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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb
hergestellte Milch sowie Milcherzeugnisse verkauft. Als Ergebnis
einer bei der Klägerin durchgeführten
Marktordnungsprüfung wurde (u.a.) festgestellt, dass diese im
Zwölfmonatszeitraum 2006/2007 mit dem Verkauf von Milch und
Milcherzeugnissen ihre Direktverkaufs-Referenzmenge nicht - wie von
ihr angemeldet - um 720.225 kg, sondern um 928.505 kg
überschritten hatte. Hinsichtlich der Differenz von 208.280 kg
versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA
- ) die Teilnahme am sog. Saldierungsverfahren und setzte mit
Abgabenbescheid vom 20.5.2010 Milchabgabe gegen die Klägerin
fest.
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Die hiergegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.
Die Milchabgabe sei nach §§ 21, 24 der Verordnung zur
Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (MilchAbgV) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 9.8.2004 (BGBl I 2004, 2143) zu
Recht festgesetzt worden, weil die Klägerin mit der direkt
verkauften Milch sowie den Äquivalenzmengen der
Milcherzeugnisse, die das HZA zutreffend ermittelt habe, ihre
Direktverkaufs-Referenzmenge überschritten habe. Da die
Klägerin mit ihrer Abgabeanmeldung die ihre
Direktverkaufs-Referenzmenge überschreitenden
Mehrverkäufe nur unvollständig angegeben habe, sei sie
mit diesen nachträglich ermittelten Mehrverkäufen
gemäß § 14 Abs. 1 Satz 6 MilchAbgV vom
Saldierungsverfahren ausgeschlossen. Nach Art. 4 Unterabs. 2 der
Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom
29.9.2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor
(Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - Nr. L 270/123)
schuldeten Milcherzeuger dem betreffenden Mitgliedstaat die Abgabe
allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren
Referenzmengen. Deshalb komme es auch nicht darauf an, ob in dem
Zwölfmonatszeitraum 2006/ 2007 die einzelstaatliche
Referenzmenge überschritten worden sei.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, die Abgabe dürfe nicht erhoben werden, weil die
Bundesrepublik Deutschland der Union für den
Zwölfmonatszeitraum 2006/2007 keine Abgabe wegen
Überschreitung der einzelstaatlichen Referenzmenge schulde.
Auch sei § 14 Abs. 1 Satz 6 MilchAbgV rechtswidrig und
dürfe nicht angewendet werden. Mit dem Ausschluss vom
Saldierungsverfahren nach dieser Vorschrift werde nämlich eine
Sanktion verhängt, für die es keine unionsrechtliche
Rechtsgrundlage gebe. Darüber hinaus habe sie (die
Klägerin) die vom HZA zugrunde gelegten Milchmengen in ihrem
Betrieb gar nicht erzeugen können. In ihrem Betrieb werde die
bei der Herstellung von Milcherzeugnissen als Restprodukt
übrig bleibende Magermilch nicht vernichtet, sondern bei der
Herstellung von Trinkmilch zur Reduktion des hohen Fettgehalts der
Rohmilch dieser beigegeben. Dies sei unberücksichtigt
geblieben, so dass bei der Berechnung der von ihr direkt verkauften
und der Abgabenerhebung zugrunde gelegten Milchmengen ein Teil der
Milch doppelt berücksichtigt worden sei.
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Das HZA schließt sich der Auffassung
des FG an.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das angefochtene Urteil
entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der angefochtene
Abgabenbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1
FGO).
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Die Milchabgabe ist zu Recht festgesetzt
worden, weil die Klägerin im Zwölfmonatszeitraum
2006/2007 mit der von ihr direkt verkauften Milch sowie den
verkauften Milcherzeugnissen ihre Direktverkaufs-Referenzmenge
überschritten hat (§ 21 MilchAbgV).
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1. Nach dem Ergebnis der bei der Klägerin
durchgeführten Marktordnungsprüfung hat diese im o.g.
