Grundstücksgeschäfte, nicht erkannter Gewerbebetrieb, Bilanzierung: Im Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", für den erst in einem späteren Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich. Der erste Bilanzansatz eines zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Beginn an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die Einbuchung in die Anfangsbilanz erfolgt gewinnneutral. - Urt.; BFH 26.11.2008, X R 23/05; SIS 09 10 05
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist die Witwe
des am 30.6.1997 verstorbenen Herrn D. D arbeitete im Hauptberuf
als Journalist. Die Eheleute D wurden im Streitjahr 1994
zusammenveranlagt. Die Kläger und Revisionskläger zu 2.
und 3. (im Folgenden: Klägerin zu 2. und Kläger zu 3.)
sind die Kinder des D und dessen gemeinschaftliche
Miterben.
D besaß umfangreiches
Grundvermögen und beteiligte sich in den 70 er und 80er Jahren
als Initiator an Bauherrenmodellen. Danach wurde D neben einem
anderen Initiator stets Gründungsgesellschafter in
Gesellschaften bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Objekt-GbR),
die Grundstücke erwarben und hierauf Wohngebäude
errichteten oder modernisierten. Nach Fertigstellung wurden die
Gebäude nach den Vorschriften des Gesetzes über das
Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (im Folgenden: WEG)
geteilt. Anschließend wurden die Wohnungen den später
eintretenden Gesellschaftern in der jeweiligen Objekt-GbR im
Gesellschaftsvertrag für den Fall einer späteren
Auseinandersetzung „zugewiesen“ und die Gesellschafter
als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen. Die
„Zuweisung“ geschah, indem D oder der Mitinitiator
Teile ihrer GbR-Anteile an die Erwerber der jeweiligen Wohnungen
veräußerten.
Die Bauvorhaben der Objekt-GbRs wickelte
der Mitinitiator (im Folgenden: L) ab. D hatte L mittels eines
Vollmachts- und Treuhandvertrags ermächtigt, ihn
persönlich bei der Abwicklung der einzelnen Bauvorhaben als
Gesellschafter der jeweiligen Objekt-GbRs zu vertreten. D wurde auf
Grundlage dieser Vollmacht mit Kreditverpflichtungen für
Baukosten der Objekt-GbRs und mit Bürgschaften belastet. L
hatte auch Zugriff auf Baukonten des D und tätigte
Überweisungen zu Lasten des D. D vereinnahmte für die
Hingabe der Nachbürgschaften in den Jahren 1981 und 1982 rund
1 Mio. DM von dem L nahestehenden Gesellschaften.
Ende 1983/Anfang 1984 erkannte D, dass sich
mehrere Objekte in einer wirtschaftlichen Schieflage befanden.
Aufgrund einer Vereinbarung vom 28.8.1984 nahm er einen
persönlichen Kredit bei der X-Bank auf, und zwar über
12,9 Mio. DM u.a. für die Objekte A-Straße (11,2 Mio.
DM, im Folgenden: A), B-Straße (600.000 DM, im Folgenden: B)
und C-Straße (900.000 DM, im Folgenden: C).
Die Objekt-GbR B wurde 1987 aufgelöst.
Das Grundstück einer weiteren GbR wurde von der X-Bank
zwangsversteigert.
Am 27.4.1989 schloss D mit der X-Bank einen
notariellen Vergleich. Nach einer Anlage zu diesem
Vergleichsvertrag beliefen sich die Schulden des D bei der X-Bank
zum Vergleichszeitpunkt auf ca. 21,245 Mio. DM und entfielen sowohl
auf Objekte in dessen Privatvermögen als auch auf Objekte in
den Objekt-GbRs. In diesem Vergleich übertrug D seine
GbR-Anteile an den Objekt-GbRs C und A an die X-Bank. Es wurden
sog. Altkredite II im Zusammenhang mit den Objekt-GbRs C, B und A
abgelöst und in einen Neukredit in Höhe von 3,116 Mio. DM
umgeschuldet. Die Kaufpreise für die GbR-Anteile A und C
wurden von der X-Bank als Tilgungsleistungen auf das
Umschuldungsdarlehen anerkannt, so dass es bei einem Restdarlehen
an D in Höhe von 2,5 Mio. DM verblieb. In einer Vereinbarung
zu den sog. Altkrediten III wurden für weitere streitige
Verbindlichkeiten alle bisherigen Konten geschlossen und ein
Neudarlehen an D in Höhe von 3 Mio. DM ausgereicht. Zum Ende
des Streitjahres valutierten die Darlehensverbindlichkeiten
weiterhin in Höhe der Vergleichssummen.
