Milchquoten-Verkaufsstelle, Rechnungen, USt-Ausweis: 1. Eine von einem Bundesland eingerichtete Milchquoten-Verkaufsstelle, die Anlieferungs-Referenzmengen an Milcherzeuger überträgt, handelt bei dieser Tätigkeit nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. - 2. Sie ist nicht verpflichtet, in der Rechnung über die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen Umsatzsteuer gesondert auszuweisen. - Urt.; BFH 3.7.2008, V R 40/04; SIS 08 32 59
I. Streitig ist, ob der Kläger und
Revisionsbeklagte (Kläger), ein Landwirt, gegen die Beklagte
und Revisionsklägerin (Beklagte), die Landesanstalt für
Landwirtschaft (LfL) als Rechtsnachfolgerin der Landesanstalt
für Ernährung (LfE), Anspruch auf Erteilung einer
Rechnung über die Übertragung einer
Anlieferungs-Referenzmenge für Milch unter gesondertem Ausweis
von Umsatzsteuer hat.
Die LfE betrieb im Jahr 2001 (Streitjahr)
die Milchquoten-Verkaufsstelle für Bayern (M). Der Kläger
ist Milcherzeuger und Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs
in Bayern. Er versteuerte seine Umsätze im Streitjahr nach den
allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1999
(UStG).
Zur Verringerung von Überschüssen
an Kuhmilch wurde auch im Jahr 2001 von Milcherzeugern, die mehr
als eine bestimmte Menge Kuhmilch (Anlieferungs-Referenzmenge)
lieferten, eine Zusatzabgabe erhoben. Rechtsgrundlage dafür
war die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28.12.1992
über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 405, 1 i.d.F.
der Verordnung (EG) Nr. 603/2001 der Kommission vom 28.3.2001,
ABlEG Nr. L 89, 18 - VO Nr. 3950/92/EWG - ).
Der Kläger erwarb zum 1.4.2001 im
Rahmen einer sog. „regulierten entgeltlichen
Übertragung“ nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur
Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen - MOG - (BGBl
I 1995, 1147) i.V.m. §§ 8 ff. der Zusatzabgabenverordnung
vom 12.1.2000 - ZAV - (BGBl I 2000, 27) eine
Anlieferungs-Referenzmenge.
Diese Übertragung verlief im
Streitjahr wie folgt: Milcherzeuger, die
Anlieferungs-Referenzmengen verkaufen wollten (sog. Anbieter),
reichten zu bestimmten Stichtagen bei der
„Verkaufsstelle“ i.S. des § 8 Abs. 2 ZAV ein
bindendes schriftliches Angebot zur Übertragung einer
Anlieferungs-Referenzmenge zu einem gewünschten Verkaufspreis
ein (§ 9 Abs. 1 ZAV). Zu denselben Stichtagen reichten
Milcherzeuger, die eine Anlieferungs-Referenzmenge kaufen wollten
(sog. Nachfrager), ein bindendes schriftliches Angebot zum Erwerb
einer bestimmten Anlieferungs-Referenzmenge (sog. Nachfragegebot)
zu einem gewünschten Kaufpreis ein (§ 9 Abs. 2 ZAV). Aus
allen Geboten ermittelte die Verkaufsstelle nach Maßgabe des
§ 10 ZAV den sog. Gleichgewichtspreis, das heißt den
Preis, zu dem die angebotene und die nachgefragte Referenzmenge
(annähernd) deckungsgleich waren (§ 10 Abs. 2 ZAV); ggf.
wurden alle Angebote oder Nachfragegebote gekürzt.
Anschließend kürzte die
Verkaufsstelle die angebotenen Anlieferungs-Referenzmengen um 5 %
zugunsten der nationalen Reserve (§ 10 Abs. 4 ZAV) und
übertrug die verbleibenden Anlieferungs-Referenzmengen nach
Maßgabe des § 11 ZAV wie folgt: Die Verkaufsstelle
teilte den zum Zuge gekommenen Nachfragern den Gleichgewichtspreis,
die Höhe der an sie zu übertragenden Referenzmenge sowie
den zu zahlenden Betrag mit (§ 11 Abs. 3 Satz 1 ZAV). Der
Nachfrager überwies anschließend den zu zahlenden Betrag
an die Verkaufsstelle (§ 11 Abs. 3 Satz 2 ZAV). Sodann teilte
die Verkaufsstelle u.a. dem Nachfrager mit, in welcher Höhe
Anlieferungs-Referenzmengen auf ihn übertragen werden (§
11 Abs. 3 Satz 3 ZAV). Auf der Grundlage dieser Mitteilung
berechnete der zuständige Abnehmer von Milch im Sinne der
EG-Milchabgabenregelung (der sog. Käufer, z.B. die für
den Nachfrager zuständige Molkerei) die
Anlieferungs-Referenzmenge des Nachfragers neu und teilte das
Ergebnis dem Nachfrager, der Verkaufsstelle und dem
zuständigen Hauptzollamt (HZA) mit (§ 11 Abs. 3
Sätze 4 und 5 ZAV). Zuletzt überwies die Verkaufsstelle
nach Eingang sämtlicher Beträge von allen Nachfragern die
errechneten Verkaufspreise an die Anbieter (§ 11 Abs. 3 Satz 6
ZAV).
