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I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen
einer Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach
§ 37b des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war Hauptanteilseigner und Vorstandsvorsitzender der
X AG (AG). Im Jahr ... fanden anlässlich des ...jährigen
Jubiläums der AG eine Jubiläumsfeier und eine
Incentive-Reise statt, an der sowohl Mitarbeiter der AG, die sich
dafür durch entsprechende Leistungen qualifiziert hatten, als
auch Kunden und Geschäftsfreunde teilnahmen. An der
Jubiläumsfeier nahmen ... Personen teil, an der Reise ...
Personen einschließlich ... Mitarbeiter des Konzerns, die zur
Betreuung der Reiseteilnehmer abgestellt waren. Der Kläger
übernahm die Gesamtkosten für beide Veranstaltungen in
Höhe von rund ... EUR.
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Der Kläger gab nach einem vergeblichen
Antrag auf verbindliche Auskunft für den Monat Y ... eine
Lohnsteuer-Anmeldung nach § 37b Abs. 4 EStG über ... EUR
ab, die er kurz darauf auf ... EUR berichtigte. Darin erklärte
er, den inländischen Teilnehmern der Veranstaltungen
Sachleistungen in Form von zu einkommensteuerpflichtigen
Betriebseinnahmen und Arbeitslohn führenden Geschenken
zugewendet zu haben, stellte die Lohnsteuer-Anmeldung aber unter
die Bedingung, dass die von ihm getragenen Aufwendungen der
Veranstaltungen als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.
Nach Hinweis des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt -
FA - ) gab der Kläger sodann bedingungslose
Lohnsteuer-Anmeldungen für die Monate Y und Z ... ab. Die
Zuwendungen für die Veranstaltungen erklärte er nun
für Z ...; die Lohnsteuer dafür betrug ... EUR.
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Im Anschluss an eine
Lohnsteuer-Außenprüfung erließ das FA einen
Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer zuzüglich
Annexsteuern in Höhe von insgesamt ... EUR. Das FA war der
Auffassung, dass die Bemessungsgrundlage der Pauschalsteuer nach
§ 37b EStG um ... EUR zu erhöhen sei. Es bezog die bisher
vom Kläger nicht berücksichtigten Zuwendungen an
ausländische Veranstaltungsteilnehmer sowie an 50 als
Reisebegleiter eingesetzte Konzernmitarbeiter in die
Bemessungsgrundlage ein. Ebenso die Kosten der Speisen und
Getränke einschließlich Tischschmuck, Dekoration und
Unterhaltung sowie sonstige Kosten wie Bustransfer,
Sicherheitsdienste, medizinische Versorgung und
Versicherungen.
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Der Kläger wandte sich gegen den
Nachforderungsbescheid mit Einspruch und nach Ablauf von sechs
Monaten mit Untätigkeitsklage. Er machte im Wesentlichen
geltend, dass eine Besteuerung ausländischer Teilnehmer
ausscheide; ebenso die Einbeziehung der als Reisebegleiter
eingesetzten Konzernmitarbeiter, ihnen sei nichts zugewendet
worden. Soweit Teile der Aufwendungen für die Veranstaltung
auf geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen entfallen
seien, hätten diese ohnehin nur zu 70 % bei den Werbungskosten
berücksichtigt werden können. Nach den einschlägigen
Richtlinien und der zu § 37b EStG ergangenen
Verwaltungsvorschrift seien die Aufwendungen für
geschäftlich veranlasste Bewirtungen nicht in den
Anwendungsbereich des § 37b EStG einzubeziehen. Zu Unrecht
habe das FA auch sämtliche Aufwendungen in die
Bemessungsgrundlage einbezogen, ohne zu berücksichtigen, ob
diese auf der Empfängerseite auch geldwerte Vorteile
darstellten. Schließlich sei § 37b EStG nicht anwendbar,
weil davon nur betrieblich veranlasste Zuwendungen erfasst seien,
hier aber private Zuwendungen vorlägen. Das FA verhalte sich
auch widersprüchlich; denn im Verfahren der individuellen
Einkommensteuer des Klägers gehe es von privaten Aufwendungen
aus und verneine daher Werbungskosten. Der Kläger erweiterte
schließlich seine Klage auf die angemeldeten
Pauschalsteuerbeträge insgesamt mit der Begründung, dass
der hier an sich streitgegenständliche Nachforderungsbescheid
materiell-rechtlich einen Änderungsbescheid zur
Lohnsteuer-Anmeldung darstelle. Schließlich widerrief der
Kläger seinen Antrag auf Lohnsteuerpauschalierung
gemäß § 37b EStG für den Monat Z ...
