Fahrtenbuch, sachliche Anforderungen: 1. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss grundsätzlich zu den beruflichen Reisen Angaben zum Datum, zum Reiseziel, zum aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. zum Gegenstand der dienstlichen Verrichtung und zu dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs enthalten. - 2. Mehrere Teilabschnitte einer einheitlichen beruflichen Reise können miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden, wenn die einzelnen aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden. - 3. Der Übergang von der beruflichen Nutzung zur privaten Nutzung des Fahrzeugs ist im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Gesamtkilometerstands zu dokumentieren. - 4. Die erforderlichen Angaben müssen sich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird. - Urt.; BFH 16.3.2006, VI R 87/04; SIS 06 20 03
I. Streitig ist, ob ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (§ 8 Abs. 2 Satz 4 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) vorliegt.
Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden in den Streitjahren (1996 bis 1998) zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte als
angestellter Handelsvertreter Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. Für die damit verbundene
Reisetätigkeit stand ihm ein Dienstwagen seines Arbeitgebers
zur Verfügung, den er auch privat nutzen durfte. Über die
mit dem Dienstwagen unternommenen Fahrten führte der
Kläger Aufzeichnungen in Fahrtenbüchern, die von einem
Schreibwarenverlag aufgelegt worden waren.
In diesen Fahrtenbüchern trug der
Kläger tageweise in jeweils einer Zeile nebeneinander das
Datum, die Uhrzeit des Fahrtbeginns und des Fahrtendes, einen oder
zwei Ortsnamen sowie den Kilometerstand am Ende des Tages ein.
Vereinzelt führte der Kläger noch die Länge einer
privat zurückgelegten Strecke auf. In den im Fahrtenbuch
vorgesehenen weiteren Spalten
„Zweck/Geschäftspartner“ bzw. „Zweck der
Fahrt“ machte der Kläger keine Eintragungen. Eine
Trennung zwischen dienstlichen und privaten Fahrten am gleichen Tag
erfolgte nicht. Daneben erstellte der Kläger für seinen
Arbeitgeber Reisekostenabrechnungen, die neben Datum, Reisebeginn
und Reiseende sowie neben den am jeweiligen Tag angefallenen
Aufwendungen für Verpflegung, Übernachtung und für
das Betanken des Fahrzeugs unter der Überschrift
„Reiseanlass und Reiseweg“ ebenfalls pro Tag zwei oder
drei Ortsnamen enthalten.
Den Nutzungsvorteil aus der
Überlassung des Dienstwagens versteuerte der Kläger in
den Streitjahren zunächst in Höhe der nach den
Fahrtenbüchern auf die Privatfahrten entfallenden anteiligen
Fahrzeugkosten. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung beim
Arbeitgeber des Klägers vertrat der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Ansicht, die
Aufzeichnungen des Klägers seien nicht
ordnungsgemäß im Sinne des Gesetzes, weil sie - neben
anderen Mängeln - durchgängig keine Angaben zu den
aufgesuchten Geschäftspartnern enthielten. Aus diesem Grunde
änderte das FA die bereits ergangenen Einkommensteuerbescheide
für die Streitjahre ab und legte den Einnahmen des
Klägers nunmehr einen Nutzungsvorteil von monatlich 1 v.H. des
jeweiligen Fahrzeuglistenpreises zugrunde (§ 8 Abs. 2 Satz 2
i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trugen
die Kläger vor dem Finanzgericht (FG) vor, die in den
Fahrtenbüchern selbst nicht enthaltenen Kundennamen seien
jedenfalls anhand der jeweiligen Reisekostenabrechnungen ohne
weiteres nachzuvollziehen. Von der Möglichkeit, den gestellten
Dienstwagen auch für private Fahrten zu verwenden, habe man
ohnehin kaum Gebrauch gemacht, zumal das ständig mit
Arbeitsmaterialien beladene Fahrzeug dazu praktisch nicht geeignet
gewesen sei. Für solche Fahrten hätten sie (die
Kläger) zudem noch über zwei eigene PKW verfügen
können. Die Privatnutzung des Dienstwagens sei daher - mit
Ausnahme einer Urlaubsfahrt im Jahre 1997 - höchstens mit
1.000 Kilometern pro Jahr zu veranschlagen und damit völlig
unbedeutend.
