Auf die Revision der Kläger wird das
Urteil des Finanzgerichts München vom 27.11.2019 - 9 K 3275/18
= SIS 21 03 97 aufgehoben.
Die Einkommensteuer für 2015 wird unter
Abänderung des Einkommensteuerbescheids des Beklagten für
2015 vom 02.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
14.11.2018 auf xx EUR festgesetzt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob der Entlastungsbetrag
für Alleinerziehende auch im Jahr der Eheschließung zu
berücksichtigen ist, wenn die Ehegatten die
Zusammenveranlagung wählen.
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind seit dem ...12.2015 miteinander verheiratet. Sie
leben seit diesem Tag zusammen. Der Kläger ist Vater eines im
Streitjahr 2015 22-jährigen, studierenden Sohnes, mit dem er
bis zur Eheschließung allein lebte. Die Klägerin ist
Mutter einer im Streitjahr 20-jährigen, gleichfalls
studierenden Tochter und lebte mit dieser bis zur Heirat allein in
einem eigenen Haushalt.
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Die Kläger wählten im Streitjahr
die Zusammenveranlagung und beantragten die Berücksichtigung
von drei Kindern sowie die Gewährung zweier
Entlastungsbeträge für Alleinerziehende. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) gewährte die
Entlastungsbeträge nicht. Der Einspruch der Kläger gegen
den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 02.01.2017 wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 14.11.2018 als unbegründet
zurückgewiesen. Die Klage blieb aus den in EFG 2021, 278 = SIS 21 03 97 abgedruckten Gründen ohne Erfolg.
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Die Kläger rügen die Verletzung
materiellen Bundesrechts.
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Die Kläger beantragen,
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unter Aufhebung des Urteils des
Finanzgerichts (FG) München vom 27.11.2019 - 9 K 3275/18 den
Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 02.01.2017 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 14.11.2018 dahingehend zu ändern,
dass sowohl für den Sohn des Klägers als auch für
die Tochter der Klägerin jeweils ein Entlastungsbetrag
für Alleinerziehende in Höhe von 1.908 EUR
berücksichtigt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Herabsetzung der Einkommensteuer. Den Klägern steht im
Streitjahr für den Sohn des Klägers und die Tochter der
Klägerin jeweils der Entlastungsbetrag für
Alleinerziehende in Höhe von 1.908 EUR zu (§ 24b des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung -
EStG - ).
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1. Nach § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG
können allein stehende Steuerpflichtige einen
Entlastungsbetrag von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn
zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das
ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld
zusteht. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG bestimmt, dass allein
stehend i.S. von § 24b Abs. 1 EStG solche Steuerpflichtigen
sind, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des
Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllen oder
verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen
volljährigen Person bilden, es sei denn, für diese steht
ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu
oder es handelt sich um ein Kind, das einen Dienst nach § 32
Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit
nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt. § 24b
Abs. 4 EStG regelt, dass sich der Entlastungsbetrag für jeden
vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen des § 24b
Abs. 1 EStG nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel
ermäßigt.
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2. Die Vorschrift des § 24b Abs. 3 Satz
1, Abs. 4 EStG ist dahin auszulegen, dass auch Steuerpflichtige,
die als Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt werden, den Entlastungsbetrag für
Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung zeitanteilig in
Anspruch nehmen können, sofern sie die übrigen
Voraussetzungen erfüllen, insbesondere nicht in einer
Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen, in
§ 24b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG nicht genannten Person
leben.
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a) Zwar erwähnt § 24b Abs. 3 Satz 1
EStG ausdrücklich das Splitting-Verfahren, auch wenn die
Vorschrift lediglich auf die Voraussetzungen für die Anwendung
des Splitting-Verfahrens abstellt und nicht verlangt, dass die
Einkommensteuer tatsächlich nach dem Splitting-Verfahren
bemessen wird, das gemäß § 32a Abs. 5 EStG im Fall
der Zusammenveranlagung nach §§ 26, 26b EStG sowie in den
in § 32a Abs. 6 EStG geregelten Sonderfällen anzuwenden
ist. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG enthält jedoch
zusätzlich den Klammerzusatz „§ 26 Abs.
1“ und verweist damit auf die in § 26 Abs. 1 EStG
geregelten materiell-rechtlichen Voraussetzungen für beide
Formen der Ehegattenveranlagung (Einzelveranlagung nach § 26a EStG bzw.
