AdV-Verfahren vor BFH, Sachaufklärung: 1. Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FG hat der BFH als Tatsachengericht grundsätzlich selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung. - 2. Dies steht jedoch einer Zurückverweisung des Verfahrens zur ergänzenden Tatsachenfeststellung durch das FG nicht entgegen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Feststellungen besser durch das FG getroffen werden können und die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf AdV der Zurückverweisung nicht entgegensteht. - Urt.; BFH 6.11.2008, IV B 126/07; SIS 08 42 92
I. Die Antragstellerin und
Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist ein geschlossener
Medienfonds in der Rechtsform einer 2001 gegründeten
gewerblich geprägten GmbH & Co. KG. Das
Geschäftsmodell sah vor, dass der Fonds internationale
Kinofilme im Wege der so genannten unechten Auftragsproduktion
erstellen und verwerten lassen sollte. Mit der Herstellung der
Filme sollten Produktionsdienstleister beauftragt werden, die im
Rahmen eines genehmigten Budgets alle branchenüblichen
Dienstleistungen zur Fertigstellung des Films zu erbringen hatten.
Sämtliche Rechte sollten dem Fonds zustehen. Zur Sicherung der
Fertigstellung war der Produktionsdienstleister verpflichtet, eine
Fertigstellungsgarantie abzuschließen.
Die Verwertung der Filme sollte durch einen
Lizenznehmer erfolgen, der sich in einem Lizenzvertrag zum
weltweiten Vertrieb der Filmrechte verpflichtete. Dem Lizenznehmer
standen in Abhängigkeit von dem Verhältnis der
Nettoerlöse zu den Produktionskosten prozentuale Anteile an
den Nettoerlösen zu. Allerdings war der Lizenznehmer
verpflichtet, die Vertriebs- und Verwertungsverträge so
abzuschließen, dass an den Fonds bei seinem Auslaufen im Jahr
2011 Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 100 % des Anteils
des Fonds an den Produktionskosten zu leisten sein sollten. Zur
Sicherung dieser Verpflichtung war eine befreiende
Schuldübernahme durch die X Bank vereinbart. Die Bank
verlangte dazu die Einzahlung des Barwerts der vom Lizenznehmer zu
leistenden Schlusszahlung.
Die Einhaltung sämtlicher
Verpflichtungen war durch einen Mittelverwendungskontrolleur zu
überwachen. Nettoerlöse während der Laufzeit des
Fonds sollten erneut in der Produktion von Filmen angelegt werden.
Ab dem fünften Jahr war eine Vorabgewinnausschüttung von
3,5 bzw. 4 % der Nettoerlöse vorgesehen.
Der Fonds warb damit, dass durch die
vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere die Schlusszahlung des
Lizenznehmers, 100 % des gezeichneten Kommanditkapitals ohne Agio
bei Ablauf des Fonds nach neun Jahren garantiert zurückgezahlt
würden.
In steuerlicher Hinsicht stellte der Fonds
im Jahr der Zeichnung eine Verlustzuweisung von 104,5 % des
Kommanditkapitals in Aussicht. Neben den vom vierten Jahr an
projektierten Vorabgewinnausschüttungen war im Jahr des
Auslaufens des Fonds ein Veräußerungsgewinn von 184,58 %
des Kommanditkapitals vorgesehen. Für seine Modellrechnungen
bezog sich der Fonds auf das Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 23.2.2001 IV A 6 - S 2241 - 8/01 (BStBl I 2001, 175 =
SIS 01 05 36, so genannter Medienerlass). Er sah sich als
Hersteller und wirtschaftlicher Eigentümer der Filmrechte an
und ging davon aus, dass sämtliche Kosten für selbst
geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens aufgewendet würden, für die nach
§ 248 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und § 5 Abs. 2
des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Aktivierungsverbot
gelte.
