Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Passivierung "angeschaffter" Rückstellungen bei steuerlichem Ausweisverbot

Passivierung "angeschaffter" Rückstellungen bei steuerlichem Ausweisverbot: Betriebliche Verbindlichkeiten, welche beim Veräußerer aufgrund steuerlicher Rückstellungsverbote (hier: für Jubiläumszuwendungen und für Beiträge an den Pensionssicherungsverein) in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden sind, sind bei demjenigen Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs übernommen hat, keinem Passivierungsverbot unterworfen, sondern als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und von ihm auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990 mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 16.12.2009 I R 102/08, BFHE 227 S. 478, BStBl 2011 II S. 566 = SIS 10 02 46; entgegen BMF-Schreiben vom 24.6.2011, BStBl 2011 I S. 627 = SIS 11 20 05). (Hinweis aus BStBl 2017 II S. 1226 auf BMF-Schreiben vom 30. November 2017 - IV C 6 - S 2133/14/10001 = SIS 17 21 62) - Urt.; BFH 14.12.2011, I R 72/10; SIS 12 06 19

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Teilwert
Fundstellen
  1. BFH 14.12.2011, I R 72/10
    BStBl 2017 II S. 1226
    BFHE 236 S. 101
    BB 2012 S. 696
    BFH/NV 2012 S. 635
    DStR 2012 S. 452
    LEXinform 0928064

    Anmerkungen:
    -/- in NWB 10/2012 S. 786
    D.G. in BFH/PR 5/2012 S. 147
    D.G. in StC 5/2012 S. 7
    jh in StuB 5/2012 S. 199
    W.D.H. in StuB 12/2012 S. 457
    KAM in Stbg 7/2012 S. M 15
    TK in DStZ 7/2012 S. 214
    M.P. in FR 9/2012 S. 409
    C.Sch. in BB 15/2012 S. 951
    F.Sh./A.K. in DB 17/2012 S. 829
    AV in DStZ 9/2012 S. 304
Normen
[HGB] § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1, § 255 Abs. 1 Satz 1
[BGB] § 414, § 613 a
[EStG 1990] § 5 Abs. 1, § 5 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 29.06.2010, SIS 11 03 78, Rückstellung, Passivierung, Verbot, Anschaffung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Nürnberg 10.8.2021, SIS 22 00 50, Bildung einer Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG für einen Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung...
  • BMF 30.11.2017, SIS 17 21 62, Verpflichtungsübernahmen, Schuldbeitritte, Erfüllungsübernahmen, vollständige oder teilweise Schuldfreist...
  • OFD Magdeburg 2.6.2014, SIS 14 21 57, Verpflichtungsübernahme, Schuldbeitritt, Erfüllungsübernahme: Durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIF...
  • BFH 21.5.2014, SIS 14 24 75, Entgelte für Dauerschulden bei Freistellungsverpflichtung: Geht der Käufer im Zuge eines Betriebserwerbs ...
  • BFH 12.12.2012, SIS 13 08 06, Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen: 1. Werden bei einer Ausgliederung zur Neugründung nur Einzelwi...
  • BFH 12.12.2012, SIS 13 08 07, Passivierung "angeschaffter" Pensionsrückstellungen Verlustrücktrag bei Organschaft: 1. Betriebliche Pens...
Fachaufsätze
  • LIT 02 37 51 K.D. Hahne, BB 11/2012 S. 697: Passivierung "angeschaffter" Rückstellungen bei steuerlichem Ausweisverbot - BB-Kommentar zum BFH-Urteil ...
  • LIT 02 38 94 U. Prinz/G. Adrian, StuB 7/2012 S. 259: Angeschaffte Rückstellungen bei Schuldübernahme - Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 14.12.2011, I R 72/10 = ...
  • LIT 02 41 25 M. Ortmann-Babel/A.S. Bolik/S. Füldner, StuB 9/2012 S. 331: Gestaltungsüberlegungen zur Hebung stiller Lasten in der Steuerbilanz - Folgerungen aus der aktuellen Rec...
  • LIT 02 41 59 P. Bareis, FR 9/2012 S. 385: "Angeschaffte" Drohverlustrückstellungen - Reine contradictio in adiecto - Anmerkungen zu den BFH-Urteile...
  • LIT 02 41 60 Th. Siegel, FR 9/2012 S. 388: "Angeschaffte" Drohverluste als neuer Steuersparmarkt? - Analyse des BFH-Urteils vom 14.12.2011, I R 72/1...
  • LIT 02 49 21 R. Höfer, DB 38/2012 S. 2130: Bilanzierung und Bewertung entgeltlich übernommener Versorgungsverpflichtungen - Zugleich Anm. zum BFH-Ur...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist (seit 2008) Rechtsnachfolgerin einer GmbH & Co. KG, die wiederum Rechtsnachfolgerin der (seinerzeitigen) D-GmbH ist. Die D-GmbH übernahm zum 1.7.1994, dem Streitjahr, den Betrieb einer Tochtergesellschaft, der DM-GmbH als Gesamtheit von Wirtschaftsgütern („asset deal“). Mit Ausnahme der Patente, Lizenzen und Handelsmarken sowie des Firmenwerts wurden die Vermögensgegenstände und Schulden in der (handelsrechtlichen) Eröffnungsbilanz der D-GmbH auf den 1.7.1994 mit den Buchwerten gemäß der Bilanz der DM-GmbH angesetzt. Der Firmenwert wurde nach Abzug der übernommenen Buchwerte und der bewerteten Vermögensgegenstände ermittelt und auf 15 Jahre abgeschrieben.

