Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Volljähriges behindertes Kind, Kindergeld, Abzweigung an Sozialhilfeträger

Volljähriges behindertes Kind, Kindergeld, Abzweigung an Sozialhilfeträger: Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 und 3 EStG für eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialleistungsträger sind dem Grunde nach auch dann erfüllt, wenn der Kindergeldberechtigte nicht zum Unterhalt seines volljährigen, behinderten Kindes verpflichtet ist, weil es Grundsicherungsleistungen nach § 41 ff. SGB XII erhält. - Urt.; BFH 17.12.2008, III R 6/07; SIS 09 15 27

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 17.12.2008, III R 6/07
    BStBl 2009 II S. 926
    LEXinform 0588151

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 23.10.2009
    erl in StuB 12/2009 S. 475
    R.G. in BFH/PR 8/2009 S. 299
Normen
[BSHG] § 76 Abs. 2 Nr. 5
[EStG] § 74 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4
[SGB XII] § 41 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Satz 1 Nr. 2, § 43 Abs. 2 Satz 1, § 94 Abs. 1 Satz 3
[BGB] § 1601, § 1602
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 10.08.2006, SIS 06 43 82, Kindergeld, Abzweigung, Unterhalt, Unterhaltspflicht
Zitiert in... / geändert durch...
  • BZSt 26.5.2023, SIS 23 10 69, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 30.6.2022, SIS 22 12 76, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 17.9.2021, SIS 21 17 59, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 27.8.2020, SIS 20 12 46, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BFH 27.5.2020, SIS 20 15 14, Ermessensausübung bei Abzweigungsentscheidung: Das FG muss die Ermessensentscheidung der Familienkasse, d...
  • BFH 27.11.2019, SIS 20 11 08, Kindergeld für behinderte Kinder, keine Berücksichtigung des Kindergelds als kindeseigene Mittel: 1. Für ...
  • BZSt 9.7.2019, SIS 19 11 83, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 10.7.2018, SIS 18 11 88, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • FG Nürnberg 14.11.2017, SIS 18 20 43, Abzweigung von Kindergeld, Nachweis des Kindergeldberechtigten für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistu...
  • BZSt 13.7.2017, SIS 17 14 60, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 22.8.2016, SIS 16 19 62, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BFH 28.4.2016, SIS 16 16 57, Bestimmung des Kindergeldberechtigten bei nachträglich erbrachten Unterhaltsleistungen des Unterhaltsverp...
  • FG München 29.6.2015, SIS 15 24 25, Abzweigung von Kindergeld: Da die Klägerin den Unterhalt für das Kind durch die Leistungen der Grundsiche...
  • BFH 26.2.2015, SIS 15 10 82, Abzweigung des Kindergeldes an das Kind bei Erhalt von Grundsicherungsleistungen: 1. Eltern bleiben auch ...
  • FG Berlin-Brandenburg 11.9.2014, SIS 14 30 95, Ermessen der Familienkasse hinsichtlich der Abzweigung des Kindergeldes, Unterhaltsleistungen des Kinderg...
  • BZSt 1.7.2014, SIS 14 21 00, Familienleistungsausgleich, Erlass der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-...
  • BFH 17.10.2013, SIS 14 07 05, Abzweigung von Kindergeld an Grundsicherungsträger bei einem teilstationär untergebrachten behinderten Ki...
  • BFH 17.10.2013, SIS 14 00 09, Abzweigung von Kindergeld an Grundsicherungsträger bei einem teilstationär untergebrachten behinderten Ki...
  • FG Nürnberg 17.7.2013, SIS 14 01 91, Schätzung der Kosten der Haushaltsaufnahme bei der Ermessensentscheidung über den Antrag eines Sozialleis...
  • FG München 26.6.2013, SIS 13 26 57, Abzweigung von Kindergeld ermessensfehlerhaft, wenn Verwaltungsrichtlinien (DA-FamEStG) nicht beachtet we...
  • BFH 18.4.2013, SIS 13 19 60, Abzweigungsberechtigung beim Kindergeld: Der Sozialhilfeträger ist grundsätzlich nicht abzweigungsberecht...
  • Thüringer FG 19.3.2013, SIS 14 05 89, Beweislast des Sozialleistungsträgers im Verfahren der Abzweigung von Kindergeld für ein volljähriges, be...
  • Thüringer FG 19.3.2013, SIS 14 05 90, Beweislast des Sozialleistungsträgers im Verfahren der Abzweigung von Kindergeld für ein volljähriges, be...