Zwölfmonatszeitraum 897.524 kg Milch und Milcherzeugnisse in
einer Menge, die dem Milchäquivalent von 603.601 kg
entspricht, mithin insgesamt 1.501.125 kg Milch verkauft und damit
ihre Direktverkaufs-Referenzmenge in Höhe von 572.620 kg um
928.505 kg überschritten. Mit ihrem Vorbringen, sie habe eine
solche Menge Milch nicht erzeugt und direkt vermarktet, vielmehr
sei die Berechnung der direkt verkauften Milchmenge unzutreffend,
weil die doppelte Verwertung eines Teils der erzeugten Milch in
ihrem Betrieb zu sowohl Milcherzeugnissen als auch zu Trinkmilch
unberücksichtigt geblieben sei, kann die Klägerin im
Revisionsverfahren nicht gehört werden. Nach den für den
Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG sind
die von der Klägerin erzeugten und direkt verkauften Mengen
Milch und Milchäquivalente richtig ermittelt und berechnet
worden.
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Danach hat das HZA die Menge der verkauften
Milcherzeugnisse anhand der Verkaufsaufzeichnungen der
Klägerin zutreffend festgestellt und auch die Äquivalente
für die verkauften Rahmprodukte gemäß Art. 12 Abs.
1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 (VO Nr. 595/2004)
der Kommission vom 30.3.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur
Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (ABlEU Nr. L 94/22) zutreffend
berechnet. Die Ermittlung der für die Herstellung der
Milcherzeugnisse tatsächlich verwendeten Mengen
gemäß Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 595/2004 kommt
im Streitfall nicht in Betracht, weil die Klägerin nach den
Feststellungen des FG entsprechende Nachweise nicht vorgelegt hat.
Die Revision behauptet zwar, die Klägerin habe „sehr
wohl entsprechende Nachweise über die konkret in ihrem Betrieb
erzeugte und zur Verarbeitung der Milcherzeugnisse verwendete Milch
vorgelegt“. Zulässige und begründete
Revisionsgründe (§ 118 Abs. 2 FGO) sind damit jedoch
nicht vorgebracht. Ein solcher Nachweis muss im Übrigen schon
an dem Umstand scheitern, dass - wie vom FG festgestellt - die
Klägerin die von ihr selbst erzeugten Milchmengen nicht
getrennt von den zugekauften Milchmengen gelagert hat.
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Die Revision kann auch nicht mit Erfolg
geltend machen, es sei „mit Denk- und Logikgesetzen nicht
vereinbar“, dass die im Betrieb der Klägerin
erzeugte Milchmenge, wie sie seitens des HZA berechnet und vom FG
für zutreffend gehalten worden ist, in Anbetracht der Anzahl
der dort gehaltenen Milchkühe hätte produziert werden
können. Abgesehen davon, dass es sich bei den von der Revision
zugrunde gelegten Milchmengen pro Kuh und Jahr lediglich um
Durchschnittswerte handelt, die abweichende Werte durchaus
denkgesetzlich zulassen, ist die Menge der im genannten
Zwölfmonatszeitraum von der Klägerin verkauften
Milcherzeugnisse unstreitig festgestellt. Nach den Feststellungen
des FG ist das sich aus diesen Mengen ergebende
Milchäquivalent auch richtig nach den gesetzlichen
Vorschriften (Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 VO Nr. 595/2004
i.V.m. § 25 MilchAbgV) berechnet worden. Geht man davon aus,
dass die in diesen gesetzlichen Vorschriften festgelegten
Umrechnungsfaktoren die Ermittlung zutreffender Äquivalente
ermöglichen, bleibt jedenfalls die nach Denkgesetzen und
Erfahrungssätzen nicht auszuschließende
Möglichkeit, dass ein Teil der Milcherzeugnisse der
Klägerin mit nicht angegebener hinzugekaufter Milch
hergestellt worden ist. Anders als die Revision vorträgt,
konnte der Verdacht der Verarbeitung sog.
„Schwarzmilch“ im Verlauf des
Ermittlungsverfahrens zwar nicht bewiesen, aber auch nicht
ausgeräumt werden. Führt aber die Berechnung der
Milchäquivalente für direkt verkaufte Milcherzeugnisse zu
einer Rohmilchmenge, deren Herkunft nicht geklärt werden kann,
obliegt es nicht - wie die Revision meint - dem HZA darzulegen, wie
die errechneten Mengen erzeugt oder woher sie bezogen wurden.
