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Besteuerung einer Entschädigungszahlung für entgehende Einnahmen aufgrund einer Vergleichsvereinbarung

Besteuerung einer Entschädigungszahlung für entgehende Einnahmen aufgrund einer Vergleichsvereinbarung: Verzichtet der Betreiber einer mobilen Altenpflege zur Beilegung eines jahrelangen Rechtsstreits auf die ihm zustehende Förderung nach dem LPflgeHG Rheinland-Pfalz und erhält er hierfür vom Land und Landkreis eine Entschädigung, handelt es sich um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG. - Urt.; BFH 25.8.2015, VIII R 2/13; SIS 15 23 30

Kapitel:
Unternehmensbereich > Sonstiges > Unternehmensbereich / Verschiedenes
Fundstellen
  1. BFH 25.08.2015, VIII R 2/13
    BStBl 2015 II S. 1015
    DStR 2015 S. 2375
    NJW 2015 S. 3536

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.12.2015
    H.-J. Pezzer in BFH/PR 1/2016 S. 5
Normen
[LPflgeHG] § 12 Abs. 2
[EStG] § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Rheinland-Pfalz, 15.09.2011, SIS 13 05 51, Tarifermäßigung, Vergleich, Förderung, Vergütung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 1.6.2017, SIS 17 23 89, Steuerbarkeit einer Verdienstausfall-Entschädigung: Eine Verdienstausfall-Entschädigung ist auch dann als...
  • FG Köln 16.6.2016, SIS 16 20 96, Abgrenzung von nicht steuerbarem Schadensersatz und steuerpflichtigen Ersatzleistungen: 1. Eine einheitli...
  • FG München 4.5.2016, SIS 18 13 21, Schadensersatz für entgangene Einnahmen, Prozessvergleich, fehlerhafte Beratung des Anwalts i.S. Abfindun...

Auf die Revision der Kläger werden das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 15.9.2011 4 K 2653/08 = SIS 13 05 51 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 27.10.2008 aufgehoben.

Die Einkommensteuerfestsetzung für 2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2.10.2008 wird dahingehend geändert, dass auf Betriebseinnahmen des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 191.815 EUR der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes Anwendung findet.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine mobile Altenpflege und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In der Einkommensteuererklärung für 2005 erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 166.520 EUR. Er gab an, dass in den Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 636.359,05 EUR tarifbegünstigte Gewinne i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in Höhe von 191.815 EUR enthalten seien.

 

 

2

Diese Einnahmen beruhten auf einem Vergleich, den der Kläger im Jahr 2005 mit dem Land Rheinland-Pfalz (Land) in Höhe von 143.925 EUR und dem Landkreis ... (Landkreis) in Höhe von 47.890 EUR abgeschlossen hatte. Der Vergleich erfolgte unter Berücksichtigung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz vom 17.12.2004 12 A 11388/04. Nach langjährigem Rechtsstreit hatte das OVG im zweiten Rechtsgang entschieden, dass die Förderpraxis des Landes und Landkreises, nach der in jedem Betreuungsbereich nur ein Träger einer Sozialstation die Investitionsförderung nach § 12 Abs. 2 des Landesgesetzes über ambulante, teilstationäre und stationäre Pflegehilfen (LPflgeHG) Rheinland-Pfalz vom 28.3.1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz 1995, 55) erhielt, das Grundrecht der konkurrierenden Anbieter auf freie Berufsausübung verletzte. Die Zuschüsse nach § 12 Abs. 2 LPflgeHG dienten der Förderung der betriebsnotwendigen Aufwendungen i.S. des § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI). Der Vergleich erfolgte zur Abgeltung sämtlicher Forderungen des Klägers gegen das Land und den Landkreis nach dem LPflgeHG für den Zeitraum von 1995 bis zum 31.12.2005. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, sämtliche Förderanträge für den Zeitraum bis 31.12.2005 zurückzunehmen.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) besteuerte die Einnahmen des Klägers aus dem Vergleich im Einkommensteuerbescheid für 2005 nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Am 2.10.2008 erging sodann für das Streitjahr ein Einkommensteueränderungsbescheid, der die Streitfrage dieses Revisionsverfahrens nicht berührt.

 

 

4

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2013, 358 = SIS 13 05 51 veröffentlichten Urteil vom 15.9.2011 4 K 2653/08 als unbegründet ab.

 

 

5

Zur Begründung der Revision machen die Kläger geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung des § 34 EStG, da die zusammengeballten Zahlungen aus dem Vergleich ermäßigt zu besteuern seien.