Entsprechend diesem Verfahren beantragte
der Kläger bei der M, die in Bayern die einzige Verkaufsstelle
i.S. des § 8 Abs. 2 ZAV betrieb, auf amtlichem Vordruck die
Übertragung einer Anlieferungs-Referenzmenge von 16.500 kg zu
einem Preis von höchstens 2 DM/kg.
Die M teilte dem Kläger unter dem
3.4.2001 durch „Mitteilung der Verkaufsstelle an erfolgreiche
Nachfrager ... (mit Gebührenbescheid)“ mit, dass er am
Übertragungstermin 1.4.2001 mit seinem Nachfragegebot zum Zuge
gekommen sei. Die an ihn zu übertragende
Anlieferungs-Referenzmenge betrage 16.500 kg zu einem
Standardfettgehalt von 4 %; davon würden 15.813 kg zum
Gleichgewichtspreis (1,58 DM) zugeteilt; 687 kg stammten nach
§ 10 Abs. 2 Satz 3 und 4 ZAV aus der Landesreserve.
Im Rahmen dieser Mitteilung erteilte die M
dem Kläger eine Rechnung über den Erwerb der
Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 24.984,54 DM (15.813 kg
x 1,58 DM), wobei sie keine Umsatzsteuer auswies. Bestandteil der
Mitteilung ist ferner ein auf § 8 Abs. 2 ZAV i.V.m. Art. 6
Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Kostengesetzes gestützter
Gebührenbescheid über 125 DM.
Nach Eingang dieser Beträge teilte die
M dem Kläger durch „Mitteilung über die
Übertragung einer Anlieferungs-Referenzmenge“ vom
9.5.2001 gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 ZAV mit, dass ihm
zum 1.4.2001 eine Anlieferungs-Referenzmenge mit einem
Standardfettgehalt von 4 % in Höhe von 16.500 kg
übertragen werde. Weiter heißt es u.a., diese Mitteilung
gehe nachrichtlich an das für den Kläger zuständige
Amt für Landwirtschaft und Ernährung. Die Neuberechnung
seiner (des Klägers) Anlieferungs-Referenzmenge erfolge jedoch
erst, wenn er entsprechend § 11 Abs. 3 ZAV diese Mitteilung
seiner Molkerei vorgelegt habe. Eine Rechtsbehelfsbelehrung
enthält die Mitteilung nicht.
Den Widerspruch des Klägers gegen
diese Mitteilung, mit dem er den gesonderten Ausweis von
Umsatzsteuer begehrte, wies die LfE durch Widerspruchsbescheid vom
29.8.2001 zurück, weil sie, die LfE, eine hoheitliche
Tätigkeit ausübe und lediglich Vermittlerin der
Anlieferungs-Referenzmengen sei.
Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im
Widerspruchsbescheid erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht
(FG) Nürnberg, das den Rechtsstreit an das seiner Ansicht nach
örtlich zuständige FG München verwies (Beschluss vom
12.8.2002 II 402/2001). Es führte zur Begründung aus,
für die Klage sei zwar der Rechtsweg zu den FG nach § 33
Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO), § 34 Abs. 1 Satz
1 MOG eröffnet. Die Anspruchsgrundlage für die Erteilung
einer Rechnung folge aus dem MOG und der ZAV. Jedoch sei der
Rechtsstreit gemäß § 70 FGO an das nach § 38
FGO örtlich zuständige FG München zu verweisen, weil
die M dort ihren Sitz habe. Die Beschwerde gegen den
Verweisungsbeschluss ließ das FG Nürnberg nicht
zu.
In der Folgezeit teilte die Beklagte dem FG
München mit, die LfE sei zum 1.1.2003 in ihr aufgegangen.
Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs erhob auch
die Beklagte nicht.
Das FG München gab der Klage statt
(vgl. EFG 2004, 1726 = SIS 04 34 43). Es verpflichtete „den
Freistaat Bayern bzw. die LfL“, dem Kläger eine
Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis über den im April 2001
erfolgten Ankauf einer Milchreferenzmenge von 16.500 kg zum Preis
von 11.012,07 EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Höhe
von 1.761,93 EUR zu erteilen.
