Fahrtenbuch, kleinere Mängel: 1. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Kleinere Mängel führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. - 2. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt nicht die Einrichtung eines gesonderten Aufwandskontos voraus. - Urt.; BFH 10.4.2008, VI R 38/06; SIS 08 27 69
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, stellte ihrer
Gesellschafter-Geschäftsführerin in dem streitigen
Zeitraum 1.3.2000 bis 29.2.2004 ein firmeneigenes Kraftfahrzeug zur
Verfügung, das diese auch privat nutzen durfte. Über die
mit dem jeweiligen Dienstwagen unternommenen Fahrten wurden
Aufzeichnungen in Fahrtenbüchern geführt. Zum 27.9.2000
und 9.10.2003 erfolgte jeweils ein Fahrzeugwechsel. Nach einer den
streitigen Zeitraum betreffenden Lohnsteuer-Außenprüfung
bei der Klägerin vertrat der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) die Ansicht, die Aufzeichnungen in den
Fahrtenbüchern seien nicht ordnungsgemäß. Er
ermittelte den geldwerten Vorteil daher nach der sog. 1 %-Regelung
und nahm die Klägerin gemäß § 42d des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in Haftung.
Die Klage gegen den Haftungsbescheid war
teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) beurteilte die die
Zeiträume 27. September bis 31.12.2000, 1. Januar bis
31.12.2002 und 1. Januar bis 29.2.2004 betreffenden Aufzeichnungen
als ordnungsgemäß. Es vertrat die Auffassung, ein
Fahrtenbuch sei erst dann nicht ordnungsgemäß, wenn es
mehrere ins Gewicht fallende Mängel aufweise. Einzelne
kleinere Ungenauigkeiten, wie sie hier in den genannten
Zeiträumen vorlägen, könnten nicht zur Verwerfung
führen.
Das Urteil des FG ist in EFG 2006, 1664 =
SIS 06 32 40 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG.
Das FA beantragt sinngemäß, die
Entscheidung des FG im angefochtenen Umfang aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass in den
streitigen Zeiträumen die 1 %-Regelung nicht zur Anwendung
kommt. Soweit das FG allerdings die Auffassung vertreten hat, dass
ein Arbeitnehmer nur durch die Führung eines
ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nachweisen kann, dass der
ihm zur Nutzung überlassene Dienstwagen nicht für private
Zwecke eingesetzt worden ist, hat der Senat Zweifel, ob er sich dem
anschließen könnte (vgl. dazu Senatsentscheidung vom
21.12.2006 VI B 20/06, BFH/NV 2007, 716 = SIS 07 09 47). Im
vorliegenden Verfahren kommt es hierauf jedoch nicht an, weil nur
das FA Revision gegen das Urteil des FG eingelegt hat.
1. Ist wegen der Befugnis, einen Dienstwagen
auch privat zu nutzen, ein geldwerter Vorteil anzusetzen, so ist
dessen Höhe nach der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht
das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen
Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch
nachgewiesen wird (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. §
6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
Der Begriff des ordnungsgemäßen
Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Durch die
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind jedoch die
Voraussetzungen, die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch
zu stellen sind, im Wesentlichen geklärt (vgl. BFH-Urteile vom
9.11.2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408 = SIS 06 13 16; vom 16.11.2005 VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410 =
SIS 06 13 19, und vom 16.3.2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II
2006, 625 = SIS 06 20 03). Ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch muss hiernach zeitnah und in geschlossener Form
geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten
einschließlich des an ihrem Ende erreichten
Gesamtkilometerstandes müssen im Fahrtenbuch vollständig
und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden
(BFH-Urteil in BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408 = SIS 06 13 16).
Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich
für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten
Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht eine
einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so
können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden
Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung
des am Ende der gesamten Reise erreichten
Kfz-Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder
Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge
aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wird
andererseits der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer
privaten Verwendung unterbrochen, so stellt diese
Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen
steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch
durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten
Kilometerstands zu dokumentieren ist (BFH-Urteil in BFHE 212, 546,
BStBl II 2006, 625 = SIS 06 20 03).
Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen
außerdem eine hinreichende Gewähr für ihre
Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Sie müssen mit
vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin
überprüfbar sein. Weisen die Fahrtenbücher
inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, kann dies die
materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellen
(BFH-Urteil in BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625 = SIS 06 20 03).
Ebenso wie eine Buchführung trotz einiger formeller
Mängel aufgrund der Gesamtbewertung noch als formell
ordnungsgemäß erscheinen kann (vgl. dazu Seer in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 158 AO
Rz 13, m.w.N.), führen jedoch auch kleinere Mängel nicht
zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung,
wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Blümich/ Glenk,
§ 8 EStG Rz 119; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., § 8
Rz 47). Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine
hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und
Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu
versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des
Dienstwagens möglich ist.
2. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist
die Entscheidung des FG, den geführten Aufzeichnungen die
Anerkennung als ordnungsgemäße Fahrtenbücher nur
teilweise zu versagen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Beurteilung, ob das Fahrtenbuch
ordnungsgemäß ist, obliegt in erster Linie der
tatrichterlichen Würdigung des FG (vgl. dazu BFH-Beschluss vom
17.4.2007 VI B 145/06, BFH/NV 2007, 1314 = SIS 07 20 15). Das FG
hat im Streitfall die Ordnungsmäßigkeit der
Fahrtenbücher in den noch streitigen Zeiträumen 27.
September bis 31.12.2000, 1. Januar bis 31.12.2002 und 1. Januar
bis 29.2.2004 daraus abgeleitet, dass die Aufzeichnungen keine
(2004), nur einen (2000) bzw. wenige (2002) Mängel
aufweisen.
b) Nach den bindenden Feststellungen des FG
ist eine am 30.12.2000 vorgenommene Fahrt, für die eine
Tankrechnung vorliegt, nicht aufgezeichnet worden. Nach seiner
Auffassung ist es unverhältnismäßig, wegen dieses
Mangels die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs für
die Zeit ab 27. September des Streitjahres 2000 insgesamt zu
versagen.
Soweit im Streitjahr 2002 in zwei Fällen
zwischen den Kilometerangaben lt. Fahrtenbuch und
Werkstattrechnungen keine genaue Übereinstimmung besteht, hat
das FG ausgeführt, dass die Angaben über die
Kilometerstände in Werkstattrechnungen
erfahrungsgemäß häufig ungenau seien. Der
Abweichung in den Angaben zwischen Werkstattrechnungen und
Fahrtenbuch könne deshalb nur indizielle Bedeutung zukommen.
Das FG hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass der
Steuerpflichtige nicht verpflichtet sei, die laut Routenplaner
vorgegebene kürzeste Strecke zu wählen bzw. bei
Abweichung besonderen Aufzeichnungsaufwand zu betreiben.
Diese Würdigung des FG ist möglich
und nachvollziehbar. Sie verstößt weder gegen
Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der Senat
hieran mangels zulässiger und begründeter
Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
3. Entgegen der vom FA vertretenen Auffassung
kommt die 1 %-Regelung nicht schon deshalb zur Anwendung, weil die
Klägerin die auf den jeweils zur Nutzung überlassenen
Dienstwagen entfallenden Kosten nicht getrennt aufgezeichnet hat.
Voraussetzung für die Bewertung des geldwerten Vorteils mit
den anteiligen Kraftfahrzeugkosten gemäß § 8 Abs. 2
Satz 4 EStG ist u.a., dass die durch das Kraftfahrzeug insgesamt
entstehenden Aufwendungen durch Belege nachgewiesen werden. Das FG
weist zu Recht darauf hin, dass die Vorschrift eine getrennte
Aufzeichnung der Kosten nicht verlangt. Allerdings kann die
Einrichtung eines gesonderten Aufwandskontos den Nachweis
erleichtern und zweckmäßig sein (vgl. zur Beweispflicht
des Steuerpflichtigen Birk/Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, §
8 EStG Rz 102). Im Streitfall gibt es nach den Feststellungen des
FG keine Anhaltspunkte dafür, dass der Belegnachweis nicht
möglich war.