Für die Streitjahre (2002 und 2003)
hatte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -
) zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
erklärungsgemäße Gewinnfeststellungsbescheide,
Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über den
vortragsfähigen Gewerbeverlust erlassen. Nach einer
Außenprüfung, die zunächst als Betriebsprüfung
begonnen hatte und dann als Steuerfahndungsprüfung fortgesetzt
wurde, kam das FA zu dem Ergebnis, dass der Fonds abweichend von
dem Emissionsprospekt nur 20 % der budgetierten Produktionskosten
für die Filmproduktion verwendet habe. In Höhe von 80 %
des Budgets seien die Zahlungen des Fonds mittelbar über die
Konten von Produktionsdienstleister und Lizenznehmer bei der X Bank
zur Absicherung des Kommanditkapitals angelegt worden. Der Fonds
könne deshalb einen Betriebsausgabenabzug in Höhe der
verdeckten Kapitalanlagen nicht beanspruchen. Entweder habe es sich
bei den Produktions- und Lizenzverträgen insoweit um
Scheingeschäfte gehandelt, weil die betreffenden Unternehmen
tatsächlich als Agent und Finanzdienstleister tätig
geworden seien. Oder aber es handele sich um einen
Gestaltungsmissbrauch, soweit bei einigen Projekten
tatsächlich Vertragspartner mit Produktion und Vertrieb der
Filme betraut gewesen seien.
Das FA erließ deshalb auf der
Grundlage des Fahndungsprüfungsberichts unter dem 12.12.2006
geänderte Gewinnfeststellungsbescheide. Für das Jahr 2002
wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf -... EUR und
für das Jahr 2003 auf ... EUR festgestellt. In gleicher Weise
ergingen geänderte Gewerbesteuermessbescheide sowie Bescheide
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002 und 31.12.2003.
Gegen sämtliche Bescheide erhob die
Antragstellerin Einspruch und beantragte zugleich Aussetzung der
Vollziehung (AdV). Über die Einsprüche ist noch nicht
entschieden. Die Anträge auf AdV lehnte das FA mit Bescheid
vom 10.5.2007 ab.
Die Antragstellerin beantragte daraufhin am
29.5.2007 beim Finanzgericht (FG) die AdV der geänderten
Bescheide. Das FG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 9.10.2007 8 V
1834/07 (EFG 2008, 23 = SIS 08 02 63) ab und ließ die
Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu.
Mit der Beschwerde, der das FG nicht
abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren nach AdV
der Gewinnfeststellungsbescheide weiter. Das FG habe zu Unrecht
angenommen, dass die Zahlungen das Betriebsvermögen nicht
gemindert hätten. Weder hätte bei Beurteilung der Filme
als Anlagevermögen eine Anzahlung bilanziert werden
müssen noch scheitere das Bilanzierungsverbot daran, dass die
Filme Umlaufvermögen seien.
Die Antragstellerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Bescheide vom 12.12.2006
über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2002 und
2003 bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung in dem gegen
die Bescheide anhängigen Einspruchsverfahren ohne
Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
Es verweist in erster Linie auf das rd.
einen Monat nach Erlass des angefochtenen AdV-Beschlusses ergangene
Strafurteil des Landgerichts (LG), mit dem die früheren
Geschäftsführer der Antragstellerin A und B wegen
Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen von sechs bzw. zwei Jahren
verurteilt worden sind. Das LG war davon überzeugt, es sei
Plan der Antragstellerin gewesen, 80 % der Fondsmittel mit dem Ziel
einer festgeldähnlichen Anlage über den Lizenznehmer an
eine Bank weiterzuleiten. Tatsächlich seien deshalb nur 20 %
der Mittel als Herstellungskosten zu behandeln. Die weiteren 80 %
seien keine „Ausgabe“ und deshalb auch keine
Betriebsausgabe. Es handele sich um einen Aktivtausch, weil die
Antragstellerin anstelle der Barmittel eine unbedingte Forderung
gegenüber der Bank erhalten habe. Die getroffenen
Vereinbarungen seien Scheingeschäfte gewesen. Der Besteuerung
unterliege nach § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) das
verdeckte Geschäft, so dass Verluste nur in Höhe von 20 %
der an die Produktionsdienstleister überwiesenen Gelder
hätten festgestellt werden dürfen. Gegen das Urteil des
LG ist Revision eingelegt worden, über die noch nicht
entschieden ist.