Das FG München war der Auffassung, es
sei für die Entscheidung der Sache zwar an sich nicht
zuständig, weil der Finanzrechtsweg nicht gegeben sei; der
Verweisungsbeschluss des FG Nürnberg sei jedoch für das
FG München nach § 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes
(GVG) bindend. Das FG Nürnberg habe ausdrücklich den
Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO für gegeben
erachtet und dies ausführlich begründet. Es habe sich
nicht mit der bloßen Feststellung begnügt, dass es
örtlich nicht zuständig sei. Eine Weiterverweisung an ein
anderes Gericht scheide aus.
Die M sei nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG
zur Ausstellung einer Rechnung unter gesondertem Ausweis von
Umsatzsteuer verpflichtet gewesen. Sie habe als Unternehmerin und
nicht hoheitlich gehandelt. Sie habe gegenüber dem Kläger
eine Besorgungsleistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG in Form des
Verkaufs der Anlieferungs-Referenzmenge erbracht. Die M habe die
Leistung im eigenen Namen sowie für fremde Rechnung des
anbietenden Milcherzeugers und deshalb keine Vermittlungsleistung
erbracht, weil nach der Art des Referenzmengenverkaufs der Anbieter
habe anonym bleiben sollen.
Mit ihrer Revision hat die Beklagte
gerügt, der Finanzrechtsweg sei - entgegen der Belehrung im Widerspruchsbescheid - nicht
eröffnet. In der Sache trägt die Beklagte vor, sie habe
lediglich eine Vermittlungsleistung erbracht. Ein
Leistungsaustauschverhältnis liege nur zwischen Anbieter und
Nachfrager vor. Außerdem sei die LfE nicht als Unternehmerin,
sondern hoheitlich tätig geworden. Die Möglichkeit,
Private als Träger einer Verkaufsstelle zuzulassen (§ 8
Abs. 2 Satz 3 ZAV) - wie dies z.B. in Baden-Württemberg
geschehen sei -, führe zu keiner anderen Beurteilung. Sowohl
von den staatlichen als auch von den privaten Verkaufsstellen werde
die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen als
hoheitliche Aufgabe wahrgenommen. Dass der Kläger beim Erwerb
einer Referenzmenge die in dem Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer
nicht als Vorsteuer abziehen könne, sei systembedingt und
unvermeidbar.
Der Senat hat das
Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss vom 13.7.2006 V R 40/04,
BFHE 213, 436, BStBl II 2006, 938 = SIS 06 40 94):
1. Ist eine von
einem Bundesland eingerichtete sog.
„Milchquoten-Verkaufsstelle“, die
Anlieferungs-Referenzmengen gegen Entgelt an Milcherzeuger
überträgt,
a)
|
eine
landwirtschaftliche Interventionsstelle i.S. des Art. 4 Abs. 5
Unterabs. 3, Anhang D Nr. 7 der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), die
Umsätze aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Anwendung der
Verordnungen über eine gemeinsame Marktorganisation für
diese Erzeugnisse bewirkt, oder
|
|
|
b)
|
eine
Verkaufsstelle i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3, Anhang D Nr. 12
der Richtlinie 77/388/EWG?
|
2. Falls die
Frage 1 verneint wird:
a)
|
Ist unter
Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn in einem
Mitgliedstaat sowohl staatliche als auch private
„Milchquoten-Verkaufsstellen“
Anlieferungs-Referenzmengen gegen Entgelt übertragen, bei der
Prüfung, ob die Behandlung einer
„Milchquoten-Verkaufsstelle“ einer Einrichtung des
öffentlichen Rechts als Nicht-Steuerpflichtige zu
„größeren Wettbewerbsverzerrungen“ i.S. des
Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG führen
würde, der räumlich relevante Markt der vom Mitgliedstaat
definierte Übertragungsbereich?
|
|
|
b)
|
Ist bei der
Prüfung, ob die Behandlung einer staatlichen
„Milchquoten-Verkaufsstelle“ als Nicht-Steuerpflichtige
zu solchen „größeren
Wettbewerbsverzerrungen“ führen würde, nur auf den
Regelfall der - flächenungebundenen - Übertragung (durch
eine Verkaufsstelle) abzustellen, oder sind auch andere Arten der -
flächenungebundenen - Übertragung (durch Landwirte als
Steuerpflichtige) mit einzubeziehen, obwohl es sich dabei nur um
Ausnahmefälle handelt?
|
Der EuGH hat diese Fragen wie folgt
beantwortet (Urteil vom 13.12.2007 Rs. C-408/06, Götz, HFR
2008, 193, BFH/NV Beilage 2008, 147, IStR 2008, 180 = SIS 08 10 52):
1.
|
Eine
Milchquoten-Verkaufsstelle ist weder eine landwirtschaftliche
Interventionsstelle i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i.V.m.
