Zinsen aus Lebensversicherung, steuerschädliche Verwendung eines Darlehens: 1. Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden und das aufgenommen wird, um die Einlage eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters zu finanzieren, zunächst auf ein verzinsliches Girokonto des Gesellschafters eingezahlt, so erfüllt das Darlehen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG. - 2. Es kommt nicht darauf an, dass Forderungen auf Girokonten wegen deren geringfügiger Guthabenverzinsung u.U. nicht geeignet sind, eine Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen. - 3. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Zahlung auf ein Girokonto des Gesellschafters bei nachfolgender Überweisung der Darlehensmittel auf ein Konto der GmbH lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" darstellen soll. - 4. Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig. - Urt.; BFH 4.7.2007, VIII R 46/06; SIS 07 36 26
I. Die Beteiligten streiten über die
Steuerpflicht von Zinsen aus einer
Kapitallebensversicherung.
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war Inhaber einer Kapitallebensversicherung bei der X
mit einer Gesamtlaufzeit von 29 Jahren. Ablaufdatum der
Versicherung war der 1.4.2004.
Im Februar 2004 erhielt der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) eine Anzeige der X
gemäß § 29 Abs. 1 der
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), in der u.a.
mitgeteilt wurde, der Versicherungsvertrag diene mit einem
Nennbetrag/Auszahlungsbetrag in Höhe von 18.900 EUR der
Tilgung eines Darlehens. Auf Anfrage des FA teilte der Kläger
mit, die Darlehensmittel seien für eine Kapitaleinlage in die
Y-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er sei, verwendet
worden.
Das FA stellte daraufhin mit Bescheid
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen
aus Kapitallebensversicherungen vom 2.6.2004 die Steuerpflicht der
außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu
der Versicherung des Klägers bei der X enthaltenen
Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung
fest.
Den dagegen eingelegten Einspruch
begründete der Kläger damit, im Zuge von
Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der nominellen
Überschuldung der Y-GmbH sei beschlossen worden,
Mietverbindlichkeiten gegenüber Frau A zu tilgen, der
Eigentümerin des von der GmbH genutzten Grundstücks. Auf
Drängen der Bank ... sei die Beleihung der Versicherung nebst
Darlehensauszahlung erfolgt. Die Bildung einer Kapitalrücklage
bei der Y-GmbH sei steuerunschädlich.
In der Folge stellte sich heraus, dass die
Darlehensauszahlung am 8.12.2003 auf ein Girokonto des Klägers
bei der Bank ... erfolgt war, das mit ca. 0,5 % Guthabenzins
verzinst wurde. Mehr als einen Monat später, am 14.1.2004 bzw.
22.1.2004, wurde das Geld von jenem Girokonto unter dem
Verwendungszweck „Kapitalrücklage“ auf ein Konto
der Y-GmbH überwiesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2005
wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Das mit
der Kapitallebensversicherung des Klägers abgesicherte
Darlehen habe der Finanzierung einer Kapitalrücklage gedient,
so dass die Finanzierungskosten Werbungskosten bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen darstellten. Die
Verwendung der Lebensversicherung sei steuerschädlich i.S. des
§ 10 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die
Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG seien
nicht erfüllt, weil zwischen der Überweisung der
Darlehensmittel auf das Konto des Klägers und der
nachfolgenden Überweisung an die Y-GmbH ein Zeitraum von mehr
als 30 Tagen liege.
Die dagegen erhobene Klage wies das
Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2006, 1827 = SIS 07 01 99
veröffentlichten Urteil vom 14.9.2006 11 K 4804/05 F ab. Es
entschied, der Ausnahmefall des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2
i.V.m. Satz 4 EStG sei nicht erfüllt, weil die Ansprüche
aus dem Versicherungsvertrag der Tilgung eines Darlehens gedient
hätten, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten des
Klägers bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen
seien. Der Kläger habe die Darlehensmittel in Höhe von
18.900 EUR wirtschaftlich für eine Kapitalrücklage bei
der Y-GmbH verwendet, deren Alleingesellschafter er sei. Zwar sei
der Darlehensbetrag zunächst auf ein privates Girokonto des
Klägers geflossen und damit nicht steuerschädlich
verwendet worden. Vom Girokonto sei das Geld aber mehr als einen
Monat später an die Y-GmbH überwiesen worden, so dass das
Darlehen bei wirtschaftlicher Betrachtung für eine Einlage bei
der GmbH verwendet worden sei. Finanzierungskosten für eine im
Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung seien
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Gleiches gelte - wie hier - für Finanzierungskosten im
Zusammenhang mit nachträglichen Aufwendungen auf die
Beteiligung. Demgemäß seien die Zinsen aus der zur
Darlehenstilgung verwendeten Lebensversicherung gemäß
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nur steuerfrei, wenn das
Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der
Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung gedient habe. Das sei bei
einem Einbehalt des Darlehensbetrages auf dem privaten Girokonto
des Klägers von deutlich mehr als 30 Tagen nicht der Fall,
zumal die Einzahlung des Darlehensbetrages auf das private
Girokonto des Klägers kein lediglich notwendiges
Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen
Zahlungsgestaltung sei.
Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 6, 10 Abs. 2 Satz 2
EStG. Er macht geltend, es handle sich im Streitfall um kein
Steuersparmodell, so dass eine wortlautkorrigierende Auslegung des
Gesetzes geboten sei. Der Gesetzgeber habe nicht die Absicht
gehabt, Fälle wie den hier zu beurteilenden mit der
Einführung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG zu
treffen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen
aus Kapitallebensversicherungen vom 2.6.2004 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 28.10.2005 unter Aufhebung des Urteils
des FG Düsseldorf vom 14.9.2006 11 K 4804/05 F
aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision des Klägers ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat rechtsfehlerfrei
entschieden, dass der angefochtene Bescheid über die
gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der
außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen
zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen
(§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) rechtmäßig ist.
1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2
der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über
die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §
180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur
Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der
Abgabenordnung vom 16.12.1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3)
stellt das für die Einkommensbesteuerung des
Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht
der außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen
enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert
fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den
Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht
erfüllt sind. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen
bestehen nicht (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
§ 180 AO Rz 497 f., m.w.N.).
2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den
Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall
enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG
steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht
für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im
Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach
Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.
Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben
Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als
Sonderausgaben abgezogen werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F.
des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25.2.1992
(BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) - nachfolgend bis zum
31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG - gilt die
Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2
Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b
EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen
Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in
denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG
abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit
Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Senatsurteile
vom 13.7.2004 VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060 =
SIS 04 38 15; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181 = SIS 05 07 54, und
VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184 = SIS 05 07 55). Anwendbar ist diese
Regelung, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach
dem 13.2.1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. § 52
Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG
1992).
Die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs
sind aber auch nach dieser erweiterten Fassung des Gesetzes nicht
erfüllt.
a) Die vom Kläger abgeschlossene
Lebensversicherung ist unstreitig eine Versicherung i.S. des §
10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.
b) Die Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag haben nach dem 13.2.1992 auch zur Sicherung
eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten
bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen
sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Denn Finanzierungskosten
zur Anschaffung oder Erhöhung von GmbH-Anteilen sind nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
unabhängig davon, ob die Fremdfinanzierung erforderlich oder
die Eigenfinanzierung möglich war, Schuldzinsen, die dem
Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG
unterliegen (vgl. BFH-Urteile vom 21.7.1981 VIII R 128/76, BFHE
134, 119, BStBl II 1982, 36 = SIS 82 25 23; vom 9.8.1983 VIII R
276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29 = SIS 83 23 03; für
Zinsen zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17
EStG BFH-Urteil vom 21.1.2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II
2004, 551 = SIS 04 22 00; zum Schuldzinsenabzug für
Gesellschafterdarlehen zur Erhöhung des Stammkapitals
BFH-Urteil vom 18.2.1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997,
647 = SIS 97 21 73, m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die Zinsen im
Zusammenhang mit einem Darlehen anfallen, das aufgenommen wird, um
die Einlage eines wesentlich beteiligten Gesellschafters zu
finanzieren (vgl. BFH-Urteil vom 19.4.2005 VIII R 45/04, BFH/NV
2005, 1545 = SIS 05 36 98 zur Refinanzierung von Zahlungen auf
eigenkapitalersetzende Bürgschaften). Wenn der Kläger als
alleiniger Gesellschafter der Y-GmbH durch eine Einlage deren
Kapitalrücklage erhöht, d.h. einen Passivposten mit
Eigenkapitalcharakter (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl.,
§ 5 Rz 496, m.w.N.), so stärkt er damit die
Eigenkapitalbasis der Gesellschaft und verbessert deren
Fähigkeit, Ausschüttungen vorzunehmen, an denen er nach
Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regelungen teil hat
(vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 181 = SIS 05 07 54). Die
Darlehenszinsen des Klägers sind daher Werbungskosten bei
seinen Einkünften aus Kapitalvermögen.
c) Da das Darlehen unstreitig nicht zur
Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen
worden ist und damit kein betrieblich veranlasstes Darlehen war
(§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) und es sich bei der
Lebensversicherung des Klägers auch nicht um eine
Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b
EStG), kann die Steuerpflicht nur dann entfallen, wenn die
Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG
erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar
und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder
Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur
Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist.
