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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist im Jahr 1995 durch
Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der X GmbH geworden. Mit
Beitreibungsersuchen vom 14.12.2004 bat die italienische
Zollverwaltung den Beklagten und Revisionsbeklagten (das
Hauptzollamt - HZA - ) um Vollstreckung einer Forderung aus einer
im Oktober 1995 der X GmbH an ihrem Sitz in Deutschland
zugestellten Zahlungsaufforderung eines Zollamts (ZA) in Italien
vom 26.5.1995. In dem Beitreibungsersuchen war ein Urteil eines
italienischen Oberlandesgerichts vom November 2000 als neuer
vollstreckbarer Titel bezeichnet, das in beglaubigter Kopie mit
einer Übersetzung ins Deutsche beigefügt war. Das
italienische Oberlandesgericht bestätigte das Urteil eines
italienischen Gerichts erster Instanz, mit dem die Klage der
Klägerin gegen die Zahlungsaufforderung des italienischen ZA
aufgrund verspäteter Einlegung eines Rechtsbehelfs abgewiesen
worden ist. In dem Beitreibungsersuchen waren u.a. der geschuldete
Betrag sowie Zinsen und Kosten, der Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit
und das Bekanntgabedatum des Vollstreckungstitels benannt. Zudem
wurde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der
Richtlinie 76/308/EWG (RL 76/308/EWG) des Rates vom 15.3.1976
über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung
von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die
Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen
Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind,
sowie von Abschöpfungen und Zöllen - Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) Nr. L 73/18 - (inzwischen
ersetzt durch die Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26.5.2008
über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung
von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern
und sonstige Maßnahmen, Amtsblatt der Europäischen Union
Nr. L 150/28) genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
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Das HZA forderte die Klägerin zur
Zahlung des von den italienischen Behörden angeforderten
Betrags auf und kündigte mit Schreiben vom 7.4.2005 die
Vollstreckung an. Nachdem das HZA aufgrund der Hinterlegung einer
Bürgschaftsurkunde die bereits eingeleiteten
Vollstreckungsmaßnahmen mit Bescheid vom 25.5.2005
einstweilen ausgesetzt und Vollstreckungsaufschub gewährt
hatte, und nachdem die italienische Zollverwaltung der
Bundesfinanzdirektion Mitte mitgeteilt hatte, dass die von der
Klägerin bei der obersten Dienststelle des ZA eingelegte
Verwaltungsbeschwerde abgewiesen worden sei, erging mit Schreiben
vom 26.3.2008 eine weitere Zahlungsaufforderung mit dem Hinweis an
die Klägerin, dass die zur Sicherheit hinterlegte
Bürgschaftsurkunde verwertet werde, wenn bis zum 15.4.2008
keine Zahlung erfolgt sei.
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3
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Einspruch und Klage gegen die Androhung der
Bürgschaftsverwertung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht
(FG) urteilte, dass das HZA die Verwertung zu Recht
angekündigt habe (vgl. ZfZ 2010, Beilage 3, 33).
Sämtliche Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach dem
Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie seien im
Streitfall erfüllt. Es liege ein vollstreckbarer Titel vor,
der sich aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts
ergebe, das die Rechtmäßigkeit der an die Klägerin
gerichteten Zahlungsaufforderung bestätigt habe. Ferner habe
die ersuchende Behörde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs.
2 Buchst. a und b RL 76/308/EWG genannten Voraussetzungen
erfüllt seien. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass
der Rechtsweg in Italien erschöpft sei. Es könne
dahinstehen, ob die Klägerin einen Steuerbescheid erhalten
habe. Denn das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trete an
die Stelle des erforderlichen vollziehbaren Verwaltungsakts i.S.
des § 251 Abs. 1 der Abgabenordnung. Ebenso wenig sei
entscheidungserheblich, ob die Zahlungsaufforderung
rechtmäßig zustande gekommen oder von den italienischen
Gerichten zu Recht bestätigt worden sei. Der Hilfsantrag der
Klägerin, der auf die Feststellung der Unzulässigkeit der
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts gerichtet sei, sei zwar zulässig, jedoch
könne er der Klage deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil
die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des Urteils dieses
Gerichts zulässig sei.
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Mit ihrer Revision begehrt die
Klägerin die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der
angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie die Feststellung,
dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts unzulässig ist. Zur Begründung
trägt sie vor, dass die Entscheidung des italienischen
Oberlandesgerichts ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen
Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - ) verletze.
