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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist polnischer Staatsbürger. Er hat zusammen mit
seiner Ehefrau und den beiden im Januar 2000 und im August 2004
geborenen gemeinsamen Kindern seinen (Familien-)Wohnsitz in Polen.
Dort ist er als (selbständiger) Landwirt tätig. Nach
einer Bestätigung der polnischen landwirtschaftlichen
Sozialversicherung vom 17.5.2007 unterlag er in Polen vom 1.4.1991
bis 9.1.2006 sowie vom 5.3.2006 bis auf Weiteres kraft Gesetzes der
Renten-, Unfall- und Krankenversicherung.
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In der Zeit vom 11.1.2005 bis 1.4.2005
sowie vom 9.1.2006 bis 4.3.2006 war der Kläger
vorübergehend in Deutschland nichtselbständig als
Saisonarbeitskraft in einem Gemüsebaubetrieb tätig. Das
zuständige Finanzamt (FA) behandelte den Kläger als
unbeschränkt steuerpflichtig, und setzte die Einkommensteuer
für die Jahre 2005 und 2006 auf jeweils 0 EUR fest.
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Ausweislich der Bescheinigungen des
Arbeitgebers war der Kläger in Deutschland aufgrund seiner in
Polen ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht
sozialversicherungspflichtig.
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In Polen erhielten der Kläger und
seine Ehefrau ab Januar 2005 für ihre beiden Kinder keine
Familienbeihilfe.
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Den Antrag des Klägers auf deutsches
Kindergeld lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin
(Familienkasse) mit Bescheid vom 19.9.2007 und
Einspruchsentscheidung vom 16.10.2007 mit der Begründung ab,
der Anspruch auf Kindergeld sei nach Art. 13 der Verordnung (EWG)
Nr. 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 über die Anwendung der
Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und
Selbständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), in
ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2.12.1996
- VO Nr. 118/97 - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
1997 Nr. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung,
geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.4.2005 - VO Nr.
647/2005 - (Amtsblatt der Europäischen Union 2005 Nr. L 117,
S. 1) ausgeschlossen, weil der Kläger weiterhin in Polen
sozialversicherungspflichtig gewesen sei.
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Der hiergegen erhobenen Klage gab das
Finanzgericht (FG) statt und verpflichtete die Familienkasse zur
Festsetzung von Kindergeld für die Monate Januar bis April
2005 sowie Januar bis März 2006 in Höhe von jeweils 154
EUR pro Kind und Monat.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen
Rechts.
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Im Laufe des Revisionsverfahrens
erließ die Familienkasse zwei Teilabhilfebescheide vom
10.2.2010 und vom 6.2.2013, durch die unter Anrechnung eines
Anspruchs auf polnische Familienleistungen (2005: 10,20 EUR je Kind
und Monat; 2006: 11,41 EUR je Kind und Monat) je Kind
Differenzkindergeld für die Monate Januar 2005 bis April 2005
in Höhe von 142,59 EUR und für die Monate Januar 2006 bis
März 2006 in Höhe von 143,80 EUR festgesetzt
wurde.
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Die Familienkasse beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als
sie verpflichtet wurde, für die Monate Januar 2005 bis April
2005 Kindergeld in Höhe von mehr als 142,59 EUR und für
die Monate Januar 2006 bis März 2006 in Höhe von mehr als
143,80 EUR je Kind und Monat festzusetzen, und die Klage insoweit
abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. 1. Die Familienkasse ... der Bundesagentur
für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss
des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom
18.4.2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des
Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2)
im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung
der Agentur für Arbeit ... (Familienkasse) eingetreten (s.
dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3.3.2011 V B 17/10,
BFH/NV 2011, 1105 = SIS 11 18 86, unter II.A.).
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2. Das Urteil des FG ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Da während des
Revisionsverfahrens Änderungsbescheide ergangen sind, ist das
Urteil gegenstandslos geworden (z.B. BFH-Urteil vom 10.11.2004 XI R
30/04, BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274 = SIS 05 13 14, m.w.N.).