Daran mangelt es im Streitfall. Denn die vornehmlich zwischen den
Beteiligten umstrittene Frage, ob das durch die Lebensversicherung
abgesicherte Darlehen „unmittelbar und
ausschließlich“ der Finanzierung der Kapitaleinlage
in die Y-GmbH gedient hat, ist entgegen der Auffassung des
Klägers zu verneinen.
aa) Dadurch, dass der Darlehensbetrag nicht
direkt auf ein Konto der GmbH, sondern auf ein mit 0,5 %
Guthabenzins verzinsliches Girokonto des Klägers eingezahlt
wurde, ist es zunächst zur Begründung einer Forderung des
Klägers gegenüber der kontoführenden Bank verwendet
worden. Dass Forderungen auf Girokonten wegen deren
geringfügiger Guthabenverzinsung u.U. nicht geeignet sind,
eine Einkunftserzielungsabsicht zu begründen, ist insoweit
nicht relevant. Denn § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG stellt lediglich
darauf ab, ob die Schuldzinsen ihrer Rechtsnatur nach
Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben sind, nicht aber darauf, ob
diese wegen vorhandener bzw. fehlender Einkunftserzielungsabsicht
abziehbar sind oder nicht.
Dass der Kläger der Bank gegenüber
u.U. Verpflichtungen aus Bürgschaften hatte, die er zugunsten
der Y-GmbH gegeben hatte, ändert an der Begründung seiner
Forderung nichts. Zum einen ist weder aus den tatsächlichen
Feststellungen des FG, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO
gebunden ist, noch aus dem Vorbringen des Klägers ersichtlich,
dass er von der Bank aus einer Bürgschaft zugunsten der Y-GmbH
in Anspruch genommen worden ist. Demnach kann auch nicht davon
ausgegangen werden, dass eine Forderung gegen den Kläger, mit
der die Bank dessen Forderung gegebenenfalls durch Aufrechnung zum
Erlöschen gebracht haben könnte, entstanden ist. Zum
anderen hätte die bloße Existenz einer Forderung der
Bank gegen den Kläger aber auch keine unmittelbaren
Auswirkungen auf dessen Forderung. Der dem Girokonto des
Klägers zugrunde liegende Girovertrag i.S. des § 676 f.
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist als
Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter
anzusehen, in dem die grundlegenden Rechte und Pflichten der
Vertragsparteien über die Führung des Girokontos als
Kontokorrentkonto und über die Abwicklung des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs festgelegt werden (Staudinger/Martinek (2006),
BGB, § 676 f. Rz 2, m.w.N.). Ein Kontokorrent hat jedoch nur
zur Folge, dass die aus der Verbindung entspringenden
beiderseitigen Ansprüche und Leistungen zuzüglich der
Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen
Zeitabständen durch Verrechnung und Feststellung des für
den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses
ausgeglichen werden (vgl. dazu auch Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II
1990, 817 = SIS 90 21 11; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
7.3.2002 IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122). Die bloße
Zusammenfassung der einzelnen Gut- und Lastschriften mit dem Ziel
der Verrechnung und Saldofeststellung in einer einheitlichen
Rechnung hat indes für die Existenz der einzelnen Positionen
keine Bedeutung. Zutreffend ist das FG deshalb davon ausgegangen,
dass das Darlehen bei wortlautgemäßer Auslegung demnach
unmittelbar zur Begründung einer Forderung und erst danach zur
Finanzierung der Kapitaleinlage in die GmbH gedient hat, so dass
eine steuerschädliche Verwendung gegeben ist.