Die Zahlungsaufforderung sei ohne Begründung und ohne
Rechtsmittelbelehrung in italienischer Sprache ergangen. Deshalb
habe der an sich gebotene Rechtsbehelf innerhalb von 15 Tagen nicht
fristgemäß eingelegt werden können. Nach dem Urteil
des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 14.1.2010
C-233/08 (Europäische Zeitschrift für Wirtschaft - EuZW -
2010, 146) = SIS 10 22 12 sei dem Empfänger eines
Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des
Mitgliedstaats zuzustellen, in dem die ersuchte Behörde ihren
Sitz habe. Zu Unrecht sei die Klage von den italienischen Gerichten
allein aufgrund der Verfristung als unzulässig abgewiesen
worden. Das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trage den
rechtswidrigen Verwaltungsakt in sich. Somit verstoße die
Vollstreckung aus diesem Urteil gegen wesentliche Grundsätze
der deutschen Rechtsordnung. Daraufhin sei das Urteil des
italienischen Oberlandesgerichts auch von einem deutschen Gericht
überprüfbar. Einen Steuerbescheid (sog. Iscrizione a
Ruolo) habe die italienische Zollverwaltung nie erlassen.
Gegenstand der gerichtlichen Verfahren in Italien sei lediglich
eine Zahlungsaufforderung gewesen (sog. Ingiunzione di Pagamento).
Selbst nach italienischem Recht setze die Vollstreckung einen nicht
angefochtenen oder einen für vollstreckbar erklärten
Steuerbescheid voraus.
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Das HZA schließt sich der Auffassung
des FG an. Bei der Prüfung, ob ein ausländisches Urteil
oder ein ausländischer Vollstreckungstitel der
öffentlichen Ordnung widerspreche, sei nicht auf den
nationalen ordre public, sondern auf den großzügigeren
ordre public international abzustellen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteil vom 21.4.1998 XI ZR 377/97, BGHZ
138, 331) sei maßgeblich, ob das Ergebnis ausländischen
Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen
Regelung und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen
in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung
untragbar erscheine. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH zur
ordre public Klausel in Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
(Übereinkommen 72/454/EWG) vom 27.9.1968 (ABlEG 1972, Nr. L
299/32) komme die Anwendung dieser Klausel nur dann in Betracht,
wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Staat
erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz
verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz
zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Das Gericht
des Vollstreckungsstaats habe grundsätzlich davon auszugehen,
dass das in jedem Vertragsstaat eingerichtete Rechtsbehelfssystem
den Rechtsbürgern eine ausreichende Garantie biete. Im
Streitfall sei der Gehörsanspruch der Klägerin nicht
verletzt worden, so dass ein Verstoß gegen den ordre public
nicht vorliege. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin als
Spedition Erfahrungen im internationalen Verkehr habe. Sie
hätte das ihr von der deutschen Zollverwaltung zugestellte
Schriftstück umgehend übersetzen und dessen Bedeutung
rechtzeitig erkennen müssen. Die relativ kurze
Rechtsbehelfsfrist von 14 Tagen sei für jemanden, der am
geschäftlichen Verkehr teilnehme, nicht unzumutbar.
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Ob die italienische Zahlungsaufforderung
eine Rechtsbehelfsbelehrung hätte enthalten müssen, sei
allein nach italienischem Recht zu beantworten. Die Zustellung sei
im Rahmen der internationalen Amtshilfe erfolgt, nämlich nach
dem Übereinkommen vom 7.9.1967 zwischen Belgien, der
Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den
Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer
Zollverwaltungen (BGBl II 1969, 66). Aus Art. 17 dieses
Übereinkommens lasse sich nicht entnehmen, dass der
italienischen Zahlungsaufforderung eine Übersetzung in die
deutsche Sprache hätte beigefügt werden müssen.
Schließlich habe die Klägerin in Italien den Rechtsweg
beschritten. Für die Überprüfung des
Vollstreckungstitels einschließlich seiner Zustellung seien
weiterhin ausschließlich die italienischen Behörden
zuständig. Es könne sein, dass durch die in Italien
durchgeführten Gerichtsverfahren ein etwaiger Mangel aufgrund
der fehlenden Übersetzung geheilt worden sei.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und
zur Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil des FG verletzt
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat verkannt, dass die
Bestimmungen der RL 76/308/EWG einer im Streitfall gebotenen
Prüfung auf einen Verstoß gegen den ordre public nicht
entgegenstehen.