Das FG wies die Klage mit den in EFG 2005,
688 = SIS 05 10 88 veröffentlichten Gründen ab.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie sind der
Auffassung, die von der Finanzverwaltung an ein Fahrtenbuch
gestellten Anforderungen seien in der Praxis nicht zu leisten. Die
Pflicht zur Aufzeichnung jeder einzelnen Fahrt sei bei
Handelsvertretern ein bloßer Formalismus. Entscheidend
für die Überprüfbarkeit der Fahrtenbucheintragungen
sei zudem nicht die Angabe des konkreten Kundennamens, sondern der
Umstand, dass der Kläger am angegebenen Fahrtziel
überhaupt über einen Kunden verfügt habe. Der
Finanzbehörde sei es zuzumuten, auch Unterlagen wie etwa die
Reisekostenabrechnungen und den Terminkalender des Klägers in
ihre Entscheidung über die Anerkennung eines Fahrtenbuchs mit
einzubeziehen. Zwar hätten sich in die Fahrtenbücher im
Laufe der Jahre kleinere Fehler eingeschlichen, die jedoch den
Gesamteindruck nicht verändern könnten, dass nach den
getätigten Angaben sämtliche aufgezeichneten Fahrten
dienstlich veranlasst gewesen seien. Eine Berechnung des
Nutzungsvorteils anhand der 1 v.H.-Regelung führe im
Streitfall wegen des äußerst geringen Privatanteils zu
einer ungerechten Besteuerung.
Die Kläger beantragen, das Urteil der
Vorinstanz sowie die Einspruchsentscheidung (soweit sie sich auf
die Streitjahre beziehen) aufzuheben und die Einkommensteuer
jeweils unter Anerkennung der für die Streitjahre
geführten Fahrtenbücher festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend
entschieden, dass der geldwerte Vorteil des Klägers aus der
Verfügbarkeit des Dienstwagens zu Privatfahrten mit monatlich
1 v.H. des Listenpreises als Arbeitslohn zu erfassen ist.
1. Ist wegen der Befugnis, einen Dienstwagen
auch privat zu nutzen, ein geldwerter Vorteil anzusetzen, so ist
dessen Höhe nach der 1 v.H.-Regelung zu bewerten, sofern nicht
das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen
Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch
nachgewiesen wird (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. §
6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
a) Der Begriff des ordnungsgemäßen
Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem
Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings,
dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der
Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende
Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit
bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit
hin überprüfbar sein müssen.
b) Dazu gehört auch, dass das (zeitnah
und in geschlossener Form zu führende) Fahrtenbuch die nicht
als Arbeitslohn zu erfassende anteilige berufliche Verwendung des
Dienstwagens in einer schlüssigen Form belegt. Die
Aufzeichnungen müssen daher zu den geschäftlichen Reisen
Angaben enthalten, anhand derer sich die berufliche Veranlassung
der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch
nachprüfen lässt. Hierfür hat das Fahrtenbuch neben
dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils
aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. - wenn ein
solcher nicht vorhanden ist - den konkreten Gegenstand der
dienstlichen Verrichtung (wie etwa den Besuch einer bestimmten
behördlichen Einrichtung, einer Filiale oder einer Baustelle)
aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch reichen
allenfalls dann aus, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder
Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt, oder
wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von
Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr
ergänzungsbedürftig sind.
c) Dabei ist jede einzelne berufliche
Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei
Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs
aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche
Reise aus mehreren Teilabschnitten (z.B. wenn nacheinander mehrere
Kunden an verschiedenen Orten aufgesucht werden), so können
diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung
verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des erst am
Ende der gesamten Reise erreichten Kfz-Gesamtkilometerstands, wenn
zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im
Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden,
in der sie aufgesucht worden sind. Wird andererseits der berufliche
Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung
unterbrochen, so stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit
verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen
Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss
der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren
ist.
