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I. Streitig ist, ob Mietzahlungen für
eine ersatzweise angemietete Wohnung als
außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind, wenn
eine Nutzung der bisherigen eigenen Wohnung wegen Einsturzgefahr
amtlich untersagt ist.
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Die Ehefrau des Klägers und
Revisionsbeklagten (Kläger) hat mit notariellem Vertrag vom
23.10.1998 eine gebrauchte Eigentumswohnung in einem Gebäude
in M erworben. Laut Kaufvertrag wurde der Grundbesitz ohne
Gewähr und ohne Haftung für sichtbare oder unsichtbare
Sachmängel verkauft. Die Verkäuferin hatte zudem
versichert, dass ihr verborgene, wesentliche Mängel,
insbesondere Altlasten, nicht bekannt sind. Die offizielle
Wohnungsübergabe erfolgte am 25.8.1999. In einem
Übergabeprotokoll wurde vermerkt, dass sich die Wohnung in
vertragsgemäßem Zustand befindet. Zur Finanzierung der
Eigentumswohnung wurde ein Hypothekendarlehen aufgenommen, welches
mit monatlich 1.063 DM (543,50 EUR) bis einschließlich
Dezember 2003 bedient wurde.
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Mit Ordnungsverfügung vom 28.2.2000
stellte das Bauordnungsamt der Stadt M eine erhebliche
Einsturzgefahr für das Gebäude fest und untersagte den
Eheleuten das Betreten des Gebäudes. Eine zivilrechtliche
Klage der Ehefrau gegen die Verkäuferin auf Rückzahlung
des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der
Wohnung war über drei Gerichtsinstanzen hinweg nicht
erfolgreich.
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Der Kläger wird zusammen mit seiner
Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute beantragten die
monatliche Miete in Höhe von 1.000 DM (511,29 EUR) für
die von ihnen ersatzweise zu eigenen Wohnzwecken angemietete
Vier-Zimmer-Wohnung als außergewöhnliche Belastung bei
der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre (2001,
2002) zu berücksichtigen. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte dem nicht. Der
Kläger wandte sich dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren mit der Klage.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2009, 342 = SIS 09 07 69 veröffentlichten
Gründen statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
unzutreffende Anwendung von § 33 EStG.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
Düsseldorf vom 13.12.2007 14 K 6385/04 E aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Aufwendungen, die anfallen, weil
zwangsläufig ein zusätzlicher Wohnbedarf entstanden ist,
können im Grundsatz als außergewöhnliche
Belastungen i.S. von § 33 EStG zu berücksichtigen sein.
Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen
allerdings noch keine abschließende Beurteilung, ob die
Mietzahlungen in Höhe von 12.000 DM und 6.134,48 EUR in den
beiden Streitjahren nach § 33 EStG zu berücksichtigen
sind.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen
zwangsläufig größere Aufwendungen als der
überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher
Einkommens-, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen
Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf
Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der
Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare
Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte
abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen sind in diesem
Sinne zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus
rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht
entziehen kann und soweit sie den Umständen nach notwendig
sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§
33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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Ziel des § 33 EStG ist es,
zwangsläufige Mehraufwendungen für den
existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich
wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen
Erfassung in allgemeinen Entlastungsbeträgen entziehen. Aus
dem Anwendungsbereich der außergewöhnlichen Belastungen
ausgeschlossen sind daher die üblichen Aufwendungen der
Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den
Grundfreibetrag abgegolten sind (vgl. z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.5.1995 III R 12/92, BFHE 178, 207,
BStBl II 1995, 774 = SIS 95 22 04; vom 23.5.2002 III R 24/01, BFHE
199, 296, BStBl II 2002, 567 = SIS 02 84 94, und vom 3.3.2005 III R
12/04, BFH/NV 2005, 1287 = SIS 05 31 94). Hierunter fallen auch
Aufwendungen, die geleistet werden, um den existentiellen
Wohnbedarf zu befriedigen (BFH-Urteil in BFHE 178, 207, BStBl II
1995, 774 = SIS 95 22 04).
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2. Im Streitfall stellen die zwangsläufig
entstandenen Mietaufwendungen dem Grunde nach eine
außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG
dar.
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a) Aufwendungen, die geleistet werden, um den
existentiellen Wohnbedarf zu befriedigen, sind grundsätzlich
als Kosten anzusehen, die der normalen Lebensgestaltung und
Lebensführung zuzuordnen sind; sie sind daher nicht
außergewöhnlich. So hat der BFH vergebliche Zahlungen im
Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks und der
Erstellung eines Einfamilienhauses für eigene Wohnzwecke
bereits in seinem Urteil in BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774 = SIS 95 22 04 nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt,
weil der Erwerb eines Einfamilienhauses typischerweise das
Existenzminimum nicht berühre und deshalb steuerlich als
Vorgang der normalen Lebensführung zu behandeln sei. Nicht
anders verhält es sich mit Mietaufwendungen, die geleistet
werden, um den existentiellen Wohnbedarf zu befriedigen.
