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Zusammen lebende Eltern, kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Zusammen lebende Eltern, kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Die Nichtbegünstigung zusammenlebender Eltern durch Versagung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. - Urt.; BFH 19.10.2006, III R 4/05; SIS 07 06 38

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 19.10.2006, III R 4/05
    BStBl 2007 II S. 637
    LEXinform 5004042

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 31.7.2007
    U.D. in INF 7/2007 S. 245
    W.G. in FR 15/2007 S. 760
Normen
[GG] Art. 6
[BVerfGG] § 31
[EStG] § 24 b, § 32 Abs. 6, § 32 Abs. 7
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • nach: BVerfG, 22.05.2009, SIS 09 27 20, Alleinerziehender, Ehe, Einkommensteuer, Eltern, Entlastungsbetrag, Familie, Freibetrag, Gleichheit, Haushaltsgemeinschaft, Kind, Splitting, Tarif, Verfassung
  • vor: FG Nürnberg, 08.12.2004, SIS 05 20 33, Entlastung, Alleinstehender, Ehe, Verfassungswidrigkeit, Verfassung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 23.8.2023, SIS 24 00 42, Festsetzung von Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer, Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Säumniszuschla...
  • BFH 28.10.2021, SIS 22 03 79, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für einzeln veranlagte Ehegatten im Trennungsjahr: Steuerpflichtig...
  • BFH 28.10.2021, SIS 22 03 80, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für zusammenveranlagte Ehegatten im Jahr der Eheschließung: Steuer...
  • Niedersächsisches FG 18.2.2020, SIS 20 13 76, Zeitanteiliger Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Trennungsjahr bei Wahl der Einzelveranlagung: 1....
  • BMF 23.10.2017, SIS 17 19 97, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, Anwendungsschreiben: Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Sc...
  • BFH 17.9.2015, SIS 16 04 94, Einkommensbesteuerung Alleinerziehender, wenn der andere Elternteil keinen Barunterhalt leistet: 1. Darau...
  • FG Baden-Württemberg 5.5.2014, SIS 14 17 87, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung (bis zur Heirat) bei Durchführung der be...
  • FG Berlin-Brandenburg 20.7.2011, SIS 11 31 98, Entlastungsbetrag nach § 24 b EStG ist Alleinerziehenden im Jahr der Heirat zeitanteilig bis einschließli...
  • BVerfG 22.5.2009, SIS 09 27 20, Ehegatte, Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag: Die Verfassungsbeschwerde eines - mit seiner Ehefrau und s...
  • FG Münster 31.7.2008, SIS 09 10 21, Keine Lohnsteuerermäßigung für Vorsorgeaufwendungen: 1. Die Einmalzahlung einer sog. Basisrente ("Rürup-R...
  • BFH 25.10.2007, SIS 08 13 96, Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei Haushaltsgemeinschaft mit volljährigem Sohn: 1. Der Aussc...
  • BFH 10.5.2007, SIS 07 27 50, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: 1. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Entlastungs...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wird mit seiner Ehefrau gemäß § 26 Abs. 1, § 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielt als angestellter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vornehmlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, seine Ehefrau negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Beide leben mit ihren zwei gemeinsamen (1999 und 2002 geborenen) Kindern, für die der Kläger Anspruch auf Kindergeld hat, in häuslicher Gemeinschaft. Alle Familienmitglieder sind dort mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

Mit Schreiben vom 1.2.2004 beantragte der Kläger die Eintragung eines Freibetrags gemäß § 24b EStG in Höhe von 1.308 EUR auf seiner Lohnsteuerkarte. Der Freibetrag sei ihm gemäß Art. 2 des Grundgesetzes - GG - (persönliches Freiheitsrecht), Art. 3 GG (Gleichheitssatz), Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) und Art. 12 GG (Berufsfreiheit) zu gewähren, da er andernfalls gegenüber alleinstehenden Steuerpflichtigen diskriminiert werde.

 

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

 

Das Finanzgericht, dessen Urteil in EFG 2005, 702 = SIS 05 20 33 abgedruckt ist, führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Eintragung eines Entlastungsbetrages auf seiner Lohnsteuerkarte 2004, da er mit seiner Ehefrau, der Kindesmutter, zusammenlebe und deshalb weder im Sinne der ursprünglichen Gesetzesfassung des § 24b EStG noch der durch Gesetz vom 21.7.2004 geänderten Fassung „allein stehend“ sei. Er könne sich auch nicht auf eine analoge Gesetzesanwendung oder eine verfassungskonforme Auslegung des § 24b EStG i.V.m. §§ 39 ff. EStG stützen. Ein Anspruch auf einen Freibetrag folge auch nicht aus § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) i.V.m. dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10.11.1998 2 BvR 1057/91 u.a. (BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06).