  • FG Rheinland-Pfalz 27.9.2012, SIS 12 31 20, Rechtswidrigkeit einer nach § 74 Abs. 1 EStG getroffenen Ermessensentscheidung der Familienkasse, i.d.R. ...
  • FG Münster 29.8.2012, SIS 12 28 85, Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Abzweigungsverlangen: 1. Eine Klage auf Abzweigung vo...
  • BFH 17.8.2012, SIS 12 29 85, Sicherung des Anspruchs auf Abzweigung von Kindergeld durch einstweilige Anordnung gegen die Familienkass...
  • BZSt 16.7.2012, SIS 12 22 19, DA-FamEStG 2012: Das Bundeszentralamt für Steuern hat die Neufassung der Dienstanweisung zur Durchführung...
  • FG München 2.7.2012, SIS 12 26 05, Regelmäßig keine Abzweigung des Kindergeldes bei Aufnahme des behinderten Kindes in den Haushalt des Bere...
  • FG Baden-Württemberg 14.6.2012, SIS 12 23 63, Keine Abzweigung bei fehlender gesetzlicher Unterhaltspflicht des kindergeldberechtigten Pflegers/Betreue...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 22.5.2012, SIS 12 20 09, Abzweigung von Kindergeld an den Grundsicherungsleistungsträger, Ermittlung der tatsächlichen Aufwendunge...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 29.3.2012, SIS 12 20 08, Abzweigung von Kindergeld an den Grundsicherungsleistungsträger, Ermittlung der tatsächlichen Aufwendunge...
  • Sächsisches FG 5.3.2012, SIS 12 08 97, Keine Abzweigung von Kindergeld für ein im Haushalt des Kindergeldberechtigten wohnendes behindertes Kind...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 2.2.2012, SIS 12 12 57, Abzweigung von Kindergeld an den Sozialleistungen erbringenden Grundsicherungsträger, Zulässigkeit einer ...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 18.1.2012, SIS 12 08 93, Abzweigung von Kindergeld an den Sozialleistungsträger, der Leistungen der Grundsicherung und Eingliederu...
  • Thüringer FG 23.11.2011, SIS 12 05 22, Abzweigung von Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind an den Sozialleistungsträger, Keine Pflic...
  • Thüringer FG 23.11.2011, SIS 12 15 21, Bei Zahlung von Sozialleistungen für ein behindertes, volljähriges, in den Haushalt der Eltern eingeglied...
  • Thüringer FG 23.11.2011, SIS 12 15 22, Bei Zahlung von Sozialleistungen des Sozialleistungsträgers für ein behindertes, volljähriges, in den Hau...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 10.11.2011, SIS 12 09 28, In der Regel keine Kindergeldabzweigung an den Grundsicherung leistenden Sozialhilfeträger, Umfang der Au...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 10.11.2011, SIS 12 09 29, Keine Abzweigung von Kindergeld für ein im Haushalt der Eltern lebendes behindertes Kind an den Soziallei...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 10.11.2011, SIS 11 40 74, Keine Abzweigung von Kindergeld an den Grundsicherung gem. § 41 ff. SGB XII gegenüber einem volljährigen ...
  • Sächsisches FG 26.10.2011, SIS 12 09 00, Abzweigung von Kindergeld für ein behindertes Kind ermessensfehlerhaft bei Vorliegen von höheren Unterhal...
  • BZSt 12.7.2011, SIS 11 22 74, DA-FamEStG, Änderung Juli 2011: Die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienausgleichs wurde in zahl...
  • FG Münster 25.3.2011, SIS 11 22 42, Abzweigung von Kindergeld bei Grundsicherungsleistungen durch den Sozialleistungsträger: 1. Eine Abzweigu...
  • FG Münster 25.3.2011, SIS 11 40 54, Abzweigungsanspruch der Kommune als Grundsicherungsträgerin: 1. Tragen die kindergeldberechtigten Eltern ...
  • BFH 11.8.2010, SIS 10 32 23, Voraussetzungen für die Auszahlung des Kindergeldes an ein volljähriges behindertes Kind, Hinzuziehung ei...
  • BFH 15.7.2010, SIS 10 39 01, Abzweigung des Kindergeldes an den Jugendhilfeträger bei Unterbringung des volljährigen Kindes gegen den ...
  • FG Berlin-Brandenburg 6.7.2010, SIS 10 30 24, Abzweigung von Kindergeld für ein stationär untergebrachtes behindertes Kind an den Sozialleistungsträger...
  • FG Münster 30.11.2009, SIS 11 31 28, Abzweigung von Kindergeld: Eine Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 EStG kommt nicht nur dann in...
  • FG Baden-Württemberg 29.4.2009, SIS 09 20 09, Keine Abzweigung von Kindergeld zugunsten des Sozialhilfeträgers bei erheblichen Sachunterhaltsleistungen...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

