Weiterveräußerung eines Grundstücks nach Aufhebung des ursprünglichen Vertrags, GrESt: 1. Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses weiterveräußert, verbleibt dem Ersterwerber die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition auch dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterveräußerungsvertrag in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen werden. - 2. Tritt der Ersterwerber in einem solchen Fall bei der Beurkundung des Weiterveräußerungsvertrages als Vertreter einer Kapitalgesellschaft als Zweiterwerberin auf und ist er an dieser Gesellschaft maßgeblich beteiligt, spricht dies prima facie für ein Handeln im eigenen wirtschaftlichen Interesse. - Urt.; BFH 25.4.2007, II R 18/05; SIS 07 24 60
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erwarb mit Vertrag vom 26.3.1999 von einer GmbH
(Veräußerin) zwei Miteigentumsanteile an einem
Grundstück, die jeweils mit dem Sondereigentum an einer
Wohnung (Nr. 3 und 4) verbunden waren, zu einem Kaufpreis von je
254.486,40 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA - ) setzte für diese Erwerbe mit Bescheid vom 14.5.1999
Grunderwerbsteuer in Höhe von zusammen 17.814 DM fest.
Am 25.8.2000 vereinbarten der Kläger
und die Veräußerin die Aufhebung des Vertrags vom
26.3.1999. Die Veräußerin sollte die bisher gezahlten
Raten zurückzahlen; die Löschung der eingetragenen
Auflassungsvormerkungen wurde bewilligt und beantragt. Mit
weiterem, durch denselben Notar beurkundeten Vertrag vom 25.8.2000
erwarb die RT GmbH (T-GmbH) den Miteigentumsanteil verbunden mit
dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 zum Kaufpreis von ebenfalls
254.486,40 DM. Der Kläger war an der T-GmbH zu 70 % beteiligt
und handelte bei dem Grundstückskauf als ihr
alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Die T-GmbH
war vom Kläger als Käuferin benannt worden, nachdem es
ihm nicht gelungen war, einen anderen Käufer für die nur
schwer absetzbare Wohnung zu finden. Die T-GmbH erwarb die Wohnung
als Werkswohnung für künftige Mitarbeiter.
Dem Antrag des Klägers auf Aufhebung
der Steuerfestsetzung entsprach das FA nur für die Wohnung Nr.
4, lehnte aber mit Bescheid vom 27.9.2000 den Antrag bezüglich
der Wohnung Nr. 3 ab. Der Einspruch wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 23.3.2001 zurückgewiesen.
Die Klage hatte keinen Erfolg (vgl. SIS 05 29 10). Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung
im Wesentlichen damit, dass die Wohnung Nr. 3 ausschließlich
auf Verlangen und im Interesse des Klägers an die von ihm
beherrschte T-GmbH weiterveräußert worden sei. Der
Kläger habe den Geschehensablauf in einer Weise beherrscht,
der die ursprüngliche Verkäuferin faktisch nichts habe
entgegensetzen können. Infolge der Verknüpfung des
Klägers mit der T-GmbH sei diesem eine dem ersten
Erwerbsvorgang immanente Rechtsposition verblieben, auf deren
Grundlage er Einfluss auf die anschließende
Weiterveräußerung der Wohnung an die T-GmbH habe
ausüben können.
Mit der Revision rügt der Kläger,
das FG habe die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) verkannt und zu Unrecht
angenommen, ihm sei eine grunderwerbsteuerrechtlich relevante
Rechtsposition verblieben, die er für die
Weiterveräußerung des Grundstücks genutzt
habe.
Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung sowie den Bescheid vom 27.9.2000 und die
Einspruchsentscheidung vom 23.3.2001 aufzuheben und das FA zu
verpflichten, die Steuerfestsetzung durch Bescheid vom 14.5.1999 in
Gestalt des Änderungsbescheids vom 27.9.2000
aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Der Auffassung des FG, das eigene
wirtschaftliche Interesse des Klägers an der
Weiterveräußerung der Wohnung Nr. 3 ergebe sich
maßgeblich aus der ihm verbliebenen Rechtsposition und dem
von ihm beherrschten Geschehensablauf, vermag sich der erkennende
Senat nicht anzuschließen. Das FG hat nicht beachtet, dass
die Frage, ob dem Kläger eine Rechtsposition verblieben ist,
die es ihm ermöglicht hat, Einfluss auf die
Weiterveräußerung zu nehmen, getrennt zu beurteilen ist
von der Frage, in wessen Interesse er an der
Weiterveräußerung mitgewirkt hat.
a) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird
eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein
Erwerbsvorgang vor dem Übergang des Eigentums am
Grundstück auf den Erwerber durch Vereinbarung der
Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der
Steuer rückgängig gemacht wird.