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1. Gemäß der in Art. 12 RL
76/308/EWG festgelegten Kompetenzverteilung zwischen den
Mitgliedstaaten ist ein Rechtsbehelf gegen die Forderung oder den
Vollstreckungstitel in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem die
ersuchende Behörde ihren Sitz hat; dagegen sind Rechtsbehelfe
gegen Vollstreckungsmaßnahmen der ersuchten Behörde in
dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem sich die ersuchte Behörde
befindet. Die Zuweisung der Zuständigkeiten trägt dem
Umstand Rechnung, dass der Steuerbescheid und der
Vollstreckungstitel nach den Rechtsvorschriften desjenigen
Mitgliedstaats erlassen bzw. erwirkt worden sind, in dem die
ersuchende Behörde ihren Sitz hat. Auf den nationalen
Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der um die Vollstreckung
ersucht wird, beruhen die von diesem durchzuführenden
Vollstreckungsmaßnahmen. Wie der EuGH entschieden hat,
erlaubt es diese Zuständigkeitsverteilung der ersuchten
Behörde grundsätzlich nicht, die Wirksamkeit und die
Vollstreckbarkeit der Handlung oder der Entscheidung, um deren
Zustellung von der ersuchenden Behörde ersucht wird, in Frage
zu stellen (EuGH-Urteil in EuZW 2010, 146).
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Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht
ausnahmslos. Der EuGH hat anerkannt, dass in besonderen Fällen
die Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde
ihren Sitz hat, zur Prüfung befugt sind, ob die Vollstreckung
dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses
Mitgliedstaats beeinträchtigte, und dass sie auch die Befugnis
haben, gegebenenfalls die Gewährung der Unterstützung
ganz oder teilweise zu versagen oder sie von der Einhaltung
bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen. Es sei kaum
denkbar, dass ein Vollstreckungstitel von einem Mitgliedstaat
vollstreckt werde, wenn diese Vollstreckung seine öffentliche
Ordnung beeinträchtigen könnte. Im Übrigen sei die
Einrede der öffentlichen Ordnung in Art. 4 Abs. 3 RL
76/308/EWG ausdrücklich vorgesehen (EuGH-Urteil in EuZW 2010,
146). Daraus folgt, dass allein die Übermittlung eines - evtl.
gerichtlich bestätigten - ausländischen Steuerbescheids
oder Vollstreckungstitels eine Überprüfung auf einen
Verstoß gegen den ordre public nicht ausschließt (zu
einer entsprechenden Befugnis des Gerichts bei Anwendung des
Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik
Österreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-,
Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten vom 11.9.1970 - RHV -
vgl. Senatsentscheidung vom 21.2.1978 VII R 49/74, BFHE 124,
480).
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Das FG hat diese Prüfung zu Unrecht
unterlassen, obwohl der von der Klägerin vorgetragene
Sachverhalt dazu Anlass gegeben hätte. Die vom FG getroffenen
Feststellungen erlauben es dem erkennenden Senat auch nicht zu
entscheiden, dass durch die Vollstreckung der ordre public nicht
beeinträchtigt würde.
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2. Der Begriff der öffentlichen Ordnung
wird durch die RL 76/308/EWG nicht definiert. Anhaltspunkte
für seine Deutung lassen sich den entsprechenden Regelungen in
internationalen Abkommen und der hierzu ergangenen
höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Eine Art. 4 Abs.
3 RL 76/308/EWG vergleichbare ordre public Klausel findet sich in
mehreren Vollstreckungs- und Rechtshilfeabkommen.
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a) Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens
72/454/EWG bestimmt, dass eine Entscheidung nicht anzuerkennen ist,
wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in
dem sie geltend gemacht wird, widerspräche. In Bezug auf diese
Regelung hat der EuGH ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten
selbst festlegen könnten, welche Anforderungen sich nach ihren
innerstaatlichen Anschauungen aus ihrer öffentlichen Ordnung
ergeben. Allerdings komme eine Anwendung der Klausel nur dann in
Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem
anderen Vertragsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen
wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem
nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des
Vollstreckungsstaats stünde. Damit das Verbot der
Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre
Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibe, müsse es sich bei
diesem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in
der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden
Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts
handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichten
(EuGH-Urteil vom 11.5.2000 C-38/98, Slg. 2000, I-2973).