 

Dagegen richtet sich die Revision, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Der Freibetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG sei nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers an die Stelle des Haushaltsfreibetrages getreten. Haushaltsfreibetrag und Alleinerziehendenfreibetrag begünstigten faktisch weitgehend identische Personengruppen; Verheiratete seien jeweils ausgeschlossen. Die Neuregelung verstoße gegen den Beschluss des BVerfG in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06.

 

Der Kläger beantragt, die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Eintragung des Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte festzustellen.

 

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

1. Die Klage ist als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

 

Für die ursprünglich auf Eintragung des Freibetrages gerichtete und als solche zulässige Klage (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5.10.2004 VIII R 38/03, BFH/NV 2005, 529 = SIS 05 15 79, unter II.1.a der Gründe) ist das Rechtsschutzbedürfnis mit Ablauf des 31.3.2005 entfallen, weil sich danach Änderungen der Lohnsteuerkarte des Streitjahres 2004 nicht mehr auswirken konnten (§ 41c Abs. 3 Satz 3, § 42b Abs. 3 EStG). Der BFH hat aber in gefestigter Rechtsprechung angenommen, es bestehe i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der ursprünglich vom FA erlassene Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei, wenn die Veranlagung für das betreffende Jahr noch nicht abgeschlossen sei und sich die zu beurteilende Sach- und Rechtslage nicht geändert habe oder wenn sich die Streitfrage für die künftigen Lohnsteuerverfahren in gleicher Weise stelle (BFH-Urteile vom 29.5.1979 VI R 21/77, BFHE 128, 148, BStBl II 1979, 650 = SIS 79 03 30, und in BFH/NV 2005, 529 = SIS 05 15 79; BFH-Beschluss vom 2.11.2000 X R 156/97, BFH/NV 2001, 476 = SIS 01 58 73, m.w.N.). Im Streitfall besteht ein berechtigtes Interesse, weil sowohl im Rahmen der Ausstellung bzw. Änderung der Lohnsteuerkarte für die Folgejahre als auch der jeweils nachfolgenden Veranlagungen wiederum zu entscheiden ist, ob der Kläger einen Entlastungsbetrag gemäß § 24b EStG beanspruchen kann.

 

2. Dem Kläger steht ein Entlastungsbetrag nach § 24b EStG weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung der Vorschrift zu; die Nichtbegünstigung zusammenlebender und verheirateter Eltern begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

a) Ein Anspruch auf die Eintragung eines Freibetrages ergibt sich unstreitig nicht aus § 24b EStG, und zwar weder in der für diese Entscheidung maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze (AOÄndG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1753) noch in der am 1.2.2004, dem Zeitpunkt der Antragstellung, geltenden, gegenstandslos gewordenen Fassung der Vorschrift durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2004 vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076, BStBl I 2004, 120). Denn der Kläger ist kein alleinstehender Steuerpflichtiger im Sinne dieser Vorschrift, da er mit seiner Ehefrau die Voraussetzungen zur Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllt und mit ihr in Haushaltsgemeinschaft lebt (§ 24b Abs. 2 EStG).

 

b) Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung dieser Vorschrift sind nicht gegeben, denn es fehlt an der dafür erforderlichen (BFH-Urteil vom 2.6.2005 III R 15/04, BFHE 210, 141, BStBl II 2005, 828 = SIS 05 39 62, unter II.2.a der Gründe) planwidrigen Gesetzeslücke. Der Gesetzgeber hat den Betreuungs- und Erziehungsbedarf eines Kindes zugunsten aller Eltern durch den Freibetrag in § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt und die zusätzliche Entlastung durch § 24b EStG bewusst auf Alleinstehende beschränkt (vgl. BTDrucks 15/1751, S. 6).

 

c) Ein Anspruch auf den begehrten Freibetrag folgt auch nicht aus § 31 BVerfGG i.V.m. dem Beschluss des BVerfG in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06.

 

aa) Dem steht nicht bereits entgegen, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht durch Eintragung eines Freibetrages, sondern durch die Lohnsteuerklasse II berücksichtigt wird (§ 38b Satz 1 Nr. 2, § 38a Abs. 4 EStG). Denn ein Rechtsanspruch auf Eintragung eines Freibetrags, dessen lohnsteuerliche Berücksichtigung in § 39a EStG nicht vorgesehen ist, kann auch dann bestehen, wenn dies erforderlich ist, um lohnsteuerpflichtige und vorauszahlungspflichtige Steuerzahler gleichzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 529 = SIS 05 15 79; BFH-Beschluss vom 29.4.1992 VI B 152/91, BFHE 167, 152, BStBl II 1992, 752 = SIS 92 11 56).

