. § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages regele
lediglich, dass die Beigeladene zu 1. nicht an den sog.
„materiellen Werten“ der GbR beteiligt sei. Aus der
Nichterwähnung der immateriellen Güter ergebe sich, dass
insoweit die gesetzliche Regelung gelte und die Beigeladene zu 1.
zu einem Drittel an den immateriellen Wirtschaftsgütern
beteiligt sei. Es könne demgegenüber nicht unterstellt
werden, dass die Beteiligten eine Regelung zu den immateriellen
Wirtschaftsgütern vergessen hätten, schließlich
handele es sich bei der Regelung des § 11 des
Gesellschaftsvertrages um einen ganz zentralen Punkt.
|
|
|
14
|
Auch das Haftungsrisiko sei - anders als
vom FG festgestellt - nicht als gering anzusehen. Eine Freistellung
im Innenverhältnis sei üblich. Die Pflicht zum Abschluss
einer Berufshaftpflichtversicherung als Argument für ein
geringes Haftungsrisiko anzusehen, sei unzulässig. Denn
insoweit bestehe eine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer
entsprechenden Versicherung. Mithin leite das FG aus dem Normalfall
- der Befolgung der gesetzlichen Pflicht - das Bestehen eines
Ausnahmefalles ab, nämlich ein geringeres als das normale
Haftungsrisiko.
|
|
|
15
|
Die Kläger beantragen, das
angefochtene Urteil der Vorinstanz und den Ablehnungsbescheid vom
9.8.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2011
aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Besteuerungsgrundlagen
für das Jahr 2007 betreffend die GbR gesondert und einheitlich
dergestalt festzustellen, dass auch die Beigeladene zu 1. als
Mitunternehmerin behandelt wird.
|
|
|
16
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
17
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
18
|
1. Die Würdigung des FG, die Beigeladene
zu 1. im Streitjahr nicht als Mitunternehmerin der GbR anzusehen
und damit den Bescheid vom 9.8.2010, bei dem es sich unstreitig um
einen negativen Feststellungsbescheid handelt, als
rechtmäßig zu beurteilen, ist revisionsrechtlich nicht
zu beanstanden.
|
|
|
19
|
a) Der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) verwendete Begriff des
Mitunternehmers ist ein Typusbegriff, der nur durch eine
unbestimmte Zahl austauschbarer Merkmale beschrieben werden kann
(vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 34. Aufl., § 15 Rz 261; Haep in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 15 EStG Rz 304; Beschluss
des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.6.1984
GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08;
Senatsurteil vom 10.10.2012 VIII R 42/10, BFHE 238, 444, BStBl II
2013, 79 = SIS 12 33 50). Die hiernach für die Entscheidung
über die Mitunternehmerstellung erforderliche
Gesamtwürdigung obliegt in erster Linie der Tatsacheninstanz.
Sie ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (vgl.
z.B. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., §
118 Rz 26; BFH-Urteil vom 20.11.2008 VI R 4/06, BFHE 223, 425,
BStBl II 2009, 374 = SIS 09 05 15 zum Arbeitnehmerbegriff).
|
|
|
20
|
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer
Personengesellschaft auch Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG. Dies ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner
gesellschaftsrechtlichen (oder einer wirtschaftlich vergleichbaren)
Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und ein
Mitunternehmerrisiko trägt. Die Kriterien für die Annahme
einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich dabei
grundsätzlich nicht von denen einer gewerblichen
Mitunternehmerschaft (z.B. Senatsurteile in BFHE 238, 444, BStBl II
2013, 79 = SIS 12 33 50; vom 8.4.2008 VIII R 73/05, BFHE 221, 238,
BStBl II 2008, 681 = SIS 08 24 22, m.w.N.).
|
|
|
21
|
Mitunternehmerrisiko bedeutet
gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme
am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses
Risiko wird im Regelfall durch Beteiligung am Gewinn und Verlust
sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens
einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt. Die
allseitige Beteiligung am laufenden Gewinn ist für die Annahme
einer Mitunternehmerschaft grundsätzlich obligatorisch (z.B.