Die Bauherrengemeinschaften A, B, C wurden
beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - )
geführt. Für die Objekt-GbRs B und C wurden einheitliche
und gesonderte Feststellungen durchgeführt und Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung festgestellt. Die Objekt-GbR A wurde
ausschließlich im Einkommensteuerbescheid des D bei dessen
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfasst.
In der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr erklärten D und die Klägerin zu
1. im Hinblick auf das Grundvermögen in den Objekt-GbRs und im
sonstigen Vermögen Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung in Höhe von 412.795 DM und einen positiven
Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 924.708 DM. Die
Einkommensteuer 1994 wurde unter Berücksichtigung eines
Verlustabzugs nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG)
zum 31.12.1993 mit 0 DM festgesetzt und ein verbleibender
Verlustabzug zum 31. Dezember des Streitjahres
festgestellt.
Im Einspruchsverfahren gegen den Bescheid
zur Feststellung des Verlustabzugs zum 31. Dezember des
Streitjahres beantragten die Kläger, den Verlustabzug um 5,5
Mio. DM zu erhöhen. Sie reichten erstmals Bilanzen und Gewinn-
und Verlustrechnungen zum 1. Januar und zum 31. Dezember des
Streitjahres für einen gewerblichen Grundstückshandel und
eine Mehr-Weniger-Rechnung ein. Die Verbindlichkeiten aus der
Vereinbarung mit der X-Bank vom 27.4.1989 zu den Altkrediten II und
III in Höhe von rund 5,5 Mio. DM führten im Wege einer
Bilanzberichtigung zu nachträglichen negativen
Einkünften. D sei gewerblicher Baupate und gewerblicher
Grundstückshändler gewesen. Auf der Aktivseite der Bilanz
wiesen die Kläger die im Streitjahr noch nicht
veräußerten Grundstücke aus weiteren Objekt-GbRs
aus. Auf der Passivseite stellten die Kläger unter anderem die
Verbindlichkeiten aus dem Vergleich mit der X-Bank vom 27.4.1989
ein. Zusätzlich ermittelten sie einen laufenden Verlust aus
dem Grundstückshandel für das Streitjahr in Höhe von
./. 208.063,24 DM.
Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Seine Entscheidung ist in
den EFG 2006, 23 = SIS 05 34 97 veröffentlicht.
Zur Begründung der Revision tragen die
Kläger vor, die Tätigkeit des D als Baupate und die
Veräußerung der Anteile an den verschiedenen Objekt-GbRs
seien Geschäftsvorfälle des gewerblichen
Grundstückshandels, der im Streitjahr noch mit einem
Restbetriebsvermögen fortbestanden habe. Da D nicht die
Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt habe, habe
er gemäß § 4 Abs. 1 EStG zu bilanzieren. In der
Bilanz zum 1. Januar des Streitjahres bestehe das Kapital des D aus
den kumulierten Anschaffungs- und Herstellungskosten der
Grundstücke abzüglich der Abschreibungen und der Schulden
der Vorjahre. Die Einbuchung der Verbindlichkeiten aus der
Vereinbarung vom 27.4.1989 wirke sich gewinnmindernd aus, da diese
zur Erhöhung der Passivposten in der Schlussbilanz des
Streitjahres führten. Die Höhe der Verbindlichkeiten nach
Umschuldung spiegele die Differenz zwischen den erfolgswirksamen
kreditfinanzierten Anschaffungskosten der GbR-Anteile, die
eingetretenen Veräußerungsverluste im
Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels sowie
die Einkünfte aus dem Erlass der ursprünglich
höheren persönlichen Verbindlichkeiten des D aus der
Kreditaufnahme des Jahres 1984 wider. Im Rahmen der
Bilanzberichtigung seien die in früheren
Veranlagungszeiträumen eingetretenen verlustbedingten
Minderungen des Kapitals per Saldo im Streitjahr als dem ersten
noch offenen Veranlagungszeitraum nachzuholen.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, den verbleibenden Verlustabzug zur
Einkommensteuer 1994 des D unter Aufhebung des Urteils des
Schleswig-Holsteinischen FG 2 K 9/02 in Höhe von 5.821.052 DM
festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Die Einbuchung der Verbindlichkeiten sei im
Streitjahr allenfalls erfolgsneutral nachzuholen. Eine
erfolgswirksame Bilanzberichtigung sei nicht möglich. Es gebe
keinen formellen Bilanzenzusammenhang mit einer fehlerhaften
Schlussbilanz des Vorjahres. Die Kläger hätten -
unterstellt ein gewerblicher Grundstückshandel liege vor - wie
bei der Eröffnung eines Betriebs eine Anfangsbilanz auf den 1.