Anhang D Nr. 7 der Richtlinie 77/388/EWG in der durch die
Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19.1.2001 geänderten
Fassung noch eine Verkaufsstelle i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3
i.V.m. Anhang D Nr. 12 dieser Richtlinie.
|
|
|
2.
|
Die Behandlung einer
Milchquoten-Verkaufsstelle als Nicht-Steuerpflichtige, soweit sie
i.S. von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG in der durch die
Richtlinie 2001/4/EG geänderten Fassung Tätigkeiten
ausübt oder Leistungen erbringt, die ihr im Rahmen der
öffentlichen Gewalt obliegen, kann nicht zu
größeren Wettbewerbsverzerrungen führen, da diese
Verkaufsstelle in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens
nicht mit privaten Wirtschaftsteilnehmern konfrontiert ist, die
Leistungen erbringen, die mit den öffentlichen Leistungen
konkurrieren. Da dies für jede Milchquoten-Verkaufsstelle
gilt, die in einem von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten
Übertragungsbereich für Anlieferungs-Referenzmengen
tätig ist, ist dieser Übertragungsbereich der
räumlich relevante Markt für die Feststellung
größerer Wettbewerbsverzerrungen.
|
Die Beklagte beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger
beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, in ihrer Abrechnung mit
ihm, dem Kläger, die Umsatzsteuer anteilig, d.h. bezogen auf
die erworbene Referenzmenge auszuweisen, die bei der Auktion auf
Seiten der Verkäufer angefallen ist, weiter hilfsweise, die
Beklagte zu verpflichten, ein Feststellungsverfahren nach §
180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. der dazu ergangenen
Verordnung (VO) bei dem für sie zuständigen Finanzamt
für die Auktion im April 2001 einzuleiten und dabei die mit
den Veräußerern im Gutschriftsverfahren abzurechnenden
Umsatzsteuerbeträge auf die Erwerber der
Anlieferungs-Referenzmengen aufzuteilen.
Er meint, der
Senat sei in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH davon ausgegangen,
dass die Verkaufsstelle in den Leistungsaustausch zwischen
anbietenden und erwerbenden Landwirten einbezogen sei und deshalb
grundsätzlich die Voraussetzungen einer unternehmerischen
Tätigkeit i.S. von Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 bis 4 der
Richtlinie 77/388/EWG erfülle. Weil die Landesanstalt
unstreitig eine öffentlich-rechtliche Einrichtung sei und sie
bei der Übertragung der Milchreferenzmenge nach allgemeiner
Auffassung hoheitliche Aufgaben erfülle, sei entscheidend
für die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 5 der
Richtlinie 77/388/EWG vorlägen, die - vom EuGH verneinte -
Wettbewerbssituation.
Das EuGH-Urteil
gebe aber Anlass, den gesamten Sachverhalt nochmals zu
überdenken und ggf. neu zu beurteilen. Der EuGH habe
nämlich Bedenken, ob es überhaupt auf die Voraussetzungen
des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG ankomme, weil die
Verkaufsstellen - was der Bundesfinanzhof (BFH) prüfen
müsse - möglicherweise schon nach Art. 4 Abs. 1 bis 4 der
Richtlinie 77/388/EWG keine wirtschaftliche Tätigkeit
ausübten und deshalb von vornherein - unabhängig davon,
ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert
seien - Nicht-Steuerpflichtige im Sinne des Umsatzsteuerrechts
seien.
Nach der
Charakterisierung der Leistungen durch den EuGH in Randnr. 19
seines Urteils bestehe die Leistung der Verkaufsstelle nicht in der
Übertragung der Milchreferenzmengen, sondern sie erbringe
anlässlich der Übertragung von Milchreferenzmengen
zwischen anbietenden und erwerbenden Landwirten bestimmte
Dienstleistungen. Bei dieser Beurteilung sei sie somit nicht in den
Leistungsaustausch eingeschaltet; dieser finde vielmehr unmittelbar
zwischen den Landwirten statt. Die Verkaufsstelle habe lediglich
die Funktion eines Vermittlers. Hiervon ausgehend sei es durchaus
möglich und zulässig, dass die Verkaufsstelle anstelle
der anbietenden Landwirte den offenen Umsatzsteuerausweis
gegenüber den abnehmenden Landwirten
übernehme.