Einer Zurückverweisung an das FG nach § 127 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) bedarf es nicht, weil sich durch die
Änderung der bisherige Streitstoff lediglich reduziert hat.
Der Senat entscheidet über den Ablehnungsbescheid vom
19.9.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2007 und
der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des
Revisionsverfahrens gewordenen Teilabhilfebescheide vom 10.2.2010
und vom 6.2.2013.
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3. Ein Ruhen oder Aussetzen des Verfahrens
kommt nicht in Betracht.
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a) Für das vom Kläger beantragte
Ruhen des Verfahrens gilt dies schon deshalb, weil hierfür
gemäß § 251 der Zivilprozessordnung i.V.m. §
155 FGO ein übereinstimmender Antrag beider Beteiligten
erforderlich wäre, an dem es jedoch fehlt.
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b) Eine Aussetzung des Verfahrens in analoger
Anwendung des § 74 FGO (Gräber/Koch,
Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 74 Rz 14) im Hinblick auf
das vom Kläger angeführte, vor dem Gerichtshof der
Europäischen Union anhängige Verfahren mit dem Az. C-4/13
ist ebenfalls nicht angebracht. Dieses Verfahren betrifft die
Auslegung des Art. 76 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71, der nur dann
Anwendung findet, wenn in dem Wohnsitzland der Kinder der Anspruch
auf die Familienleistungen von der Ausübung einer
Erwerbstätigkeit abhängig ist. Diese Voraussetzung ist im
vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt, da die Kinder im
Streitzeitraum in Polen gelebt haben und der Anspruch auf
Familienleistungen dort nicht von der Ausübung einer
Erwerbstätigkeit abhängt.
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III. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur
Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG.
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1. Die vom FG getroffenen Feststellungen
tragen nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger im
Anspruchszeitraum Januar 2005 bis April 2005 sowie Januar 2006 bis
März 2006 die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1
des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt hat.
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Nach § 62 Abs. 1 EStG hat für Kinder
i.S. des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz,
wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen
Aufenthalt (Nr. 1) hat oder ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen
Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt
einkommensteuerpflichtig ist (Nr. 2 Buchst. a) oder nach § 1
Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig
behandelt wird (Nr. 2 Buchst. b).
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a) aa) Ob der Anspruchsteller i.S. des §
62 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Inland einen Wohnsitz oder seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat, müssen die Familienkasse und
das FG ohne Bindung an die im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren
vom zuständigen FA getroffenen Feststellungen selbständig
entscheiden (Senatsurteil vom 20.11.2008 III R 53/05, BFH/NV 2009,
564 = SIS 09 08 96).
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bb) In der angegriffenen Entscheidung hat das
FG hingegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1
Nr. 1 EStG bejaht, ohne Feststellungen zu einem Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland getroffen zu haben.
Vielmehr wurde im Tatbestand des Urteils nur ein
(Familien-)Wohnsitz in Polen festgestellt. Soweit das FG in den
Entscheidungsgründen darüber hinaus festgestellt hat,
dass der Kläger vom zuständigen FA als unbeschränkt
Steuerpflichtiger behandelt wurde und dass das Vorliegen der
tatsächlichen Voraussetzungen der unbeschränkten
Steuerpflicht von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen wurde,
ist dies für die vom FG zu prüfende Frage, ob ein
Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorlag, nicht
von Bedeutung.
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b) Für das Vorliegen der Voraussetzungen
des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 1 Abs. 2
EStG ergaben sich für das FG nach dem festgestellten
Sachverhalt ebenfalls keine Anhaltspunkte.