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Soweit die Revision nunmehr die ihrer Ansicht
nach unzutreffend berechneten Verkaufsmengen mit einer doppelten
Verwertung bestimmter Rohmilchmengen im Betrieb der Klägerin
zu erklären versucht, handelt es sich um im Revisionsverfahren
nicht zulässiges neues Tatsachenvorbringen.
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Ob es sich bei Art. 12 Abs. 2 VO Nr. 595/2004,
der unter bestimmten Voraussetzungen die Ermittlung von
Milchäquivalenten auf der Grundlage des Milchkuhbestands
gestattet, um eine Vorschrift handelt, welche die Schaffung einer
entsprechenden nationalen Regelung erlaubt, oder - wie die Revision
meint - um eine unmittelbar anwendbare Vorschrift des Unionsrechts,
kann offenbleiben, weil seine Voraussetzungen im Streitfall nicht
vorliegen. Die Bestimmung der Milchäquivalente auf der
Grundlage der vermarkteten Erzeugnisse hat sich nach den
Feststellungen des FG nicht als schwierig erwiesen.
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2. Da die Klägerin mit ihrer
Abgabeanmeldung vom 10.5.2007 eine nicht zutreffende
Überschreitung ihrer Direktverkaufs-Referenzmenge um lediglich
720.225 kg angab, ist sie - wie das FG zu Recht entschieden hat -
hinsichtlich der Differenz von 208.280 kg zu der nachträglich
festgestellten Überschreitung in Höhe von 928.505 kg vom
sog. Saldierungsverfahren ausgeschlossen.
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Nach § 24 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 2
Satz 4 und § 14 Abs. 1 Satz 6 MilchAbgV können auch
nachträglich (d.h. nach dem auf den jeweiligen
Zwölfmonatszeitraum folgenden 15. Mai, vgl. für
Direktverkäufe: Art. 11 Abs. 2 VO Nr. 595/2004) festgestellte
Überlieferungen mit Unterlieferungen saldiert werden, falls
nicht - wie im Streitfall - der Milcherzeuger dem Hauptzollamt
unrichtige oder unvollständige Angaben über seine
tatsächlichen Milchverkäufe gemacht hat. Nach dem klaren
Wortlaut der genannten Vorschriften ist dabei ein Verschulden des
Milcherzeugers nicht Voraussetzung für den Ausschluss vom
Saldierungsverfahren (Senatsbeschluss vom 21.4.2009 VII B 74/08,
BFHE 225, 184, ZfZ 2009, 223 = SIS 09 16 50).
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Anders als die Revision meint, handelt es sich
hierbei auch nicht um eine Sanktion, für die es einer
entsprechenden rechtlichen Grundlage im Unionsrecht
bedürfte.
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Nach Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 obliegt
es den Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie Milcherzeugern, die
überliefert haben, ungenutzte Teile zugewiesener
Referenzmengen proportional zuweisen (vgl. Urteil des Gerichtshofs
der Europäischen Union - EuGH - vom 5.5.2011 C-230/09 und
C-231/09 - Etling und Etling -, ZfZ 2011, 185 = SIS 11 20 26, Rz
52; Senatsbeschluss vom 31.5.2006 VII B 48/05, BFHE 213, 459, ZfZ
2006, 373 = SIS 06 41 18). Schaffen sie solche
Saldierungsregelungen, sind ungenutzte Referenzmengen proportional
zu den einzelbetrieblichen Referenzmengen der Milcherzeuger oder
nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien
entweder auf nationaler Ebene oder auf der Ebene des Abnehmers und
danach ggf. auf einzelstaatlicher Ebene (Art. 10 Abs. 3 Buchst. a
und b VO Nr. 1788/2003) zuzuweisen; weitere unionsrechtliche
Vorgaben bestehen nicht.