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Das FA beantragte im Klageverfahren die
Aussetzung des Verfahrens nach § 74 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) und das Ruhen des Verfahrens nach § 155 FGO i.V.m.
§ 251 der Zivilprozessordnung; weiter beantragte es, alle
Teilnehmer der Incentive-Reise und der Feier gemäß
§ 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 60
FGO beizuladen.
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Das Finanzgericht (FG) entsprach der Klage
aus den in EFG 2012, 2015 = SIS 12 26 63 veröffentlichten
Gründen teilweise. Es hob den Nachforderungsbescheid auf, wies
aber im Übrigen, nämlich soweit sie auf die
Lohnsteuer-Anmeldung für Z ... erweitert war, die Klage
ab.
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Der Nachforderungsbescheid sei
rechtswidrig. Denn die Voraussetzungen des § 37b EStG
lägen im Streitfall nicht vor. Insbesondere fehle es an der
nach § 37b Abs. 1 und Abs. 2 EStG u.a. erforderlichen
betrieblichen Veranlassung. Die Aufwendungen des Klägers seien
nicht betrieblich veranlasst, er habe die Zahlungen von seinen
Privatkonten aus seinem privaten Vermögen erbracht. § 37b
EStG setze dagegen betrieblich veranlasste Zuwendungen und nicht
privat oder gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendungen voraus.
Dies entspreche auch der überwiegenden Ansicht in der
Literatur.
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Weiter sei auch dem Beiladungsantrag des FA
nach § 174 Abs. 5 AO nicht zu entsprechen. Zwar lägen die
Voraussetzungen des § 174 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 AO vor; das FG
sei damit in der Regel auch zur Beiladung verpflichtet; im
Streitfall sei jedoch zur Sicherung des höherrangigen
Rechtsgutes eines effizienten gerichtlichen Rechtsschutzes von
Beiladungen der Zuwendungsempfänger abzusehen. Denn es sei
hier allein von ... Zuwendungsempfängern hinsichtlich der
Feierlichkeiten auszugehen. Bei einem solchen Massenverfahren
könnten nicht enden wollende Beiladungsversuche faktisch einer
Rechtsschutzverweigerung gleichkommen. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4
des Grundgesetzes verbiete sich so eine eigentlich gebotene
Beiladung.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung des § 37b EStG. Dessen sachlicher Anwendungsbereich
sei durch den Begriff betrieblich veranlasste Zuwendungen -
entgegen der Auffassung des FG - nicht in der Weise begrenzt, dass
die Anwendung des Tatbestands an die einkommensteuerrechtliche
Beurteilung des Aufwands beim Zuwendenden gekoppelt sei. Die Norm
bezwecke die vereinfachte Abgeltung steuerlicher Vorteile bei
Zuwendungsempfängern, auch bei Zuwendungen von dritter Seite.
Deshalb komme es nicht darauf an, wie die Leistung beim Zuwendenden
behandelt werde.
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Weiter verletze das Urteil durch die
unterlassene Beiladung § 174 Abs. 5 AO i.V.m. §§ 60,
60a FGO.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
des Niedersächsischen FG vom 31.5.2012 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unzulässig zu verwerfen, hilfsweise,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen, hilfsweise,
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die Sache zur erneuten Verhandlung an das
FG zurückzuverweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist
daher zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass im
Streitfall eine Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausscheidet, weil die Zuwendungen nicht
betrieblich veranlasst sind.
