Aufwendungen für Besuch bei Kind, Schulgeldzahlung: Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar (Fortführung des Senatsurteils vom 28.3.1996 III R 208/94, BFHE 180 S. 551, BStBl 1997 II S. 54 = SIS 96 20 94). - Urt.; BFH 27.9.2007, III R 28/05; SIS 08 02 13
A. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist geschieden. Aus der Ehe sind drei Kinder
hervorgegangen, die im Streitjahr 1999 minderjährig waren und
bei ihrer Mutter in den USA lebten.
In der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr 1999 machte der Kläger Aufwendungen
für die Besuche seiner Kinder in Höhe von 32.140,13 DM
(Flugkosten: 12.735,39 DM, Hotel: 15.057,72 DM, Mietwagen: 3.457,02
DM, Agentur: 890 DM) als außergewöhnliche Belastung
geltend. Das Schulgeld für seine drei Kinder (56.016 DM)
beantragte er, in Höhe von 30 % als Sonderausgaben und im
Übrigen als außergewöhnliche Belastung zu
berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) ließ die Aufwendungen im
Einkommensteuerbescheid für 1999 nicht zum Abzug zu. Für
die Kinder wurden lediglich die doppelten Kinderfreibeträge in
Höhe von 6.912 DM je Kind angesetzt.
Mit dem Einspruch brachte der Kläger
vor, die Besuchskosten seien sowohl zwangsläufig als auch
außergewöhnlich, da sich die Kinder gegen seinen Willen
in den USA befänden. Er habe anwaltlich und auch gerichtlich
versucht, die mit ihm nicht abgestimmte
„Entführung“ der Kinder auf einen anderen
Kontinent rückgängig zu machen. Die Gerichtsverhandlungen
in Deutschland und in den USA hätten aber keinen Erfolg
gehabt. Das FA wies den Einspruch als unbegründet
zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Das Urteil ist in EFG 2005, 1201 = SIS 05 28 79
veröffentlicht.
Das FG führte im Wesentlichen aus, das
Schulgeld sei nicht als außergewöhnliche Belastung
abziehbar. Auch eine teilweise Berücksichtigung als
Sonderausgaben komme nicht in Betracht, da § 10 Abs. 1 Nr. 9
des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 1999 geltenden
Fassung (EStG) nicht für Schulen im Ausland gelte. Die
Besuchskosten könnten ebenfalls nicht als
außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, da
Aufwendungen zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht
sorgeberechtigten Elternteils nicht außergewöhnlich i.S.
des § 33 Abs. 1 EStG seien. Diese Aufwendungen seien
grundsätzlich mit dem Kinderfreibetrag abgegolten, wenn auch
typisiert und in Fällen wie dem Streitfall nicht
annähernd angemessen.
Mit seiner Revision rügt der
Kläger die Verletzung des § 33 EStG.
Er trägt vor, die Besuchskosten seien
außergewöhnlich, da ihm für den
„normalen“ Umgang und Besuch seiner Kinder deutlich
größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl
der Steuerpflichtigen entstünden, die mit ihren Familien in
einem gemeinsamen Haushalt oder auch in Deutschland von ihren
Familien getrennt lebten. Diesen Aufwendungen habe er sich nicht
entziehen können, da er den Entschluss seiner geschiedenen
Frau, mit den gemeinsamen Kindern in die USA auszuwandern, nicht
habe beeinflussen können. Er habe die Lasten der Trennung im
Interesse der Entwicklung und Gesundheit seiner Kinder auf sich
genommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in zahlreichen
Entscheidungen Besuchskosten in „Krankheitsfällen“
als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die
Aufwendungen seien nicht durch die Regelungen des
Familienleistungsausgleichs abgegolten. Außerdem habe der BFH
im Urteil vom 4.12.2001 III R 31/00 (BFHE 198, 94, BStBl II 2002,
382 = SIS 02 08 18) ausgeführt, dass Streitigkeiten über
das Umgangsrecht der Eltern den Kernbereich menschlichen Lebens
beträfen und die damit zusammenhängenden Kosten nicht
durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten seien. Hiermit
seien die Besuchskosten vergleichbar.