Januar des Streitjahres aufzustellen. In diese seien die
Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten mit den
fortgeführten Buchwerten einzustellen, die sich bei von Beginn
an zutreffender Bilanzierung ergäben. Diese
fehlerberichtigende Einbuchung habe keine Gewinnauswirkung, sondern
sei erfolgsneutral gegen eine Minderung des Kapitals vorzunehmen.
In der Schlussbilanz des Streitjahres seien die Verbindlichkeiten
mit denselben Buchwerten wie in der Anfangsbilanz anzusetzen, so
dass sich auch insoweit im Streitjahr keine Gewinnminderung
ergebe.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat
zutreffend entschieden, dass die Kläger aus der begehrten
Bilanzberichtigung im Streitjahr keine weiteren negativen
Einkünfte beanspruchen können, so dass eine Erhöhung
des bislang festgestellten verbleibenden Verlustabzugs zum 31.
Dezember des Streitjahres (1994) nicht in Betracht kommt.
1. Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums
verbleibende Verlustabzug ist gesondert festzustellen (§ 10d
Abs. 3 Satz 1 EStG). Einen „nicht ausgeglichenen
Verlust“ i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG
können nur Abzugsposten bilden, die auf den Stufen bis zur
Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht durch
Verrechnung mit positiven Einkünften ausgeglichen werden
können. Im Verlustentstehungsjahr liegt gemäß
§ 10d Abs. 3 Satz 2 EStG daher bei der Ermittlung des
Gesamtbetrags der Einkünfte ein „nicht ausgeglichener
Verlust“ vor, wenn die Zusammenfassung der positiven und
negativen Einkünfte des Veranlagungszeitraums gemäß
§ 2 Abs. 3 EStG mit einem Überhang der negativen
Einkünfte und damit einem negativen Gesamtbetrag der
Einkünfte endet (v. Groll, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, § 10d Rz B 280).
2. Die Kläger können aus der geltend
gemachten Bilanzberichtigung in dem behaupteten gewerblichen
Grundstückshandel keine weiteren negativen Einkünfte
beanspruchen (vgl. unter II.2.b), so dass ein bislang
„nicht ausgeglichener Verlust“ gemäß
§ 10d Abs. 3 Satz 2 EStG im Streitjahr nicht vorliegt.
a) Der Senat kann auf der Grundlage der
Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob im
Streitfall von D ein gewerblicher Grundstückshandel aufgrund
dessen Tätigkeit als Mitinitiator der Objekt-GbRs, der
Übernahme persönlicher Verbindlichkeiten und
Bürgschaften gegen Provision und Veräußerung der
Gesellschaftsanteile an den Objekt-GbRs betrieben wurde. Hätte
ein gewerblicher Grundstückshandel vorgelegen, bedeutete dies
im Übrigen auch nicht zwingend, dass die begehrte
Bilanzberichtigung auf der Ebene des D durchzuführen
wäre.
aa) Im Fall gewerblich tätiger
Objekt-GbRs wären die geltend gemachten betrieblichen
Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung vom August 1984 und deren
Umschuldung in der Vereinbarung vom April 1989 als passives
Sonderbetriebsvermögen II des D (vgl. zu Verbindlichkeiten des
Sonderbetriebsvermögens Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl.,
§ 15 Rz 522) bei den jeweiligen Objekt-GbRs zu behandeln, da D
mit den Verbindlichkeiten Schulden der Objekt-GbRs abgelöst
hatte. Die Gewinnauswirkungen hieraus wären in der
Gewinnermittlung auf der Ebene der jeweiligen Personengesellschaft
und in Feststellungsbescheiden gemäß § 180 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung zu erfassen. Sie könnten
von vornherein nicht Gegenstand einer Bilanzberichtigung in einem
eigenen Gewerbebetrieb des D sein.