 

bb) Ob sich die Bindungswirkung des Tenors oder der tragenden Gründe des zu den Betreuungskosten und dem Haushaltsfreibetrag ergangenen BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06 auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erstreckt (vgl. § 31 BVerfGG), bedarf keiner Klärung, denn der Entlastungsbetrag ist nach den Grundsätzen dieses Beschlusses nicht verfassungswidrig.

 

Das BVerfG hat darin ausgeführt, Art. 6 Abs. 1 GG enthalte einen besonderen Gleichheitssatz, der es verbiete, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen; die Vorschrift untersage eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen, von Eltern gegenüber Kinderlosen sowie von ehelichen gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften; dieses Benachteiligungsverbot stehe jeder belastenden Differenzierung entgegen, die an die Existenz einer Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) oder die Wahrnehmung des Elternrechts in ehelicher Erziehungsgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG) anknüpfe (BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06, unter Abschn. B.I.2.a der Gründe). Eine Benachteiligung liege auch vor, wenn Ehepartner oder Eltern wegen ihrer Ehe oder Familie und deren Gestaltung von Steuerentlastungen ausgeschlossen würden (Abschn. B.I.2.b der Gründe). § 32 Abs. 7 EStG (a.F.) verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil diese Vorschrift die eheliche gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften benachteilige (Abschn. B.II.2. der Gründe). Der Haushaltsfreibetrag als weiterer Grundfreibetrag für unverheiratete Eltern sei mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG nicht vereinbar, weil er der ehelichen Erziehungsgemeinschaft vorenthalten, unverheirateten Eltern dagegen auch dann gewährt werde, wenn sie eine Erziehungsgemeinschaft bildeten und beide steuerpflichtig seien. In diesem Fall werde das jeweilige Einkommen steuerlich bereits in Höhe des Grundfreibetrags verschont. Durch den Haushaltsfreibetrag als „dritten Grundfreibetrag“ würden damit solche Erziehungsgemeinschaften der ehelichen Erziehungsgemeinschaft gegenüber bevorzugt (Abschn. B.II.2. der Gründe). Es hat weiter unter Abschn. D.II. Abs. 2 der Gründe entschieden, dass aufgrund der festgestellten Unvereinbarkeit der Regelung über den Haushaltsfreibetrag mit dem GG für die Besteuerung des Einkommens der Eltern, denen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld für ein oder mehrere Kinder zusteht, in Höhe von 5.616 DM die gesetzliche Grundlage fehle, wenn die Neuregelung des Haushaltsfreibetrages nicht spätestens mit Wirkung zum 1.1.2002 in Kraft getreten sei.

 

cc) Der Gesetzgeber hat - verspätet (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 529 = SIS 05 15 79) - den Haushaltsfreibetrag aufgehoben und stattdessen - mit Wirkung ab 2004 - den hier streitigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende eingeführt. Durch die Beschränkung dieses Entlastungsbetrages auf Alleinerziehende wird der Kläger nicht in verfassungswidriger Weise benachteiligt.

 

Die Verfassungswidrigkeit des Haushaltsfreibetrages beruhte nach dem Beschluss des BVerfG in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06 darauf, dass er zusammenlebenden unverheirateten Eltern gewährt, ehelichen Erziehungsgemeinschaften aber vorenthalten wurde. § 24b EStG diskriminiert jedoch nicht eheliche gegenüber nichtehelichen Erziehungsgemeinschaften, sondern gewährt den Freibetrag nur Alleinstehenden. Nachdem der Gesetzgeber - wie ihm durch den Beschluss des BVerfG in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06 aufgegeben worden war - den Abzug des elterlichen Betreuungsaufwandes durch Schaffung eines Freibetrages für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG sowie Vorschriften über einen darüber hinausgehenden Abzug von Kinderbetreuungskosten (§ 33c EStG a.F., nunmehr § 4f, § 9 Abs. 5, 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) neu geregelt hat, ist in § 24b EStG eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Begünstigung und damit eine Sozialzwecknorm zu sehen, von der zusammenlebende, miteinander verheiratete Eltern in nicht gegen Art. 6 GG verstoßender Weise ausgeschlossen werden. Denn der Entlastungsbetrag wird verheirateten zusammenlebenden Eltern nicht wegen ihrer Ehe versagt, da auch zusammenlebende, unverheiratete Eltern den Entlastungsbetrag nicht erhalten (ebenso Jachmann/Henschler in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 24b Rz A 21, mit Bedenken hinsichtlich melderechtlich nicht in Erscheinung tretender eheähnlicher Gemeinschaften; Blümich/ Heuermann, § 24b EStG Rz 3; Seiler in Kirchhof, EStG, § 24b Rz 1; Schmidt/Drenseck/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 24b Rz 2; Dürr in Frotscher, EStG, 6. Aufl., § 24b Rz 38; zweifelnd Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 24b Rz 15, 19; Proff zu Irnich, DStR 2004, 1904).