Die Schulgeldzahlungen seien angesichts der
desolaten Situation an öffentlichen Schulen in den USA - hohe
Kriminalitätsrate, Drogenkonsum - ebenfalls zwangsläufig
entstanden. Normale im Inland möglicherweise anfallende
Schulkosten seien zwar grundsätzlich durch die Regelungen des
Familienleistungsausgleichs (Kinderfreibetrag,
Ausbildungsfreibetrag usw.) abgegolten. Jedoch habe der BFH
Schulkosten in Krankheitsfällen als
außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Privatschule
stelle durch kleine Klassenverbände eine individuelle
Betreuung sicher. Dies gewährleiste einen Halt der Kinder in
der neuen Umgebung und trage damit zur physischen sowie
insbesondere zur psychischen Schadensbegrenzung bei
Trennungskindern bei. Durch die bessere Integration habe das
gesundheitliche Befinden der Kinder gestärkt werden
sollen.
Während des Revisionsverfahrens am
15.6.2005 hat das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid
für 1999 geändert. Die tatsächlichen Grundlagen des
Streitstoffs sind hiervon nicht berührt worden.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und unter Änderung des Bescheids vom 15.6.2005 die
Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer
außergewöhnlichen Belastung in Höhe von 88.156,13
DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Das dem Verfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen vertritt die Auffassung, die Kosten
für den Umgang des getrennt lebenden Elternteils mit seinem
Kind seien durch den Grundfreibetrag und die Regelungen des
Familienleistungsausgleichs abgegolten.
B. Die Revision führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.
3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
I. Das FG-Urteil ist aus verfahrensrechtlichen
Gründen aufzuheben, weil ihm ein nicht mehr existierender
Bescheid zugrunde liegt.
Das FG hat über den
Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 29.10.2003 in der Fassung
der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2004 entschieden. An die Stelle
dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der
geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 15.6.2005
getreten, der nach § 121 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO
Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Das FG-Urteil ist daher
gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom
14.2.2006 VIII R 40/03, BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198 = SIS 06 19 88, m.w.N.). Da sich durch den Änderungsbescheid die
tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs nicht geändert
haben, kann der Senat nach § 121, § 100 FGO über die
streitigen Rechtsfragen entscheiden und braucht die Sache nicht
nach § 127 FGO an das FG zurückzuverweisen (BFH-Urteil in
BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198 = SIS 06 19 88, m.w.N.).
II. Die Klage ist unbegründet.
1. Die Aufwendungen des Klägers für
die Besuche seiner Kinder in den USA sind nicht als
außergewöhnliche Belastung abziehbar.
a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag
die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem
Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen
als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher
Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen
Familienstandes (außergewöhnliche Belastung)
erwachsen.
Die Aufwendungen entstehen gemäß
§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der
Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen
oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann
(Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den
Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag
nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe
nach).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur
ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach
außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen
Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer
Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33
EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§
32a EStG) berücksichtigt (z.B. Senatsurteil vom 10.5.2007 III
R 39/05, BStBl II 2007, 764, BFH/NV 2007, 1768 = SIS 07 25 17).
Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen
des Kinderlastenausgleichs (Kinderfreibetrag und Kindergeld nach
dem Bundeskindergeldgesetz - BKGG - ) und ab 1996 durch die
Regelungen des Familienleistungsausgleichs (im Streitjahr 1999
Kinderfreibetrag oder Kindergeld - § 32 Abs. 6, § 31 EStG
- ) abgegolten (z.B. Senatsurteile vom 28.3.1996 III R 208/94, BFHE
180, 551, BStBl II 1997, 54 = SIS 96 20 94, und vom 18.6.1997 III R
60/96, BFH/NV 1997, 755 = SIS 97 22 06).