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Von dieser Ermächtigung hat der deutsche
Verordnungsgeber mit § 14 MilchAbgV im Sinne einer
Neuzuweisung ungenutzter Referenzmengen nach eigenen objektiven
Kriterien Gebrauch gemacht (Senatsurteil vom 22.5.2012 VII R 23/08,
BFHE 238, 287, ZfZ 2012, 267 = SIS 12 22 66). Insoweit war ihm vom
Unionsgesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum unter Beachtung der
allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts eingeräumt (vgl.
EuGH-Urteil in ZfZ 2011, 185, Rz 73 ff.; Senatsbeschluss vom
25.9.2003 VII B 309/02, BFHE 203, 243, ZfZ 2004, 17 = SIS 03 46 59). Indem sich der deutsche Verordnungsgeber mit § 14 Abs. 1
Satz 6 MilchAbgV dafür entschieden hat, nach dem auf einen
Zwölfmonatszeitraum folgenden 15. Mai bekannt gewordene
Überlieferungen nur in das Saldierungsverfahren einzubeziehen,
soweit keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben
über Milchlieferungen gemacht worden sind, hat er seinen
unionsrechtlichen Ermessensspielraum nicht überschritten. Es
ist nicht erkennbar, dass Grundsätze des Unionsrechts dieser
Einschränkung der Saldierungsmöglichkeit entgegenstehen.
Der Verordnungsgeber hätte nach dem 15. Mai bekannt gewordene
Überlieferungen auch vollständig von der Saldierung
ausnehmen (vgl. die frühere Milch-Garantiemengen-Verordnung)
oder sogar auf die Neuzuweisung ungenutzter Referenzmengen ganz
verzichten können. Einen unionsrechtlichen Anspruch auf
Saldierung gibt es nicht (Senatsbeschluss vom 31.5.2006 VII B
37/05, BFH/NV 2007, 285 = SIS 07 04 21).
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Die Versagung der Saldierung gemäß
§ 14 Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 MilchAbgV ist somit eine dem
Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers entsprechende
Beschränkung der Saldierungsmöglichkeit, jedoch keine dem
Milcherzeuger auferlegte Sanktion. Mit den gemäß Art. 11
Abs. 3 und 4 VO Nr. 595/2004 für den Fall nicht fristgerecht
abgegebener oder unrichtiger Erklärungen vorgesehenen
Rechtsfolgen in Gestalt zusätzlich zu leistender Beträge
bzw. des Entzugs der Referenzmenge ist diese Beschränkung
einer Vergünstigung, auf deren Gewährung der
Milcherzeuger keinen unionsrechtlichen Anspruch hat, nicht zu
vergleichen.
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3. Anders als die Revision meint, steht der
Erhebung der Milchabgabe nicht entgegen, dass im
Zwölfmonatszeitraum 2006/ 2007 die Gesamtmenge der Lieferungen
und Direktverkäufe die einzelstaatliche Referenzmenge nicht
überschritt und die Bundesrepublik Deutschland daher der Union
keine Abgabe für diesen Zwölfmonatszeitraum
schuldete.
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Der erkennende Senat hat für
Streitfälle, auf welche noch die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92
(VO Nr. 3950/92) des Rates vom 28.12.1992 über die Erhebung
einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 405/1) anzuwenden war, unter Hinweis
auf deren Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2, Abs. 2 Unterabs. 3
sowie auf Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93
der Kommission vom 9.3.1993 mit Durchführungsbestimmungen zur
Zusatzabgabe im Milchsektor (ABlEG Nr. L 57/12) entschieden, dass
zwischen den von den Mitgliedstaaten erhobenen Milchabgaben und den
von ihnen an die Union abzuführenden Beträgen keine
strenge Akzessorietät besteht (Senatsbeschlüsse in BFHE
203, 243, ZfZ 2004, 17 = SIS 03 46 59, und in BFHE 213, 459, ZfZ
2006, 373 = SIS 06 41 18). An dieser Rechtsprechung hält der
Senat fest, denn die genannten Vorschriften finden sich in
entsprechender Weise in Art. 4 Unterabs. 1, Art. 11 Abs. 3 und Art.