BFH-Urteil vom 1.7.2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056 = SIS 10 32 20; Senatsurteil vom 28.10.1999 VIII R 66-70/97, BFHE 190, 204,
BStBl II 2000, 183 = SIS 00 03 73). Eine Beschränkung der
Verlustbeteiligung auf die Einlage ist indes unschädlich, denn
auch der Kommanditist nimmt nur bis zur Höhe seiner Einlage am
Verlust der Gesellschaft teil. Mitunternehmerinitiative bedeutet
vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen.
Ausreichend ist bereits die Möglichkeit zur Ausübung von
Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und
Widerspruchsrechten angenähert sind, die z.B. den
gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bzw. denjenigen eines
Kommanditisten entsprechen.
|
|
|
22
|
Die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und
des Mitunternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder
weniger ausgeprägt sein (z.B. Senatsurteil in BFHE 238, 444,
BStBl II 2013, 79 = SIS 12 33 50). So kann z.B. ein geringeres
Initiativrecht durch ein besonders stark ausgeprägtes
Mitunternehmerrisiko ausgeglichen werden. Allerdings müssen
beide Merkmale vorliegen. Ob das zutrifft, ist unter
Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche
Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu
würdigen (Senatsurteile in BFHE 238, 444, BStBl II 2013, 79 =
SIS 12 33 50; vom 25.4.2006 VIII R 74/03, BFHE 213, 358, BStBl II
2006, 595 = SIS 06 26 76; vom 17.5.2006 VIII R 21/04, BFH/NV 2006,
1839 = SIS 06 38 37, jeweils m.w.N.).
|
|
|
23
|
Dementsprechend ist der Umstand, dass ein
Gesellschafter weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen
der Gesellschaft teilhat, nicht ohne weiteres geeignet, dessen
Mitunternehmerstellung auszuschließen. Hat die fehlende
Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens wie bei
Komplementär-GmbH zur Folge, dass sich das Unternehmerrisiko
auf eine unbeschränkte Haftung für die Schulden einer KG
begrenzt und damit die Regelanforderungen an das Vorliegen
mitunternehmerischen Risikos nicht erfüllt werden, kann
Letzteres durch eine starke Ausprägung der Initiativrechte
kompensiert werden (z.B. Senatsurteil in BFHE 213, 358, BStBl II
2006, 595 = SIS 06 26 76). Auch auf die grundsätzlich
erforderliche Beteiligung an den stillen Reserven
einschließlich des Firmenwerts/Geschäftswerts des
Unternehmens kann verzichtet werden, wenn nach den Umständen
des Einzelfalles das insoweit eingeschränkte
Mitunternehmerrisiko durch eine besonders ausgeprägte
Mitunternehmerinitiative ausgeglichen wird (BFH-Urteile in BFH/NV
2010, 2056 = SIS 10 32 20; vom 22.8.2002 IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36
= SIS 03 06 49, m.w.N.; Senatsurteil vom 11.12.1990 VIII R 122/86,
BFHE 163, 346 = SIS 91 08 23).
|
|
|
24
|
c) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze
hält die Würdigung des FG, die Beigeladene zu 1. sei
nicht als Mitunternehmerin anzusehen, der revisionsrechtlichen
Prüfung stand.
|
|
|
25
|
Ob die Beigeladene zu 1. trotz der in §
11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vereinbarten Beteiligung
„zu Null an den materiellen Werten der
Gemeinschaft“ zivilrechtlich als Gesellschafterin der GbR
anzusehen war (zur zivilrechtlichen Zulässigkeit einer sog.