Den Kaufpreis
für die Milchquoten schulde nicht die Verkaufsstelle, sondern
der erwerbende Landwirt; sie leite ihn nur weiter. Im Hinblick
darauf, dass Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gemäß
§ 14 Abs. 4 UStG auch von einem Dritten ausgestellt werden
könnten und hier durch einen Umsatzsteuerausweis in den
Abrechnungen der Verkaufsstelle eine Vorsteuerabzugslücke
geschlossen werde, sei es deshalb anzuerkennen, dass die
Verkaufsstelle im Rahmen der ohnehin von ihr durchzuführenden
Abrechnungen mit den Erwerbern im Namen der bei der jeweiligen
Auktion zum Zuge gekommenen Verkäufer Rechnungen mit
Umsatzsteuer ausstellen.
II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die
Beklagte auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem
Umsatzsteuerausweis. Die LfE als Rechtsvorgängerin der
Beklagten ist bei der Übertragung der
Anlieferungs-Referenzmenge durch ihre Verkaufsstelle M auf den
Kläger - entgegen der Auffassung des FG - nicht als
Unternehmerin tätig geworden.
Der vom Kläger erstmals im
Revisionsverfahren gestellte Hilfsantrag, den Beklagten zu
verpflichten, ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 2 AO
i.V.m. der dazu ergangenen VO einzuleiten, ist mangels
Vorverfahrens unzulässig.
1. Die ursprünglich von der Beklagten
erhobene Rüge, das FG München habe zu Unrecht den
Finanzrechtsweg für eröffnet gehalten, hat keinen Erfolg.
Denn der Senat ist durch § 17a Abs. 5 GVG gehindert, dieser
erstmals im Revisionsverfahren erhobenen Rüge nachzugehen.
Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das
Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in
der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg
zulässig ist. Ein Rechtsmittelgericht hat eine
ausdrücklich oder unausgesprochen bejahende Entscheidung des
Gerichts des ersten Rechtszugs über die Zulässigkeit des
Rechtswegs stets als bindend hinzunehmen und darf die
Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht im Rahmen der
Revision prüfen (BTDrucks 11/7030, S. 37, unter II. zu Nr. 1,
S. 36, unter I., jeweils a.E.).
So liegt es im Streitfall. Das FG München
hat in der angefochtenen Vorentscheidung den Finanzrechtsweg -
aufgrund der von ihm angenommenen Bindung an den
Verweisungsbeschluss des FG Nürnberg - für eröffnet
gehalten.
Die Beklagte hat ihre diesbezügliche
Rüge nach Ergehen des Vorlagebeschlusses des Senats, in dem
dargelegt ist, dass der Senat gemäß § 17a Abs. 5
GVG von der Zulässigkeit des Finanzgerichtswegs auszugehen
hat, auch nicht mehr aufrechterhalten.
2. Die Beurteilung des FG, die Beklagte sei
gegenüber dem Kläger verpflichtet, im Bescheid über
die Zuweisung einer Anlieferungs-Referenzmenge Umsatzsteuer
gesondert auszuweisen, hält den Angriffen der Revision nicht
stand.
a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG in der im
Streitjahr (2001) geltenden Fassung ist „der
Unternehmer“ berechtigt und, soweit er die Umsätze
an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen
ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen
auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist, wenn
er steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführt.
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall
nicht vor, weil die M bei der Übertragung der
Anlieferungs-Referenzmenge auf den Kläger nicht als
Unternehmerin tätig geworden ist.
aa) Der Begriff
„Unternehmer“ wird in § 2 Abs. 1 Satz 1
UStG wie folgt definiert: „Unternehmer ist, wer eine
gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig
ausübt.“ Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1
UStG sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nur im
Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art und ihrer land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich
tätig. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des
öffentlichen Rechts sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4
Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) alle
Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen
Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der
Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der
Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich
herausheben; die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Zu
den Betrieben gewerblicher Art gehören nach § 4 Abs. 5
KStG nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der
öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Für die
Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte
nicht aus.
bb) Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs. 2
genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt,
gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Allerdings gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige
Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als
Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder
Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen
Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen
Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren,
Beiträge oder sonstige Abgaben erheben (Art. 4 Abs. 5
Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Etwas anderes gilt jedoch
dann, wenn eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu
größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde
(Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Die
vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als
Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten
Einrichtungen, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht
unbedeutend ist (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie
77/388/EWG). In Anhang D Nr. 7 sind „Umsätze der
landwirtschaftlichen Interventionsstellen aus landwirtschaftlichen
Erzeugnissen, die in Anwendung der Verordnungen über eine
gemeinsame Marktorganisation für diese Erzeugnisse bewirkt
werden“ und in Anhang D Nr. 12 sind
„Umsätze von betriebseigenen Kantinen,
Verkaufsstellen und Genossenschaften und ähnlichen
Einrichtungen“ genannt.
