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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war an der G-GmbH (GmbH) mit einer Stammeinlage von
13.500 EUR, entsprechend 50 % des Stammkapitals, beteiligt und
zugleich deren Geschäftsführer. Mit Verträgen vom
1.4.1999 und 10.10.2001 gewährte der Kläger der GmbH
Darlehen in Höhe von 23.000 DM bzw. 20.000 DM. Einnahmen aus
dieser Beteiligung sind dem Kläger einmalig als
Gewinnausschüttungen im Jahr 2001 für das Jahr 2000
zugeflossen.
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Der Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde mit
Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 13.2.2006 mangels
Masse abgewiesen. Die Auflösung der Gesellschaft wurde in das
Handelsregister eingetragen.
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Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung
für das Streitjahr (2006) setzte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) lediglich einen
Verlust in Höhe von 6.750 EUR (statt der ursprünglich
geltend gemachten 105.803 EUR) an.
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Die hiergegen gerichtete Klage hatte z.T.
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in EFG 2010,
1588 = SIS 10 29 27 veröffentlichten Urteil, die Klage sei in
Höhe eines Teilbetrags in Höhe von 6.750 EUR
begründet, da der Ausfall mit dem Stammkapital nicht lediglich
zur Hälfte zu berücksichtigen sei. Im Übrigen stehe
nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger
weitere Anschaffungskosten im Zusammenhang mit der GmbH entstanden
seien.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
mit der dieses die Verletzung von § 3c Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) rügt.
Das Halbabzugsverbot greife nur dann nicht ein, wenn der
Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten
Einnahmen erzielt habe, es sei aber immer dann anzuwenden, wenn
eine GmbH Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter
vorgenommen habe, egal wann.
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Dass im Streitfall die Ausschüttung in
einem Jahr stattgefunden habe, in dem die Neuregelung des
Halbeinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 i.V.m. § 3c
Abs. 2 EStG noch nicht gegolten habe, sei im Rahmen der vom
Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten Typisierung
unbeachtlich. Es komme nicht darauf an, dass der § 3 Nr. 40
EStG für die gewährte Ausschüttung noch nicht
anwendbar gewesen sei (vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 12.11.2009 6 K
2084/07, EFG 2010, 318 = SIS 10 03 52).
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Das Halbeinkünfteverfahren ziele
ebenso wie das Anrechnungsverfahren auf einen Ausgleich der
Körperschaftsteuer-Vorbelastung. Durch die frühere
Körperschaftsteuer-Anrechnung seien also faktisch die
früheren Ausschüttungen teilweise steuerfrei geblieben,
weil die Körperschaftsteuer keine Steuervorauszahlung des
Anteilseigners sei und die Anrechnung beim Anteilseigner somit
nicht zwingend gewesen sei.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2006
dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte
Einkommensteuer 35.594 EUR beträgt.
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Der Kläger hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung). Zutreffend hat das FG im Streitfall das
Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) nicht angewandt.
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1. Der Abzug von Erwerbsaufwand, insbesondere
von Anschaffungskosten, ist im Rahmen der Ermittlung von
Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG dann nicht
gemäß § 3c Abs. 2 EStG begrenzt, wenn der
Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten
Einnahmen erzielt hat. Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen
oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach
§ 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür,
entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu
berücksichtigen, nicht ein. Denn dieser Aufwand steht nicht -
wie dies § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG schon dem Wortlaut nach
für die hälftige Kürzung verlangt - in
wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte
anzusetzenden Einnahmen. Fließen keine Einnahmen zu, kommt
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung; mithin ist der
Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Dies entspricht dem
Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung
auszuschließen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
25.6.2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220 = SIS 09 28 49; vom 14.7.2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399 = SIS 10 05 72;
BFH-Beschluss vom 18.3.2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II
2010, 627 = SIS 10 06 55).
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2. Setzt die begrenzte Abziehbarkeit von
Erwerbsaufwand gemäß § 3c Abs. 2 EStG danach dessen
wirtschaftlichen Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte
anzusetzenden Einnahmen voraus, so ist der Aufwand in vollem Umfang
anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine
Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt hat,
für die noch das Anrechnungsverfahren galt.
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Soweit - ungeachtet des eindeutigen
Gesetzeswortlauts des § 3c Abs. 2 EStG - das FA darauf
verweist, das Anrechnungsverfahren habe faktisch eine ähnliche
Steuerbefreiung bewirkt wie das Halbeinkünfteverfahren, ergibt
sich daraus nichts anderes. Denn bei Halbeinkünfteverfahren
und Halbabzugsverbot handelt es sich um eine gegenüber dem
Anrechnungsverfahren grundlegend neue und andere Systementscheidung
des Steuergesetzgebers (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20.10.2010 IX R
56/09, BFHE 231, 171, BStBl II 2011, 409 = SIS 10 40 59). Eine
Kombination beider durch Koppelung von Gewinnausschüttungen,
die noch dem Anrechnungsverfahren unterfielen, mit Erwerbsaufwand,
der unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstand, kommt
nicht in Betracht.
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3. Nach diesen Maßstäben hat das FG
die Anschaffungskosten zutreffend in voller Höhe abgezogen.
Denn der Kläger erzielte nicht nur zur Hälfte
anzusetzende Einnahmen; die Ausschüttung, die der Kläger
im Jahr 2001 erhielt, unterfiel noch nicht § 3 Nr. 40 EStG
(§ 52 Abs. 4b Nr. 2 EStG i.d.F. des Zweiten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I
2002, 4621).
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