Nullbeteiligung vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom
6.4.1987 II ZR 101/86, BB 1987, 1276; Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 7.8.2003 27 O 228/03; Beschluss des
Oberlandesgerichts Frankfurt vom 20.9.2012 20 W 264/12, Neue
Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2013, 338) - wovon die
Verfahrensbeteiligten ebenso wie das FG ohne nähere
Begründung ausgehen - kann dahinstehen. Die Beigeladene zu 1.
war, unterstellt man ihre Stellung als zivilrechtliche
Gesellschafterin, nicht als Mitunternehmerin anzusehen.
|
|
|
26
|
Die Beigeladene zu 1. war - wie das FG zu
Recht erkannt hat - nicht am Gewinn der GbR beteiligt, an deren
Verlust nahm sie nur begrenzt teil. Zudem war sie von einer
Teilhabe an den stillen Reserven ausgeschlossen, so dass sich
für sie - auch unter Berücksichtigung des von ihr als
(Schein-)Gesellschafterin zu tragenden Haftungsrisikos - lediglich
ein geringes Mitunternehmerrisiko ergab, das nicht durch eine
besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen
wurde.
|
|
|
27
|
aa) Die Beigeladene zu 1. war - wie das FG
zutreffend erkannt hat - nicht am Gewinn der GbR beteiligt.
|
|
|
28
|
Die in § 12 des Gesellschaftsvertrages
vorgesehene Regelung gewährt der Beigeladenen zu 1. -
ungeachtet der Bezeichnung als
„Gewinnbeteiligung“ - lediglich eine
umsatzabhängige Vergütung. Denn die Höhe ihrer
Vergütung war maßgeblich von dem von ihr selbst
erwirtschafteten Umsatz abhängig. Dieser bildete die Grundlage
für die Berechnung des der Beigeladenen zu 1. zustehenden
Entgeltes.
|
|
|
29
|
Das vereinbarte Umsatzentgelt wirkte im
Streitfall nach Inhalt und Handhabung der Gesamtabrede auch nicht
„wie eine Gewinnbeteiligung“ (hierzu s.
Senatsurteil vom 18.4.2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II
2001, 359 = SIS 00 10 89). Eine solche Wirkung ergibt sich
insbesondere nicht daraus, dass die Vergütung der Beigeladenen
zu 1. vom Vorhandensein eines entsprechend hohen Gewinns der GbR
abhängig war. Hieraus folgt lediglich eine Begrenzung des
Vergütungsanspruchs. Dieser sollte entfallen, wenn die GbR
keinen entsprechenden Gewinn erzielt. Die Abrede führt aber -
wie eine Umsatzbeteiligung, die in Verlustjahren entfällt
(hierzu: HHR/Haep, § 15 EStG Rz 322; vgl. Senatsurteil vom
4.7.1989 VIII R 139/85, BFH/NV 1990, 160 = SIS 90 01 10) - nicht zu
einer (verdeckten) Gewinnbeteiligung der Beigeladenen zu 1.
|
|
|
30
|
Eine Qualifizierung als Gewinnanspruch
lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die vertragliche
Abrede - wie die Kläger meinen - zu einem
„Vorrang“ des Anspruchs der Beigeladenen zu 1.
gegenüber den Gewinnansprüchen der Kläger
führt. Vielmehr spricht ein solches
„Rangverhältnis“ für das Vorliegen
einer Tätigkeitsvergütung, deren Höhe
grundsätzlich vom Gewinn unabhängig ist, die aber
bestimmten, an den Gewinn anknüpfenden Faktoren
unterliegt.
|
|
|
31
|
Die weitere - außerhalb des
schriftlichen Gesellschaftsvertrages bestehende - Abrede der
Beteiligten zu den Umsätzen mit Kassenpatienten spricht
ebenfalls nicht für eine Gewinnbeteiligung der Beigeladenen zu
1. Auch hier hat das FG zutreffend erkannt, dass es sich lediglich
um eine Abrede zur Ermittlung der Höhe der
umsatzabhängigen Vergütung handelt.
|
|
|
32
|
Die tatsächliche Handhabung der
Vertragsbeteiligten bestätigt diese Würdigung. Nach den
unbestrittenen Feststellungen des Außenprüfers hat die
Beigeladene zu 1. auf ihren „Gewinnanteil“
monatliche Abschläge erhalten. Nach Eingang der Abrechnungen
der Kassenärztlichen Vereinigung wurde der Restbetrag für
das Quartal ausgezahlt. Eine am Gewinn der GbR orientierte
Abrechnung fand gegenüber der Beigeladenen zu 1. hiernach
nicht statt. Demgegenüber haben die Kläger nach den
bindenden Feststellungen des FG ihre Gewinnanteile nicht nach dem
Verhältnis der von ihnen erzielten Umsätze ermittelt,
sondern haben sich den „Restgewinn“ der GbR
geteilt.
