Option, Barausgleich des Stillhalters: Der vom Stillhalter einer Kaufoption auf den DAX an den Optionsberechtigten gezahlte Barausgleich (cash-settlement) ist nicht als Werbungskosten bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG abziehbar. - Urt.; BFH 13.2.2008, IX R 68/07; SIS 08 16 99
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) unternahm im Streitjahr (1994) an der Deutschen
Terminbörse Optionsgeschäfte. Er räumte u.a.
Kaufoptionen auf den Deutschen Aktienindex (DAX) mit der
Verpflichtung ein, zum Ende der Laufzeit die Differenz zwischen dem
vereinbarten Basiswert und dem jeweiligen Tageskurs auszugleichen
und erhielt dafür als Stillhalter Optionsprämien von
340.870 DM. Er zahlte zum Ausgleich 556.720 DM.
Im Rahmen der Veranlagung zur
Einkommensteuer für das Streitjahr erklärte der
Kläger die erhaltenen Prämien als Einnahmen im Rahmen von
Einkünften aus Leistungen (§ 22 Nr. 3 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) und die im Barausgleich
geleisteten Zahlungen als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart.
Infolge einer Außenprüfung lehnte es der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) ab, die
Ausgleichszahlungen zu berücksichtigen.
Auch die Klage blieb erfolglos (vgl. SIS 08 02 58): Entstünden dem Stillhalter Aufwendungen, weil die
Option ausgeübt werde, handele es sich - so das Finanzgericht
(FG) - nicht um Werbungskosten.
Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers, die er auf Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1,
§ 22 Nr. 3 EStG stützt. Das auslösende Moment
für den Barausgleich liege im steuerlichen Bereich.
Glattstellung und Barausgleich seien wirtschaftlich gleichartige
Handlungsalternativen. Sie dürften ohne Verstoß gegen
Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht unterschiedlich
behandelt werden.
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid vom 7.1.1998 dahin abzuändern, dass
negative sonstige Einkünfte des Klägers aus Leistungen in
Höhe von 128.501 DM zugrunde gelegt werden.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
Zutreffend hat das FG die Ausgleichszahlungen
des Klägers nicht als Werbungskosten bei seinen
Einkünften aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3
EStG abgezogen.
1. Werbungskosten sind gemäß §
9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen, die bei der Einkunftsart abzuziehen sind,
bei der sie erwachsen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), und das
heißt, durch die sie veranlasst sind.
Die Ausgleichszahlungen des Klägers sind
nicht durch seine Einkünfte als Stillhalter veranlasst.
a) Einkünfte aus Leistungen sind
Entgelte, die der Stillhalter als Entschädigung für die
Bindung und die Risiken, die er durch das Begeben des Optionsrechts
eingeht, unabhängig vom Zustandekommen des Basisgeschäfts
(hier Geschäfte auf den DAX) allein für das Stillhalten
erhält (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.6.2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418,
BStBl II 2004, 995 = SIS 04 32 23, m.w.N.).
b) Der BFH trennt zwischen Eröffnungs-
und Basisgeschäft (so BFH-Urteile vom 24.6.2003 IX R 2/02,
BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752 = SIS 03 37 82, und vom
18.12.2002 I R 17/02, BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126 = SIS 03 19 25). Deshalb bilden das die Prämie auslösende
Stillhaltergeschäft und das Basisgeschäft kein
einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhält die
Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und
rechtlich selbständige Leistung, nämlich für seine
vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko,
in Anspruch genommen zu werden. Er behält sie auch dann, wenn
er aus der Option nicht in Anspruch genommen wird und ein
Basisgeschäft nicht durchführen muss. Er erzielt sie
mithin unabhängig davon, ob es je zu einem Basisgeschäft
kommt oder wie das Optionsgeschäft sonst beendet wird
(eingehend BFH-Urteil vom 17.4.2007 IX R 40/06, BFHE 217, 566,
BStBl II 2007, 608 = SIS 07 19 57).
c) Folge des Trennungsprinzips ist auch:
Verluste aus dem Basisgeschäft erwachsen nicht bei den
Einkünften aus den Stillhaltergeschäften. Sie sind - wie
der BFH schon in seinem Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87 (BFHE 163,
175, BStBl II 1991, 300 = SIS 91 06 02) ausgeführt hat - keine
bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG abziehbaren
Werbungskosten. Ist das Basisgeschäft - wie hier - lediglich
auf die Differenz zwischen verschiedenen Preisen (Verhältnis
des Basispreises zum Börsenpreis) eines Basiswerts zu
bestimmten Stichtagen gerichtet, ist es nicht nach § 23 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i.d.F. des Streitjahres (EStG 1994)
steuerbar. Denn sein Gegenstand ist eben nicht - wie dies § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 1994 voraussetzt - ein
lieferbares Wirtschaftsgut (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteil vom 25.8.1987 IX R 65/86, BFHE 151, 132, BStBl II 1988,
248 = SIS 88 02 02, m.w.N.). Erst durch das Steuerentlastungsgesetz
1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I, 402) wurden derartige
Differenzgeschäfte mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG der
Besteuerung unterworfen (vgl. im Einzelnen BTDrucks 14/23, S. 180
zu Nummer 27 und BTDrucks 14/443, S. 28 zu Nummer 31). Zuvor aber -
und damit auch im Streitjahr - waren weder eine positive Differenz
(Gewinn) als Einnahmen noch eine negative Differenz (Verlust) als
Werbungskosten zu erfassen. Vielmehr liegt der
Vermögensnachteil, den der Stillhalter erleidet, weil er
aufgrund des Basisgeschäfts in Anspruch genommen wird und
einen Ausgleich entrichten muss, auf der Vermögensebene (so
zutreffend auch Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom
27.11.2001, BStBl I 2001, 986 = SIS 02 02 10 Rz 24).
d) Das unterscheidet den Verlust aufgrund des
Differenzausgleichs von den in einem Gegengeschäft gezahlten
Prämien, die der BFH als Erwerbsaufwendungen bei den
Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG beurteilt (BFH-Urteil vom
17.4.2007 IX R 23/06, BFHE 217, 562, BStBl II 2007, 606 = SIS 07 19 56). Zwar ist auch das Glattstellungsgeschäft vom
Eröffnungsgeschäft zu trennen. Der Steuerpflichtige zahlt
die Prämien im Rahmen einer Glattstellung aber vor allem, um
damit seine Einnahmen aus dem Stillhaltergeschäft zu sichern.
Das auslösende Moment für die Ausgaben ist dem
steuerbaren Bereich zuzuordnen, weil der Steuerpflichtige das
Risiko, das er als Stillhalter eingegangen ist und das darin liegt,
Vermögenseinbußen durch ein
Ausführungsgeschäft zu erleiden, durch ein
Glattstellungsgeschäft vermindern will. Muss er das
Basisgeschäft aber durchführen, verwirklicht sich das
Risiko der Spekulation, das nach den Wertungen des Gesetzes -
ebenso wie ein dadurch erzielter Vorteil - vor der Neuregelung
durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG der nicht steuerbaren
Vermögenssphäre zuzuordnen war.
2. Hierin liegt kein Verstoß gegen Art.
3 Abs. 1 GG. Vielmehr ist das Ergebnis (kein Werbungskostenabzug
der im Basisgeschäft erlittenen Verluste) die folgerichtige
Ausprägung der Systematik des § 22 Nr. 2 und 3 EStG.