bb) Denkbar wäre ein gewerblicher
Grundstückshandel des D jedoch, wenn es sich bei den
Objekt-GbRs um vermögensverwaltende - wie bislang veranlagt -
oder gewerblich geprägte Personengesellschaften handelte und D
innerhalb von fünf Jahren mehr als drei GbR-Anteile
veräußert hätte.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach
entschieden hat, ist die Veräußerung des Anteils an
einer vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft
(unabhängig davon, ob es sich um rein
vermögensverwaltende oder gewerblich geprägte
Gesellschaften handelt) der Veräußerung eines
Grundstücks gleichzustellen. Die Anteile sind Objekte im Sinne
der sog. Drei-Objekt-Grenze (BFH-Urteile vom 7.3.1996 IV R 2/92,
BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369 = SIS 96 13 12; vom 10.12.1998
III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390 = SIS 99 06 13, und
vom 5.6.2008 IV R 81/06, BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751 = SIS 08 32 58, m.w.N.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF
- vom 26.3.2004 IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl I 2004, 434 = SIS 04 14 21 Rz 18 bei einer Beteiligung von mindestens 10 %;
Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 15 Rz 74, m.w.N.).
Ein Gesellschafter, der demnach innerhalb von
fünf Jahren mehr als drei solcher Gesellschaftsanteile erwirbt
und verkauft, überschreitet regelmäßig die Grenzen
der privaten Vermögensverwaltung und wird damit zum
gewerblichen Grundstückshändler, wie wenn er mehr als
drei Grundstücke (oder z.B. zwei Grundstücke und zwei
Gesellschaftsanteile) veräußert (BFH-Urteil in BFHE 222,
295, BFH/NV 2008, 1751 = SIS 08 32 58).
Ergibt sich die gewerbliche Betätigung
erst aus einer Gesamtschau der Anteilsveräußerungen
eines Steuerpflichtigen, sind die Gewinne aus den
Anteilsveräußerungen als laufende Gewinne des
gewerblichen Grundstückshandels des Steuerpflichtigen im
Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu erfassen (vgl. zu dieser
„Gesamtbildbetrachtung“ BFH-Entscheidungen vom
3.7.1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11,
und in BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751 = SIS 08 32 58).
Damit wäre ein gewerblicher
Grundstückshandel des D nach den vorstehenden Grundsätzen
aufgrund der Veräußerung von Anteilen an den Objekt-GbRs
jedenfalls denkbar. Der Senat kann aus den Feststellungen des FG
jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, in welchem
Umfang D innerhalb von fünf Jahren Anteile erworben und
veräußert hat. Läge ein gewerblicher
Grundstückshandel aufgrund der Anteilsveräußerungen
auf der Ebene des D vor, könnten auch die
Darlehensverbindlichkeiten aus der Vereinbarung vom 27.4.1989 als
Verbindlichkeiten des notwendigen Betriebsvermögens in diesem
Betrieb anzusehen sein, da die Darlehen aufgenommen wurden, um die
Gebäude zu errichten und die spätere
Veräußerung der Anteile an den Objekt-GbRs zu
ermöglichen.
b) Selbst wenn man den Klägern aber
(hypothetisch) dahingehend folgte, dass D einen gewerblichen
Grundstückshandel betrieben hat und er gemäß §
4 Abs. 1 EStG zur Bilanzierung verpflichtet war, ergeben sich im
Streitjahr aus der Bilanzberichtigung nicht die geltend gemachten
weiteren negativen gewerblichen Einkünfte.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
zählen bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels
die zur Veräußerung bestimmten Grundstücke oder die
Anteile an Grundstücksgesellschaften zum Umlaufvermögen
(BFH-Urteile vom 21.6.2001 III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II
2002, 537 = SIS 01 13 91; vom 14.12.2006 IV R 3/05, BFHE 216, 233,
BStBl II 2007, 777 = SIS 07 06 06; in BFHE 222, 295, BFH/NV 2008,
1751 = SIS 08 32 58; BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 434 = SIS 04 14 21). Wird ein zum Umlaufvermögen zählendes
Grundstück oder ein GbR-Anteil bei einem bilanzierenden
gewerblichen Grundstückshändler mit Darlehensmitteln
erworben, sind sowohl die Kreditaufnahme als auch der
Anschaffungsvorgang gewinnneutrale Geschäftsvorfälle.
Kommt es zum Verkauf des Grundstücks oder GbR-Anteils,
realisiert der Grundstückshändler mit der
Veräußerung erfolgswirksam einen laufenden Gewinn oder
Verlust i.S. des § 15 Abs. 2 EStG.