|
|
|
33
|
bb) Am Verlust der GbR nahm die Beigeladene zu
1. infolge der Abhängigkeit ihres Vergütungsanspruchs von
einem entsprechend hohen Gewinn der GbR nur - wie das FG zu Recht
festgestellt hat - begrenzt teil. Auch wenn ihr
Vergütungsanspruch durch die fragliche Abrede in gewisser
Weise mit dem wirtschaftlichen Erfolg der GbR verknüpft war,
ist hieraus keine umfassende Teilhabe am Verlust herzuleiten.
|
|
|
34
|
Diese Würdigung des FG wird durch §
12 Abs. 1 Buchst. b des Gesellschaftsvertrages, wonach die
Beigeladene zu 1. erst „nach Ausübung der Option zur
finanziellen Beteiligung“ einen „Gewinn- oder
Verlustanteil entsprechend“ ihrer
„Beteiligung“ erhalten sollte,
gestützt.
|
|
|
35
|
cc) Die Rüge der Kläger, die
isolierte Betrachtung der Abreden in § 12 des
Gesellschaftsvertrages durch das FG sei unzutreffend, greift nicht
durch.
|
|
|
36
|
Das FG hat die Regelung des § 12 des
Gesellschaftsvertrages unter Einbeziehung der Gesamtumstände
des Streitfalles zu Recht dahin gewürdigt, dass sich hieraus
nicht - wie die Kläger meinen - für die Beigeladene zu 1.
je nach Gewinnsituation ein betragsmäßig begrenztes
Vorrecht auf den (gesamten) Gewinn der GbR ergibt, sondern die
Vereinbarung lediglich die Grenzen des umsatzabhängigen
Vergütungsanspruchs der Beigeladenen zu 1. beschreibt.
|
|
|
37
|
Auch aus § 722 BGB folgt kein anderes
Ergebnis. Diese Regelung enthält lediglich einen Maßstab
für die Gewinn- und Verlustverteilung, begründet aber
keinen selbständigen Anspruch (Palandt/Sprau,
Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., § 722 Rz 1). Sie
setzt voraus, dass - im Wege der Vertragsauslegung - zunächst
zu ermitteln ist, ob eine entsprechende Teilhabe am Gewinn und
Verlust vereinbart ist. Ist dies der Fall, kann im Zweifel bei
fehlender Vereinbarung zum Maßstab der Verteilung auf §
722 BGB zurückgegriffen werden. Im Streitfall ist aber - wie
das FG zutreffend festgestellt hat - nicht zu erkennen, dass die
Beigeladene zu 1. bereits vor Ausübung der ihr
eingeräumten Erwerbsoption am Gewinn und Verlust der GbR
teilhaben sollte.
|
|
|
38
|
dd) Ebenso wenig zu beanstanden ist die
Feststellung des FG, der Gesellschaftsvertrag biete keine
hinreichende Gewähr für eine Beteiligung der Beigeladenen
zu 1. an den stillen Reserven der GbR.
|
|
|
39
|
Die Beigeladene zu 1. war an den
„materiellen Werten“ der GbR nicht beteiligt.
Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der vertraglichen
Regelungen (s. § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages), aber
auch aus den bindenden Feststellungen des FG zur Durchführung
jener Vereinbarungen, und zwar über den Optionsstichtag des
31.3.2001 hinaus. Danach wurden Praxiseinrichtung, Bankguthaben und
Darlehensverbindlichkeiten allein den Klägern zugerechnet, die
auch die Betriebs- und Finanzierungskosten der Praxis trugen.