cc) Der Senat braucht im Streitfall nicht zu
entscheiden, ob die M ihre Tätigkeit (überhaupt)
nachhaltig und zur Erzielung eines Entgelts ausgeübt hat (s.
dazu EuGH-Urteil, Götz, in HFR 2008, 193, BFH/NV Beilage 2008,
147, IStR 2008, 180= SIS 08 10 52 Randnrn. 19 bis 22). Denn wenn
die M ihre Tätigkeit nicht nachhaltig und zur Erzielung eines
Entgelts ausgeübt hat, dann war sie schon deshalb keine
Unternehmerin. Andernfalls - wovon der Senat in seinem
Vorlagebeschluss ausgegangen ist -, ist sie jedenfalls deshalb
keine Unternehmerin, weil die dafür nach Art. 4 Abs. 5 der
Richtlinie 77/388/EWG
erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
(1) Die M ist weder
eine landwirtschaftliche Interventionsstelle i.S. von Art. 4 Abs. 5
Unterabs. 3 i.V.m. Anhang D Nr. 7 der Richtlinie 77/388/EWG
(Randnrn. 25 bis 27 des EuGH-Urteils, Götz, in HFR
2008, 193, Beilage 2008, 147, IStR 2008, 180 = SIS 08 10 52) noch
eine Verkaufsstelle i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 i.V.m.
Anhang D Nr. 12 der Richtlinie
77/388/EWG (Randnrn. 28 bis
34 des EuGH-Urteils, Götz, in HFR 2008, 193, BFH/NV Beilage
2008, 147, IStR 2008, 180 = SIS 08 10 52).
(2) Die M hat i.S.
von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG als
Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer
hoheitlichen Befugnisse gehandelt. Wettbewerbsverzerrungen
i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG waren ausgeschlossen (Randnrn. 41 bis 46 des EuGH-Urteils,
Götz, in HFR 2008, 193, BFH/NV Beilage 2008, 147, IStR 2008,
180 = SIS 08 10 52).
Dabei ist die vom EuGH nicht ausdrücklich
entschiedene Frage, ob die M i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG als Einrichtung des öffentlichen Rechts
im Rahmen ihrer hoheitlichen Befugnisse gehandelt hat (Randnr. 43
des EuGH-Urteils, Götz, in HFR 2008, 193, BFH/NV Beilage 2008,
147, IStR 2008, 180 = SIS 08 10 52), aus folgenden Gründen zu
bejahen (vgl. bereits den Vorlagebeschluss des Senats vom 13.7.2006
in BFHE 213, 436, BStBl II 2006, 938 = SIS 06 40 94, unter
II.C.2.a):
M war eine Einrichtung des öffentlichen
Rechts und erbrachte ihre Leistung an den Kläger im Rahmen der
öffentlichen Gewalt, weil sie aufgrund
öffentlich-rechtlicher Sonderregelungen (§§ 8 ff.
ZAV) tätig wurde (vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs
vom 29.4.2008 VIII ZB 61/07, juris). Die Bescheinigung über
den Übergang einer Anlieferungs-Referenzmenge ist ein
feststellender Verwaltungsakt. Dies ergibt sich aus den
Vorschriften der ZAV, wobei die Frage keiner Entscheidung bedarf,
ob die ZAV eine ausreichende gesetzliche Rechtsgrundlage hat (vgl.
dazu Urteile des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 16.9.2004
3 C 35.03, BVerwGE 121, 382, 387 ff.; vom 2.10.2007 3 C 11.07,
Recht der Landwirtschaft - RdL - 2008, 27, unter 4.a). Die
Erteilung der Bescheinigungen ist den zuständigen
Verkaufsstellen als Verwaltungszuständigkeit zugewiesen
(§ 8 Abs. 1, § 8 Abs. 3, §§ 9 bis 11 ZAV); an
sie knüpfen sich im Einzelnen geregelte Rechtsfolgen. Die in
der Bescheinigung getroffene Feststellung über die
Übertragung einer Anlieferungs-Referenzmenge ist für die
Molkerei des Nachfragers (des Milcherzeugers) und die Behörden
bindend.