Zusammenveranlagung nach § 26b EStG), nicht aber auf das
Erfordernis der Ausübung des Ehegattenwahlrechts (§ 26
Abs. 2 EStG) sowie die Folgen einer unterbliebenen oder
fehlerhaften Wahlrechtsausübung (§ 26 Abs. 3 EStG). Wegen
§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG sind die Voraussetzungen
für die Ehegattenveranlagung schon dann für den gesamten
Veranlagungszeitraum (das Kalenderjahr - § 25 Abs. 1 EStG - )
erfüllt, wenn sie tatsächlich nur zeitweise gleichzeitig
gegeben waren. Daraus leiten die Finanzverwaltung und - ihr folgend
- die überwiegenden Stimmen im Schrifttum ab, dass die
Gewährung des Entlastungsbetrages in jedem Fall ausgeschlossen
ist, wenn Ehegatten der Ehegattenveranlagung unterliegen, und zwar
unabhängig davon, ob sie eine Haushaltsgemeinschaft bilden
oder nicht (vgl. Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der
Finanzen - BMF - vom
23.10.2017 - IV C 8-S 2265 a/14/10005, BStBl I 2017, 1432 = SIS 17 19 97, Rz 6; Krömker in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, §
24b EStG Rz 9; Seiler in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 24b
Rz 5; Kirchhof/Kulosa/Ratschow/ Fissenewert EStG § 24b Rz 96
und 98; Schmidt/Loschelder, EStG, 40. Aufl., § 24b Rz 18;
KKB/Kläne, § 24b
EStG, 6. Aufl., Rz 66 und 67; Pust in Littmann/ Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 24b Rz 131; Geurts, in
Frotscher/Geurts, EStG, § 24b Rz 32; Hillmoth in
Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand 128. Lieferung
10.2021, § 24b EStG Rz 36; Steiner in Lademann, EStG, §
24b EStG Rz 6 und 7 sowie 23; Droege in Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, EStG, § 24b Rz D 3; Debus in
Bordewin/Brandt, § 24b EStG Rz 59; Bernhard, Neue
Wirtschafts-Briefe 39/2004, 3015; Horvath, Steuer und Studium -
SteuerStud - 6/2005, 283; Plenker/Schaffhausen, DB 2004, 2440).
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b) Dieser Rechtsauffassung ist jedoch nicht zu
folgen, da sie unberücksichtigt lässt, dass sich der
Entlastungsbetrag für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen
des § 24b Abs. 1 EStG nicht vorliegen, um ein Zwölftel
ermäßigt (§ 24b Abs. 4 EStG). Einige Stimmen in der
Literatur befürworten daher die zeitanteilige Gewährung
des Entlastungsbetrages (Brandis/Heuermann/Selder, § 24b EStG
Rz 27; Proff zu Irnich, DStR 2004, 1904; Ross, DStZ 2004, 437;
Siegle, SteuerStud 2004, 339; abweichend Schulenburg, DStZ 2007,
428).
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c) Sinn und Zweck des Entlastungsbetrages
für Alleinerziehende sprechen für die Anwendung des
Monatsprinzips im Jahr der Eheschließung und damit für
die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages.
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aa) Nach der Gesetzesbegründung
(BT-Drucks. 15/1751, S. 6) diente die Einführung des
Entlastungsbetrages für Alleinerziehende dazu, den
regelmäßig höheren Lebensführungskosten von
Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen, die einen gemeinsamen
Haushalt nur mit ihren Kindern führen
(„echte“ Alleinerziehende). Auch die Materialien
zu den späteren Änderungen des § 24b EStG weisen die
sog. „echten“ Alleinerziehenden als
Begünstigte aus, welche einen gemeinsamen Haushalt nur mit
ihren Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führen,
die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt
(BT-Drucks. 15/3339, S. 11; BT-Drucks. 18/5244, S. 29).
Außerdem sollte mit § 24b EStG gewährleistet
werden, dass nichteheliche (eheähnliche) Lebensgemeinschaften
nicht in unzulässiger Weise gegenüber Ehepaaren
begünstigt und Ehepaare benachteiligt werden (BT-Drucks.
15/3339, S. 11). Der Senat hat in § 24b EStG eine
verfassungsrechtlich nicht gebotene Begünstigung, mithin eine
Sozialzwecknorm, gesehen (vgl. Urteil vom 19.10.2006 - III R 4/05,
BFHE 215, 217, BStBl II 2007, 637 = SIS 07 06 38, unter II.2.c cc),
mit der das Fehlen von Synergieeffekten durch eine gemeinsame
Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person
kompensiert werden soll (Urteil vom 25.10.2007 - III R 104/06,
BFH/NV 2008, 545 = SIS 08 13 96, unter II.2. unter Hinweis auf
BT-Drucks. 15/1751, S. 6).