d) Die genannten Angaben müssen sich in
hinreichend übersichtlicher und geordneter Form
regelmäßig schon aus dem Fahrtenbuch selbst entnehmen
lassen und dadurch eine stichprobenartige Überprüfung
ermöglichen. Das schließt es nicht aus, im Fahrtenbuch
gegebenenfalls auch Abkürzungen für bestimmte,
häufiger aufgesuchte Fahrtziele und Kunden oder für
einzelne regelmäßig wiederkehrende Reisezwecke zu
verwenden, solange die gebrauchten Kürzel entweder aus sich
heraus verständlich oder z.B. auf einem dem Fahrtenbuch
beigefügten Erläuterungsblatt näher
aufgeschlüsselt sind (vgl. dazu etwa die Erleichterungen im
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 12.5.1997
IV B 2 - S 2177 - 29/97, BStBl I 1997, 562 = SIS 97 11 33, Tz. 21,
und in H 31 (9-10) „Erleichterungen bei der Führung
eines Fahrtenbuchs“ der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR -
in der seit 2000 geltenden Fassung) und solange der geschlossene
Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht
beeinträchtigt wird.
2. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist
die Entscheidung des FG, den geführten Aufzeichnungen die
Anerkennung als ordnungsgemäße Fahrtenbücher zu
versagen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Nach den vom FG getroffenen Feststellungen,
gegen die die Kläger insoweit keine Rüge erhoben haben
und an die der Senat deshalb gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO),
lassen die Eintragungen des Klägers in den Fahrtenbüchern
- auch in Verbindung mit den eingereichten Reisekostenabrechnungen
und der nachträglich erstellten Kundenliste - keine
Rückschlüsse auf die Veranlassung der einzelnen Fahrten
zu. Weder die Abrechnungen noch die Fahrtenbücher selbst
enthalten einen Hinweis auf den am jeweiligen Tag aufgesuchten
Geschäftspartner. Eine zweifelsfreie Ermittlung der besuchten
Kunden anhand der Kundenliste ist im Nachhinein ebenfalls nicht
mehr möglich, weil der Kläger an einer Vielzahl von Orten
nicht bloß einen einzelnen Geschäftspartner hatte. Zudem
trennen die Fahrtenbucheintragungen des Klägers nicht zwischen
einer beruflichen Nutzung und einer nachfolgenden privaten
Verwendung des Fahrzeugs am gleichen Tag. Schließlich weisen
die Fahrtenbücher inhaltlich in allen Streitjahren eine
Fülle von Unregelmäßigkeiten auf, die die
materielle Richtigkeit der Kilometerangaben nach Überzeugung
des FG insgesamt in Frage stellen.
b) Dem lässt sich nicht entgegenhalten,
dass der Arbeitgeber des Klägers jedenfalls die erstellten
Reisekostenabrechnungen gebilligt und die berufliche Veranlassung
der darin genannten Reisen dadurch bestätigt habe. Für
den Arbeitgeber dienten die Abrechnungen lediglich zum Nachweis der
zeitlichen Dauer der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistung und
zur Berechnung des daraus folgenden Anspruchs auf Reisespesen. Da
der Arbeitgeber ohnehin sämtliche Kosten für den
gestellten Dienstwagen zu übernehmen hatte, war es aus seiner
Sicht regelmäßig unerheblich, in welchem Umfang der
Kläger das Fahrzeug auch für private Fahrten genutzt
hatte.
c) Die Kläger haben mit der
Revisionsbegründung erstmalig geltend gemacht, zur Ermittlung
des privaten Nutzungsanteils könnten ergänzend - neben
den Reisekostenabrechnungen und der Kundenliste - auch die
Terminkalender des Klägers herangezogen werden. Es kann
dahinstehen, ob nach den genannten Grundsätzen zur Ermittlung
der Kundennamen ein weiterer Rückgriff auf derartige
Unterlagen zulässig wäre. Im Streitfall scheidet die
Einführung der Terminkalender in das Verfahren bereits
deswegen aus, weil es sich insoweit um neuen Sachvortrag handelt,
der in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht mehr
berücksichtigt werden kann (vgl. zuletzt z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs vom 17.6.2005 VI R 84/04, BFHE 210, 291, BStBl II
2005, 795 = SIS 05 36 36, und vom 26.1.2005 VI R 71/03, BFHE 208,
572, BStBl II 2005, 349 = SIS 05 16 32).