Anteile an Grundbesitz haltender Personengesellschaft, gemischte Schenkung, GrESt: 1. Erwirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Gesamthandsvermögen durch Schenkung der Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum, ist ein dabei erfolgender Übergang von Grundstücken aus dem Gesellschaftsvermögen in das Alleineigentum des Gesellschafters nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 und des § 6 Abs. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei. - 2. Liegt in einem solchen Fall eine gemischte Schenkung an den Erwerber vor, sind als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die um den Anteil des Erwerbers am Gesellschaftsvermögen verminderten Grundbesitzwerte anzusetzen, soweit sie nach schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen dem entgeltlichen Teil des Erwerbs entsprechen. - Urt.; BFH 13.9.2006, II R 37/05; SIS 06 47 37
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) und sein Bruder (B) waren je zur Hälfte an einer
vermögensverwaltenden GbR beteiligt, zu deren
Gesellschaftsvermögen in den Bezirken verschiedener
Finanzämter belegene Grundstücke gehörten. Mit
notariell beurkundetem Vertrag vom 18.4.2001 vereinbarten die
Gesellschafter, dass die GbR mit Wirkung zum 1.5.2001
aufgelöst werde und B dabei seine Beteiligung an der GbR mit
allen damit verbundenen Aktiven und Passiven auf den Kläger
übertrage und an ihn abtrete. Der Kläger verpflichtete
sich zu bestimmten Zahlungen an B und an Dritte.
Das für die Schenkungsteuer
zuständige Finanzamt kam im Schenkungsteuerbescheid vom
12.12.2003 zu dem Ergebnis, dass dieser Vorgang als eine gemischte
Schenkung von B an den Kläger bzw. als eine Schenkung unter
einer Leistungsauflage zu beurteilen sei, und setzte als
Verkehrswert der Leistung des B einen Betrag von 3.702.702 DM und
als Verkehrswert der Gegenleistungen des Klägers einen Betrag
von 2.980.857 DM an.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) stellte die Besteuerungsgrundlagen für die
Grunderwerbsteuer für den Erwerb der früher im
Gesamthandsvermögen der GbR befindlichen Grundstücke
durch den Kläger gesondert fest. Er begründete die
Grunderwerbsteuerbarkeit mit § 1 Abs. 1 Nr. 3 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) und verneinte die Anwendbarkeit
von § 3 Nr. 2 GrEStG. Als Bemessungsgrundlagen der Steuer
stellte das FA jeweils die Hälfte der von den
Lagefinanzämtern nach § 138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und
Abs. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 1
und § 18 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977)
festgestellten Grundstückswerte (Summe: 4.155.000 DM) fest,
insgesamt also 2.077.500 DM. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) stellte mit dem in
EFG 2005, 1639 = SIS 05 43 33 veröffentlichten Urteil die
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer dem Klageantrag
entsprechend auf den Teil des Verkehrswerts der vom Kläger zu
erbringenden Gegenleistungen, der nach seiner Ansicht auf den
Grundstückserwerb entfällt, nämlich 66,37 v.H. von
2.980.857 DM = 1.978.347 DM fest und verteilte diesen Betrag nach
dem Verhältnis der Verkehrswerte auf die vom Kläger
erworbenen Grundstücke. Zur Begründung führte es
aus, die in § 3 Nr. 2 GrEStG vorgesehene Steuerbefreiung
für Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) müsse
über den Wortlaut hinaus auch in Fällen der vorliegenden
Art angewandt werden. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
seien danach die schenkungsteuerrechtlich zu
berücksichtigenden Gegenleistungen und Auflagen, soweit sie
auf das erworbene Grundvermögen entfielen.
Das FA vertritt mit der Revision die
Auffassung, § 3 Nr. 2 GrEStG sei dem Wortlaut nach nicht
anwendbar, da es sich schenkungsteuerrechtlich um eine Abtretung
von Gesellschaftsrechten und nicht um eine
Grundstücksschenkung handle. Die Anwendung der Vorschrift sei
auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen. Die Entscheidungsgründe ergeben
zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts; die Entscheidung
selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Ansicht
des FG, die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sei
auch in Fällen der vorliegenden Art anwendbar, ist zutreffend.
Seine Steuerberechnung entspricht jedoch nicht der Vorschrift des
§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG. Im Ergebnis wirkt sich der
Rechtsfehler nicht zu Ungunsten des FA aus.
1. Wird im Rahmen der Auflösung einer
Personengesellschaft einer der Gesellschafter durch Anwachsung
entsprechend § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)
Inhaber des gesamten Gesellschaftsvermögens
einschließlich des Grundbesitzes, ist der dadurch bewirkte
Übergang des Grundbesitzes aus dem Gesamthandsvermögen in
das Alleineigentum des Gesellschafters nach § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG steuerbar (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
13.9.1995 II R 80/92, BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903 = SIS 96 03 08; vom 16.7.1997 II R 27/95, BFHE 183, 259, BStBl II 1997, 663 =
SIS 97 21 21). Dieser Erwerb ist jedoch gemäß § 6
Abs. 2 Satz 1 GrEStG (vorbehaltlich § 6 Abs. 4 GrEStG)
grunderwerbsteuerfrei, soweit der Übernehmende am
Vermögen der Gesamthand beteiligt war. Soweit der Anwachsung
des Gesellschaftsvermögens eine freigebige Zuwendung des
Anteils eines anderen Gesellschafters zugrunde liegt, tritt ferner
nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
Grunderwerbsteuerfreiheit ein. Nach dieser Vorschrift sind u.a.
Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von
der Besteuerung ausgenommen.
Der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 2 Satz 1
GrEStG steht nicht entgegen, dass grunderwerbsteuerrechtlich ein
Übergang der Grundstücke aus dem Gesamthandsvermögen
der Gesellschaft in das Alleineigentum des Erwerbers vorliegt,
während der Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung des
Gesellschaftsanteils an den Erwerber unterliegt. Dabei handelt es
sich um rechtstechnische Anknüpfungspunkte, denen im Hinblick
auf den Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, die doppelte
Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer einerseits und
Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer andererseits zu vermeiden,
keine Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Urteile vom 31.10.1963 II 155/60
U, BFHE 77, 706, BStBl III 1963, 579 = SIS 63 03 66; vom 25.11.1964
II 34/62, HFR 1965, 227). Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
verwendete Begriff „Grundstücksschenkungen unter
Lebenden“ ist daher nicht so zu verstehen, dass die
Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von
Grundstücken erfasst. Sie gilt vielmehr aufgrund ihres soeben
erwähnten Zwecks, eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer
und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden, auch dann,
wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer
Personengesellschaft ist.
2. Hat der Gesellschafter, der das gesamte
Gesellschaftsvermögen zu Alleineigentum übernimmt,
dafür im Rahmen einer gemischten Schenkung Gegenleistungen zu
erbringen, ist § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nur auf den
unentgeltlichen Teil des Erwerbs anwendbar. Der entgeltliche Teil
des Erwerbs unterliegt der Grunderwerbsteuer, soweit nicht andere
Befreiungsvorschriften eingreifen.
Die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
bilden dabei allerdings entgegen der Auffassung des FG nicht die
vom Erwerber zu erbringenden Gegenleistungen, soweit sie auf den
Grundbesitz entfallen, sondern die festgestellten Grundbesitzwerte
(§§ 138 ff. BewG), soweit sie weder dem bisherigen Anteil
des Erwerbers am Vermögen der Gesamthand noch dem
unentgeltlichen Teil des Erwerbs entsprechen. Die
Maßgeblichkeit der festgestellten Grundbesitzwerte ergibt
sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG in der im Streitfall
anwendbaren Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002
vom 24.3.1999 (BGBl I, 402; vgl. § 23 Abs. 6 Satz 1
GrEStG).
Nach dieser Vorschrift wird die Steuer u.a.
„bei anderen Erwerbsvorgängen auf
gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ nach den Werten
i.S. des § 138 Abs. 2 oder 3 BewG bemessen. Derartige
Erwerbsvorgänge sind solche
Grundstücksübergänge zwischen einer Gesellschaft und
ihren Gesellschaftern, durch die die Gesellschafterstellung des
beteiligten Gesellschafters in rechtlicher Hinsicht berührt
oder verändert wird (BFH-Beschluss vom 26.2.2003 II B 54/02,
BFHE 201, 326, BStBl II 2003, 483 = SIS 03 22 80). Diese
Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn im Rahmen der
Auflösung einer Personengesellschaft einer der Gesellschafter
durch Anwachsung entsprechend § 738 BGB oder
Gesamtrechtsnachfolge Inhaber des gesamten
Gesellschaftsvermögens einschließlich des Grundbesitzes
wird. § 8 Abs. 2 GrEStG ist eine Sonderregelung zu § 8
Abs. 1 GrEStG, wonach sich die Steuer nach dem Wert der
Gegenleistung bemisst. Dies schließt es aus, in den genannten
Fällen die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistungen
oder Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind (§ 3
Nr. 2 Satz 2 GrEStG), zu bemessen.
3. Im Streitfall sind danach als
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht die vom
Kläger zu erbringenden Gegenleistungen heranzuziehen, soweit
sie dem erworbenen Grundbesitz zuzuordnen sind, sondern die
Hälfte der für die Grundstücke festgestellten
Bedarfswerte, soweit sie dem entgeltlichen Teil des Erwerbs
entsprechen. Danach ergibt sich folgende Steuerberechnung:
Die Hälfte der gesondert festgestellten
Grundstückswerte von 4.155.000 DM, also 2.077.500 DM, ist mit
dem Verkehrswert der Gegenleistungen des Klägers (2.980.857
DM) zu multiplizieren und durch den Verkehrswert der Leistungen des
B (3.702.702 DM) zu teilen. Das Ergebnis von 1.672.489 DM ist
niedriger als die vom FG antragsgemäß festgestellte
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer von 1.978.347
DM. Die Revision des FA erweist sich somit im Ergebnis als
unbegründet.