GrESt bei Gesellschafterwechsel, Steuerfreiheit bei Schenkung: Nach § 1 Abs. 2 a GrEStG steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft sind insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen. - Urt.; BFH 12.10.2006, II R 79/05; SIS 07 04 73
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG,
wurde durch notariell beurkundeten Vertrag vom 17.11.2003 zwischen
der Komplementär-GmbH und den Geschwistern G als
Kommanditisten gegründet. Mit einem weiteren notariell
beurkundeten Vertrag gleichen Datums brachten die Geschwister neben
Bankguthaben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, der
ihnen teils in Bruchteilseigentum, teils in Erbengemeinschaft
gehörende Grundstücke umfasste, in die Klägerin ein.
Die Einbringung sollte zum 1.12.2003, jedoch nicht vor Eintragung
der Klägerin in das Handelsregister erfolgen. Mit einem
dritten, am selben Tag notariell beurkundeten Vertrag
übertrugen die Geschwister ihre Kommanditbeteiligungen an der
Klägerin unentgeltlich, aber unter Vorbehalt eines
Ertragsnießbrauchs auf Neffen der verstorbenen Ehefrau des
Kommanditisten G. Die Übertragung sollte mit Wirkung zum
Ablauf des 30.12.2003 und aufschiebend bedingt durch die Eintragung
der Klägerin in das Handelsregister und ferner aufschiebend
bedingt durch den wirtschaftlichen Vollzug der Einbringung des
land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nebst Grundstücken in
die Klägerin erfolgen. Die Komplementär-GmbH ist nicht am
Kapital der Klägerin beteiligt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) war der Auffassung, die Übertragung der
Kommanditanteile auf die neuen Gesellschafter erfülle den
Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) und sei nicht nach § 3 Nr.
2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Das FA setzte demgemäß gegen
die Klägerin für diesen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer
auf der Grundlage der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte
fest (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 des
Bewertungsgesetzes - BewG - ).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) führte in seinem in EFG 2006, 363 = SIS 06 09 63 veröffentlichten Urteil aus, der nach § 1 Abs. 2a
GrEStG der Besteuerung unterliegende Rechtsvorgang sei nicht
gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei, da diese
Vorschrift ausschließlich Grundstücksschenkungen unter
Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
(ErbStG) begünstige.
Mit der Revision macht die Klägerin
geltend, die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
sei auch auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG
anwendbar.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22.9.2004
und die Einspruchsentscheidung vom 25.11.2004 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen
Verwaltungsakte (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Steuerbescheid ist entgegen
der Auffassung des FG zu Unrecht ergangen.
1. Die Übertragung der
Kommanditbeteiligungen erfüllt zwar den Tatbestand des §
1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Der danach der Besteuerung unterliegende
Erwerbsvorgang ist aber nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
steuerfrei.
a) Gehört zum Vermögen einer
Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und
ändert sich innerhalb von fünf Jahren der
Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass
mindestens 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf
neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a
Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines
Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes
Rechtsgeschäft. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
aufgrund der Übertragung der Kommanditanteile gegeben.
b) Der Erwerbsvorgang ist nach § 3 Nr. 2
Satz 1 GrEStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift sind u.a.
Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von
der Besteuerung ausgenommen.
Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht
nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Übergang der
Grundstücke der KG auf eine neue Personengesellschaft fingiert
(vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27.4.2005 II R
61/03, BFHE 210, 56, BStBl II 2005, 649 = SIS 05 35 97),
während der Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung der
Gesellschaftsanteile an die Erwerber unterliegt (im Ergebnis ebenso
Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 1
Rdnr. 105; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3.
Aufl., § 3 Rz. 36 ff.; a.A. Sack in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 15. Aufl., § 3 Rn. 91 a). Denn diesen
unterschiedlichen rechtstechnischen Anknüpfungspunkten kommt
im Hinblick auf den Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, die
doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer
einerseits und Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer andererseits zu
vermeiden, keine Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteile vom 31.10.1963 II
155/60 U, BFHE 77, 706, BStBl III 1963, 579 = SIS 63 03 66, und vom
13.9.2006 II R 37/05, BFH/NV 2007, 157 = SIS 06 47 37). Der in
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff
„Grundstücksschenkungen unter Lebenden“ ist
nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige
Zuwendungen von Grundstücken erfasst. Diese Vorschrift gilt
vielmehr aufgrund ihres soeben erwähnten Zwecks, die doppelte
Belastung mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer oder
Schenkungsteuer zu vermeiden, auch dann, wenn Gegenstand einer
freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden
Personengesellschaft ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 157 = SIS 06 47 37).
2. Da das FG von anderen Grundsätzen
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist
spruchreif. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid und die
Einspruchsentscheidung sind aufzuheben. Der Erwerbsvorgang ist
gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG insgesamt steuerfrei. Der
vorbehaltene Ertragsnießbrauch ist nach § 25 Abs. 1 Satz
1 ErbStG bei der Ermittlung des für die Schenkungsteuer
maßgebenden steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10 ErbStG)
nicht zu berücksichtigen und führt daher nicht nach
§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG zu einer (teilweisen) Steuerpflicht
des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Auf die
Vorschrift des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG kommt es wegen der
Steuerfreiheit des Erwerbsvorgangs nicht an.
Die Steuerfestsetzung kann auch nicht durch
bloße Änderung der Begründung auf die Einbringung
des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einschließlich
der Grundstücke in die Klägerin gestützt werden,
weil es sich dabei um einen anderen, der angefochtenen
Steuerfestsetzung nicht zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt
handelt. Die Steuerpflicht des Einbringungsvorgangs braucht daher
nicht geprüft zu werden.