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b) Auch deutsche Revisionsgerichte haben in
mehreren Entscheidungen zur Auslegung und zum Anwendungsbereich von
ordre public Klauseln Stellung genommen. Gemäß Art. 4
RHV kann Rechts- und Amtshilfe u.a. verweigert werden, wenn der
ersuchte Staat der Ansicht ist, die Erledigung des Ersuchens sei
geeignet, die öffentliche Ordnung (ordre public) zu
beeinträchtigen. Wie der Senat entschieden hat, eröffnet
diese Klausel für das FG die Möglichkeit zur
Prüfung, ob für die deutsche Behörde ein Anlass
bestanden hätte, der ersuchenden österreichischen
Behörde die Rechts- und Amtshilfe zu verweigern, etwa wegen
begründeter Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit des
österreichischen Verfahrens bei der Entscheidung über den
Anspruch oder seine Vollstreckbarkeit und wegen der Verpflichtung
der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren Bürgern
aus den Grundrechtsvorschriften der Art. 1 bis 19 sowie der Art.
101 und 103 GG (Senatsurteil in BFHE 124, 480, 484).
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In Bezug auf Art. 2 Nr. 1 des Vertrags
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik
Österreich über die gegenseitige Anerkennung und
Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und
öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959
(BGBl II 1960, 1246) hat der BGH geurteilt, dass nicht auf den
ordre public interne, sondern auf den großzügigeren
anerkennungsrechtlichen ordre public international abzustellen sei.
Mit diesem sei ein ausländisches Urteil nicht schon dann
unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er den Prozess
entschieden - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen
Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich sei vielmehr, ob das
Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall
zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen
enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch
stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine
(BGH-Urteile in BGHZ 138, 331, und vom 4.6.1992 IX ZR 149/91, BGHZ
118, 312).
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Hinsichtlich des verfahrensrechtlichen ordre
public in Art. 34 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates
vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und
die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen bzw. Art. 5 Nr. 1 des Haager Übereinkommens
über die Anerkennung und Vollstreckung von
Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 hat der BGH bestätigt,
dass der Vorbehalt des ordre public nur in Ausnahmefällen
eingreife. Eine Vollstreckbarerklärung könne insbesondere
nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische
Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden sei, das von
zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweiche. Ein
Versagungsgrund sei vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des
ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen sei,
das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in
einem solchen Maß abweiche, dass es nicht als in einem
geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden
könne (BGH-Urteil vom 26.8.2009 XII ZB 169/07, BGHZ 182, 188;
hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche
BGH-Urteil vom 15.5.1986 III ZR 192/84, BGHZ 98, 70).
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3. Im Streitfall rügt die Revision zu
Recht, dass das FG zu Unrecht einen Verstoß gegen den ordre
public nicht in Betracht gezogen, sondern sich mit der Feststellung
begnügt hat, dass es sich bei dem Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts um einen Vollstreckungstitel handele und die
Klägerin den Rechtsweg in Italien ausgeschöpft habe.
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Der Senat hält es daher für geboten,
die Sache an das FG zurückzugeben, um diesem eine erneute
Prüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu
ermöglichen.
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Unter Berücksichtigung der dargestellten
Rechtsprechung zum Begriff der öffentlichen Ordnung (ordre
public) wird das FG im zweiten Rechtsgang den Vollstreckungstitel
daraufhin zu überprüfen haben, ob eine Vollstreckung in
Deutschland die öffentliche Ordnung beeinträchtigte. Dies
wäre dann anzunehmen, wenn der Vollstreckungstitel in einem
nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipien der
deutschen Rechtsordnung stünde, so dass das Ergebnis der
Anwendung ausländischen Rechts nach deutschen
Gerechtigkeitsvorstellungen untragbar erschiene. Dabei wird es nach
Auffassung des erkennenden Senats entscheidend darauf ankommen, ob
die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand hätte erwirken können und ob sie
sich in zumutbarer Weise darum bemüht hat.