13 Abs. 1 der im Streitfall anzuwendenden VO Nr. 1788/2003 sowie in
Art. 8 Abs. 1 VO Nr. 595/2004. Darüber hinaus machen Art. 4
Unterabs. 2 VO Nr. 1788/2003 sowie der 5. Erwägungsgrund zu
dieser Verordnung deutlich, dass es für die Abgabepflicht des
Milcherzeugers in erster Linie auf die Überschreitung seiner
verfügbaren Referenzmenge ankommt, die Heranziehung zur Abgabe
also auf seiner persönlichen Verantwortlichkeit für die
von ihm über seine Referenzmenge hinaus vermarktete Milch
beruht (Senatsbeschluss in BFHE 213, 459, ZfZ 2006, 373 = SIS 06 41 18).
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Verhielte es sich so - wie die Revision meint
-, dass der jeweilige Mitgliedstaat zunächst die Höhe der
an die Union zu entrichtenden Milchabgabe zu ermitteln hat und
dieser Betrag anschließend auf die ihre Referenzmenge
überschreitenden Milcherzeuger verhältnismäßig
verteilt wird, bedürfte es weder der Möglichkeit einer
Saldierung gemäß Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 noch
der Regelung in Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 1788/2003 über die
Verwendung erhobener Milchabgaben, welche die an die Union
abzuführende Abgabe übersteigen.
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Auch die Vorschriften über die Zeitpunkte
der Entrichtung der Milchabgabe durch die Abnehmer bzw. die
Direktverkäufer an den Mitgliedstaat (Art. 11 Abs. 1, Art. 12
Abs. 4 VO Nr. 1788/2003; Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 595/2004; § 19
Abs. 1, § 24 Satz 3 MilchAbgV) und durch den Mitgliedstaat an
die Union (Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1788/2003) machen deutlich, dass es
i.S. des Art. 4 VO Nr. 1788/2003 um die Aufteilung einer erst
fällig werdenden Abgabe des Mitgliedstaats geht, deren
voraussichtliche Höhe anhand der festgestellten
Überschreitungen verfügbarer Anlieferungs-Referenzmengen
bzw. Direktverkaufs-Referenzmengen - ggf. berichtigt durch sog
Saldierungen - ermittelt wird. Werden Überschreitungen
verfügbarer Referenzmengen erst nachträglich ermittelt,
ohne dass diese am Saldierungsverfahren teilnehmen, kann dies dazu
führen, dass der betreffende Mitgliedstaat in der Summe einen
höheren Abgabenbetrag von den Milcherzeugern erhebt, als er an
die Union abzuführen hat.
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Dass ein solches Ergebnis unionsrechtlich
nicht zu beanstanden ist, hat der beschließende Senat bereits
mit Beschluss in BFHE 213, 459, ZfZ 2006, 373 = SIS 06 41 18
ausgeführt. Daran ist festzuhalten. Da die Mitgliedstaaten zur
Einführung sog. Saldierungsverfahren unionsrechtlich nicht
verpflichtet sind, sondern von der Neuzuweisung nicht genutzter
Referenzmengen absehen können, kann - was auch die Revision
einräumt - unter solchen Voraussetzungen die Gesamtmenge der
Überlieferungen eines Zwölfmonatszeitraums durchaus
geringer sein als die einzelstaatliche Referenzmenge. Daraus wird
deutlich, dass es das Unionsrecht zulässt, wenn trotz nicht
bestehender Abgabeschuld des betreffenden Mitgliedstaats dieser
gleichwohl Milchabgabe von dem Milcherzeuger, der seine
verfügbare Referenzmenge überschritten hat, erhebt. Wenn
die Revision demgegenüber meint, dies sei anders zu sehen,
wenn ein Mitgliedstaat - wie vorliegend die Bundesrepublik
Deutschland - „eine vollständige Saldierung
angeordnet“ habe, verkennt sie, dass § 14 MilchAbgV
eben keine „vollständige Saldierung“
vorschreibt, sondern bestimmte Referenzmengenüberschreitungen
von der Saldierung ausnimmt.
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