Geschlossener Immobilienfonds, Einkünfteerzielungsabsicht: Soll nach dem Konzept eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft die Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen, ist sie nicht auf Dauer ausgerichtet und die Einkünfteerzielungsabsicht muss auf beiden Ebenen (auf der Ebene der Personengesellschaft wie auf der Ebene des Gesellschafters) überprüft werden. - Urt.; BFH 2.7.2008, IX B 46/08; SIS 08 31 21
I. Der Antragsteller und
Beschwerdeführer (Antragsteller) erwarb mittelbar über
eine Treuhand GmbH im Streitjahr 1998 eine Kommanditbeteiligung in
Höhe von 600.000 DM an der A-Fonds KG (geschlossener
Immobilienfonds, im Folgenden: KG). Die KG kaufte ebenfalls im
Streitjahr 1998 für 41,8 Mio. DM ein Grundstück mit einem
von der Verkäuferin, die B-AG zu errichtenden und in den
Jahren 1997 und 1998 errichteten Multiplex-Kino und vermietete
dieses Grundstück auf zwanzig Jahre an die B-GmbH & Co. KG
(B-KG) für eine jährliche Miete von 2.981.500 DM. Die KG
verpflichtete sich, das Grundstück zum 31.12.2018 der
Verkäuferin zum Verkehrswert zum Verkauf anzubieten. Nachdem
Ende 2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
B-KG eröffnet wurde, setzte der Insolvenzverwalter das
Mietverhältnis mit gekürzten Mietbeträgen fort. In
ihrem Prospekt ermittelte die KG für die Jahre 1998 bis 2018
einen Einnahmeüberschuss von 61,62 % des nominellen
Eigenkapitals von 29 Mio. DM, dem das prüfende Finanzamt
für Groß- und Konzernbetriebsprüfung
(Groß-Bp) im Rahmen einer für die Jahre 1998 bis 2001
durchgeführten Außenprüfung folgte.
Der Antragsteller finanzierte seine
Beteiligung durch ein Darlehen von 600.000 DM (Konditionen:
Jahreszins 5 % bis 30.12.2008, Tilgung ab 30.3.1999 1 %
jährlich; Laufzeitende voraussichtlich 31.12.2010; keine
Sondertilgungen) und sicherte die Darlehenssumme durch Abtretung
seiner Rechte und Ansprüche aus einer
Risiko-Lebensversicherung sowie der Forderungen aus dem Fonds.
Ebenfalls im Streitjahr 1998 schloss er eine Rentenversicherung
ab.
Die Groß-Bp ging bei ihrer
Außenprüfung davon aus, der Antragsteller habe ohne
Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Unter Ansatz der
ursprünglichen Darlehenskonditionen würden sich bis zum
Jahr 2018 Sonderwerbungskosten in Höhe von 85,7 % der vom
Antragsteller gezeichneten Beteiligung ergeben und damit - weil der
Antragsteller bis 2018 nur Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung von 61,6 % seiner Beteiligung zu erwarten habe - ein
Totalverlust. Der Antrags- und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA
- ) folgte der Groß-Bp und erließ für die
Streitjahre 1998 bis 2001 geänderte und für die
Streitjahre 2002 und 2003 erstmalige Feststellungsbescheide, in
denen er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mangels
Einkünfteerzielungsabsicht des Antragstellers nicht
berücksichtigte. Über die nach erfolglosen
Einsprüchen erhobene Klage ist noch nicht entschieden.
Die für das Klageverfahren beantragte
Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Feststellungsbescheide
für die Streitjahre lehnte das Finanzgericht (FG) ab (vgl. SIS 08 19 86). Es sei nicht davon auszugehen, dass die als
Sonderwerbungskosten zu behandelnden Finanzierungsaufwendungen des
Antragstellers - wie von diesem geltend gemacht - im Zeitraum bis
zum Jahr 2018 55,6 % des gezeichneten Kapitals betragen würden
und deshalb geringer wären als die von der KG voraussichtlich
erzielten Einkünfte von 61,6 % des gezeichneten Kapitals. Der
Antragsteller habe nicht glaubhaft dargelegt, das Darlehen bereits
zum 30.12.2010 vollständig zu tilgen. Insbesondere habe keine
Verpflichtung zur Sondertilgung bestanden. Die Umstände des
Streitfalls sprächen auch dagegen, der Antragsteller habe die
zur Sicherheit gegebenen Versicherungen ebenso wie Eigenmittel in
die Tilgung mit einbeziehen wollen. Der Antragsteller habe sich
vielmehr allein wegen der zu erwartenden langjährigen
Verlustzuweisungen und der damit verbundenen Steuerersparnisse
für eine vollständige Fremdfinanzierung entschieden. Bei
der Berechnung der voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen sei
mangels gegenteiliger Umstände von den anfänglichen
Konditionen auch für die Zeit über die Zinsbindungsfrist
hinaus auszugehen.
Hiergegen richtet sich die vom FG
zugelassene Beschwerde des Antragstellers. Das FG habe die
Einkünfteerzielungsabsicht unzutreffend verneint. Bei einer
auf Dauer ausgerichteten Vermietung sei auch bei längeren
Verlustperioden von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen.
Bei einem Finanzierungskonzept, das anfängliche Verluste auch
über einen längeren Zeitraum bedinge, aber nach
planmäßiger vollständiger Tilgung des Darlehens
eine Kompensationswirkung erwarten lasse, könne ein besonderer
Umstand gegen die Einkünfteerzielungsabsicht nicht gegeben
sein (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
19.4.2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39). Im Streitfall sei ein derartiger „Gesamtplan“ zur
Tilgung des Darlehens festzustellen. Es habe von Anfang an ein
konzeptioneller Zusammenhang zwischen dem Darlehen und der
Rentenversicherung bestanden.