c) Zu den nicht außergewöhnlichen,
bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen
gehören in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe
Angehörige zu besuchen (z.B. Senatsurteile vom 23.5.1990 III R
63/85, BFHE 161, 69, BStBl II 1990, 894 = SIS 90 19 03, und III R
145/85, BFHE 161, 73, BStBl II 1990, 895 = SIS 90 19 04 - Besuch
des Ehegatten bzw. des Kindes in der Haftanstalt - ; vom 24.5.1991
III R 28/89, BFH/NV 1992, 96, m.w.N. - Besuch des kranken Vaters -
), es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke
der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen
(Senatsurteil vom 6.4.1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II
1990, 958 = SIS 90 20 06).
Durch die Regelungen des
Kinderlastenausgleichs bzw. ab 1996 des Familienleistungsausgleichs
sind nach der Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden
Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt
lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur
Personensorge abgegolten (Senatsurteile vom 29.8.1986 III R 209/82,
BFHE 148, 22, BStBl II 1987, 167 = SIS 87 02 06, und vom 12.7.1991
III R 23/88, BFH/NV 1992, 172, unter 1. b). Die Aufwendungen eines
geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu
seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. hat der Senat - in einem
den Veranlagungszeitraum 1990 betreffenden Fall - ebenfalls als
typische - nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu
berücksichtigende - Kosten der Lebensführung behandelt
(Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54 = SIS 96 20 94).
An den Grundsätzen dieser Entscheidung hält der Senat
auch für das Streitjahr 1999 fest.
d) Der Gesetzgeber hat die Aufwendungen des
nicht sorgeberechtigten Elternteils für den Umgang mit seinem
Kind - unabhängig von der Höhe der im Einzelfall
entstehenden Aufwendungen - den typischen Aufwendungen der
Lebensführung zugeordnet, die durch den Kinderlastenausgleich
bzw. ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich
berücksichtigt werden.
Durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom
25.7.1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) hat der
Gesetzgeber den in § 33a Abs. 1 a EStG a.F. geregelten
Freibetrag zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses
aufgehoben. Dieser Freibetrag sollte insbesondere Aufwendungen
abgelten, die einem geschiedenen Elternteil (dem das Kind nicht
zugeordnet war) z.B. durch Besuche des Kindes entstanden. In der
Begründung zum Entwurf des StRG 1990 wird ausgeführt, der
Freibetrag sei zu einer Zeit eingeführt worden, zu der der
barunterhaltspflichtige Elternteil grundsätzlich keine
Steuerermäßigung für seine Kinder erhalten habe.
Der ab 1983 wieder eingeführte Kinderfreibetrag stehe aber
grundsätzlich beiden Elternteilen zur Hälfte zu. Nach der
mehrmaligen Anhebung des Kinderfreibetrags sei „es
berechtigt, Aufwendungen zur Pflege des
Eltern-Kind-Verhältnisses als durch Kinderfreibetrag und
Kindergeld mit abgegolten zu betrachten“ (BTDrucks
11/2157, 150).
e) Der seit 1996 eingeführte
Familienleistungsausgleich (steuerliche Entlastung durch
Kinderfreibetrag oder Kindergeld, § 32 Abs. 6, § 31 EStG)
lässt die vom Gesetzgeber vorgesehene Abgeltungswirkung
unberührt. Der im Veranlagungszeitraum 1999 auch dem nicht
sorgeberechtigten Elternteil zustehende Kinderfreibetrag oder das
Kindergeld (falls der nichtsorgeberechtigte Elternteil Anspruch auf
Kindergeld hat) gelten - ebenso wie im Veranlagungszeitraum 1990
der Kinderfreibetrag und das Kindergeld nach dem BKGG - die zur
typischen Lebensführung rechnenden Kosten für den Umgang
mit dem Kind ab.