Die bis 1989 in dem behaupteten gewerblichen
Grundstückshandel des D vorgenommenen
GbR-Anteilsveräußerungen hätten somit nur in den
Zeitpunkten zu laufenden Veräußerungsgewinnen oder
-verlusten geführt, in denen die GbR-Anteile von D bei
Eintritt neuer Gesellschafter in die Objekt-GbRs und im Zuge des
Vergleichs mit der X-Bank im Jahr 1989 an diese
veräußert wurden. Zudem hätte D aufgrund der
Umschuldung im Jahr 1989 betriebliche Erträge realisiert, als
die X-Bank ihm dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnende
betriebliche Verbindlichkeiten teilweise erlassen hat.
bb) Diese - bei Vorliegen eines gewerblichen
Grundstückshandels - eingetretenen Gewinnminderungen lassen
sich aber nicht mittels Einbuchung der Altkredite II und III in die
erstmals aufgestellte Anfangs- und Schlussbilanz des Streitjahres
„nachholen“. Die Einbuchung der Altkredite II
und III müsste in der Anfangsbilanz des Streitjahres
erfolgsneutral zum Buchwert erfolgen. Aufgrund der
unveränderten Buchwerte der Verbindlichkeiten in der
Schlussbilanz des Streitjahres käme es auch nach Einbuchung zu
keiner Gewinnminderung.
(1) Existieren Bilanzen sowohl eines
Berichtigungsjahres als auch des Vorjahres, ist - wie die
Kläger zutreffend ausführen - ein unrichtiger
Bilanzansatz grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu
korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine
Änderung des für das Fehlerjahr ergangenen
Steuerbescheids wegen Festsetzungsverjährung nicht in
Betracht, ist die Richtigstellung grundsätzlich in der ersten,
verfahrensrechtlich noch „offenen” Schlussbilanz
vorzunehmen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10.12.1997 XI R 52/96,
BFHE 185, 164, BStBl II 1998, 377 = SIS 98 12 10; vom 13.6.2006 I R
58/05, BFHE 213, 559, BStBl II 2006, 928 = SIS 06 31 47). Dabei
sind fehlerhafte Bilanzansätze im Rahmen einer
Bilanzberichtigung grundsätzlich erfolgswirksam zu
korrigieren, wenn der Bilanzierungsfehler sich erfolgswirksam
ausgewirkt hat (vgl. BFH-Urteil vom 6.8.1998 IV R 67/97, BFHE 186,
402, BStBl II 1999, 14 = SIS 98 22 18). Wird die Berichtigung
über die sog. Mehr-Weniger-Rechnung nach der
Bilanzpostenmethode - wie von den Klägern befürwortet -
durchgeführt, führt die Erhöhung von Schuldposten in
der Schlussbilanz zu einer Betriebsvermögensminderung und
damit zu einer Minderung des Unterschiedsbetrags gemäß
§ 4 Abs. 1 EStG.
(2) Der BFH hat aber für den Fall eines
„nicht erkannten Gewerbebetriebs“, in dem - wie
im Streitfall - für ein späteres Wirtschaftsjahr nach
Eröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, entschieden,
dass bei erstmaliger Bilanzaufstellung mangels einer vorhergehenden
Schlussbilanz im ersten noch offenen Jahr die Grundsätze des
formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich sind (BFH-Urteil vom
30.10.1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578 = SIS 98 07 78).
Für den ersten Bilanzansatz eines
Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens in der
erstmals aufzustellenden Anfangsbilanz gelten damit die
Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs ebenfalls nicht
(Senatsurteil vom 24.10.2001 X R 153/97, BFHE 197, 105, BStBl II
2002, 75 = SIS 02 02 40; BFH-Entscheidungen vom 28.1.1992 VIII R
28/90, BFHE 168, 30, BStBl II 1992, 881 = SIS 92 20 14; vom
23.6.2000 VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487 = SIS 00 61 46). Der
Bilanzansatz für das zuvor nicht bilanzierte Wirtschaftsgut
bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger
Bilanzierung zu Buche stehen würde (Senatsurteil in BFHE 197,
105, BStBl II 2002, 75 = SIS 02 02 40). Die nachträgliche
Einbuchung des Wirtschaftsguts in die Anfangsbilanz selbst ist eine
berichtigende gewinnneutrale Einbuchung über das Kapitalkonto
und keine Einlage (Senatsurteil in BFHE 197, 105, BStBl II 2002, 75
= SIS 02 02 40).