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c) aa) Eine Kindergeldberechtigung nach §
62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG
hängt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ab,
dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom
zuständigen FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt
einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Senatsurteil vom 24.5.2012
III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 = SIS 12 17 02). Die
Tatsache allein, dass beispielsweise bei einem ausländischen
Saisonarbeitnehmer im Einkommensteuerbescheid von einer
unbeschränkten Steuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht
notwendigerweise, dass es sich um eine Behandlung nach § 1
Abs. 3 EStG gehandelt hat. Vielmehr kann einem solchen Bescheid
z.B. auch eine - für die Familienkasse und das FG nicht
bindende - unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1
Abs. 1 EStG zugrunde liegen. Soweit sich daher eine Behandlung nach
§ 1 Abs. 3 EStG nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des
Steuerbescheids selbst ergibt, ist zu prüfen, ob der
Anspruchsteller sein Antragswahlrecht gegenüber dem FA
entsprechend ausgeübt hat (insbesondere durch entsprechende
Erklärung im Antragsformular). Da § 124 Abs. 1 Satz 2 der
Abgabenordnung die Auslegung des Verwaltungsakts nach dem
„objektiven Verständnis- bzw.
Empfängerhorizont” für maßgebend
erklärt, ist ein entsprechender Einkommensteuerbescheid so
auszulegen, wie der Empfänger ihn verstehen konnte und musste
(Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -,
§ 124 AO Rz 183). Für die mit der Wirksamkeit des
Einkommensteuerbescheids verbundenen Rechtsfolgen kommt es damit
nicht auf das von der Behörde Gewollte an, sondern darauf, wie
der Empfänger nach den ihm im Laufe des Veranlagungsverfahrens
bekannt gewordenen Umständen den materiellen Gehalt
(objektiven Inhalt) der Erklärung unter Berücksichtigung
von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte
verstehen konnte. Das Erklärte gilt damit auch dann, wenn der
Steuerbescheid nach dem Willen der Finanzbehörde einen anderen
Inhalt haben sollte (Müller-Franken in HHSp, § 124 AO Rz
183 f.). Es ist daher gegebenenfalls unter Rückgriff auf die
Veranlagungsakten zu klären, wie der Anspruchsteller den
Einkommensteuerbescheid verstehen konnte.
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bb) Im Streitfall hat das FG zwar
festgestellt, dass das FA den Kläger als unbeschränkt
steuerpflichtig behandelt hat, nicht hingegen, dass der Kläger
einen Antrag auf Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt hat
und die ergangenen Einkommensteuerbescheide nach den
Gesamtumständen auch so verstehen durfte, dass das FA diesem
Antrag entsprochen hat. Auch lässt sich aus dem Wortlaut der
in der Kindergeldakte befindlichen Einkommensteuerbescheide 2005
und 2006 nicht entnehmen, dass der Kläger nach § 1 Abs. 3
EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde.
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Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, ob
das FA im Laufe des Revisionsverfahrens bestätigt hat, dass es
den Kläger nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat. Zum einen
handelt es sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen,
das im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden kann.
Zum anderen kommt es nach den dargelegten Grundsätzen nicht
auf die Sichtweise der Behörde an, sondern auf die Auslegung
des Bescheids aus der Sicht eines objektiven Empfängers.
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cc) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang
feststellen, dass das FA einem Antrag des Klägers, ihn nach
§ 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig zu
behandeln, entsprochen hat, wäre überdies festzustellen,
ob der Kläger in den streitigen Monaten Einkünfte i.S.
des § 49 EStG erzielt hat (vgl. insofern BFH-Urteil vom
24.10.2012 V R 43/11, BFHE 239, 327, BStBl II 2013, 491 = SIS 13 02 62; Senatsurteil vom 16.5.2013 III R 8/11 = SIS 13 22 91, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
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2. Soweit die nachzuholende Prüfung des
FG das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 Abs. 1
Nr. 1 oder Nr. 2 EStG ergeben sollte, wäre weiter zu
prüfen, wie eine Konkurrenz zu etwaigen Ansprüchen des
Klägers oder seiner Ehefrau auf in Polen zu gewährende
Familienleistungen aufzulösen ist. Insoweit verweist der Senat
wegen der weiteren Einzelheiten zum einen auf das Senatsurteil vom
16.5.2013 III R 8/11 (zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt). Zum anderen wird hinsichtlich der Frage, unter welchen
Voraussetzungen bei einer etwaigen Anwendung des § 65 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG ein Anspruch auf Familienleistungen in Polen zu
berücksichtigen ist, auf das Senatsurteil vom 13.6.2013 III R
10/11 = SIS 13 25 78 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt)
Bezug genommen.
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