f) Die zivilrechtlichen Änderungen zum
Umgangsrecht durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts
(KindRG) vom 16.12.1997 (BGBl I 1997, 2942), das am 1.7.1998 in
Kraft getreten ist (vgl. Art. 17 § 1 KindRG), geben keinen
Anlass, die bisherige Rechtsprechung zu ändern. Nach §
1684 Abs. 1 BGB i.d.F. des KindRG ist jeder Elternteil zum Umgang
mit dem Kind berechtigt und auch das Kind hat das Recht auf Umgang
mit jedem Elternteil. Dem Recht des Kindes entspricht eine
Verpflichtung der Eltern zum Umgang mit dem Kind. Aufgrund dieser
ausdrücklich geregelten Rechtspflicht jedes Elternteils sind
die Aufwendungen zwar als zwangsläufig anzusehen. Dadurch,
dass jeder Elternteil nunmehr nicht nur das Recht, sondern auch die
Pflicht hat, Kontakt zu seinem Kind zu halten, werden aber die zu
den typischen Kosten der Lebensführung gehörenden
Aufwendungen nicht außergewöhnlich i.S. des § 33
EStG.
Das Recht und die Pflicht zum Umgang mit den
eigenen Kindern bestehen auch bei intakten Ehen und ergeben sich
hier aus dem gemeinsamen Sorgerecht für die Kinder. Bei
getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, insbesondere wenn nur
ein Elternteil das Sorgerecht hat, bedarf es jedoch zur Vermeidung
von Streit einer besonderen gesetzlichen Regelung. Steuerrechtliche
Folgerungen hinsichtlich der durch den Umgang mit den Kindern
entstehenden Kosten ergeben sich hieraus aber nicht.
Weder ist es als außergewöhnlich
anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt,
weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche
Lebensgemeinschaft (mehr) besteht, noch sind die aufgrund der
Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den
Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche
Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden
Eltern nicht unüblich, etwa wenn Kinder eine Schule im Ausland
besuchen, auswärtig für einen Beruf ausgebildet werden,
in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer
Rehabilitationseinrichtung untergebracht sind, oder im Rahmen eines
Schüleraustauschs längere Zeit im Ausland leben.
g) Auch aus dem vom Kläger
angeführten Urteil des Senats in BFHE 198, 94, BStBl II 2002,
382 = SIS 02 08 18 folgt nicht, dass die Umgangskosten nicht den
typischen Kosten der Lebensführung zuzuordnen sind.
Das Urteil betraf Aufwendungen für einen
Familienrechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit
seinen bei der Mutter lebenden nichtehelichen Kindern unter Geltung
des § 1711 BGB a.F., nach dem allein der Sorgeberechtigte den
Umgang des anderen Elternteils mit den nichtehelichen Kindern
bestimmen konnte. Prozesskosten sind nach der Rechtsprechung in der
Regel nicht zwangsläufig, es sei denn, der Rechtsstreit
berührt einen existentiell wichtigen Bereich des
Steuerpflichtigen. Das Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern hat
der Senat als einen solchen Bereich angesehen und deshalb bei einer
grundlosen - nach altem Recht möglichen - Verweigerung des
Umgangsrechts durch die sorgeberechtigte Mutter angenommen, dass
die Kosten des Vaters für einen Prozess zur Durchsetzung des
Umgangs mit seinen Kindern aus tatsächlichen Gründen
zwangsläufig seien. Der Senat hat die Aufwendungen auch als
außergewöhnlich beurteilt, weil das die Aufwendungen
auslösende Ereignis - die Verweigerung des Umgangs mit den
Kindern - nur wenige Steuerpflichtige betreffe und somit nicht
durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten sei. Aus der
Zuordnung des Umgangsrechts zum „Kernbereich menschlichen
Lebens“ kann aber nicht geschlossen werden, dass die
für den Umgang mit den Kindern entstehenden Aufwendungen -
anders als die Kosten für Durchsetzung des Umgangsrechts -
außergewöhnlich sind.
h) Entgegen der Auffassung des Klägers
sind die Aufwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt von
Krankheitskosten nach § 33 EStG abziehbar.