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a) Im Streitfall ist einerseits zu
berücksichtigen, dass es sich bei der Rechtsvorgängerin
der Klägerin nicht um eine Privatperson, sondern um ein
Speditionsunternehmen gehandelt hat, das in die Gemeinschaft
eingeführte Waren durch mehrere Staaten - u.a. auch durch
Italien - beförderte. Von einem solchen Unternehmen kann
erwartet werden, dass einem von den deutschen Zollbehörden
zugestellten Schreiben, selbst wenn es in italienischer Sprache
abgefasst ist, Beachtung geschenkt wird. Denn die Annahme ist nicht
fernliegend, dass es in Verbindung mit einer geschäftlichen
Transaktion, z.B. mit einem grenzüberschreitend
durchgeführten Transport, steht. Die Rechtsvorgängerin
der Klägerin hätte demnach nicht untätig bleiben,
sondern sich in angemessener Zeit um eine Übersetzung
bemühen müssen, um zeitnah Kenntnis vom Inhalt des
Schriftstücks zu erlangen. Den Inhalt des Schreibens
hätte sie schließlich zum Anlass nehmen müssen,
weitere Erkundigungen einzuziehen. Andererseits ist im Streitfall
jedoch dem Umstand besondere Beachtung zu schenken, dass
ausweislich der deutschen Übersetzung des Urteils des
italienischen Oberlandesgerichts die Frist für die Anfechtung
eines „Zahlungsbefehls in Zollsachen“ mit 15
Tagen relativ kurz bemessen war. Zudem geht es um die Anwendung
ausländischen Rechts und um Zollrecht, einer speziellen und
nicht leicht verständlichen Materie des Abgabenrechts. Die
fehlende Übersetzung und die fehlende Rechtsmittelbelehrung
lassen eine Fristüberschreitung entschuldbar erscheinen, so
dass nach deutschem Rechtsverständnis eine Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand in Betracht gekommen wäre.
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Für das Strafbefehlsverfahren hat das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass ein der
deutschen Sprache nicht hinreichend mächtiger Ausländer,
dem ein Strafbefehl in deutscher Sprache ohne eine
verständliche Belehrung über den Rechtsbehelf des
Einspruchs zugestellt worden ist, im Falle des
Fristversäumnisses nicht anders behandelt werden kann, als
wenn die Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist mit der Folge, dass
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss
(BVerfG-Beschlüsse vom 10.6.1975 2 BvR 1074/74, BVerfGE 40,
95, und vom 7.4.1976 2 BvR 728/75, BVerfGE 42, 120). Auch nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darf eine unzureichende
Kenntnis der deutschen Sprache nicht dazu führen, dass der
Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör verkürzt
wird; deshalb sind Sprachschwierigkeiten des Beteiligten bei der
Prüfung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angemessen
zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 21.5.1997 VII S 37/96,
BFH/NV 1997, 634).
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Aus den Akten geht indes nicht hervor,
innerhalb welchen Zeitraums sich die Klägerin um eine
Übersetzung der Zahlungsaufforderung und um die für die
Einlegung des Rechtsbehelfs erforderlichen Rechtsauskünfte
bemüht hat. Feststellungen hierzu hat das FG nicht getroffen.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG deshalb den Fragen nachgehen
müssen, ob nach italienischem Recht die Möglichkeit einer
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestanden hat, ob und
innerhalb welchen Zeitraums die Rechtsvorgängerin der
Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt und Gründe
für eine unverschuldete Fristversäumung geltend gemacht
hat und ob diese Einwendungen von den italienischen Behörden
bzw. Gerichten berücksichtigt worden sind.
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Sollte eine Art Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach italienischem Recht überhaupt nicht
möglich gewesen sein, ist der erkennende Senat der Auffassung,
dass ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt, der einer
Vollstreckung der geltend gemachten Forderung entgegenstünde.
Das Gleiche gilt, wenn sich herausstellen sollte, dass ein
substantiiert und zeitnah gestellter Antrag, die
Fristversäumnis zu entschuldigen, weil sie darauf beruhe, dass
sich die Klägerin trotz aller entsprechenden zumutbaren
Bemühungen Kenntnis vom Inhalt der ihr zugestellten
italienischen Zahlungsaufforderung nicht habe verschaffen
können, unbeachtet geblieben ist. In diese Richtung deutet der
Senat das Vorbringen der Klägerin in der Tatsacheninstanz. Der
Vortrag der Klägerin hätte das FG daher veranlassen
müssen, dieser Frage nachzugehen.
