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I. Im Rahmen der Überprüfung
eines Lohnsteuerhaftungsbescheids ist streitig, ob die einer
beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführerin unter
Widerrufsvorbehalt zugesagte Weihnachtsgratifikation auch dann
zugeflossen ist, wenn deren Zusage aufgrund eines späteren
Gesellschafterbeschlusses widerrufen wird.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, wurde im Streitjahr 2002 errichtet.
Deren alleinige Gesellschafterin war zugleich
Geschäftsführerin.
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Die Klägerin sagte der
Gesellschafter-Geschäftsführerin durch
Geschäftsführervertrag eine Weihnachtsgratifikation zu,
behielt sich insoweit aber das Recht zum Widerruf vor. Nachdem die
(Allein-)Gesellschafter-Geschäftsführerin am 4.10.2002
beschlossen hatte, für das Streitjahr 2002 keine
Weihnachtsgratifikation zu gewähren, wurde diese auch nicht
ausgezahlt.
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Im Anschluss an eine
Lohnsteuer-Außenprüfung nahm das ursprünglich
zuständige Finanzamt die Klägerin mit Haftungsbescheid
für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer
neben weiteren, hier nicht streitigen Gründen auch
hinsichtlich der auf die Weihnachtsgratifikation entfallenden
Lohnsteuer in Anspruch, die von der Klägerin nicht einbehalten
worden war.
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Nach insoweit erfolglosem Einspruch gab das
Finanzgericht (FG) der Klage statt. Die Klägerin sei
hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation nicht zum Lohnsteuerabzug
verpflichtet gewesen. Denn der
Gesellschafter-Geschäftsführerin sei kein Arbeitslohn
zugeflossen.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Verletzung
materiellen Rechts.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung zurückzuverweisen.
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Die Klägerin stellt keinen
Antrag.
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Während des Revisionsverfahrens hat
das FA den streitbefangenen Haftungsbescheid vom 9.12.2004 -
geändert am 24.2.2005 - am 9.8.2012 unter gleichzeitigem
Erlass eines neuen Haftungsbescheids nach § 130 Abs. 1 der
Abgabenordnung zurückgenommen, da das Auswahlermessen in dem
ursprünglichen Haftungsbescheid nicht hinreichend dokumentiert
worden sei.
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II. Die Revision ist unbegründet und
gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
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1. Die Revision führt zwar aus
verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der
Vorentscheidung. Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens
war noch der Haftungsbescheid vom 9.12.2004, der am 24.2.2005
geändert wurde. Da das FA diesen ursprünglichen
Haftungsbescheid während des Revisionsverfahrens in vollem
Umfang zurückgenommen und durch den Haftungsbescheid vom
9.8.2012 ersetzt hat, ist dieser nach § 68 Satz 1 FGO zum
Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden (vgl. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.12.2008 I R 29/08, BFHE 224, 195,
BStBl II 2009, 539 = SIS 09 15 23; vom 6.8.1996 VII R 77/95, BFHE
181, 107, BStBl II 1997, 79 = SIS 96 22 90; vom 26.11.1986 I R
256/83, BFH/NV 1988, 82; vom 24.7.1984 VII R 122/80, BFHE 141, 470,
BStBl II 1984, 791 = SIS 84 21 40). Soweit dem Urteil eines FG ein
nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen
Bestand haben. Dennoch bedarf es hier keiner Zurückverweisung
der Sache an das FG gemäß § 127 FGO, da die Sache
spruchreif ist. Die vom FG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen bilden unverändert die Grundlage für die
Entscheidung des erkennenden Senats (dazu etwa Senatsurteil vom
27.10.2011 VI R 71/10, BFHE 235, 448, BStBl II 2012, 234 = SIS 12 01 10, m.w.N.).
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2. Die Revision ist gleichwohl als
unbegründet zurückzuweisen. Denn das Urteil der
Vorinstanz ist im Ergebnis zu bestätigen. Die Klage ist
begründet, da das FA das ihm eingeräumte Ermessen nicht
rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
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a) Der Arbeitgeber haftet dafür, dass die
von seinen Arbeitnehmern geschuldete Lohnsteuer einbehalten und an
das FA abgeführt wird (§ 42d Abs. 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - i.V.m. §§ 38 Abs. 1 Satz
1, Abs. 3 Satz 1, 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Soweit die Haftung
des Arbeitgebers reicht, sind er und die Arbeitnehmer
gemäß § 42d Abs. 3 Satz 1 EStG Gesamtschuldner. Das
FA kann die Steuerschuld oder die Haftungsschuld nach
pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 der Abgabenordnung)
gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen (§ 42d
Abs. 3 Satz 2 EStG).
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b) Der streitbefangene Haftungsbescheid
verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten, als das FA
seiner Pflicht zur Ausübung des eingeräumten Ermessens
nicht nachgekommen ist.
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Denn es war sich jedenfalls hinsichtlich des
Auswahlermessens dieser Pflicht bei Erlass des ursprünglichen
Haftungsbescheids vom 9.12.2004 - wie es selbst einräumt -
überhaupt nicht bewusst. Es hat sich in diesem
Haftungsbescheid lediglich auf die Feststellung beschränkt,
dass die Klägerin Lohnsteuer in unzutreffender Höhe
einbehalten und abgeführt habe und ihre Inanspruchnahme -
insbesondere mangels entschuldbaren Rechtsirrtums - nicht unbillig
sei. Auch in dem Änderungsbescheid vom 24.2.2005 und der
Einspruchsentscheidung fehlen entsprechende
Ermessenserwägungen.
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Der Fehler, dass eine gebotene
Ermessensausübung unterblieben ist, ist auch in der Folgezeit
nicht geheilt worden. Nach § 102 Satz 2 FGO kann die
Finanzbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des
Verwaltungsakts bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines
finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen. Im Streitfall hat das
FA im Klageverfahren aber keine Ermessenserwägungen
nachgeschoben. Denn es hat erstmals während des
Revisionsverfahrens solche Ermessenserwägungen angestellt. Im
Umkehrschluss aus § 102 Satz 2 FGO können diese im
Revisionsverfahren jedoch unabhängig davon nicht mehr
berücksichtigt werden, dass eine Ergänzung im Sinne
dieser Vorschrift zumindest ansatzweise zuvor angestellte
Ermessenserwägungen vorausgesetzt hätte (vgl. BFH-Urteil
vom 25.5.2004 VIII R 21/03, BFH/NV 2005, 171 = SIS 05 07 48).
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3. Auf die zwischen den Beteiligten streitige
Frage, ob der Gesellschafterbeschluss über die Nichtauszahlung
der Weihnachtsgratifikation einen Zufluss von Arbeitslohn bewirkt,
kommt es angesichts dessen nicht mehr an.
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