Darauf gestützt trägt das FA vor,
es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide; das LG habe
das Ergebnis der Ermittlungen der Steuerfahndung und der
Staatsanwaltschaft bestätigt. In Bezug auf einen Anteil von 80
% der Fondsmittel sei eine Kapitalanlage vorgenommen worden. Selbst
auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin bestehe eine
Aktivierungspflicht in der betreffenden Höhe. In Bezug auf die
tatsächlich für die Filmproduktion verwendeten 20 % der
Fondsmittel habe es an der Gewinnerzielungsabsicht gefehlt, weil
ein Totalgewinn nicht denkbar gewesen sei. Selbst wenn
Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werde, komme es wegen einer
Pflicht zur Aktivierung von Anzahlungen nicht zu einer
Gewinnminderung. Rechtliche Zweifel würden nur für die
Frage der Anwendung des § 2a EStG bestehen. Sie erfassten aber
allenfalls bis zu 20 % der als Produktionsaufwendungen geltend
gemachten Beträge.
II. Die Beschwerde ist begründet. Unter
Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird das Verfahren an das
FG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die
Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder
teilweise aussetzen.
a) Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2
FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des
angefochtenen Steuerbescheides neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom
10.2.1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182 = SIS 67 01 06, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht
voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden
Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20.5.1997 VIII
B 108/96, BFHE 183, 174 = SIS 97 17 32, m.w.N.).
b) Die Entscheidung über einen Antrag auf
AdV ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des
Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden
Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und
präsenten Beweismitteln ergibt (BFH-Beschluss vom 21.7.1994 IX
B 78/94, BFH/NV 1995, 116). Aus diesen Unterlagen hat das Gericht
seine Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen. Im
Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Antrags auf AdV
durch das FG hat der BFH als Tatsachengericht grundsätzlich
selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung
(BFH-Beschlüsse vom 12.2.1969 VII B 60/66, BFHE 95, 84, BStBl
II 1969, 318 = SIS 69 02 03; vom 18.8.1987 VII B 97/87, BFH/NV
1988, 374; vom 17.3.2008 IV B 100, 101/07, BFH/NV 2008, 1177 = SIS 08 25 06). Diese Pflicht steht jedoch einer Zurückverweisung
des Verfahrens zur ergänzenden Tatsachenfeststellung durch das
FG nicht entgegen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die
Feststellungen besser durch das FG getroffen werden können und
die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf AdV der
Zurückverweisung nicht entgegensteht. Die
Zurückverweisungsbefugnis folgt aus §§ 132, 155 FGO
i.V.m. § 572 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) und ist
Ausfluss eines tragenden Grundprinzips des Instanzenzuges,
nämlich der Aufteilung der Rechtsprechungsfunktionen unter den
Gerichten. Als Revisions- und Beschwerdegericht hat der BFH in
erster Linie die Aufgabe, die EFG zu überprüfen,
wohingegen die Finanzgerichte dem Rechtsuchenden den ersten Zugang
zum Richter zu bieten haben. Sie können diese Aufgabe in der
Regel auch schneller und effektiver erfüllen
(BFH-Beschlüsse vom 8.7.1980 VII B 18/80, BFHE 131, 12, BStBl
II 1980, 657 = SIS 80 03 39; vom 9.7.1998 V B 143/97, BFH/NV 1999,
221 = SIS 98 56 36; vom 22.11.2001 V B 124/01, BFH/NV 2002, 549 =
SIS 02 58 92).