 

 

2

Im Rahmen dieses Vorgangs wurden u.a. auch Jubiläumsrückstellungen und Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber dem Pensionssicherungsverein (PSVaG) von der D-GmbH übernommen und bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob diese übernommenen Passiva unbeschadet steuerlicher Ausweisverbote in der Steuerbilanz zum 31.12.1994 anzusetzen sind. Die Klägerin bejahte dies mit wechselnden Begründungen. Zuletzt begehrte sie, die Passiva bereits in der Eröffnungsbilanz zum 1.7.1994 unter Beachtung der steuerlichen Ausweisverbote anzusetzen und den daraus resultierenden Unterschiedsbetrag zur Handelsbilanz durch entsprechende Abstockung des erworbenen Firmenwerts auszugleichen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) vertrat demgegenüber im Ergebnis die Auffassung, die übernommenen Passiva seien in der steuerlichen Eröffnungsbilanz mit ihren gemeinen Werten anzusetzen; sie seien jedoch in der (ersten) Schlussbilanz zum 31.12.1994 nach steuerlichen Grundsätzen auszuweisen.

 

 

3

Mit ihrer Klage gegen den hiernach geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1994 beantragte die Klägerin, die Summe der Einkünfte um 942.297 DM zu mindern (841.850 DM Jubiläumsrückstellung, 132.940 DM Rückstellung für Beiträge zum PSVaG, 32.493 DM Minderung der Absetzung für Abnutzung des Firmenwerts). Das Finanzgericht (FG) gab der Klage unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 16.12.2009 I R 102/08 (BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46) statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 29.6.2010 6 K 7287/00 K, abgedruckt in EFG 2011, 34 = SIS 11 03 78).

 

 

4

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

5

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

6

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Es hat sich in der Sache dem FA angeschlossen. Beide argumentieren mit dem BMF-Schreiben vom 24.6.2011 (BStBl I 2011, 627 = SIS 11 20 05).

 

 

7

II. Die Revision ist vom FA in der gebotenen Weise (§ 120 Abs. 2, § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) begründet worden und damit zulässig. Sie ist jedoch unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO).

 

 

8

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes 1990 (EStG 1990) hatte die D-GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die „handelsrechtlichen“ GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Sie werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. HGB.