Nach der Rechtsprechung des BFH werden
Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen zwar
als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn diese
ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer
Krankheit oder eines Leidens unternommen werden oder den Zweck
verfolgen, die Krankheit oder das Leiden erträglicher zu
machen (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958
= SIS 90 20 06, m.w.N.). Dass der Kläger seine Kinder in den
USA besucht, um - wie er vorträgt - bei diesen krankhafte
Anpassungsstörungen zu vermeiden, erfüllt diese
Voraussetzungen nicht.
i) Nach der Rechtslage im Streitjahr 1999
stand dem Kläger gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG
für jedes Kind ein Kinderfreibetrag in Höhe von 3.456 DM
zu. Da die geschiedene Ehefrau nicht unbeschränkt
steuerpflichtig war, wurde dem Kläger nach § 32 Abs. 6
Satz 3 Nr. 1 EStG je Kind der doppelte Kinderfreibetrag
gewährt. Mit diesem - das sächliche Existenzminimum des
Kindes von der Einkommensteuer freistellenden Kinderfreibetrag
(vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom
10.11.1998 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182
= SIS 99 04 06, unter C. I.) sind ungeachtet ihrer Höhe alle
typischen Lebensführungskosten - wie die im Streitfall durch
den Besuch der Kinder entstandenen Aufwendungen für
Flüge, Übernachtungen, Mietwagen usw. - abgegolten.
2. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass
Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des
Kindes durch den Kinderlastenausgleich bzw. ab 1996 durch den
Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist in
seinen Grundrechten nicht dadurch verletzt, dass diese Kosten nicht
nach § 33 EStG steuerlich berücksichtigt werden.
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergibt
sich im Einkommensteuerrecht für den Gesetzgeber aus dem
allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -
) das Gebot, die Steuerlast an der finanziellen
Leistungsfähigkeit auszurichten, die nach dem objektiven und
subjektiven Nettoprinzip zu bemessen ist. Für den Bereich des
subjektiven Nettoprinzips gebieten Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 1 Abs.
1 und Art. 6 Abs. 1 GG, das Existenzminimum des Steuerpflichtigen
und seiner unterhaltsberechtigten Familie von der Einkommensteuer
zu verschonen. Auf Mittel, die für den Unterhalt von Kindern
unerlässlich sind, darf der Staat bei der Besteuerung nicht in
gleicher Weise zugreifen wie auf Mittel, die der Bürger zur
Befriedigung beliebiger anderer Bedürfnisse einsetzen kann
(z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 4.12.2002 2 BvR 400/98 u.a.,
BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40, und vom
16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356
= SIS 05 30 25, jeweils m.w.N.).
In seinen Entscheidungen in BVerfGE 107, 27,
BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV
2005, Beilage 4, 356 = SIS 05 30 25 hat das BVerfG erstmals
ausgeführt, für die steuerliche Berücksichtigung von
Aufwendungen komme es nicht nur auf deren berufliche oder private
Veranlassung an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen
freier/beliebiger Einkommensverwendung und
„zwangsläufigem, pflichtbestimmten
Aufwand“. Auch wenn Aufwendungen ganz oder teilweise der
Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung
zuzuordnen seien, müsse der Gesetzgeber die unterschiedlichen
Gründe für den Aufwand „im Lichte betroffener
Grundrechte differenzierend würdigen“. Beide
Entscheidungen betrafen Aufwendungen der privaten
Lebensführung, die auch durch den Beruf veranlasst waren
(Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei
Kettenabordnung und bei Ehegatten, die an verschiedenen Orten
beruflich tätig waren, sowie Betreuungsaufwendungen
berufstätiger Eltern).
Nicht nur im Bereich des objektiven, sondern
auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips darf der Gesetzgeber
aber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen
treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen
(BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534 =
SIS 03 19 40, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356
= SIS 05 30 25).
Aufgrund dieser Befugnis des Gesetzgebers
werden das von der Einkommensteuer freizustellende sächliche
Existenzminimum des Steuerpflichtigen durch den Grundfreibetrag und
das sächliche Existenzminimum eines Kindes durch den
Kinderfreibetrag oder das Kindergeld berücksichtigt (vgl.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06, unter C. I.).