 

 

6

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 27.10.2008 aufzuheben und den Einkommensteueränderungsbescheid für 2005 vom 2.10.2008 dahingehend zu ändern, dass auf Betriebseinnahmen in Höhe von 191.815 EUR der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG angewendet wird.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

Die Einnahmen des Klägers aus dem mit dem Land und Landkreis abgeschlossenen Vergleich seien nicht nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern. Weder handele es sich um eine Entschädigung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, noch um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

 

 

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie der Einspruchsentscheidung und zur antragsgemäßen Herabsetzung der Steuer (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

10

Entgegen der Auffassung des FG ist der einmalige Ertrag aus der Auszahlung der Vergleichssumme als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern.

 

 

11

1. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergänzt die Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 23 EStG, schafft aber keinen neuen Besteuerungstatbestand. Es muss demgemäß eine kausale Verknüpfung zwischen der Entschädigung und den entgangenen Einnahmen bestehen (Senatsurteil vom 19.10.1978 VIII R 9/77, BFHE 126, 405, BStBl II 1979, 133 = SIS 79 00 70). Die entgangenen Einnahmen müssen, falls sie erzielt worden wären, steuerpflichtig sein (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.8.1978 I R 73/76, BFHE 126, 199, BStBl II 1979, 120 = SIS 79 00 64). Dies ist vorliegend der Fall, da die Zuschüsse aus der Investitionsförderung gemäß § 12 Abs. 2 LPflgeHG als Betriebseinnahmen zu versteuern gewesen wären, wenn der Kläger von seinem Wahlrecht nach Abschn. 6.5 der Einkommensteuer-Richtlinie 2005, die Zuschüsse erfolgsneutral zu behandeln, keinen Gebrauch gemacht hätte (vgl. BFH-Urteil vom 19.7.1995 I R 56/94, BFHE 179, 19, BStBl II 1996, 28 = SIS 96 04 23).

 

 

12

2. Eine Entschädigung setzt begrifflich voraus, dass es sich um eine Ersatzleistung handelt. Sie darf nicht die vertraglich vereinbarte Erfüllungsleistung sein, sondern muss aufgrund einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage geleistet werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.7.1993 I R 84/92, BFH/NV 1994, 23, m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Nach dem eindeutigen Wortlaut der zwischen dem Kläger und dem Land und Landkreis abgeschlossenen Vergleichsvereinbarungen wurde nicht der ursprüngliche nach dem LPflgeHG bestehende Anspruch des Klägers auf Förderung in seiner Zahlungsmodalität verändert, sondern eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, da die Zahlung die Rücknahme der Förderanträge durch den Kläger voraussetzte und der Höhe nach von den gesetzlich vorgegebenen Fördergeldern abwich. Der Vergleich begründete danach einen Entschädigungsanspruch des Klägers, der auf die ihm zustehende Förderung nach dem LPflgeHG unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Druck verzichtet hat. Denn wäre der Kläger nicht auf das Vergleichsangebot eingegangen, hätte er seine Ansprüche nach dem LPflgeHG weiter auf dem Rechtsweg verfolgen müssen und seinem Geschäftsbetrieb wäre zunächst zumindest teilweise die Ertragsgrundlage entzogen worden (vgl. Senatsurteil vom 11.2.2015 VIII R 4/12, BFHE 249, 154, BStBl II 2015, 647 = SIS 15 11 57; BFH-Urteil vom 29.2.2012 IX R 28/11, BFHE 237, 56, BStBl II 2012, 569 = SIS 12 14 26). Entgegen der Auffassung des FA ist der BFH nicht aufgrund der Feststellungen des FG an dieser rechtlichen Würdigung gehindert. Denn das FG hat in den Urteilsgründen zu der Frage, ob der Kläger bei dem Abschluss des Vergleichs unter erheblichem tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck gestanden hat, keine Feststellungen getroffen, so dass keine Bindungswirkung nach § 118 Abs. 2 FGO besteht.

 

 

13

3. Es handelt sich auch um einen ungewöhnlichen Geschäftsvorfall und nicht um einen Geschäftsvorfall, den der Kläger im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit üblicherweise abgeschlossen hat (vgl. Senatsurteil vom 10.7.2012 VIII R 48/09, BFHE 238, 337, BStBl II 2013, 155 = SIS 12 28 22). Insoweit war der Kläger auch nicht verpflichtet, die von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Förderung ambulanter Hilfen nach § 12 Abs. 2 LPflgeHG bereits in einem früheren Veranlagungszeitraum zu aktivieren, da diese vom Land und Landkreis bis zum Abschluss des Vergleichs im Streitjahr bestritten worden waren (BFH-Urteil vom 15.3.2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588 = SIS 00 08 59, unter II.2.b aa, und Senatsurteil vom 14.3.2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650 = SIS 06 31 23, unter II.2., jeweils m.w.N.).

 

 

14

4. Ob die Entschädigungszahlungen zugleich als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 25.2.2014 X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42) zu § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG hätten eingestuft werden können, kann im Streitfall offenbleiben.

 

 

15

5. Die Ermittlung der unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 1 EStG festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO dem FA übertragen.

 

 

16

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.