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b) Diese Grundsätze gelten allerdings
nicht, wenn Aufwendungen für einen zweiten Wohnbedarf
entstanden sind, weil die den ersten, existentiellen Wohnbedarf
abdeckende Wohnung unbewohnbar geworden ist. Solche Ausgaben sind
außergewöhnlich und daher als Aufwendungen i.S. von
§ 33 EStG anzusehen; die entstandenen Aufwendungen sind nicht
mehr der normalen Lebensgestaltung und Lebensführung
zuzuordnen. Davon ist im Streitfall auszugehen. Die Mietzahlungen
dienten dazu, einen zusätzlichen, zweiten Wohnbedarf
abzudecken. Dieser zusätzliche Wohnbedarf ist entstanden, weil
die Eigentumswohnung der Ehefrau des Klägers, die den
existentiellen, ersten Wohnbedarf abdecken sollte, nicht mehr
bewohnbar war und damit ihren eigentlichen Zweck nicht mehr
erfüllen konnte. Entgegen den Ausführungen des FG kommt
es nicht darauf an, ob die Mietzahlungen letztlich der
Schadensbeseitigung dienen und deshalb unter diesem Gesichtspunkt
als außergewöhnliche Belastungen angesehen werden
können. Eines Rückgriffs auf die im Schrifttum stark
kritisierte Gegenwertlehre (vgl. Kanzler in Herrmann/
Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 37, m.w.N.; s. auch Arndt, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz B 34 ff.) - wie
sie noch vom FG für notwendig erachtet wurde - bedarf es
insoweit nicht.
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c) Die Mietzahlungen sind dem Kläger im
Streitfall auch zwangsläufig entstanden. Denn aufgrund der
Ordnungsverfügung vom 28.2.2000 durch das Bauordnungsamt der
Stadt M stand im Streitfall fest, dass die Eigentumswohnung nicht
mehr bewohnbar war. Wegen der erheblichen Einsturzgefahr für
das Gebäude war eine Nutzung der Eigentumswohnung zu
Wohnzwecken nicht mehr möglich. Der Kläger konnte sich
angesichts der Ordnungsverfügung aus rechtlichen und
tatsächlichen Gründen den Aufwendungen nicht mehr
entziehen. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine
Anerkennung eines zweiten Wohnbedarfs als zwangsläufig sind
nach den bisherigen Feststellungen des FG als erfüllt
anzusehen. So hat das FG keine Anhaltspunkte für ein eigenes
(ursächliches) Verschulden des Steuerpflichtigen gesehen,
realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte waren nicht
ersichtlich, der zweite Wohnbedarf ist als angemessen beurteilt
worden und eine allgemein zugängliche und übliche
Versicherungsmöglichkeit hat nicht bestanden.
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3. Mangels Spruchreife geht die Sache an das
FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
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a) Nach den genannten Grundsätzen hat das
FG zu prüfen, ob in den Streitjahren überhaupt ein
zusätzlicher zweiter Wohnbedarf abzudecken war. Dabei wird es
zunächst festzustellen haben, ob im Streitfall die
Eigentumswohnung der Ehefrau des Klägers bereits
tatsächlich bewohnt wurde und damit dem ersten existentiellen
Wohnbedarf gewidmet war. Hat die Eigentumswohnung tatsächlich
nie dazu gedient, den ersten Wohnbedarf abzudecken, wäre davon
auszugehen, dass die streitgegenständlichen Mietzahlungen
für den ersten Wohnbedarf angefallen sind. Die Aufwendungen
wären dann der normalen Lebensführung zuzuordnen.
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b) Weiter hat das FG angesichts des Umstands,
dass die Ordnungsverfügung auf den 28.2.2000 datiert, aber
Mietaufwendungen für die Streitjahre (2001 und 2002) geltend
gemacht werden, weiter zu prüfen, in welchem Zeitraum in den
Streitjahren ein zusätzlicher zweiter Wohnbedarf abzudecken
war. Hierbei wird ein zweiter, zusätzlicher Wohnbedarf nur
für den Zeitraum anzuerkennen sein, der erforderlich ist, um
die dem ersten Wohnbedarf gewidmete Eigentumswohnung wieder in
einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Ist eine Wiederherstellung
der Bewohnbarkeit nicht möglich, sind die Aufwendungen
für den zweiten Wohnbedarf nur bis zu dem Zeitpunkt
anzuerkennen, in dem dem Steuerpflichtigen dies bewusst wird. Dabei
wird dem Steuerpflichtigen eine gewisse Frist zur Umorientierung
bei der Gestaltung seiner Wohnverhältnisse zu gewähren
sein.
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