 

 

9

2. Zu den wesentlichen GoB zählt das Gebot, Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB). Daraus folgt u.a., dass Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral zu behandeln sind. Der Zugang von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen führt zu einer bloßen Umschichtung in der Bilanz in Höhe der Anschaffungskosten; ein unterschiedlicher Ansatz von Zu- und Abfluss ist ausgeschlossen. Eine Gewinnrealisierung kann nur aufgrund nachfolgender betrieblicher Umsatzakte erfolgen.

 

 

10

Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im Einkommensteuergesetz auch der steuerbilanziellen Beurteilung (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990) zugrunde zu legen (Senatsurteile in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46; vom 26.4.2006 I R 49, 50/04, BFHE 213, 374, BStBl II 2006, 656 = SIS 06 29 99, m.w.N.). Die bei der Übernahme von Verbindlichkeiten zutreffend erhöhten Anschaffungskosten bilden die Ausgangsgröße für die weitere bilanzielle Entwicklung eines zugegangenen Wirtschaftsgutes.

 

 

11

3. Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen findet auch auf übernommene Passivpositionen und hierbei unabhängig davon Anwendung, ob der Ausweis dieser Passivpositionen in der Steuerbilanz einem - von der Handelsbilanz abweichenden - Ausweisverbot ausgesetzt ist. Denn auch die Übernahme steuerrechtlich zu Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil des vom Erwerber zu entrichtenden Entgelts (vgl. Senatsurteil vom 17.10.2007 I R 61/06, BFHE 219, 529, BStBl II 2008, 555 = SIS 08 20 27, m.w.N.) und erhöht mithin dessen Anschaffungskosten. Das hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46, für sog. Drohverlustrückstellungen entschieden, welche ihrerseits nach § 5 Abs. 4a EStG 1997 einem steuerbilanziellen Ansatz- und Ausweisverbot unterfallen. Nichts anderes gilt für das entsprechende Verbot in § 5 Abs. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 6) EStG 1990, wonach Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums nur unter bestimmten, hier unstreitig nicht erfüllten Anforderungen gebildet werden dürfen. Und gleichermaßen verhält es sich hinsichtlich der „erworbenen“ Zahlungspflichten gegenüber dem PSVaG: Solche (künftigen) Pflichten unterfielen jedenfalls im Streitjahr (zur möglicherweise abweichenden Regelungsentwicklung des Insolvenzschutzes in der betrieblichen Altersversorgung seit 2006 s. z.B. Höfer/Veit/ Verhuven, BetrAVG, Band II, 7. Aufl., Rz 2467.8) einem handelsbilanziellen Ansatzwahlrecht, was steuerbilanziell ein Ansatzverbot nach sich zieht; der Senat hält an seiner diesbezüglichen Spruchpraxis (vgl. Senatsurteile vom 13.11.1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336 = SIS 92 08 11; vom 6.12.1995 I R 14/95, BFHE 180, 258, BStBl II 1996, 406 = SIS 96 16 15) fest. Für beide Aufwandspositionen ordnet das Gesetz von den handelsbilanziellen Ansätzen abweichende, spezifisch steuerbilanzielle Ansatzverbote an. Durch derartige Verbote sollen - lediglich - am Stichtag bereits vorhandene Verpflichtungen entgegen den Vorgaben des (handels-)bilanzrechtlichen Imparitätsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 HGB) auf künftige Veranlagungszeiträume verlagert werden. Für den Fall, dass die in Rede stehende Zuwendungsverpflichtung entgeltlich erworben wird, greifen die Verbote indes nicht. Denn dann ist die Verpflichtung realisiert. Sie ist deswegen vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen (vgl. bereits Senatsurteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46, m.w.N.). Abzustellen ist dabei auf die jeweilige im Zuge des Betriebserwerbs übernommene Schuldposition. Für einen davon abweichenden, „technisch“ vereinfachten Ausweis, wie ihn die Klägerin befürwortet - zunächst Berücksichtigung der steuerrechtlichen Ansatzrestriktionen bereits in der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz, sodann jedoch „Neutralisierung“ der dadurch bedingten Ausweisdifferenz über eine Abstockung des Firmenwerts - geben die GoB nichts her.