2. Dem Senat stehen nur die aktenkundigen
Tatsachen aus dem Besteuerungsverfahren als Entscheidungsgrundlage
zur Verfügung, nachdem das FG selbst seinem Beschluss
keinerlei Feststellungen zu entscheidungserheblichen Tatsachen
vorangestellt, sondern lediglich auf den Steuerfahndungsbericht,
das von der Antragstellerin vorgelegte Rechtsgutachten, die
Verfahrensakten sowie die Schriftsätze im Aussetzungsverfahren
verwiesen hat. Auf der Grundlage dieser Unterlagen kann der Senat
selbst unter den Bedingungen eines summarischen Verfahrens keine
abschließende Entscheidung darüber treffen, ob zur AdV
ausreichende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Feststellungsbescheide bestehen.
a) In tatsächlicher Hinsicht bedarf es
näherer Feststellungen, welchen Inhalt die von der
Antragstellerin mit ihren Vertragspartnern geschlossenen
Verträge hatten. Dem Senat liegen die geschlossenen
schriftlichen Verträge nicht vollständig vor. In den
Verfahrensakten finden sich einzelne Verträge sowie
Zusammenstellungen und Auszüge aus anderen Verträgen. Dem
Senat fehlen deshalb die Grundlagen für eine Entscheidung der
Frage, ob bei vertragsgemäßem Verhalten die
Geschäftstätigkeit des Fonds als Produktion von Filmen im
Wege der unechten Auftragsproduktion zu beurteilen sein würde,
weil der Fonds selbst Hersteller der zu erstellenden Filme i.S. des
§ 94 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte
Schutzrechte (UrhG) werden sollte.
b) Selbst wenn von einer unechten
Auftragsproduktion ausgegangen werden könnte, lässt sich
ohne nähere Feststellungen nicht beurteilen, welche
Auswirkungen auf den Gewinn der Antragstellerin die an
Produktionsdienstleister geleisteten Beträge haben mussten.
Eine Gewinnminderung durch die Produktionskosten wird zwar
möglicherweise dadurch kompensiert, dass für den
entstehenden Film in gleicher Höhe ein Aktivposten zu
bilanzieren ist. Die vorliegenden Akten gestatten es jedoch nicht,
zumindest summarisch die Erfüllung der Voraussetzungen
für einen solchen Aktivposten zu bejahen.
aa) Der beschließende Senat kann dem FG
nicht in der Auffassung folgen, die von der Antragstellerin
produzierten Filme seien dem Umlaufvermögen zuzuordnen, so
dass das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nicht
greift.
aaa) Das Recht des Filmherstellers nach §
94 UrhG ist handelsrechtlich ein immaterieller
Vermögensgegenstand und steuerrechtlich ein immaterielles
Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 20.9.1995 X R 225/93, BFHE 178, 434,
BStBl II 1997, 320 = SIS 96 03 12, m.w.N.). Ein immaterielles
Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darf aber nach § 5
Abs. 2 EStG (ebenso § 248 Abs. 2 HGB) nur bilanziert werden,
wenn es entgeltlich erworben wurde. Ein selbst geschaffenes
immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darf nicht
bilanziert werden. Dementsprechend wird die Minderung des
Betriebsvermögens durch die Kosten für die Schaffung des
Wirtschaftsguts nicht durch einen Aktivposten kompensiert. Auf
diesem Effekt beruht das den Anlegern von der Antragstellerin
vorgestellte Geschäftskonzept.
bbb) Zum Anlagevermögen gehören nach
der Rechtsprechung des BFH in Anlehnung an § 247 Abs. 2 HGB
alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb
dauerhaft zu dienen. Umlaufvermögen sind demgegenüber die
zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten
Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl.
etwa Urteil vom 9.2.2006 IV R 15/04, BFH/NV 2006, 1267 = SIS 06 25 72, m.w.N.). Die Zuordnung orientiert sich danach maßgeblich
an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb. Ein
Wirtschaftsgut ist dabei nicht deshalb dem Umlaufvermögen
zuzuordnen, weil von Anfang an beabsichtigt ist, es vor Ablauf der
technischen Nutzungsdauer wieder zu veräußern. Dem
Betrieb dient ein solches Wirtschaftsgut bereits dann dauernd, wenn
es längerfristig im Betrieb genutzt wird.