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bb) In der Situation eines Alleinerziehenden
befinden sich auch Steuerpflichtige, die vor der Heirat im Jahr der
Eheschließung allein mit ihren
berücksichtigungsfähigen Kindern leben und die in dieser
Zeit die alleinige Verantwortung für Haushalt und Kinder
tragen. Die damit typischerweise verbundenen Belastungen entstehen
unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die
Anwendung des Splitting-Verfahrens zu einem späteren Zeitpunkt
erfüllt sind, weil der Steuerpflichtige im selben
Veranlagungszeitraum auch einige Tage/Monate mit seinem Ehegatten
zusammenlebt. Die zeitanteilige Entlastung dieser Elternteile
entspricht somit dem Gesetzeszweck.
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cc) Die entstandenen Belastungen entfallen
nicht rückwirkend durch die Ehegattenveranlagung. Die
Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 32a Abs. 5 EStG)
kompensiert den in der Versagung der Steuerentlastung liegenden
Nachteil nicht. Das Splitting-Verfahren dient dazu, Ehen, in denen
sich die Ehepartner für die Möglichkeit der
Zusammenveranlagung entschieden haben, unabhängig von der
Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten gleich zu
besteuern. Auch soweit dem Splitting-Verfahren der Gedanke der
Familienförderung zugrunde liegt, da die mit ihm bezweckte
Gleichbehandlung den Spielraum der Ehepartner bei der Ausgestaltung
ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung und
der Aufgabenverteilung in der Ehe erweitert (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06,
BVerfGE 133, 377 = SIS 13 17 53, Rz 98), wirkt dies nicht
kompensierend, weil die Anwendung des Splitting-Verfahrens nicht in
jedem Fall eine Steuerentlastung der Ehegatten zur Folge hat. Die
Entlastungswirkung der Zusammenveranlagung hängt von der
Höhe der jeweiligen Einkünfte beider Ehegatten und vom
Progressionssatz ab. Die Zusammenveranlagung wirkt sich kaum aus,
wenn beide Ehegatten erwerbstätig sind und Einkünfte in
ähnlicher Höhe erzielen (vgl. BVerfG-Beschluss vom
10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, BStBl II 1999, 182, BVerfGE 99, 216 =
SIS 99 04 06, Rz 86). Im Fall der Einzelveranlagung nach
§§ 26, 26a EStG scheidet ein Ausgleich durch einen
etwaigen Splitting-Vorteil ohnehin aus.
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d) Auch aus der systematischen Stellung der
Normen ergibt sich, dass dem Monatsprinzip aus § 24b Abs. 4
EStG der Vorrang vor der in § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG in Bezug
genommenen Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG
zukommt.
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aa) Die Regelungen zum Splitting-Verfahren
(§ 32a Abs. 5 und 6 EStG) gehören zu den
Tarifvorschriften, die an das zu versteuernde Einkommen
(§§ 2 Abs. 5, 32a Abs. 1 Satz 1 EStG) anknüpfen.
Aufgrund des Charakters der Einkommensteuer als Jahressteuer sind
die Besteuerungsgrundlagen auf das Kalenderjahr bezogen zu
ermitteln (§ 2 Abs. 7 Sätze 1 und 2 EStG). Die
Einkommensteuer wird nach dem Einkommen veranlagt, das der
Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum bezogen hat (§ 25
Abs. 1 EStG). Grundsätzlich bemisst sich die Einkommensteuer
dabei nach dem in § 32a Abs. 1 EStG geregelten Tarif. Für
den Fall sich innerhalb des Jahres ändernder
tatsächlicher Umstände hat der Gesetzgeber mit § 26
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG entschieden, es für die
Gewährung des Splittingtarifs anstelle des Grundtarifs
ausreichen zu lassen, wenn die Ehegatten die in § 26 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG genannten Voraussetzungen für die
Zusammenveranlagung während nur eines Teils des
Veranlagungszeitraums gleichzeitig erfüllt haben.
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bb) Die Vorschrift des § 24b EStG ist
dagegen eine Freibetragsregelung, die auf der Ebene der Ermittlung
des Gesamtbetrages der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG
anzuwenden ist. Als solche kann sie wegen des in § 24b Abs. 4
EStG geregelten Monatsprinzips differenziert die sich im Laufe des
Veranlagungszeitraums ändernden Verhältnisse
berücksichtigen. Hierzu zählen nicht nur Änderungen
hinsichtlich der Kinder, sondern ebenso solche, die den Status des
„Alleinstehens“ betreffen, denn der in §
24b Abs. 4 EStG in Bezug genommene § 24b Abs. 1 EStG
enthält auch den in § 24b Abs. 3 EStG definierten Begriff
des allein stehenden Steuerpflichtigen (so z.B. auch BMF-Schreiben
in BStBl I 2017, 1432 = SIS 17 19 97, Rz 26; Seiler in
Kirchhof/Seer, a.a.O., § 24b Rz 7; Seifert in Korn, § 24b
EStG Rz 42; HHR/Krömker, § 24b EStG Rz 17; Debus in
Bordewin/Brandt, § 24b EStG Rz 90 und 91).