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1. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich
für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten
betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur
ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden
und die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 %
erheben; Entsprechendes gilt nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten
Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.
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a) Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach
§ 37b EStG erfasst nicht alle Zuwendungen schlechthin. §
37b EStG beschränkt sich vielmehr auf Zuwendungen, die bei den
Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen
Einkünften führen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.10.2013
VI R 57/11 = SIS 14 00 12, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt). Weiter setzt § 37b EStG ausdrücklich die
betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert
darüber hinaus, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur
ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden
(vgl. dazu Senatsurteil vom 16.10.2013 VI R 78/12 = SIS 14 00 13,
zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
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aa) Das FG hat im Ergebnis wie in der
Begründung zutreffend entschieden, dass dem in § 37b EStG
enthaltenen Tatbestandsmerkmal betrieblich veranlasst eine
eigenständige Bedeutung zukommt; insoweit liegt insbesondere
kein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers vor. Denn § 37b
EStG stellt im gesamten Normengefüge auf einen betrieblichen
Zusammenhang ab und setzt einen solchen voraus. So nennt etwa Abs.
1 Satz 1 EStG das Merkmal Wirtschaftsjahr, das nur im betrieblichen
Bereich bei Gewinneinkünften Bedeutung hat. Entsprechendes
gilt für die ebenfalls pauschalierungsfähigen Geschenke
nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; auch dort erfasst der
Tatbestand nicht allgemein und insgesamt alle Geschenke, um dann
mit erbschaftssteuerrechtlichen Tatbeständen zu konkurrieren,
sondern nur „Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 1“ EStG. Das sind betrieblich veranlasste Geschenke,
die grundsätzlich zum Betriebsausgabenabzug berechtigten, wenn
§ 4 Abs. 5 Satz 1 EStG diesen nicht verwehrte. Ebenso
offenbart sich der betriebliche Veranlassungszusammenhang - so
zutreffend das FG - in § 37b EStG selbst mit den dort
normierten Tatbeständen „verbundener
Unternehmen“ (§ 37b Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EStG)
und „der Betriebsstätte“ (§ 37b Abs. 4
Sätze 1, 2 EStG).
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Nichts anderes hat auch der Gesetzgeber
gewollt. Denn schon die einleitenden Ausführungen der
Gesetzgebungsmaterialien zu § 37b EStG (BTDrucks 16/2712, S.
55) begründen die Notwendigkeit der Neuregelung damit, dass
zahlreiche Steuerpflichtige aus betrieblicher Veranlassung
Sachzuwendungen an Arbeitnehmer sowie an Personen tätigten,
die zu ihnen nicht in einem Dienstverhältnis stünden,
etwa Geschäftspartner und deren Arbeitnehmer. Darauf verweist
das FG ebenso zu Recht wie auf den Umstand, dass der
Bundesrechnungshof (BRH) eine gesetzliche Regelung eben nicht
für sämtliche, sondern nur für solche
Sachzuwendungen angemahnt hatte, die Unternehmen gewährten
(BTDrucks 16/160, S. 161 ff.). Auf diese Unterrichtung des BRH
wurde im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich Bezug genommen
(BTDrucks 16/3036, S. 9).
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Entscheidend ist die Veranlassung der
Zuwendung. Denn nicht nur der Wortlaut des § 37b EStG, sondern
auch die Materialien dazu thematisieren eigens die Veranlassung der
Zuwendung. Danach fallen „aus gesellschaftsrechtlicher
Veranlassung“ gewährte Zuwendungen, „z.B.
verdeckte Gewinnausschüttungen“, ausdrücklich
nicht unter die Pauschalierung. Ebenso ausdrücklich sollten
danach „nur betrieblich veranlasste Geschenke und
Zuwendungen“ von der Neuregelung erfasst werden (BTDrucks
16/2712, S. 56).
