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Leiharbeitnehmer regelmäßig auswärts tätig

Leiharbeitnehmer regelmäßig auswärts tätig: Die regelmäßige Arbeitsstätte ist insbesondere durch den örtlichen Bezug zum Arbeitgeber gekennzeichnet. Ein Arbeitnehmer ist deshalb grundsätzlich dann auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betriebsstätte) tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern der Fall ist. (Hinweis aus BStBl 2013 II S. 838: Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 gelten neue gesetzliche Regelungen zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte und der auswärtigen beruflichen Tätigkeit (§ 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013, BGBl 2013 I S. 285, BStBl 2013 I S. 188) - Urt.; BFH 15.5.2013, VI R 18/12; SIS 13 23 12

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Abwesenheit von der Wohnung
Fundstellen
  1. BFH 15.05.2013, VI R 18/12
    BStBl 2013 II S. 838
    BFH/NV 2013 S. 1693
    DStR 2013 S. 1877
    NJW 2013 S. 3328

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 28.10.2013
    ge in DStR 36/2013 S. 1879
    jh in StuB 18/2013 S. 712
    St.Sch. in HFR 10/2013 S. 893
    St.Sch. in BFH/PR 11/2013 S. 393
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 24.02.2012, SIS 12 23 11, Regelmäßige Arbeitsstätte, Entfernungspauschale, Einsatzwechseltätigkeit, Kunde, Abschnittsbesteuerung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 4.10.2017, SIS 17 22 50, Regelmäßige Arbeitsstätte eines Klärwärters der Stadtbetriebe: 1. Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist der ...
  • FG Nürnberg 9.8.2017, SIS 18 01 45, Aufwendungen für den Aufenthaltstitel "Blaue Karte EU", für Verpflegungsmehraufwand für den Besuch einer ...
  • BFH 29.11.2016, SIS 17 07 90, Regelmäßige Arbeitsstätte eines Beamten der Wasserschutzpolizei: 1. Ein überwiegend im Außendienst zur Ge...
  • BFH 29.11.2016, SIS 17 03 43, Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Polizeibeamten: Ein Polizeibeamter im Einsatz- und Str...
  • BFH 19.10.2016, SIS 17 01 76, Regelmäßige Arbeitsstätte eines Polizeibeamten der Autobahnpolizei: 1. Ein Polizeibeamter der Autobahnpol...
  • Hessisches FG 19.9.2016, SIS 17 00 87, Berücksichtigung von Fahrtkosten eines Selbstständigen von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte beim Auftragg...
  • BFH 9.11.2015, SIS 16 00 37, Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Polizeibeamten: Ein Polizeibeamter im Streifendienst i...
  • BFH 7.5.2015, SIS 15 22 61, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit oder bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, ...
  • BFH 6.11.2014, SIS 15 00 29, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit und bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, o...

 

1

I. Streitig ist, ob Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit den tatsächlichen Aufwendungen oder nur nach Maßgabe der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2009) Leiharbeitnehmer bei der Firma F, einer gemeinsamen Tochtergesellschaft der Firmen A und B. F bot am Flughafen Z eine Reihe von Dienstleistungen an und war dabei insbesondere auf die Vermittlung von Fachkräften in den Bereichen Bodenverkehrs- und Luftfahrtdienste, Flugzeuginstandhaltung und Flugzeugreinigung spezialisiert.

 

 

3

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war zunächst bis 31.12.2007 befristet, ab 1.9.2007 als Vollzeitarbeitstätigkeit ausgestaltet und wurde ab 24.11.2009 als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortgeführt. Der befristete Mitarbeitervertrag sah vor, den Kläger unter anderem am Flughafen Z einzusetzen. Vereinbart war, dass der Kläger an verschiedenen Einsatzorten in Kundenbetrieben beschäftigt werden sollte, bei Bedarf auch zu auswärtigen Arbeitsleistungen verpflichtet war und jederzeit vom Kundeneinsatz abberufen und auch anderweitig außerhalb des Flughafens Z eingesetzt werden konnte. Seinen die Arbeitszeiten und Arbeitsorte regelnden Dienstplan sollte er jeweils freitags für die Folgewoche im Büro der F erhalten.

 

 

4

Der Kläger war von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an ausschließlich bei einem Kunden der F, der Firma K, eingesetzt, einem hundertprozentigen Tochterunternehmen der B. Der Kläger war im Terminalbereich innerhalb des eingezäunten Flughafengeländes für alle dort startenden und landenden Fluggesellschaften eingesetzt. Er parkte sein Fahrzeug arbeitstäglich auf einem der Mitarbeiterparkplätze des Flughafens.

 

 

5

Der Kläger machte mit seiner Einkommensteuererklärung des Streitjahrs Fahrtkosten für beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten in Höhe von 5.535 EUR (= 205 Arbeitstage x 45 km einfache Entfernung x 0,30 EUR x 2) geltend.

 

 

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte dagegen die Fahrtkosten nur als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit 0,30 EUR pro Entfernungskilometer in Höhe von insgesamt 2.767,50 EUR (= 205 Arbeitstage x 45 km einfache Entfernung x 0,30 EUR).

 

 

7

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2012, 1738 = SIS 12 23 11 veröffentlichten Gründen abgewiesen.

 

 

8

Mit der Revision rügen die Kläger und Revisionskläger (Kläger) die Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

 

 

9

Sie beantragen sinngemäß, das Urteil des FG Düsseldorf vom 24.2.2012 aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.768 EUR berücksichtigt werden, und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.

 

 

10

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

11

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der als Leiharbeitnehmer tätige Kläger war an keiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig.