Allein mit dieser Bescheinigung und auf keine
andere Weise kann der Nachfrager der Molkerei als
Milchkäuferin nachweisen, dass ihm die Referenzmenge zusteht
(§ 11 Abs. 3 Satz 4, § 18 ZAV) und dass er für
Milchlieferungen bis zu dieser Höhe keine Zusatzabgabe
schuldet. Weigert sich die Molkerei, die Referenzmenge zu
berücksichtigen, dann kann sich der Milcherzeuger an das HZA
wenden und eine Neufestsetzung beantragen; aber auch das HZA ist
ausschließlich auf den Nachweis durch eine Bescheinigung nach
§ 11 Abs. 3 Satz 3 ZAV angewiesen: § 18 Abs. 3 Satz 2 der
Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) regelt ausdrücklich,
dass eine für die Neuberechnung der Anlieferungs-Referenzmenge
erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesstelle durch
diesen Antrag beim HZA nicht ersetzt werden kann (vgl. zu
Bescheinigungen nach der MGV über den
Referenzmengenübergang aufgrund einer Pachtlandrückgabe:
BVerwG-Urteil vom 17.4.1997 3 C 2.95, RdL 1997, 278, Buchholz,
Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, 451.512 MGVO Nr. 126, Bayerische
Verwaltungsblätter 1998, 346, unter 3.2.; vgl. auch BFH-Urteil
vom 28.10.1986 VII R 41/86, BFHE 148, 84, unter II.3.).
Auch der Kläger
geht - wie dargelegt - davon aus, dass die M bei der
Übertragung der Milchreferenzmenge nach allgemeiner Auffassung
hoheitliche Aufgaben erfülle.
Der gegenteiligen
Auffassung des FG und des Verwaltungsgerichts Minden (Urteil
vom 16.3.2005 3 K 1239/02, Agrar- und Umweltrecht 2005, 234) vermag
der Senat nicht zu folgen. Beide Entscheidungen gehen -
entsprechend der früheren Rechtsprechung des BFH - davon aus,
kennzeichnend für die Ausübung
öffentlicher Gewalt sei „die Erfüllung
spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der
Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und bei
denen es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der
Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder
behördlicher Anordnung verpflichtet ist“. Dagegen
ist nach der Rechtsprechung des EuGH und der neueren Rechtsprechung
des BFH für die umsatzsteuerrechtliche Abgrenzung
maßgebend, ob eine Einrichtung des öffentlichen Rechts
aufgrund öffentlich-rechtlicher Sonderregelung tätig wird
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5.2.2004 V R 90/01, BFHE 205,
323, BStBl II 2004, 795 = SIS 04 23 49, unter II.4.b bb, m.w.N.;
vom 22.9.2005 V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280 = SIS 05 49 02, unter II.2., m.w.N.; BFH-Beschluss
vom 20.12.2007 V R 70/05, BFH/NV 2008, 719 = SIS 08 13 69, unter
III.1.b).
c) Der Senat folgt nicht der Ansicht des
Klägers und der Beklagten, die M sei lediglich als
Vermittlerin in einen Leistungsaustausch zwischen den abgebenden
und den nachfragenden Milcherzeugern eingebunden gewesen. Vielmehr
hat die M bei der Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge
auf den Kläger in eigenem Namen gehandelt - wie der Senat im
Vorlagebeschluss vom 13.7.2006 des Senats in BFHE 213, 436, BStBl
II 2006, 938 = SIS 06 40 94, unter II.A.3. bereits dargelegt
hat.
aa) Aus dem in diesem Verfahren ergangenen
EuGH-Urteil ergibt sich nichts anderes.
Der EuGH hat die Tätigkeit der M wie
folgt beschrieben (vgl. EuGH-Urteil, Götz, in HFR 2008, ,
BFH/NV Beilage 2008, 147, IStR 2008, 180193 = SIS 08 10 52, Randnr.
19):
„Die im Ausgangsverfahren in Rede
stehende Tätigkeit besteht darin, die Absichten der
Milchproduzenten für ein bestimmtes Milchwirtschaftsjahr
entgegenzunehmen, um denjenigen, die vorhaben, mit ihrer Produktion
unterhalb der für sie geltenden Schwelle zu bleiben, zu
ermöglichen, die Anlieferungs-Referenzmengen, von denen sie
glauben, dass sie sie nicht mehr nutzen werden, zu verkaufen und um
denjenigen, die umgekehrt diese Schwelle überschreiten
möchten, zu ermöglichen, entsprechende
Anlieferungs-Referenzmengen zu erwerben, ohne unter die
Zusatzabgabe nach der VO Nr. 3950/92/EWG zu fallen. Zu der
Tätigkeit gehört es auch, Angebot und Nachfrage zur
Deckung zu bringen und den Gleichgewichtspreis zu ermitteln, die
verkauften Anlieferungs-Referenzmengen entgegenzunehmen und sie den
Erwerbern zuzuteilen sowie den für die Übertragung dieser
Referenzmengen vereinbarten Betrag in Empfang zu nehmen und
auszuzahlen. Daraus ergibt sich, dass die betreffende
Tätigkeit im Sinne der Sechsten Richtlinie als Dienstleistung
anzusehen ist, bei der Angebot und Nachfrage der Milcherzeuger
einander gegenübergestellt werden, wodurch es möglich
wird, zu einem Gleichgewichtspreis zu gelangen. ...“.