Dementsprechend war die Beigeladene zu 1. weder vor noch nach dem
Optionsstichtag tatsächlich an den „materiellen
Werten“ der GbR bzw. den darin enthaltenen stillen
Reserven beteiligt.
|
|
|
40
|
Zur Beteiligung der Gesellschafter an den
immateriellen Wirtschaftsgütern der GbR fehlt eine
ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag. Wenn die
Kläger hieraus den Schluss ziehen, bezüglich der
immateriellen Wirtschaftsgüter gelte die gesetzliche Regelung
des § 718 BGB, so dass die Beigeladene zu 1. zu einem Drittel
an den immateriellen Wirtschaftsgütern beteiligt gewesen sei,
überzeugt dies nicht. Zum einen haben die Vertragsbeteiligten
ausdrücklich eine von § 718 Abs. 1 BGB abweichende
Regelung getroffen. Zum anderen spiegelt sich dieses
Verständnis der Kläger weder in den weiteren
vertraglichen Regelungen noch in der vom FG festgestellten
Vertragsumsetzung wider. Vielmehr sprechen die
gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, die offenbar im
Zusammenhang mit einem angedachten, späteren „echten
Einstieg“ der Beigeladenen zu 1. in die GbR getroffen
worden sind, ebenso wie deren Durchführung gegen eine
Beteiligung der Beigeladenen zu 1. an den immateriellen
Wirtschaftsgütern der GbR.
|
|
|
41
|
So sieht der Gesellschaftsvertrag in § 11
Abs. 4 vor, dass die Beigeladene zu 1. zum 31.3.2001 „ein
Drittel der Praxis“ erwerben kann. Der Kaufpreis sollte
in diesem Fall durch einen Gutachter ermittelt werden. Wäre
die Beigeladene zu 1. - wie die Kläger meinen -
unabhängig von dem Optionsrecht an den immateriellen
Wirtschaftsgütern der GbR beteiligt gewesen, so hätte
§ 11 Abs. 4 entsprechend differenzieren müssen. Der
Erwerb und auch die Bemessung des Kaufpreises hätten sich in
diesem Fall allein auf die „materiellen Werte“
der GbR beziehen können.
|
|
|
42
|
Zudem haben die Vertragsbeteiligten die
Abreden - wie die Überschrift des § 11 des
Gesellschaftsvertrages („Beteiligung/ Einstieg“)
bestätigt - unter dem Aspekt einer späteren Beteiligung
der Beigeladenen zu 1. getroffen. Ein Entgelt für ihre
Beteiligung hatte die Beigeladene zu 1. nach dem Vertrag nicht bzw.
erst mit Optionsausübung zu entrichten. Mithin liegt es nahe,
in den vertraglichen Abreden die Vereinbarung einer
„echten Nullbeteiligung“ der Beigeladenen zu 1.
zu sehen, was zugleich bedeutet, dass diese weder an den
immateriellen Wirtschaftsgütern der GbR noch an darin
liegenden stillen Reserven beteiligt sein sollte. Dies
bestätigt der Erwerbsvorgang im Jahr 2011, der mit einer
bereits vorab erfolgten vermögensmäßigen
Beteiligung der Beigeladenen zu 1. nicht in Einklang zu bringen
ist.
|
|
|
43
|
Aus den Regelungen zum Ausscheiden von
Gesellschaftern bzw. aus der „Konkurrenzklausel“
(§ 22) ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der
Gesellschaftsvertrag enthält keine Abrede über eine
Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters, sondern lediglich ein
Wettbewerbsverbot. Hätte man die Beigeladene zu 1. an den
immateriellen Wirtschaftsgütern (insbesondere Patientenstamm)
beteiligen wollen, so wäre ihr für den Fall ihres
Ausscheidens entweder ein Abfindungsanspruch zuzugestehen gewesen
oder aber sie hätte das Recht erhalten müssen, ihre
Patienten mitzunehmen. Dies ist indes nicht der Fall, so dass die
Beigeladene zu 1. nach den vertraglichen Regelungen selbst an dem
von ihr während der Zeit ihrer Tätigkeit miterarbeiteten
Praxiswert nicht beteiligt sein sollte. Hiernach hatte die
Beigeladene zu 1. ungeachtet einer ihr zivilrechtlich
eingeräumten Gesellschafterstellung aufgrund der vertraglichen
Vereinbarungen keinen Zugriff auf die immateriellen
Wirtschaftsgüter und darin ruhende stille Reserven.