ccc) Die Leistungsschutzrechte eines
Filmherstellers sind regelmäßig Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens, insbesondere dann, wenn Filme zur
lizenzmäßig zeitlich und örtlich begrenzten
Überlassung bestimmt sind. Anders hat der BFH den Fall
beurteilt, dass die Schutzrechte einem Dritten vollständig und
endgültig überlassen werden (BFH-Urteil in BFHE 178, 434,
BStBl II 1997, 320 = SIS 96 03 12). So verhält es sich bei
einer echten Auftragsproduktion, bei der die Rechte aus § 94
UrhG zwar wie bei der unechten Auftragsproduktion in der Person des
Produzenten entstehen, aber dazu bestimmt sind, alsbald und
endgültig in einem einmaligen Akt auf den Auftraggeber
überzugehen. Derartige Schutzrechte werden dem
Umlaufvermögen zugeordnet.
Das FG will auch in Fällen der unechten
Auftragsproduktion eine Zuordnung zum Umlaufvermögen
vornehmen, wenn der Hersteller seine Rechte an dem Film zwar nicht
vollständig und endgültig abgibt, aber doch so
langfristig zur Auswertung überlässt, dass eine
Anschlussverwertung voraussichtlich nur noch einen sehr geringen
wirtschaftlichen Wert haben wird. Der beschließende Senat
neigt dieser Beurteilung nicht zu, weil sich Umlaufvermögen
durch die Zweckbestimmung zum sofortigen Verkauf auszeichnet, die
Nutzung der Schutzrechte im Betrieb durch Vergabe von Lizenzen aber
gerade einen längeren Zeitraum betrifft.
Die Auffassung des FG kann im Übrigen
aber schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie auf
unzureichender Tatsachengrundlage gebildet worden ist. Denn es ist
streitig, ob die von der Antragstellerin produzierten Filme nach
Ablauf der Lizenzierung voraussichtlich keinen oder nur noch einen
geringen wirtschaftlichen Wert haben werden, worauf das FG ohne
diesbezügliche Tatsachenfeststellungen abhebt.
bb) Eine die Produktionskosten kompensierende
Erhöhung des Betriebsvermögens würde sich allerdings
dann ergeben, wenn ein Aktivposten für geleistete Anzahlungen
zu bilden wäre. Auch insoweit gestatten die bisherigen
Tatsachenfeststellungen noch keine Entscheidung.
aaa) Nach § 266 Abs. 2 HGB sind
Anzahlungen auf materielle und immaterielle Anlagegüter als
Aktivposten in der Handelsbilanz und damit nach § 5 Abs. 1
Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz auszuweisen. Als Anzahlungen
werden nach der Rechtsprechung des BFH Vorleistungen auf eine zu
erbringende Lieferung oder Leistung behandelt, die auch in einer
Dienstleistung bestehen kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 4.8.1976 I
R 145/74, BFHE 119, 468, BStBl II 1976, 675 = SIS 76 03 75, und vom
14.3.1986 III R 179/82, BFHE 146, 541, BStBl II 1986, 669 = SIS 86 17 12). Auch Einmalzahlungen können Anzahlungen darstellen
(vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1994 VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl
II 1995, 312 = SIS 95 09 21).
bbb) Die Beantwortung der Frage, ob die von
der Antragstellerin geleisteten Zahlungen an
Produktionsdienstleister als Anzahlungen zu qualifizieren sind,
setzt eine genaue Analyse der mit den Produktionsdienstleistern
geschlossenen Verträge voraus, die dem Senat nicht
vollständig vorliegen.