I. Der Beigeladene hat zwei 1971 und 1979 geborene, behinderte Kinder, die in seinem Haushalt leben und für die er Kindergeld erhielt. Ab 1.1.2005 bezogen der Beigeladene und seine Ehefrau Arbeitslosengeld II - ALG II - (§§ 19 ff. des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - SGB II - ), auf welches das Kindergeld als Einkommen angerechnet wurde. Sie bekamen insgesamt 510,16 EUR monatlich.

 

Die Kinder erhielten vom Sozialamt der Stadt B (Klägerin und Revisionsbeklagte - Klägerin - ) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), auf die das Kindergeld ebenfalls angerechnet wurde.

 

Auf den Widerspruch des Beigeladenen, der für seine Kinder als gesetzlicher Betreuer bestellt ist, gewährte die Klägerin durch Bescheid vom 9.3.2005 rückwirkend ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung für die Kinder ohne Anrechnung des Kindergeldes.

 

Gleichzeitig (Schreiben vom 9.3.2005) stellte die Klägerin bei der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes, den die Familienkasse mit Bescheid vom 18.3.2005 unter Berufung auf eine Anweisung des Bundeszentralamtes für Steuern (Newsletter 1/2005) ablehnte. Danach komme eine Abzweigung nur in Betracht, wenn der Unterhaltsverpflichtete seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nachkomme. Eine Unterhaltspflichtverletzung sei aber nicht gegeben, solange das Kind im Haushalt des Berechtigten lebe. Der Einspruch der Klägerin war erfolglos.

 

Durch Urteil vom 10.8.2006 14 K 4461/05 Kg (EFG 2006, 1684 = SIS 06 43 82) hob das Finanzgericht (FG) die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete die Familienkasse, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des FG neu zu bescheiden. Das FG führte im Wesentlichen aus:

 

Zu Unrecht habe die Familienkasse angenommen, eine Abzweigung komme nicht in Betracht, weil der Beigeladene seiner Unterhaltsverpflichtung durch Gewährung von Unterkunft und Betreuungsleistungen nachgekommen sei. Denn etwaige Sach- und Betreuungsleistungen des Beigeladenen seien keine Unterhaltsleistungen, da sie entgegen § 1612 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht als Geldrente gezahlt würden. Einzelne Naturalleistungen könnten nicht an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen monatlichen Geldleistungen treten.

 

Zwar habe der Beigeladene seine Unterhaltspflicht nicht verletzt, so dass die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für eine Abzweigung nicht gegeben seien. Es sei aber der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Unstreitig sei der Beigeladene mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig gewesen. Dass tatsächlich kein Unterhalt gezahlt werde, sei nicht erforderlich. Zudem seien die Kosten für die Unterkunft der Kinder von den Leistungen der Grundsicherung für die Kinder (§ 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) erfasst, sodass dem Beigeladenen insoweit keine Aufwendungen für die Kinder entstehen könnten. Grundsätzlich sei somit eine Abzweigung möglich. Die Familienkasse habe daher erneut über den Abzweigungsantrag unter Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens zu entscheiden. Da nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) das Kindergeld in Höhe von 10,25 EUR nicht als Einkommen eines Sozialhilfeempfängers angerechnet werde, könne sich auch im Streitfall die Frage stellen, ob bei Betreuung der Kinder eine Abzweigung des Kindergeldes an die Klägerin nur teilweise geboten sei. Außerdem werden Art und Umfang etwaiger Unterhaltsleistungen des Beigeladenen zu ermitteln sein.