 

 

12

1. Eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig im Betrieb des Arbeitgebers oder im Zweigbetrieb der Fall (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 17.6.2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852 = SIS 10 22 79; vom 9.2.2012 VI R 22/10, BFHE 236, 426, BStBl II 2012, 827 = SIS 12 13 68), nicht aber bei der Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers (Senatsurteile vom 10.7.2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818 = SIS 08 35 53; vom 9.7.2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822 = SIS 09 29 00).

 

 

13

a) Die regelmäßige Arbeitsstätte ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gegebenenfalls sogar durch die entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann. Für diesen Fall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip. Liegt keine solche auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall (vgl. Senatsurteil in BFHE 236, 426, BStBl II 2012, 827 = SIS 12 13 68, m.w.N.).

 

 

14

b) Dementsprechend hat der Senat die Frage, ob eine Tätigkeitsstätte beim Kunden des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte sein kann (Urteile in BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818 = SIS 08 35 53; in BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822 = SIS 09 29 00), ebenso verneint wie die, ob ein Leiharbeitnehmer typischerweise über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt (Urteil in BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852 = SIS 10 22 79) sowie ob in so genannten Outsourcing-Fällen Arbeitnehmer weiterhin an einer regelmäßigen Arbeitsstätte tätig werden (Urteil in BFHE 236, 426, BStBl II 2012, 827 = SIS 12 13 68). Entscheidend dafür war jeweils insbesondere der von vornherein fehlende oder nachträglich entfallende örtliche Bezug zum Arbeitgeber (vgl. Schneider, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 1732, 1733 f.). Denn ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich dann nicht an einer regelmäßigen Tätigkeitsstätte, sondern auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betrieb, Zweigbetrieb oder Betriebsstätte) tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern, aber auch bei allen anderen Arbeitnehmern der Fall ist, die vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden des Arbeitgebers tätig werden. Insoweit gilt eine generalisierende und typisierende Betrachtungsweise, welche im Nachhinein aufscheinende individuelle Zufälligkeiten und Besonderheiten in der tatsächlichen Ausgestaltung eines Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt lässt. Diese generalisierende und typisierende Betrachtungsweise ist im Übrigen ambivalent. So ist etwa der in einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätige Berufsanfänger nicht allein deshalb auswärts tätig, weil er eine Probezeit vereinbart oder eine unbedingte Versetzungsbereitschaft erklärt hat (vgl. Geserich, FR 2012, 783, 785 f.).

 

 

15

2. Gemessen daran lag entgegen der Auffassung des FG beim Kläger eine Auswärtstätigkeit vor.

 

 

16

a) Das FG hat zwar zutreffend die Rechtsprechung des erkennenden Senats insoweit angewandt, als es jedenfalls grundsätzlich aus der ex ante Betrachtung geprüft hat, ob der Arbeitnehmer sich im Sinne der vorgenannten Grundsätze auf die Tätigkeitsstätte hätte einrichten können. Ebenso zutreffend hat das FG auch entschieden, dass angesichts des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung jeweils für das betreffende Streitjahr zu prüfen ist, ob angesichts möglicher neuer Tatumstände die Tätigkeit im Vergleich zum vorangegangenen Veranlagungszeitraum neu und gegebenenfalls auch davon abweichend zu beurteilen ist.

 

 

17

b) Solche neuen Tatumstände liegen allerdings dann nicht vor, wenn die vertraglichen Grundlagen für die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers unverändert fortbestehen und lediglich nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Streitjahrs es im Nachhinein den Anschein hat, als ob der als Leiharbeitnehmer tätige Steuerpflichtige an seinem jeweiligen Einsatzort fortdauernd und nachhaltig tätig werde. Letztlich ist die Würdigung, dass der Kläger als Leiharbeitnehmer sich auch künftig auf die Arbeitsstelle am Flughafen werde einrichten können, eine Prognose, die sich auf eine ex post Betrachtung stützt, indem sie das in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen Praktizierte auf zukünftige Veranlagungszeiträume projiziert. Dies widerspricht indessen gerade dem Grundsatz, dass die Beurteilung einer regelmäßigen Arbeitsstätte sich unter Berücksichtigung des vorgefundenen Rechtsrahmens aus einer typisierenden ex ante Betrachtung ergibt. Bei einem unveränderten Rechtsrahmen wird ein Leiharbeitnehmer, der eben typischerweise nicht in einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird, sich auf den Ort, die Dauer und die weitere konkrete Ausgestaltung der dort von ihm zu verrichtenden Tätigkeit auch dann nicht für die Zukunft einstellen können, wenn er nach der bisher praktizierten betrieblichen Übung nahezu ausschließlich an einem bestimmten Ort tätig gewesen war.

 

 

18

c) Die Aufwendungen des Klägers für Fahrten an seine Beschäftigungsorte sind danach nicht mit der Entfernungspauschale, sondern, wie vom Kläger mit seiner Einkommensteuererklärung geltend gemacht und hier beantragt, mit seinen tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen. Ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Gesamtkosten können die pauschalen Kilometersätze angesetzt werden, wie sie auch von der Finanzverwaltung angewendet werden (R 9.5 Abs. 1 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien 2008). Es handelt sich dabei um eine rechtlich mögliche typisierende Schätzung, die der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung anerkannt hat (Beschluss vom 15.3.2011 VI B 145/10, BFH/NV 2011, 983 = SIS 11 15 72, m.w.N.). Dies ist insoweit zwischen den Beteiligten auch nicht weiter streitig.