Maßgröße für das von der
Einkommensteuer freizustellende sächliche Existenzminimum ist
nach der Entscheidung des BVerfG vom 25.9.1992 2 BvL 5/91 u.a.
(BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413 = SIS 92 21 01, unter C. I.
3.) der im Sozialhilferecht jeweils anerkannte Mindestbedarf.
Dieser umfasste im Streitjahr 1999 den von der zuständigen
Landesbehörde oder dem örtlichen Sozialhilfeträger
festgesetzten Regelsatz (vgl. § 22 Abs. 3 des
Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - ), Leistungen für
Unterkunft und Heizung (§ 3 Abs. 1 und 2 Regelsatzverordnung)
sowie einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen, durch die
laufenden Leistungen nicht gedeckten Grundbedarf
berücksichtigen.
Einmalleistungen werden in der Regel
gewährt für die Instandsetzung sowie Beschaffung von
Hausrat und Bekleidung sowie die „Wahrnehmung besonderer
Anlässe“ (vgl. Dritter Bericht über die
Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für
das Jahr 2001, BTDrucks 14/1926, 2). Einmalleistungen wurden
aufgrund von Sondererhebungen des Statistischen Bundesamtes bei den
örtlichen Sozialhilfeträgern im Streitjahr 1999 für
Alleinstehende mit 16 %, für erwachsene
Haushaltsangehörige mit 17 % und für Kinder mit 20 % der
Summe der Regelsätze angesetzt (Bericht über die
Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für
das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561, 2, 3).
Da die sozialhilferechtlichen Regelsätze
für Kinder altersabhängig und regional verschieden sind,
sind nach der Entscheidung des BVerfG vom 14.6.1994 1 BvR 1022/88
(BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909 = SIS 94 17 06, unter C. II. 1.
c) Durchschnittssätze zu bilden. Dementsprechend wurde das
Existenzminimum eines Kindes mit 6.696 DM (Regelsatz 4.284 DM +
einmalige Leistungen 852 DM + Kaltmiete 1.296 DM + Heizkosten 264
DM) ermittelt (Bericht über die Höhe des Existenzminimums
von Kindern und Familien für das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561,
4) und im Jahr 1999 mit einem Betrag von 6.912 DM von der
Einkommensteuer freigestellt.
b) Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass
Aufwendungen eines getrennt lebenden Elternteils für den
Umgang mit den Kindern durch den Familienleistungsausgleich
abgegolten sind, liegt im Rahmen seines Regelungsspielraums.
In welchem Umfang für den Umgang mit dem
Kind Aufwendungen erbracht werden müssen und ob sie
überhaupt in einem ins Gewicht fallenden Umfang entstehen, ist
von Fall zu Fall verschieden und weitgehend von der
persönlichen, vielfach auf rein privaten Motiven beruhenden
Lebensgestaltung des nicht sorgeberechtigten Elternteils
abhängig. Vielfach entstehen durch die Ausübung des
Rechts und der Pflicht zum persönlichen Umgang nach §
1684 Abs. 1 BGB keine oder nur geringe zusätzliche, über
die in jeder Familie üblichen Aufwendungen hinausgehende
Kosten, weil die Kinder z.B. in der Nähe des nicht
sorgeberechtigten Elternteils wohnen bleiben oder dieser den
Kindern an einen neuen Wohnort nachfolgt. Individueller
Sonderbedarf ist grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des
von der Steuer freizustellenden Existenzminimums zu
berücksichtigen, da bei allen Steuerpflichtigen
gleichermaßen die existenznotwendigen Mindestaufwendungen
typisierend anzusetzen sind. Daher muss bei der Ermittlung des
steuerrechtlichen Existenzminimums auch nicht jede sozialrechtliche
Zusatzleistung mitberücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom
21.6.2007 III R 48/04, BFH/NV 2007, 2176 = SIS 07 31 77). Aus dem
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.8.1995 5 C 15/94 (NJW
1996, 1838), das Kosten für den Umgang mit dem Kind dem Grunde
nach als sozialhilferechtlichen, nicht durch die Regelsätze
abgedeckten Bedarf angesehen hat, für den einmalige Leistungen
nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22
Abs. 1 Satz 2 BSHG in Betracht kommen können, lassen sich
für die steuerrechtliche Behandlung keine Schlüsse
ziehen.