 

Mit ihrer Revision trägt die Familienkasse vor, nach § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG sei das Kindergeld nur dann abzuzweigen, wenn kein Unterhalt geleistet werde. Eine Abzweigung sei jedoch nicht möglich, wenn die Eltern Unterhaltsleistungen mindestens in Höhe des Kindergeldes erbringen würden. Der Beigeladene leiste aber durch die Aufnahme der Kinder in seinen Haushalt Unterhalt, der mindestens die Höhe des Kindergeldes erreiche. Sofern hieran Zweifel bestünden, sei der Umfang der Aufwendungen noch zu ermitteln.

 

Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung dem Grunde nach gegeben sind.

 

Nach § 74 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Sätze 1 und 3 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Abs. 1 EStG auch an die Person oder Stelle ausgezahlt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.

 

Eine Abzweigung setzt voraus, dass der Kindergeldberechtigte zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist, aber keinen Unterhalt leisten will, keinen Unterhalt leisten kann oder als Unterhalt nur einen geringeren Betrag als das Kindergeld zu leisten braucht.

 

Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unterhaltsberechtigt ist nach § 1602 BGB aber nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

 

Zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen zählen grundsätzlich sämtliche Einkünfte, die geeignet sind, den gegenwärtigen Lebensbedarf des Einkommensbeziehers sicher zu stellen. Dazu zählen auch Grundsicherungsleistungen, soweit sie nicht subsidiär sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII bleiben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen i.S. des § 16 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unter 100.000 EUR liegt. Daher sind im Streitfall die Grundsicherungsleistungen für die Kinder des Beigeladenen nicht nachrangig und mindern den unterhaltsrechtlichen Bedarf (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20.12.2006 XII ZR 84/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ - 2007, 1158). Sie führen nicht zu einem gesetzlichen Übergang der Unterhaltsansprüche der Kinder gegen ihre Eltern auf den Leistungsträger (§ 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII), sondern lassen die Unterhaltspflicht der Eltern in diesem Umfang erlöschen (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 8.2.2007 B 9b SO 5/06 R, FamRZ 2008, 51). Da die Grundsicherungsleistungen das Existenzminimum der Kinder sichern, braucht der Beigeladene seinen Kindern keinen Unterhalt zu zahlen.

 

Gleichwohl bleibt der Beigeladene dem Grunde nach zum Unterhalt gegenüber seinen Kindern verpflichtet, auch wenn die Unterhaltsansprüche der Kinder nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII aufgrund seiner Einkommensverhältnisse unberücksichtigt bleiben. Würde er Unterhalt leisten, wären die Leistungen auf die Grundsicherung anzurechnen (BGH-Urteil in FamRZ 2007, 1158). Daher ist der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG (keine Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit) erfüllt.

 

2. Ebenfalls im Ergebnis zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Beigeladene durch die Aufnahme der Kinder in den elterlichen Haushalt keine Unterhaltsleistungen mindestens in Höhe des Kindergeldes erbracht hat, die eine Abzweigung an die Klägerin ausschließen würden.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind zwar bei der Ausübung des Ermessens, ob und in welcher Höhe das Kindergeld an den - dem Kind anstelle des Kindergeldberechtigten Unterhalt gewährenden - Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, auch geringe Unterhaltsleistungen der Eltern zu berücksichtigen. Sind die Leistungen mindestens so hoch wie das Kindergeld, wird eine Abzweigung nicht als ermessensgerecht angesehen (Senatsurteil vom 23.2.2006 III R 65/04, BFHE 212, 481, BStBl II 2008, 753 = SIS 06 30 01, m.w.N.).

 

Dem Beigeladenen sind durch die Aufnahme der Kinder in seinen Haushalt aber keine Unterhaltsleistungen entstanden. Den Unterhalt für die Kinder hat die Klägerin durch die Leistungen der Grundsicherung, die auch Unterkunft und Verpflegung umfassen, erbracht. Der Beigeladene und seine Frau erhalten ALG II, das nur Regelleistungen sowie Unterkunft und Heizung für ihren Bedarf umfasst. Da die Kinder volljährig sind und selbst Leistungen der Grundsicherung beziehen, enthält das ALG II für den Beigeladenen und seine Ehefrau keinen Zuschlag für Kinder. Der Beigeladene und seine Ehefrau verfügen deshalb nur über die für ihren Unterhalt notwendigen finanziellen Mittel. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beigeladene, der als Betreuer für seine Kinder eingesetzt ist, den Unterhalt der Familie aus den erhaltenen Mitteln (ALG II und Grundsicherung) bestreitet (sog. Wirtschaften aus einem Topf). Für die Annahme, der Beigeladene könnte aus seinem ALG II Leistungen für die - über eigene Mittel verfügenden - Kinder erbringen, ist nichts ersichtlich.