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b) Die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung allein
hält der erkennende Senat indes nicht für ausreichend, um
einen Verstoß gegen den ordre public zu begründen (vgl.
zum Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung nach deutscher
höchstrichterlicher Rechtsprechung in Sachen, die kein
Steuerrecht betreffen und deshalb auf den Streitfall nicht
übertragen werden können, Entscheidungen des BVerfG vom
20.6.1995 1 BvR 166/93, BVerfGE 93, 99 = SIS 98 19 99; vom
28.7.1998 1 BvR 781/94, Zeitschrift für offene
Vermögensfragen 1998, 339, und vom 30.1.1991 2 BvR 712/90,
NVwZ 1991, 766, sowie Urteile des Oberlandesgerichts (OLG)
Karlsruhe vom 27.2.2003 1 AK 29/02, Zeitschrift für
Wirtschaft, Steuer, Strafrecht 2004, 199, und des OLG
Zweibrücken vom 7.8.2006 1 Ausl 16/05, Neue Zeitschrift
für Strafrecht 2007, 109).
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c) Auch die fehlende Übersetzung der
Zahlungsaufforderung reicht für sich allein für die
Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public nicht aus,
zumal das FG im Streitfall nicht festgestellt hat, nach welchen
Vorschriften die Zustellung bewirkt worden ist und die
Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht
in den Blick genommen wurde. Ergänzend bemerkt der Senat, dass
dem Urteil des EuGH in EuZW 2010, 146 eine Pflicht des um
Rechtshilfe ersuchenden Mitgliedstaats zur Übersetzung eines
an in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen
Abgabenpflichtigen gerichteten Verwaltungsakts nicht zu entnehmen
ist. Vielmehr hat der EuGH lediglich darauf hingewiesen, dass die
Funktion der rechtzeitigen Zustellung nach Art. 5 RL 76/308/EWG
darin bestehe, den Empfänger in die Lage zu versetzen,
Gegenstand und Grund des zugestellten Rechtsakts zu verstehen und
seine Rechte geltend zu machen. Da der Empfänger des
Vollstreckungstitels in der Lage sein müsse, zumindest den
Gegenstand und den Grund des Antrags mit Bestimmtheit zu
identifizieren, müsse die Zustellung in einer Amtssprache des
Mitgliedstaats erfolgen, in dem die ersuchte Behörde ihren
Sitz hat. Begründet hat der EuGH diese Auffassung mit dem Ziel
der Beitreibungsrichtlinie, insbesondere die wirksame
Durchführung der Zustellung von Verfügungen und
Entscheidungen zu gewährleisten. Im Streitfall war dem
Vollstreckungstitel, dem Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts, eine deutsche Übersetzung
beigefügt.
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d) Hingeben kann dem Argument des HZA nicht
gefolgt werden, dass die Vollstreckung bereits deshalb keinen
rechtlichen Bedenken begegnet, weil das Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts in deutscher Sprache vorliege und es deshalb auf
die Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung nicht mehr
ankommen könne. Der Übersetzung des Urteils des
italienischen Oberlandesgerichts ist zu entnehmen, dass sich das
Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung
überhaupt nicht befasst, sondern seine Entscheidung
ausschließlich auf die Verfristung des Rechtsbehelfs
gestützt hat. Es hat hierzu ausgeführt, dass es in erster
Linie notwendig sei, den letzten Anfechtungsgrund zu prüfen,
„da dieser im Wesentlichen die Frage der
Fristmäßigkeit des erhobenen Widerspruchs gegen den
Zahlungsbefehl“ betreffe, bei welcher der
erstinstanzliche Richter zu einem negativen Ergebnis gekommen sei
und diese Frage präjudiziellen Charakter zu den anderen in der
Berufungsklage erwähnten Punkten habe. Zu einer
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Gericht
offensichtlich keine Stellung bezogen. Damit ist das Urteil
grundsätzlich geeignet, etwaige nach rechtsstaatlichen
Grundsätzen nicht hinnehmbare Mängel des vorangegangenen
Verwaltungsverfahrens (evtl. Ausschluss der Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand) zu perpetuieren. In diesem Fall stünde auch das
die Verwaltungsentscheidung bestätigende Urteil in einem solch
starken Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen,
dass die Vollstreckung auf Grundlage eines solchen Titels untragbar
erschiene, so dass sie unter Berufung auf den ordre public zu
verweigern wäre.
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Dem Urteil des italienischen
Oberlandesgerichts ist allerdings nicht zu entnehmen, ob die
Vorinstanz das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen, sollten
sie überhaupt geltend gemacht worden sein, geprüft hat,
so dass das italienische Oberlandesgericht überhaupt Anlass
hatte, auf diese Frage einzugehen. Auch dies wird im zweiten
Rechtsgang zu klären sein.
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