|
|
|
44
|
Dass die Wirksamkeit einer entsprechenden
Regelung zivilrechtlich möglicherweise angreifbar gewesen
wäre, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn die
Vertragsbeteiligten haben sich im Streitfall an diese
Vereinbarungen gebunden gefühlt und sie umgesetzt (vgl. §
41 der Abgabenordnung).
|
|
|
45
|
ee) Schließlich stellt auch der Einwand
der Kläger, die Beigeladene zu 1. habe ein Haftungsrisiko
getragen, die Würdigung des FG nicht in Frage.
|
|
|
46
|
Selbst wenn die vertraglichen Regelungen in
diesem Punkt dem „Normalfall“ entsprechen und
sich für die Beigeladene zu 1. danach ein im
Außenverhältnis unbeschränktes und im
Innenverhältnis beschränktes Haftungsrisiko ergibt, ist
die Würdigung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das von der Beigeladenen zu 1. zu tragende Haftungsrisiko
rechtfertigt - unter Berücksichtigung der Gesamtumstände
des Streitfalles - die Annahme eines lediglich gering
ausgeprägten Mitunternehmerrisikos.
|
|
|
47
|
d) Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise auch zu dem Ergebnis gelangt, dass das schwach
ausgeprägte Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. nicht
durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative
ausgeglichen wurde.
|
|
|
48
|
Zwar stand der Beigeladenen zu 1. nach dem
Gesellschaftsvertrag das Recht zu, die Geschäftsführung
der GbR gemeinschaftlich mit den Klägern auszuüben. Indes
waren von dieser gemeinsamen Geschäftsführung wesentliche
Bereiche ausgenommen. Dies gilt gemäß § 11 Abs. 3
des Gesellschaftsvertrages für den wesentlichen Bereich der
Neuinvestitionen, die nicht im Namen der GbR, sondern im Namen der
Kläger ausgeführt wurden. Zudem war die Beigeladene zu 1.
von der Verfügung über die Konten der Praxis
ausgeschlossen (§ 17 des Gesellschaftsvertrages). Diese
deutlich beschränkte Initiativbefugnis der Beigeladenen zu 1.
begründet ersichtlich keine wesentliche
Mitunternehmerinitiative, mit der das Fehlen hinreichenden
Mitunternehmerrisikos kompensiert werden konnte. Auch wenn die von
der Beigeladenen zu 1. erbrachten Dienstleistungen für die GbR
durchaus von wirtschaftlicher Bedeutung waren und sie einem
(begrenzten) Haftungsrisiko ausgesetzt war, so hatte sie aufgrund
ihrer vertraglichen Befugnisse nicht die Möglichkeit, wie ein
Unternehmer das Schicksal der GbR maßgeblich zu beeinflussen
(vgl. Senatsurteil vom 16.12.2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080 =
SIS 04 30 14).
|
|
|
49
|
e) Schließlich führt auch der
Umstand, dass die Beteiligten bei Abschluss des
Gesellschaftsvertrages für die Zukunft eine gleichwertige
Partnerschaft angestrebt und der Beigeladenen zu 1. ein
entsprechendes Optionsrecht zum Erwerb von einem Drittel der Praxis
eingeräumt haben, nicht zur Annahme einer
Mitunternehmerstellung. Erfüllt die Beteiligung eines
vorgesehenen Unternehmensnachfolgers in einem Veranlagungszeitraum
(noch) nicht die zur Begründung der Mitunternehmerstellung
erforderlichen Voraussetzungen, kann daran die für einen
späteren Zeitraum vorgesehene, für die Annahme einer
Mitunternehmerstellung genügende Beteiligung (mangels
Rückwirkung) nichts ändern (BFH-Beschluss vom 4.4.2007 IV B 143/05, BFH/NV 2007, 1848 =
SIS 07 32 12).
|
|
|
50
|
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|