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I. Streitig ist, ob lohnsteuerrechtlich
erhebliche Vorteile anzusetzen und gegebenenfalls der pauschalen
Lohnsteuer nach § 37b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu
unterwerfen sind.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine Kapitalgesellschaft, ist im Bereich der
Herstellung, Montage, Wartung und Modernisierung von Aufzügen
tätig. Sie hatte am 25. und 26.6.2008 im Rahmen eines
bekannten Segelsportereignisses in Form von Regattabegleitfahrten
zwei Kundenveranstaltungen durchgeführt, zu der sie Kunden und
Geschäftsfreunde eingeladen und dazu ein Segelschiff
gechartert hatte. Die Teilnehmer an Bord konnten ein Catering in
Anspruch nehmen und dort auch übernachten. An der
Veranstaltung vom 25.6.2008 haben 44 Personen teilgenommen, davon
waren 19 Mitarbeiter der Klägerin, die übrigen Kunden und
Geschäftsfreunde; am 26.6.2008 nahmen 69 Personen teil, davon
18 Mitarbeiter der Klägerin. Soweit eingeladene Kunden an der
Veranstaltung nicht teilgenommen haben, durften auch die für
diese Kunden zuständigen Arbeitnehmer der Klägerin an der
Veranstaltung nicht teilnehmen. Die teilnehmenden Mitarbeiter
hatten bei den Veranstaltungen entsprechende Jacken mit dem
Firmenlogo der Klägerin zu tragen, waren mit der Aufgabe
betraut, die Kunden und Geschäftsfreunde über die Dauer
der gesamten Fahrt zu betreuen und mit ihnen fachliche
Gespräche zu führen.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) beurteilte die Teilnahme der Mitarbeiter der
Klägerin an den Kundenveranstaltungen als lohnsteuerrechtlich
erhebliche Vorteile. Das FA erließ deshalb einen
Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer nebst Annexsteuern, in
dessen Bemessungsgrundlage sämtliche der Klägerin
entstandenen Aufwendungen für die Kundenveranstaltungen in
Höhe von 52.184 EUR einbezogen waren. Die Klägerin hatte
die Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 und 2 EStG
beantragt.
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Die gegen den Nachforderungsbescheid
erhobene Klage war insoweit erfolgreich.
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Das Finanzgericht (FG) entschied, dass
§ 37b Abs. 2 Satz 1 EStG nur für Sachzuwendungen gelte,
die steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellten. Ein solcher
steuerpflichtiger Arbeitslohn liege hier nicht vor; denn nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs habe der dem
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewandte Vorteil keinen
Entlohnungscharakter, wenn der Vorteil sich lediglich als
notwendige Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen
Zielsetzung erweise, mithin in ganz überwiegend
eigenbetrieblichem Interesse gewährt werde. Davon sei hier
auszugehen. Die streitgegenständlichen Veranstaltungen
hätten zwar durchaus einen besonderen Erlebniswert
aufgewiesen. Die Fahrten seien allerdings zur Kundenbindung und
für Repräsentationszwecke und nicht zur Entlohnung der
Arbeitnehmer durchgeführt worden.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt, das Urteil des FG
Berlin-Brandenburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium für Finanzen hat
den Beitritt zum Verfahren erklärt (§ 122 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu
Recht entschieden, dass der Pauschalierung nach § 37b Abs. 2
EStG nur solche betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an
Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen unterliegen, die bei den
Arbeitnehmern auch zu einkommensteuerbaren Lohneinkünften
führen. Die Klägerin hat solche Sachzuwendungen nicht
erbracht.
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1. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich
für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten
betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur
ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden
und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 %
erheben. Nach § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG gilt § 37b Abs. 1
EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an
Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in
Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten
Arbeitslohn erbracht werden.
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a) Wie der erkennende Senat in seinem zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 16.10.2013 VI
R 57/11 zu § 37b Abs. 1 und Abs. 2 EStG entschieden hat,
erfasst die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG
nur solche betrieblich veranlassten Zuwendungen, die beim
Empfänger dem Grunde nach zu einkommensteuerbaren und
einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn §
37b EStG begründet keine weitere eigenständige
Einkunftsart und keinen sonstigen originären
(Einkommen-)Steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine
besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur
Wahl. Das folgt aus dem Wortlaut und der rechtssystematischen
Stellung des § 37b EStG sowie aus seiner Einordnung in das
Gesamtgefüge des Einkommensteuergesetzes. Gegenteiliges
ergeben schließlich weder Entstehungsgeschichte noch
Gesetzesmaterialien zu § 37b EStG. Hinsichtlich der weiteren
Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von
Wiederholungen auf sein Urteil vom 16.10.2013 VI R 57/11.
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Dies gilt auch für die in § 37b Abs.
2 Satz 1 EStG normierte Pauschalierungsmöglichkeit für
betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des
Steuerpflichtigen; für diese Zuwendungen kommt eine
Pauschalierung der Einkommensteuer ebenfalls nur in Betracht, wenn
die Zuwendungen beim Arbeitnehmer dem Grunde nach zu
einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften
führen. Denn auch der Wortlaut des § 37b Abs. 2 EStG ist
insoweit eindeutig, als für diesen Tatbestand durch den
Verweis auf § 37b Abs. 1 EStG die Einkommensteuer mit einem
Pauschsteuersatz zu erheben ist, § 37b Abs. 2 EStG keinen
anderweitigen Rechtsgrund für das Entstehen der
Einkommensteuer vorgibt und dieser Tatbestand unter „VI.
Steuererhebung“ normiert ist. Nichts anderes folgt aus
den Gesetzesmaterialien; auch daraus ergeben sich keine
Anhaltspunkte dafür, dass insoweit der Grundtatbestand der
einkommensteuerbaren Einkünfte ausgeweitet werden sollte.