Dieses wortlautgemäße
Gesetzesverständnis hat indes zur Folge, dass bei der
üblichen Zahlungsabwicklung über ein Girokonto des
Darlehensnehmers und anschließender Auszahlung der
Darlehensvaluta auf ein anderes Konto regelmäßig
Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
eintritt. Dieses Ergebnis geht jedenfalls dann über den
Gesetzeszweck hinaus, der mit der durch das StÄndG 1992
eingeführten Einschränkung des Sonderausgabenabzugs
verfolgt wurde, wenn es sich bei einer derartigen Verfahrensweise
nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen
üblichen und typischen Zahlungsweg handelt (vgl. zur
Zahlungsabwicklung bei Bauvorhaben BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 184 =
SIS 05 07 55). Die Finanzverwaltung vertritt daher die Auffassung,
dass dann, wenn Darlehensmittel i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2
Buchst. a EStG zunächst auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto,
Sparkonto) des Darlehensnehmers überwiesen werden, von dem
sodann die Anschaffungs-/Herstellungskosten des begünstigten
Wirtschaftsguts bezahlt werden, dies nur steuerunschädlich
ist, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das
Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegt
(vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15.6.2000
IV C 4 - S 2221 - 86/00, BStBl I 2000, 1118, 1124 = SIS 00 08 54,
Rdnr. 53; zustimmend Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10 Rz 190;
Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 382; kritisch
Schlenker in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 10 Rz 840). Dass hier der Zeitraum von 30 Tagen
zwischen der Einzahlung der Darlehensvaluta auf das Girokonto des
Klägers und der Gutschrift auf dem Konto der Y-GmbH
überschritten ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, auch ein
Zeitraum von 60 Tagen müsse noch als unschädlich
angesehen werden, so ist das vom Wortlaut des Gesetzes
(„unmittelbar“) nicht gedeckt. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs. 1 Nr.
6 Satz 1 EStG grundsätzlich von der Steuerpflicht der Zinsen
ausgeht. Wenn er davon in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG eine
Ausnahme macht, diese aber in Satz 4 der Vorschrift wieder
begrenzt, indem er die Steuerfreiheit der Zinsen an die
Abzugsfähigkeit der Lebensversicherungsbeiträge als
Sonderausgaben knüpft und dabei auf die Sonderregelung des
§ 10 Abs. 2 Satz 2 EStG verweist, so liegt das im Rahmen der
dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung des begünstigten vom
nichtbegünstigten Personenkreis zustehenden weiten
Gestaltungsfreiheit (vgl. dazu Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 18.12.2002 2 BvR 367/02, DB 2003,
371, m.w.N.).
Der Senat kann indes offenlassen, ob er der
über den Wortlaut der Norm hinausgehenden Auffassung der
Verwaltung folgen könnte.
bb) Denn der Klage könnte auch dann nicht
stattgegeben werden, wenn der Senat das Tatbestandsmerkmal der
„unmittelbaren und ausschließlichen“
Verwendung des Darlehens für die Kapitaleinlage bei der Y-GmbH
unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks wortlautkorrigierend
auslegen würde. Eine solche Auslegung könnte aus
Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung
unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten nur dahingehen, dass die
Zahlung der Darlehensvaluta auf das Girokonto des Klägers und
die damit zwischenzeitlich verbundene Begründung einer
Forderung durch das mit der Lebensversicherung abgesicherte
Darlehen ausnahmsweise dann steuerunschädlich ist, wenn die
Zahlung auf das Girokonto lediglich ein „notwendiges
Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen
Zahlungsgestaltung“ mit nachfolgender Überweisung
vom Girokonto des Klägers auf ein Konto der Y-GmbH wäre
(vgl. dazu Senatsurteil in BFH/NV 2005, 184 = SIS 05 07 55).
Zutreffend hat das FG erkannt, dass davon im Streitfall nicht die
Rede sein kann. Weder hat der Kläger dargelegt, weshalb der
Einbehalt der Darlehensvaluta auf seinem privaten Girokonto von
deutlich mehr als 30 Tagen wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein
soll, noch ist ein derartiger Grund erkennbar. Der Kläger kann
sich auch nicht darauf berufen, die Zahlung der Darlehensvaluta auf
sein Girokonto beruhe auf den üblichen Gepflogenheiten des
Geldverkehrs. Er hätte nämlich ohne weiteres dafür
Sorge tragen können, dass die Darlehensvaluta kurzfristig von
seinem Girokonto auf das Konto der Y-GmbH überwiesen wird oder
er hätte den Darlehensgeber veranlassen können, die
Darlehensvaluta direkt an einen von ihm benannten
Begünstigten, hier die Y-GmbH, auszuzahlen.
Insgesamt ist daher eine steuerschädliche
Verwendung gegeben, die in vollem Umfang zur Steuerpflicht der
Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt. Denn eine
Aufteilung in einen steuerschädlichen und einen
steuerunschädlichen Teil kommt nach der ständigen
Senatsrechtsprechung nicht in Betracht (Senatsurteile in BFHE 207,
136, BStBl II 2004, 1060 = SIS 04 38 15; in BFH/NV 2005, 181 = SIS 05 07 54, und in BFH/NV 2005, 184 = SIS 05 07 55).
Ob wegen der hier unstreitig vorliegenden
besonderen Härten des Einzelfalles gegebenenfalls eine
Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO in Betracht kommt, ist
nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.