Der Antragsteller beantragt, den
angefochtenen Beschluss aufzuheben und die AdV für die Jahre
1998 bis 2003 zu gewähren.
Das FA beantragt,die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht
der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts
ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt
werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist
nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Fall, wenn bei
summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige
Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der
Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder
Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen
bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 22.2.2006 I B 145/05,
BFHE 213, 29, BStBl II 2006, 546 = SIS 06 19 81, und vom 3.2.2005 I
B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351 = SIS 05 15 22,
m.w.N.).
2. Zutreffend hat das FG entschieden, dass bei
summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Streitfall
keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Feststellungsbescheide bestehen.
Zu Recht hat es die
Einkünfteerzielungsabsicht des Antragstellers verneint.
a) Die Einkünfteerzielungsabsicht musste
aufgrund einer Prognose geprüft werden.
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist nur bei einer
auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich
und typisierend - wenn also keine besonderen Umstände dagegen
sprechen - davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige
beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu
erwirtschaften, auch wenn sich über längere
Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 10.5.2007 IX R
7/07, BFHE 218, 160, BStBl II 2007, 873 = SIS 07 32 99, und in BFHE
210, 24, BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39, m.w.N. insbesondere zu
Ausnahmefällen). Von einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung
ist nur auszugehen, wenn sie nach den bei ihrem Beginn
ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 9.7.2002 IX R
57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695 = SIS 02 93 35, und vom
29.3.2007 IX R 7/06, BFH/NV 2007, 1847 = SIS 07 32 11).
Im Streitfall fehlt es an einer auf Dauer
angelegten Vermietung. Denn nach dem Konzept der KG sollte die
Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen. Liegen
schon deshalb die gesetzlichen Typisierungsvoraussetzungen nicht
vor und muss die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer
Prognose überprüft werden, kommt es im Streitfall nicht
darauf an, ob der Sachverhalt zugleich die Voraussetzungen einer
Ausnahme erfüllt, die als Beweisanzeichen gegen die
Einkünfteerzielungsabsicht spricht und die ebenfalls in eine
Prognose mündet.
b) Das FG hat die als Werbungskosten
abziehbaren Finanzierungsaufwendungen in nicht zu beanstandender
Weise in die Prognose einbezogen, wodurch es bezogen auf die
Beteiligung beim Antragsteller zu einem
Werbungskostenüberschuss kommt. Nach summarischer Prüfung
ergeben sich keine Zweifel, dass der Antragsteller danach nicht mit
einem Totalüberschuss rechnen kann. Das FG ist dabei
zutreffend von den Darlehensbedingungen ausgegangen, wie sie der
Antragsteller und seine Bank im Streitjahr 1998 vereinbart haben
(vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 16.9.2004 X R 25/01, BFHE 207, 515,
BStBl II 2006, 228 = SIS 05 04 71). Für zinsgünstigere
Konditionen nach der Zinsbindungsphase hat das FG keinerlei
Indizien feststellen können.
Es hat überdies in zumindest
möglicher Würdigung des Sachverhalts keine Anhaltspunkte
dafür feststellen können, der Antragsteller habe von
vornherein eine (teilweise) Tilgung des Darlehens durch den Einsatz
der Rentenversicherung oder von Eigenmitteln beabsichtigt.
Zwar bedarf es entgegen der
Beschwerdeerwiderung nicht eines von vornherein geschaffenen
Finanzierungskonzepts, z.B. derart, dass die zunächst
erhöhten Schuldzinsen durch den bei Fälligkeit des
Darlehens vorgesehenen Einsatz von parallel laufenden
Lebensversicherungen abgelöst werden. Der BFH hat ein
derartiges Konzept in einem - hier nicht vorliegenden - Fall als
notwendige Ergänzung eines wirtschaftlichen Verhaltens
herausgestellt, das zunächst darauf abzielt, auch die
anfallenden Schuldzinsen fremd zu finanzieren und somit Zinsen
auflaufen zu lassen und das - wenn nicht durch ein
Finanzierungskonzept von vornherein eine Kompensation durch
spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist - auch bei auf
einem auf Dauer angelegten Vermieten gegen die
Einkünfteerzielungsabsicht spricht (BFH-Urteile in BFHE 218,
160, BStBl II 2007, 873 = SIS 07 32 99, und in BFHE 210, 24, BStBl
II 2005, 754 = SIS 05 39 39).
Für die hier mangels eines auf Dauer
ausgerichteten Vermietens schon deshalb zu prüfende
Einkünfteerzielungsabsicht hat das FG zwar zutreffend nicht
ein von vornherein geschaffenes Finanzierungskonzept für
notwendig gehalten. Es ist nach summarischer Prüfung indes
davon ausgegangen, dass der Antragsteller statt der ihm nach den
Feststellungen der Vorinstanz ohnehin jederzeit möglichen
Eigenfinanzierung seine Beteiligung allein deshalb im vollen Umfang
fremd finanziert hat, um damit wegen der zu erwartenden
langjährigen Verlustzuweisungen Steuerersparnisse zu erzielen.
Zu diesem zumindest möglichen Schluss ist das FG gelangt, weil
es im Wesentlichen im Ermessen des Antragstellers gestanden hat, in
welcher Weise er Fremd- und Eigenmittel einsetzt.