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Wenn angesichts dessen § 37b EStG in Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 und in Abs. 2 Satz 1 von betrieblich veranlassten
Zuwendungen spricht, sind das nur solche Zuwendungen, die durch
einen Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst sind.
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bb) Weiter ist im Rahmen der Auslegung des
§ 37b EStG auch zu berücksichtigen, dass nicht alle
betrieblich veranlassten Zuwendungen pauschalierungsfähig
sind, sondern nur solche, die i.S. des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 EStG zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder
Gegenleistung erbracht wurden. Diese tatbestandliche Voraussetzung
schränkt den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter
ein. Denn dadurch sind Zuwendungen, die etwa zur Anbahnung eines
Vertragsverhältnisses erbracht werden, mangels einer zu diesem
Zeitpunkt ohnehin schon vereinbarten Leistung oder Gegenleistung
nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG einbezogen. Offenkundig erfasst der Tatbestand auch insoweit
nicht schlechthin sämtliche unabhängig von einem
bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur
solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen
Leistungsaustausch hinzutreten, in dem die Zuwendungen zwar nicht
geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind.
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b) Wie der Senat schon in seinem zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 16.10.2013 VI R 57/11 =
SIS 14 00 12 entschieden hat, stellt § 37b EStG lediglich eine
besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur
Wahl und erfasst daher nur solche Zuwendungen, die bei den
Empfängern der Zuwendungen zu einkommensteuerbaren und
grundsätzlich auch einkommensteuerpflichtigen Einkünften
führen. Entsprechend dem Gegenstand und Umfang der
Einkommensbesteuerung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -,
Beschluss vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 = SIS 98 23 05, B.I.2.; Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 2 Rz A 105 ff., B 4 ff.) sind mit § 37b EStG nur
Zuwendungen erfasst, die durch Nutzung einer
einkommensteuerrechtlichen Erwerbsgrundlage als Einkünfte im
Rahmen einer der Einkunftsarten erzielt werden. Deshalb steht
§ 37b EStG auch nicht in Konkurrenz zu Tatbeständen des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, das nach seinem
Belastungsgrund gerade nicht auf die Nutzung einer
Erwerbsgrundlage, sondern (nur) auf die durch Erbanfall oder
Schenkung eingetretene Bereicherung und die daraus resultierende
Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des
Erwerbers zielt (BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2006 1 BvL 10/02,
BVerfGE 117, 1 <33>, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26; vom
18.12.2012 1 BvR 1509/10, HFR 2013, 258 = SIS 13 17 50; jeweils
m.w.N.).
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2. Nach Maßgabe der vorgenannten
Rechtsgrundsätze und auf Grundlage der bindenden und vom FA
auch nicht in Frage gestellten Feststellungen des FG werden die
hier streitgegenständlichen Zuwendungen des Klägers nicht
von der Pauschalierungsnorm des § 37b EStG erfasst. Denn der
Kläger selbst hat keinen Betrieb unterhalten, er hat die
Zuwendungen durch Zahlungen von seinen Privatkonten und aus seinem
Privatvermögen erbracht; sie wiesen insoweit keinen
Veranlassungszusammenhang zu einem eigenen Betrieb des Klägers
auf.
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3. Die Rüge des FA, das FG habe es
unterlassen, die Teilnehmer der Reise und der Feier zum Verfahren
beizuladen, verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn
der Antrag ... Teilnehmer einer Reise sowie ... Teilnehmer einer
Feierlichkeit zu dem Verfahren nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO als