bb) Auch aus diesen Darlegungen ergibt sich
kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei ihrer
Tätigkeit lediglich als Vermittlerin in einen
Leistungsaustausch zwischen den abgebenden und den nachfragenden
Milcherzeugern eingebunden war - nämlich in fremdem Namen
gehandelt hätte (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16.3.2000 V R 44/99,
BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361 = SIS 00 08 05).
d) Im Übrigen hätte der Kläger
auch dann keinen Anspruch auf Rechnungserteilung mit gesondertem
Umsatzsteuerausweis, wenn die M lediglich als Vermittlerin
gehandelt hätte. Denn - wie dargelegt - darf nach § 14
Abs. 1 Satz 1 UStG in der im Streitjahr (2001) geltenden Fassung
nur ein Unternehmer Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Die M wurde
aber nicht unternehmerisch tätig.
e) Zwar kann nach § 14 Abs. 4 UStG in der
im Streitjahr (2001) geltenden Fassung eine Rechnung nicht nur von
einem Unternehmer, sondern auch von einem Dritten ausgestellt
werden. Voraussetzung ist aber nach dieser Vorschrift, dass der
Dritte bei Rechnungserteilung im Auftrag des Unternehmers gehandelt
hat. Daran fehlt es hier.
Die M hatte keinen Auftrag der abgebenden
Milcherzeuger, im Rahmen der Abrechnung über die
Übertragung einer Milch-Referenzmenge eine Rechnung mit
gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer zu erteilen. Aus den
Vorschriften der §§ 8 ff. ZAV ergibt sich ein solcher
Auftrag - entgegen der Ansicht des Klägers - ebenfalls nicht.
Vielmehr hat die M die Nachfrager - wie auch den Kläger - in
dem von ihr ausgegebenen Formular über das abzugebende
Nachfragegebot ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie keine
Umsatzsteuer ausweisen werde.
Der Auffassung des Klägers, die M
könne anstelle der anbietenden Landwirte den offenen
Steuerausweis gegenüber den abnehmenden Landwirten
übernehmen, vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.
f) Aus der vom FG herangezogenen Vorschrift
des § 3 Abs. 11 UStG ergibt sich nichts anderes. Danach sind,
wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen
Namen eine sonstige Leistung besorgt, die für die besorgte
Leistung geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistung
entsprechend anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl.
BFH-Urteil vom 29.8.2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320
= SIS 03 01 40) findet § 3 Abs. 11 UStG nicht nur auf
Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der
Geschäftsbesorger (Auftragnehmer) für Rechnung seines
Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern
auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der
Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers
Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf).
Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 11 UStG
sind jedenfalls im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt,
weil die Vorschrift nur für „Unternehmer“
gilt und damit nicht für M.
g) Schließlich gibt auch der Grundsatz
der Neutralität, dessen Verletzung der Kläger rügt,
im Streitfall keine Handhabe, die einschlägigen gesetzlichen
Vorschriften und ihre Voraussetzungen außer Acht zu
lassen.
Das von dem Kläger in diesem Zusammenhang
genannte Urteil des XI. Senats des BFH vom 16.4.2008 XI R 73/07
(juris = SIS 08 27 41) ist nicht einschlägig. Es ist zu §
24 Abs. 2 Satz 3 UStG ergangen und behandelt das aus dem Grundsatz
der steuerlichen Neutralität folgende Verbot,
Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken, bei
der Mehrwertsteuererhebung - z.B. abhängig von der Rechtsform
des Steuerpflichtigen - unterschiedlich zu behandeln (EuGH-Urteile
vom 10.9.2002 Rs. C-141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833 = SIS 02 97 10, und vom 6.11.2003 Rs. C-45/01, Dornier, Slg. 2003, I-12911 =
SIS 04 01 38). Darum geht es im vorliegenden Streitfall nicht.
3. Aus den vorstehenden Gründen scheidet
auch die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung der
Beklagten aus, die Umsatzsteuer anteilig auszuweisen.
4. Der vom Kläger erstmals im
Revisionsverfahren gestellte (weitere) Hilfsantrag, den Beklagten
zu verpflichten, ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 2
AO i.V.m der dazu ergangenen VO einzuleiten, ist mangels
Vorverfahrens (vgl. § 44 Abs. 1 FGO) unzulässig (vgl.
dazu z.B. BFH-Urteil vom 19.5.2004 III R 36/02, BFH/NV 2004, 1655 =
SIS 04 40 65).