Sollte sich nach detaillierter Prüfung
ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Aktivierung von
Anzahlungen gegeben sind, müsste weiter entschieden werden, ob
sich das Bilanzierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG auf die
Bilanzierung einer Anzahlung erstreckt.
cc) Eine Erhöhung des
Betriebsvermögens wäre auch dann zu berücksichtigen,
wenn sich aus dem Rechtsverhältnis der Antragstellerin zu den
Produktionsdienstleistern und Lizenznehmern bzw. deren
Garantiegebern und Schuldübernehmern Ansprüche der
Antragstellerin ergeben würden, die bereits zu den streitigen
Bilanzstichtagen als Forderungen aktiviert werden müssten.
aaa) Die Aktivierung von
Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz und damit der
Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz bestimmt sich in erster
Linie nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten. Maßgeblich ist nicht, ob eine Forderung
fällig oder ein Recht realisierbar ist, sondern ob der
Vermögensvorteil wirtschaftlich ausnutzbar ist und einen
durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert darstellt
(BFH-Urteil vom 14.3.2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II
2006, 650 = SIS 06 31 23). Eine rechtlich noch nicht voll wirksam
entstandene Forderung erfüllt diese Voraussetzungen z.B. dann,
wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen
Ursachen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr gesetzt wurden und der
Unternehmer mit der künftigen zivilrechtlichen Entstehung des
Anspruchs fest rechnen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26.4.1995 I R
92/94, BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594 = SIS 95 16 18).
bbb) Die der Antragstellerin zustehenden
Rechte auf Schlusszahlungen, Optionsprämien oder
Produktionskostenerstattungen, auf deren Grundlage den Anlegern die
sichere Rückzahlung ihrer Anlage in Aussicht gestellt wurde,
erfüllen möglicherweise die Voraussetzungen für
wirtschaftlich entstandene Forderungen. Deren Aktivierung
würde die Minderung des Betriebsvermögens durch die
Zahlungen an die Produktionsdienstleister ganz oder teilweise
ausgleichen. Ob und inwieweit die Voraussetzungen für
derartige Aktivposten vorliegen, setzt wiederum eine detaillierte
Analyse des Vertragsgeflechts zwischen der Antragstellerin sowie
den Produktionsdienstleistern, Lizenznehmern,
Schuldübernehmern und Garantiegebern voraus, die anhand der
Aktenlage nicht geleistet werden kann und weitere Feststellungen
erfordert.
Sollten danach die Voraussetzungen für
eine Aktivierung vorliegen, wäre weiter zu prüfen, ob und
ggf. in welchem Umfang zugleich ein Passivposten wegen
gegenüber der Antragstellerin bestehenden Ansprüchen zu
bilanzieren wäre (so etwa Rüber/ Angloher, FR 2008, 498,
505).
c) Der Senat kann nicht von einem anderen
Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ausgehen, als in den
Vertragsurkunden niedergelegt ist. Wären die
Rechtsgeschäfte nur zum Schein abgeschlossen, wie das LG
angenommen hat, müsste festgestellt werden, welchen Inhalt die
Vereinbarungen wirklich hatten. Mit diesem Inhalt wären die
Geschäfte der Besteuerung zu unterwerfen (§ 41 Abs. 2
Satz 2 AO).
Ob und ggf. in welcher Weise aber von den
schriftlichen Vereinbarungen abgewichen wurde, kann anhand der
bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden. Eigene
Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren können zwar
grundsätzlich durch Übernahme von Feststellungen des
strafgerichtlichen Urteils ersetzt werden, sofern das betreffende
Urteil rechtskräftig ist und die Beteiligten die
Feststellungen nicht substantiiert bestreiten (BFH-Urteil vom
13.6.1973 VII R 58/71, BFHE 109, 306, BStBl II 1973, 666 = SIS 73 03 55). Auch aus einem nicht rechtskräftigen Strafurteil
können ausnahmsweise Feststellungen übernommen werden,
wenn die Beteiligten diese nicht substantiiert bestreiten und das
FG sich eine Überzeugung von der Richtigkeit der
Feststellungen bilden kann. Dies gilt nicht nur für eine
Hauptsacheentscheidung des FG, sondern auch im Rahmen der
Entscheidung über die AdV. 3. Da im Streitfall die
Feststellungen des angefochtenen Strafurteils bestritten worden
sind, erachtet der Senat es für angezeigt, die Sache - aus
Gründen der größeren Sachnähe - an die
Vorinstanz zurückzuverweisen, damit diese die erhobenen
Einwände überprüft.