Dritte beizuladen, ohne diese Dritten dem erkennenden Gericht
hinreichend konkret zu benennen, ist unsubstantiiert und damit
unbeachtlich. In diesem Fall kann eine nach § 174 Abs. 5 Satz
2 AO grundsätzlich zulässige Beiladung unterbleiben.
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a) Nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO ist eine
Beiladung zulässig, wenn ein Steuerbescheid i.S. des §
174 Abs. 4 AO wegen irriger Beurteilung eines bestimmten
Sachverhalts möglicherweise aufzuheben oder zu ändern ist
und hieraus rechtliche Folgerungen bei einem Dritten zu ziehen
sind. Dazu kann das FA die Beiladung des Dritten in dem gegen den
ursprünglich ergangenen Bescheid angestrengten Klageverfahren
beantragen oder anregen. Es genügt, dass die Möglichkeit
einer Folgeänderung besteht, so dass die Beiladung nur zu
unterbleiben hat, wenn die Interessen Dritter durch den Ausgang des
anhängigen Rechtsstreits eindeutig nicht berührt sein
können (vgl. zuletzt Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 10.2.2010 IX B 176/09, BFH/NV 2010, 832 = SIS 10 11 67,
m.w.N.).
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Die Entscheidung, eine Beiladung nach §
174 Abs. 5 Satz 2 AO zu beantragen, steht im freien Ermessen der
Behörde. Allein die Behörde ist befugt zu prüfen und
zu entscheiden, ob wegen eines möglichen Verfahrenserfolges
des Steuerpflichtigen rechtliche Folgen gegenüber einem
Dritten möglich sind sowie ob sie ihn deshalb hinzuziehen oder
dessen Beiladung beantragen oder jedenfalls veranlassen möchte
(Senatsbeschluss vom 25.9.2001 VI B 153/01, BFH/NV 2002, 160 = SIS 02 51 08). Denn selbst wenn die Behörde zu dem Ergebnis
gelangt, dass rechtliche Folgen gegenüber einem Dritten
möglich wären, lässt das Gesetz insoweit der
Verwaltungsbehörde noch immer die Wahl, die Beiladung zu
beantragen oder auch nicht (BFH-Beschluss vom 27.1.1982 VII B 141/81, BFHE 134, 537, BStBl II
1982, 239 = SIS 82 25 46).
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b) Wenn es indessen allein im Ermessen der
Behörde steht, die Beiladung eines Dritten zu veranlassen, um
ihn so zum Verfahrensbeteiligten zu machen, muss sie den
Verfahrensbeteiligten hinreichend konkret benennen, damit auf
Grundlage dieser Angaben dem Gericht eine Beiladung möglich
ist. Insoweit gilt in Bezug auf die Bezeichnung des Dritten als
Verfahrensbeteiligten für die Behörde im Grundsatz nichts
anderes als für den Kläger im Rahmen der Klageerhebung,
wenn der Kläger mit seiner Klage ebenfalls die
Verfahrensbeteiligten bezeichnen muss, nämlich den Kläger
und den Beklagten (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies gehört
zu den allgemeinen prozessualen Mitwirkungspflichten, die im
Grundsatz gleichermaßen die Behörde treffen
(Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., §
76 Rz 38).
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c) Genügt die Behörde im Rahmen
eines Antrags auf Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO nicht ihrer
prozessualen Mitwirkungspflicht, führt dies im Grundsatz nicht
zu einer Ausweitung, sondern zu einer Einschränkung der
richterlichen Sachaufklärungspflicht; diese richtet sich nach
dem Grad der Pflichtverletzung der Beteiligten, nach deren
Mitwirkung einerseits und der erforderlichen Aufklärung durch
das Gericht andererseits sowie nach der Zumutbarkeit sowie der
tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit, den
Sachverhalt weiter aufzuklären. Insoweit ist schließlich
zu berücksichtigen, dass nach § 76 Abs. 4 FGO auch im
finanzgerichtlichen Verfahren die Verpflichtung der
Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln (§§ 88,
89 AO), unberührt bleibt. Dies gilt in besonderem Maße,
wenn die Behörde in ihrem Interesse und aus in ihrem freien
Ermessen liegenden Gründen Dritte nach § 174 Abs. 5 Satz
2 AO zu Verfahrensbeteiligten machen möchte und beantragt oder
anregt, dass das FG diese Dritten beilädt.
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