 

3. Zu Unrecht hat das FG jedoch unter Berufung auf § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG (keine Anrechnung des Kindergeldes in Höhe von 10,25 EUR als Einkommen eines Sozialhilfeempfängers) angenommen, bei Betreuung der Kinder könne eine Abzweigung des Kindergeldes an die Klägerin nur teilweise geboten sein. Denn diese Regelung des nur bis 31.12.2004 geltenden BSHG ist weder für das ALG II nach SGB II noch für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII übernommen worden. Vielmehr gilt das Kindergeld für ein minderjähriges Kind als Einkommen des Kindes (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII), und das Kindergeld für volljährige Kinder, soweit es nicht an das Kind abgezweigt ist, als Einkommen des Kindergeldberechtigten (BSG-Urteil in FamRZ 2008, 51, m.w.N.). Bei der Ermessensentscheidung, in welcher Höhe das Kindergeld an den - dem Kind anstelle des Kindergeldberechtigten Unterhalt gewährenden - Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, sind Betreuungsleistungen nur insoweit zu berücksichtigen, als dem Kindergeldberechtigten Aufwendungen entstanden sind.

 

Ob im Streitfall allein eine Abzweigung des vollen Kindergeldes in Betracht kommt, kann dahinstehen. Da nur die Familienkasse, nicht auch die Klägerin Revision eingelegt hat, kann der Senat nur die Revision der Familienkasse zurückweisen, nicht aber das FG-Urteil aufheben und zugunsten der Klägerin durcherkennen. Die Familienkasse hat somit erneut über den Antrag der Klägerin auf Abzweigung zu entscheiden.

 

Bei der Ausübung des Ermessens wird die Familienkasse zu berücksichtigen haben, dass der Beigeladene aufgrund seiner geringen finanziellen Mittel kaum Aufwendungen für die Kinder erbracht haben kann. Unterhaltsleistungen des Beigeladenen an seine Kinder hätten im Übrigen zur Folge, dass diese Leistungen auf die Grundsicherungsleistungen für die Kinder anzurechnen wären (BGH-Urteil in FamRZ 2007, 1158). Für den Beigeladenen wäre die Auszahlung des Kindergeldes auch keine finanzielle Entlastung, da es als Einkommen auf das ALG II anzurechnen wäre (BSG-Urteil vom 6.12.2007 B 14/7b AS 54/06 R, FamRZ 2008, 886). Das Kindergeld käme damit letztlich der das ALG II auszahlenden Arbeitsgemeinschaft (ARGE) zugute. Zweck des § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG ist es aber, das Kindergeld an die Person oder Einrichtung auszuzahlen, die anstelle des Kindergeldberechtigten die Kosten des Unterhalts trägt (vgl. Senatsurteil in BFHE 212, 481, BStBl II 2008, 753 = SIS 06 30 01). Wird der Kindergeldberechtigte aber trotz zusätzlichen kindbedingten Aufwands wegen der Kürzung des ALG II durch die Auszahlung des Kindergeldes nicht entlastet, entspräche es sachgerechtem Ermessen, das Kindergeld in voller Höhe an die Klägerin, die den Unterhalt für die Kinder trägt, abzuzweigen.

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Bei der Ermessensentscheidung, in welcher Höhe das Kindergeld an den – dem Kind anstelle des Kinderbgeldberechtigten Unterhalt gewährenden – Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, sind die Betreuungsleistungen nur insoweit zu berücksichtigen, als dem Kindergeldberechtigten Aufwendungen entstanden. Für den Streitfall weist der BFH darauf hin, dass V aufgrund seiner geringen finanziellen Mittel kaum Aufwendungen für die Kinder erbracht haben kann. Im Übrigen wäre die Abzweigung in voller Höhe sachgerecht, da die Auszahlung an V wegen der Anrechnung auf das ALG II für ihn keine finanzielle Entlastung bedeuten würde, sondern der das ALG II auszahlenden ARGE zugute käme.