 

 

12

4. Dem dagegen gerichteten Einwand des BMF (in dessen Schreiben in BStBl I 2011, 627 = SIS 11 20 05) und des FA, der Anschaffungsvorgang sei in der handels- wie steuerrechtlichen Eröffnungsbilanz abschließend abgebildet, fortan - und damit auch in der ersten Schlussbilanz - greife indes wiederum das steuerliche Ausweisverbot, ist (abermals) nicht beizupflichten.

 

 

13

a) Es ist dazu dasjenige zu wiederholen, das schon im Senatsurteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46 erwidert worden ist: Es geht fehl, den eigentlichen Anschaffungsvorgang von der (nachfolgenden) Bilanzierung auf den Bilanzstichtag und auf diese Weise den erfolgsneutralen Anschaffungsvorgang und den rückstellungsgesperrten Bilanzansatz voneinander zu trennen. Umfang und Höhe der Anschaffungskosten werden durch tatsächliche Gegebenheiten bestimmt. In diesem Umfang und in jener Höhe, in denen sie tatsächlich entstanden sind, gehen sie erfolgsneutral in die (nachfolgende) Bilanzierung ein und darf ihr Bewertungsansatz dabei (nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990) weder über- noch unterschritten werden. Das betrifft auch „miterworbene“ Schulden, die als solche einem steuerlichen Ausweisverbot unterworfen sind. Andernfalls würde genau jener „Erwerbsgewinn“ ausgewiesen, der dem Anschaffungskostenbegriff und -verständnis fremd ist. Für die Annahme eines ausnahmsweise auszuweisenden „gesetzlichen Bewertungsgewinns“ (so aber Meurer, BB 2011, 1714) gibt die Regelungslage nichts her, ebenso wenig wie für eine Unterscheidung zwischen einer „formalen“ Gewinnrealisation beim Veräußerer und einem „materiellen“ - kompensierenden - Gewinnausweis beim Erwerber (so aber Siegel, FR 2011, 781, 787). Letzteres mag bei einer „übergeordneten“ wirtschaftlichen Sichtweise durchaus nachvollziehbar sein, löst sich jedoch von den Normzusammenhängen. Tatsächlich wendet der Erwerber infolge der Verbindlichkeitsübernahme eben entsprechend „weniger“ auf, wodurch sich seine Anschaffungskosten mindern. Zu diesem Ergebnis gelangt denn auch Siegel, wenn dieser einräumt, dass der Erwerber sich das „Gewinnkompensat“ „freilich ... bezahlen lässt“ (FR 2011, 781, 786). Nur die Schlussfolgerung ist eine andere: Genau dadurch wird der Gewinnausweis beim Erwerber vermieden. Dass dieser die Schuld gegenüber dem Gläubiger übernimmt und dass dadurch aus einer Gesamtsicht „alles beim alten bleibt“, widerspricht dem nicht.

 

 

14

Die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze gehen den spezifisch steuerrechtlichen Ausweisbeschränkungen für die Situation der „angekauften“ Verpflichtung nach allem uneingeschränkt vor. Der Senat schließt sich damit der überwiegend vertretenen Rechtsauffassung an (z.B. FG Münster, Urteil vom 15.6.2011 9 K 1292/07 K, BB 2011, 2800 = SIS 11 37 92, mit Zustimmung von Oser, BB 2011, 2802, - zur Pensionsrückstellung - ; Schlotter, Unternehmensbesteuerung 2010, 635; Schlotter/Pinkernell, FR 2011, 689; U.Prinz, FR 2011, 1015, 1020 f.; U.Prinz/Adrian, BB 2011, 1646, dieselben, Steuer und Bilanz 2011, 171; Emig/Walter, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - 2010, 2124; Buciek, FR 2010, 426; Schönherr/Krüger, DStR 2010, 1709; Schultz, DB 2011, 608; Geberth/Höhn, DB 2010, 1905; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 899; anders z.B. Meurer, BB 2011, 1259 und 1714; Pitzke/Klein, NWB 2011, 2276; Siegel, FR 2011, 781; M.Prinz, FR 2010, 426, und FR 2011, 445). Die gegenläufige Verwaltungspraxis (im BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 627 = SIS 11 20 05) ist abzulehnen.