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b) Im Ergebnis erfasst § 37b Abs. 2 EStG
die betrieblich veranlassten, nicht in Geld bestehenden Zuwendungen
an Arbeitnehmer, soweit sie grundsätzlich einkommensteuerbar
und einkommensteuerpflichtig sind und zum ohnehin geschuldeten
Arbeitslohn erbracht werden (dazu Senatsurteile vom 19.9.2012 VI R
55/11, BFHE 239, 91, BStBl II 2013, 398 = SIS 12 31 03; VI R 54/11,
BFHE 239, 85, BStBl II 2013, 395 = SIS 12 31 02). Denn auch in
Bezug auf Zuwendungen an Arbeitnehmer erweitert der Tatbestand des
§ 37b EStG nicht den einkommensteuerrechtlichen Lohnbegriff,
sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende
Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl, indem der dort zum
Steuerpflichtigen erklärte zuwendende Arbeitgeber die
grundsätzlich nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG beim
Arbeitnehmer entstehende Einkommensteuer übernimmt.
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2. Danach hat das FG zutreffend entschieden,
dass die Aufwendungen der Klägerin für die
Regattabegleitfahrten keinen Arbeitslohn darstellen und diese
Aufwendungen deshalb nicht in die Bemessungsgrundlage der
Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach §
37b EStG einzubeziehen sind.
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a) Es entspricht der ständigen
Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass solche Vorteile keinen
Arbeitslohn darstellen, die sich bei objektiver Würdigung
aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als
notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung
erweisen, also im ganz überwiegend eigenbetrieblichen
Interesse gewährt werden. Von einem solchen ganz
überwiegend eigenbetrieblichen Interesse ist auszugehen, wenn
auf Grundlage der in erster Linie durch die Tatsacheninstanz
vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller Umstände des
Einzelfalles darauf zu schließen ist, dass der jeweils
verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht und ein
mögliches eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den
betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden
kann.
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b) Das FG hat nach Maßgabe dieser
Grundsätze im Streitfall ein solches ganz überwiegend
eigenbetriebliches Interesse der Klägerin angenommen und einen
den Mitarbeitern gewährten Vorteil als lediglich notwendige
Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung gewürdigt.
Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden;
die Würdigung ist nicht nur möglich, sondern
naheliegend.
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aa) Das FG hat im Rahmen seiner Würdigung
zutreffend die Erwägungen einbezogen, dass die in Rede
stehenden Veranstaltungen einen besonderen Erlebniswert
vermittelten, und zwar nicht nur für die Kunden und
Geschäftsfreunde der Klägerin, sondern auch für
deren Mitarbeiter. Es hat aber im Weiteren auch zu Recht die
näheren Umstände der Teilnahme der Mitarbeiter
gewürdigt und dabei insbesondere beachtet, dass die Teilnahme
nicht im Belieben der Mitarbeiter stand, sondern für die
Mitarbeiter verpflichtend war, soweit ihre jeweiligen Kunden die
Veranstaltung besuchten und die Mitarbeiter dann auch als
Repräsentanten der Klägerin auftreten, entsprechende
Jacken mit dem Firmenlogo tragen, sich intensiv um die Kunden und
Geschäftsfreunde kümmern und mit ihnen
Kundengespräche führen mussten. Damit konnte es auch zu
der Würdigung gelangen, dass der von der Klägerin
verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund stand und ein
mögliches eigenes Interesse des Arbeitnehmers
vernachlässigt werden kann.
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Dagegen kann das FA nicht mit dem Einwand
gehört werden, das FG habe nicht festgestellt, inwieweit die
Arbeitnehmer während der Veranstaltung tatsächlich in
Anspruch genommen worden seien und die die Mitarbeiter treffenden
Verpflichtungen den Vorteilscharakter entfallen ließen. Denn
wenn das FA damit die berufliche Teilnahme der Mitarbeiter
bestreiten sollte, ist dies im Grunde ein neues und im
Revisionsverfahren nicht zu beachtendes Vorbringen. Das FA hat dazu
im finanzgerichtlichen Verfahren nichts vorgebracht, keine weitere
dahingehende Sachaufklärung angeregt und ausweislich des
Protokolls der mündlichen Verhandlung auch keine
Beweisanträge gestellt. Soweit das FA die Auffassung vertritt,
dass dennoch ein Vorteilscharakter bleibe, ist dies kein
revisionsrechtlich erhebliches Vorbringen, sondern lediglich eine
von der des FG abweichende eigene Tatsachenwürdigung.
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bb) Angesichts dessen kann der Senat
dahinstehen lassen, ob im hier zu entscheidenden Streitfall
überhaupt Zuwendungen an die Arbeitnehmer der Klägerin
vorliegen. Denn werden Arbeitnehmer für den Arbeitgeber auf
dessen Geheiß tätig und entspricht die Tätigkeit
des Arbeitnehmers den Belangen des Arbeitgebers, dann müssen
schon ganz besondere Umstände hinzutreten, damit diese vom
Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ausgeführte
Tätigkeit allein aufgrund eines aus dem Üblichen
fallenden Rahmens und der besonderen Örtlichkeit einen
lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet. Allein eine
touristische oder aus anderen Gründen attraktive Umgebung, in
der ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig wird,
führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer damit
zugleich einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil zuwendet.
Wenn danach im hier zur Entscheidung stehenden Streitfall die
Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers eine dienstliche Funktion
wahrzunehmen hatten, lässt sich allein aus dem Umstand, dass
sie ihre berufliche Tätigkeit außerhalb ihrer
üblichen Arbeitsstätte auf einem Regattabegleitschiff
ausübten, noch keine lohnsteuerrechtlich erhebliche Zuwendung
begründen.
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