(3) Diesen Grundsätzen folgend wäre
- das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels im
Streitjahr unterstellt - im Streitjahr zum 1. Januar eine
Anfangsbilanz aufzustellen, in der die dem Gewerbebetrieb
zuzuordnenden Verbindlichkeiten über das Kapitalkonto zum
Buchwert (hier: Nennwert) einzubuchen wären. In der
Schlussbilanz des Streitjahres ergäbe sich keine Änderung
des Buchwerts der Verbindlichkeiten und damit keine
Gewinnauswirkung aus deren bilanzieller Erfassung. Die von den
Klägern begehrte Gewinnminderung, welche allein darauf beruht,
dass sie die Einbuchung der Verbindlichkeiten nach den
Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs nur in der Schlussbilanz
des Streitjahres vornehmen, um dadurch zu einer Erhöhung der
Passivposten und einer Betriebsvermögensminderung zu gelangen,
kann folglich nicht eintreten, weil eine Bilanzberichtigung nach
den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht
vorzunehmen wäre.
Wirtschaftlich betrachtet ist zwar
nachvollziehbar, dass die Kläger per Saldo aus den kumulierten
betrieblichen Veräußerungsverlusten einerseits und den
betrieblichen Erträgen aus dem teilweisen Erlass der
Verbindlichkeiten im Jahr 1989 andererseits in etwa von
betrieblichen Verlusten für die Gesamtdauer des
„Grundstückshandels“ von 5,5 Mio. DM
ausgehen. Diese Verluste beruhen aber nicht auf der bisherigen
Nichterfassung der Verbindlichkeiten. Nur die
Veräußerungsverluste für die zum
Umlaufvermögen gehörenden GbR-Anteile hätten zu
negativen Einkünften im jeweiligen Realisationszeitpunkt
führen können. Eine Nachholung dieser in der
Vergangenheit nicht erfassten möglichen Gewinnauswirkungen
über die Bilanzberichtigung ist jedoch nicht möglich,
weil die bilanzielle Erfassung der Verbindlichkeiten auch bei
zeitgerechter Bilanzierung stets ein gewinnneutraler Vorgang
gewesen wäre.
c) Hinsichtlich der von D aufgenommenen
Nachbürgschaften steht für den Senat nach den
Feststellungen des FG bindend fest (§ 118 Abs. 2 FGO), dass
nicht nachgewiesen worden ist, ob die Vereinbarung vom 27.4.1989 zu
den Altkrediten II und III auch zur Ablösung der
Nachbürgschaften erfolgte.
3. Schließlich ergibt sich auch kein
höherer Verlustabzug aus dem Umstand, dass die Kläger
für das Streitjahr - ohne Berücksichtigung der begehrten
Gewinnminderung aus der Bilanzberichtigung - einen laufenden
Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 208.063,24 DM im
„Grundstückshandelsbetrieb“ des D ermittelt
haben. Dieser Verlust beruht auf einzelnen Ausgaben, die bereits
bei den Werbungskosten der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung in der Einkommensteuerveranlagung des Streitjahres
geltend gemacht und berücksichtigt worden sind. Es handelt
sich bei diesen Aufwendungen um bereits ausgeglichene negative
Einkünfte i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG.
4. Die von den Klägern geltend gemachten
Rechtsverletzungen aufgrund widersprüchlicher
Sachverhaltsfeststellungen des FG im Tatbestand des angefochtenen
Urteils sind im Revisionsverfahren unbeachtlich. Unrichtigkeiten im
Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht im
Rechtsmittelverfahren beim BFH, sondern nur mit einem
fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG (§
108 FGO) geltend zu machen (Senatsbeschluss vom 18.7.2006 X B
206/05, BFH/NV 2006, 1877 = SIS 06 38 78). Im Übrigen wenden
sich die Kläger mit den geltend gemachten Rechtsverletzungen
gegen die Beweiswürdigung und die Feststellungen des FG zu den
Altkrediten II und III, den Eigentumsverhältnissen an den
GbR-Anteilen und den Verkaufsabsichten des D. Die substantiierte
Rüge etwaiger Verfahrensfehler vermag der Senat im Vorbringen
in der Revisionsbegründung nicht zu erkennen. Eine
ausdrücklich erhobene und als solche erkennbare
Verfahrensrüge wäre aber Voraussetzung für eine
Prüfung durch den Senat (vgl. Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 73).
5. Der Antrag, die Zuziehung des
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig
zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im
Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach §
139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum
Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht
des ersten Rechtszugs, im Streitfall das FG (vgl. BFH-Urteil vom
28.3.2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505, 517 = SIS 00 10 39,
m.w.N.).