 

d) Der Senat hat Zweifel, ob § 24b EStG insoweit der Verfassung entspricht, als Personen, welche die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllen (§ 26 Abs. 1 EStG), stets vom Entlastungsbetrag ausgeschlossen sind (§ 24b Abs. 2 EStG). Denn auch solche Personen können sich in einer Situation befinden, in der das Kind wegen besonderer Umstände nur von einem Ehegatten betreut und erzogen werden kann. Dies kann zutreffen, wenn eine Haushaltsgemeinschaft mit dem Ehegatten in einem Teil des Jahres fehlt - z.B. bei dauernder Trennung der Eheleute zu Beginn des Jahres oder bei Heirat und Begründung einer Haushaltsgemeinschaft des betreuenden Elternteils mit einem Dritten gegen Ende des Jahres -, die miteinander verheirateten Eltern zwar i.S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dauernd getrennt leben, tatsächlich aber allein stehen - z.B. wegen Unterbringung eines Ehegatten in einem Krankenhaus oder einer Haftanstalt (vgl. BFH-Urteil vom 5.10.1966 VI 42/65, BFHE 87, 208, BStBl III 1967, 84 = SIS 67 00 45), wegen doppelter Haushaltsführung aus beruflichem Anlass oder Auslandsaufenthaltes des anderen Elternteils bei unbeschränkter Steuerpflicht z.B. gemäß § 1 Abs. 2 EStG oder in Fällen der Pflegebedürftigkeit, Erkrankung oder schweren Behinderung eines Ehegatten (vgl. Dürr in Frotscher, a.a.O., § 24b Rz 38). Die Möglichkeit einer Veranlagung nach dem Splittingtarif, die zudem nicht in jedem Falle vorteilhaft ist, dürfte insoweit nicht als Kompensation des Entlastungsbetrages in Betracht kommen.

 

Im Streitfall braucht dies aber nicht entschieden zu werden, da der Kläger und seine Ehefrau auch den - nach Auffassung des Senates verfassungsrechtlich unbedenklichen - Ausschlusstatbestand der Haushaltsgemeinschaft erfüllen; sie lebten während des gesamten Jahres zusammen und waren nicht durch besondere Umstände gehindert, zur Erziehung und Betreuung der Kinder und der Finanzierung der Haushaltsführung beizutragen.

 

e) Für den Streitfall unerheblich sind Zweifel an der Eignung des § 24b EStG als Sozialzwecknorm (vgl. Schmidt/Drenseck/ Glanegger, a.a.O., § 24b Rz 2; Jachmann/Henschler, a.a.O., § 24b Rz A 24, 41; Ross, Deutsche Steuerzeitung 2004, 437: „von Aufwendungen gelöste Subvention“). Unerheblich ist auch, dass der Entlastungsbetrag „echten“ Alleinerziehenden auch dann gewährt wird, wenn diesen keine über die von allen Eltern zu tragenden Belastungen erwachsen, z.B. bei einem auswärts studierenden Kind oder wenn der Alleinerziehende nur passive Einkünfte (z.B. aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen) erzielt (vgl. dazu sowie zu weiteren Ungereimtheiten Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 24b Rz 15, 19). Denn zum einen stehen dem Gesetzgeber bei der steuerlichen Förderung sachbezogene Differenzierungsgesichtspunkte in weitem Umfang zu Gebote (BVerfG-Beschluss vom 20.4.2004 1 BvR 610/00, BFH/NV 2004, Beilage 3, 312 = SIS 04 29 02). Zum anderen gehört der Kläger zu der „Standardgruppe“ zusammenlebender Eltern, die gegenüber Alleinerziehenden in vergleichbarer Lage, d.h. mit minderjährigen betreuungsbedürftigen Kindern, Synergieeffekte erzielen kann.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Beachtenswert erscheint der Hinweis des BFH, dass verfassungsrechtliche Zweifel in Sonderfällen insoweit bestehen können, als Personen, die die Voraussetzungen des Splitting erfüllen, stets vom Entlastungsbetrag ausgeschlossen sind, auch wenn wegen besonderer Umstände das Kind nur von einem Ehegatten betreut werden kann, z.B. wegen Unterbringung eines Ehegatten im Krankenhaus oder in einer Haftanstalt. Im Streitfall lagen solche besonderen Verhältnisse jedoch nicht vor.