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cc) Einer zeitanteiligen Gewährung des
Freibetrages im Jahr der Eheschließung steht auch nicht
entgegen, dass § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG Verwitwete
ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Entlastungsbetrages
einbezieht. Verwitwete können nach § 32a Abs. 6 EStG das
Splitting-Verfahren auch noch in dem Veranlagungszeitraum in
Anspruch nehmen, der auf das Kalenderjahr folgt, in dem der
Ehegatte verstorben ist. Sie befinden sich zugleich - sofern sie
nicht eine Haushaltsgemeinschaft i.S. des § 24b Abs. 3 Satz 1
Alternative 2 EStG begründet haben - aber in der Situation
eines „echten“ Alleinerziehenden, d.h. leben in
einer Erziehungsgemeinschaft, zu der nur ein Erwachsener
gehört, und unterliegen mithin typischerweise den Belastungen,
deren Ausgleich der Entlastungsbetrag dienen soll. Ihre
Berücksichtigung ist daher folgerichtig und lässt nicht
eindeutig den Schluss zu, dass der Gesetzgeber Steuerpflichtige,
die der Ehegattenveranlagung (Einzel- oder Zusammenveranlagung)
unterliegen, aus dem Anwendungsbereich des § 24b EStG
ausnehmen wollte.
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e) Die vom Senat als zutreffend angesehene
Auslegung des § 24b Abs. 3 und 4 EStG vermeidet zudem mit
Blick auf Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich
bedenkliche Ergebnisse.
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aa) Art. 6 Abs. 1 GG enthält einen
besonderen Gleichheitssatz, der verbietet, Ehe und Familie
gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften
schlechter zu stellen. Art. 6 Abs. 1 GG untersagt eine
Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen, von Eltern
gegenüber Kinderlosen und von ehelichen gegenüber anderen
Erziehungsgemeinschaften. Dieses Benachteiligungsverbot steht einer
belastenden Differenzierung entgegen, die an die Existenz einer Ehe
(Art. 6 Abs. 1 GG) oder die Wahrnehmung des Elternrechts in
ehelicher Erziehungsgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG)
anknüpft (BVerfG-Beschluss in BStBl II 1999, 182, BVerfGE 99,
216 = SIS 99 04 06, Rz 65).
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bb) Die zeitanteilige Gewährung des
Freibetrages nach § 24b EStG verhindert eine Benachteiligung
von alleinerziehenden Steuerpflichtigen, die im Laufe eines Jahres
mit dem späteren Ehepartner zusammenziehen und in diesem Jahr
die Ehe eingehen. Sie dürfen steuerrechtlich nicht
benachteiligt werden im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die erst im
darauffolgenden Jahr heiraten und die im Jahr des Zusammenziehens
die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages
zweifelsfrei beanspruchen können.
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3. Nach diesen Maßstäben ist beiden
Klägern jeweils der Entlastungsbetrag für
Alleinerziehende gemäß § 24b EStG ungekürzt zu
gewähren, da die Voraussetzungen hierfür in jedem
Kalendermonat (im Dezember zeitweise) vorgelegen haben. Nach den
bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) lebten
sowohl der Kläger als auch die Klägerin im Streitjahr bis
zu ihrer Eheschließung im Dezember in einem eigenen Haushalt
jeweils allein mit ihrem die Erstausbildung absolvierenden, unter
25 Jahre alten Kind.
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4. Die Sache ist spruchreif. Die
Einkommensteuer der Kläger ist auf xx EUR herabzusetzen.
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Ausgehend von der Summe der Einkünfte der
Kläger von xx EUR folgt aus dem Abzug zweier
Entlastungsbeträge für Alleinerziehende in Höhe von
je 1.908 EUR ein Gesamtbetrag der Einkünfte von xx EUR. Nach
der Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von xx
EUR (davon beschränkt abziehbar: xx EUR, unbeschränkt
abziehbar: xx EUR und Ausbildungskosten nach § 33a Abs. 2
EStG: xx EUR) ist von einem Einkommen von xx EUR auszugehen,
welches vermindert um die Freibeträge für drei Kinder in
Höhe von jeweils xx EUR ein zu versteuerndes Einkommen von xx
EUR ergibt, das die Bemessungsgrundlage für die nach dem
Splitting-Verfahren zu berechnende Einkommensteuer darstellt. Diese
beträgt xx EUR und ist um xx EUR für Handwerkerleistungen
zu ermäßigen sowie um die Ansprüche auf Kindergeld
in Höhe von jeweils xx EUR für drei Kinder zu
erhöhen. Festzusetzen sind somit xx EUR.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf
§§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
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