„Rückgängig
gemacht“ ist ein Erwerbsvorgang, wenn über die
zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden
Rechtsgeschäfts hinaus die Vertragspartner sich derart aus
ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die
Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück
nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer
seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt (vgl. z.B.
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.3.2003 II R
12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770 = SIS 03 34 41; vom
21.12.2005 II B 67/05, BFH/NV 2006, 615 = SIS 06 12 50; vom
21.2.2006 II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700 = SIS 06 34 63). Der
Wegfall der Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über
das Grundstück einerseits und die Wiedererlangung der
ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers
andererseits stehen - dem systematischen Verhältnis der
Steuertatbestände des § 1 GrEStG zu der
gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 GrEStG
entsprechend - in einem sachlichen Zusammenhang (BFH-Urteile vom
9.3.1994 II R 86/90, BFHE 173, 568, BStBl II 1994, 413 = SIS 94 14 13, und in BFH/NV 2006, 1700 = SIS 06 34 63).
b) Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung
eines Kaufvertrags über ein Grundstück dieses
weiterveräußert, ist für die Anwendung des §
16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob für den früheren
Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der
Verwertung einer aus dem „rückgängig
gemachten“ Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition
verblieben und der Verkäufer demgemäß nicht aus
seinen Bindungen entlassen war.
Dem früheren Erwerber verbleibt die
Möglichkeit der Verwertung einer derartigen Rechtsposition in
jedem Fall dann, wenn der Aufhebungs- und der
Weiterveräußerungsvertrag in einer einzigen Urkunde
zusammengefasst sind. In diesem Fall hat der Ersterwerber die
rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen
Kaufvertrages zum anschließenden Erwerb des Grundstücks
durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn
der Veräußerer wird aus seiner
Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren
Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrages durch alle
Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in
dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des
Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil vom
23.8.2006 II R 8/05, BFH/NV 2007, 273 = SIS 07 04 12). Da sich
diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien
mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des
ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrages
nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider
Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders
beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer.
c) Um die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG auszuschließen, muss bei beiden Vorgehensweisen
jedoch hinzukommen, dass der Ersterwerber die verbliebene
Rechtsposition in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse
verwertet hat (BFH-Urteile in BFHE 202, 383, BStB1 II 2003, 770,
und in BFH/NV 2006, 1700 = SIS 06 34 63). Tritt der Ersterwerber
bei der Beurkundung sowohl für sich als auch als Vertreter
einer Kapitalgesellschaft als Zweiterwerberin auf und ist er an
dieser Gesellschaft maßgeblich beteiligt, spricht dies prima
facie für ein Handeln im eigenen wirtschaftlichen
Interesse.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG ist
zwar zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger
bezüglich der Wohnung Nr. 3 aufgrund des Ablaufs der
Beurkundung des Aufhebungs- und des
Weiterveräußerungsvertrages an einem Tage aus dem
ursprünglichen Kaufvertrag eine Rechtsposition verblieben war,
die er durch seine Mitwirkung an der Weiterveräußerung
als Gesellschafter-Geschäftsführer der Zweitkäuferin
verwertet hat. Offen bleibt jedoch, ob er auch in Verfolgung
eigener wirtschaftlicher Interessen gehandelt hat. Zwar spricht
wegen der Stellung des Klägers als maßgeblicher
Gesellschafter-Geschäftsführer der Zweitkäuferin der
Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er im eigenen
wirtschaftlichen Interesse an der Weiterveräußerung
mitgewirkt hat. Die wegen der schweren Absetzbarkeit der Wohnung
gescheiterten Bemühungen des Klägers, einen Dritten als
Ersatzkäufer zu finden, deuten darauf hin, dass er die
wirtschaftlichen Folgen des für ihn ungünstigen Erwerbs
in den betrieblichen Bereich der T-GmbH verlagern wollte und
dadurch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte. Da der
Anscheinsbeweis widerlegbar ist, muss dem Kläger aber noch
Gelegenheit gegeben werden, diesen zu entkräften. Die Sache
war deshalb an das FG zurückzuverweisen.