In welchem Umfang durch eine zusätzliche
steuerliche Entlastung der Umgang mit dem Kind erleichtert und
gefördert werden soll, liegt im Regelungsermessen des
Gesetzgebers (Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54 =
SIS 96 20 94).
3. Die Schulgeldzahlungen sind weder als
außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG noch
teilweise als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
abziehbar.
a) Nach § 33a Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 EStG
sind Aufwendungen für die - auch die Schulausbildung
umfassende - Berufsausbildung von Kindern nicht als
außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu
berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des Senats
schließt § 33a Abs. 5 EStG den Abzug von Aufwendungen
für die Ausbildung des Kindes grundsätzlich nur dann
nicht aus, wenn durch außergewöhnliche Umstände -
wie die Krankheit des Kindes - zusätzliche durch den
Ausbildungsfreibetrag und den Familienleistungsausgleich nicht
abgegoltene besondere Aufwendungen entstehen (z.B. Senatsbeschluss
vom 17.4.1997 III B 216/96, BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752 = SIS 97 15 05, m.w.N., und BFH-Urteil vom 23.11.2000 VI R 38/97, BFHE
193, 553, BStBl II 2001, 132 = SIS 01 03 85).
Eine Berücksichtigung dieser Kosten ist
nur dann möglich, wenn es sich um unmittelbare
Krankheitskosten handelt, d.h. sie müssen ausschließlich
zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt werden oder
den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen. Diese
Voraussetzungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt. Es
genügt nicht, dass - wie der Kläger vorträgt - die
Privatschule durch kleine Klassenverbände eine individuelle
Betreuung sicherstelle und auf diese Weise Anpassungsstörungen
seiner Kinder vermeide. § 33 EStG ist nicht anwendbar, wenn
ein Kind aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen
Gründen in einer Privatschule untergebracht wird; es handelt
sich in derartigen Fällen um Kosten der Berufsausbildung und
nicht um Krankheitskosten (Senatsbeschluss in BFHE 183, 139, BStBl
II 1997, 752 = SIS 97 15 05, und Senatsurteil vom 18.4.1990 III R
160/86, BFHE 161, 447, BStBl II 1990, 962 = SIS 90 20 07).
b) Die Kosten für die Schule sind auch
nicht mit einem Teilbetrag als Sonderausgaben zu
berücksichtigen.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind 30 % des
Entgelts als Sonderausgaben abziehbar, das der Steuerpflichtige
für ein Kind (für das er einen Kinderfreibetrag oder
Kindergeld erhält) für den Besuch einer gemäß
Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht
erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten
allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet. Die von den
Kindern besuchte „... Country Day School“ in den
USA erfüllt diese Voraussetzungen nicht; es handelt sich nicht
um eine von der ständigen Konferenz der Kultusminister der
Länder anerkannte deutsche Schule im Ausland (vgl. hierzu
BFH-Urteil vom 14.12.2004 XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl II 2005,
518 = SIS 05 21 61).
Das Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften vom 11.9.2007 C-76/05 (DStR 2007,
1670 = SIS 07 34 68) berührt den Streitfall nicht, da das aus
dem EG-Vertrag abgeleitete Verbot, Schulgeldzahlungen nur für
den Besuch inländischer Schulen steuerlich zu
berücksichtigen, lediglich Schulgeldzahlungen an Schulen in
Mitgliedstaaten betrifft, nicht aber Zahlungen an Schulen in
Drittländern wie in den USA.