 

 

15

b) Allerdings betraf das Senatsurteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46 (lediglich) die Situation des (internen) Schuldbeitritts. Für diesen Fall ist der Erwerber im Verhältnis zum Veräußerer verpflichtet, diesen von der gegenüber dem Gläubiger der Schuld weiterbestehenden Zahlungspflicht freizustellen. Die entsprechende Freistellungsverpflichtung ist aufgrund des vorangegangenen Realisationsaktes vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen.

 

 

16

Es blieb in jenem Urteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566 = SIS 10 02 46, jedoch unbeantwortet, ob sich ein abweichendes Ergebnis für die im Streitfall in Rede stehende Situation ergeben könnte, wenn der Verpflichtungserwerber durch eine wechselseitige Vereinbarung mit dem Veräußerer einerseits und dem Verpflichtungsgläubiger andererseits eine Vertragsübernahme (nach § 414 oder - hier - § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs) vereinbart und der Erwerber an Stelle des Veräußerers die Verpflichtung übernimmt. Auch diese Frage ist indes - in Einklang mit dem schon zitierten Meinungsbild - zu verneinen. Zwar stellt sich die Verpflichtungslage für diese Situation aus Sicht sowohl des Erwerbers wie des Gläubigers vor wie nach der Veräußerung „faktisch“ als unverändert dar; hier wie dort verbleibt es bei einer Verpflichtung des (bisherigen wie des nunmehrigen) Schuldners, welche „an sich“ dem steuerbilanziellen Ausweisverbot unterworfen ist. Doch ändert das abermals nichts daran, dass die Verpflichtung beim Veräußerer infolge des „Ankaufs“ zwischenzeitlich als solche realisiert worden ist. Der Erwerber „übernimmt“ zwar ein (weiterhin) schwebendes Geschäft. Doch markiert die (befreiende) Schuldübernahme die ausschlaggebende Zäsur: Die Verpflichtung wurde dadurch beim Veräußerer realisiert und das Einstehen für die Schuld durch den Erwerber ist fortan nicht mehr (Gegen-)Leistung im Rahmen des schwebenden Vertrages, vielmehr (nur noch) dinglicher Erfüllungsakt. Auf diesem Realisationsakt - und den dafür aufgewendeten Anschaffungskosten - baut sodann wiederum die nachfolgende handels- wie steuerrechtliche Bilanzierung auf. Erneut bestimmt die handels- wie steuerrechtliche „Erfolgsneutralität“ der Anschaffung den Bilanzierungsansatz und wird dieser Ansatz unbeschadet des fortbestehenden Charakters der auszuweisenden Verbindlichkeit ohne einen gegenläufigen Regelungsbefehl nicht von steuerlichen Ansatz- und Bewertungsbeschränkungen und -verboten verdrängt. An einem derartigen gegenläufigen Regelungsbefehl fehlt es indes. Für eine privilegierte „Normzweckverwirklichung der Rückstellungsansatzverbote beim Neuschuldner“ im Rahmen der anzusetzenden Anschaffungskosten - aus Fiskalgründen - und für ein „Wiederaufleben“ solcher Verbote (für beides aber M.Prinz, FR 2011, 445) belässt das Gesetz in Anbetracht dessen keinen Raum.