Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Keine Kürzung von außergewöhnlichen Belastungen aufgrund einer steuerpflichtigen Ersatzleistung

Keine Kürzung von außergewöhnlichen Belastungen aufgrund einer steuerpflichtigen Ersatzleistung: Einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen führen nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen Aufwendungen. - Urt.; BFH 15.6.2023, VI R 33/20; SIS 23 14 11

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 15.06.2023, VI R 33/20 (ECLI:DE:BFH:2023:B.150623.VIR33.20.0)
    BStBl 2023 II S. 1031
    DStR 2023 S. 2103

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 6.11.2023
    Geserich in StBB 10/2023 S. 7
    S. Geserich in BFH/PR 12/2023 S. 358
    J. H. in StuB 19/2023 S. 794
    J. Schiffers in DStZ 21/2023 S. 787
    J. Schiffers in DStZ 24/2023 S. 910
Normen
[EStG] § 33 Abs. 1, § 33 Abs. 2 Satz 1
[TV-L] § 23 Abs. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 15.06.2020, SIS 20 12 02, Außergewöhnliche Belastung, Sterbegeld, Beerdigungskosten
Anmerkung RiBFH Dr. Geserich

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 15.06.2020 - 11 K 2024/18 E = SIS 20 12 02 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erhielt im Streitjahr (2017) aufgrund des Ablebens ihrer Mutter - auch ohne ihre Erbin geworden zu sein - gemäß § 23 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder ein Sterbegeld in Höhe von brutto 6.550,20 EUR.

 

 

2

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin das erhaltene Sterbegeld nicht, machte jedoch die Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) setzte das Sterbegeld nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags sowie des Versorgungsfreibetrags als steuerpflichtige Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit an und berücksichtigte die geltend gemachten Beerdigungskosten erklärungsgemäß. Im Einspruchsverfahren änderte das FA nach vorherigem Hinweis auf eine mögliche Verböserung den Einkommensteuerbescheid dahingehend, dass es die geltend gemachten Beerdigungskosten wegen einer Anrechnung des diese Kosten übersteigenden Sterbegelds nicht mehr zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zuließ, und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage teilweise statt. Es erkannte die Beerdigungskosten lediglich gekürzt um den Versorgungsfreibetrag als außergewöhnliche Belastung an.

 

 

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Es beantragt sinngemäß,

 

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

7

Die Klägerin beantragt,

 

die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

 

9

Das FG hat zutreffend entschieden, dass das einkommensteuerpflichtige Sterbegeld der Klägerin nicht auf ihre als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Beerdigungskosten anzurechnen ist.

 

 

10

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung nach Abs. 3 übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

 

 

11

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger aus sittlichen Gründen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen übernimmt, als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG steuerlich zu berücksichtigen, soweit die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder durch sonstige dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Tod des Angehörigen zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind (BFH-Urteil vom 19.10.1990 - III R 93/87, BFHE 162, 326, BStBl II 1991, 140 = SIS 91 04 03 und Senatsbeschluss vom 21.02.2018 - VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469 = SIS 18 06 21, Rz 46).

 

 

12

b) Diese Vorteilsanrechnung gründet auf der zweckgerichteten Auslegung des Begriffs der Aufwendungen und dem Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Denn der Abzugstatbestand des § 33 EStG erfordert die verminderte subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige ist im Ergebnis lediglich um die Differenz von außergewöhnlichem Aufwand und (steuerfreier) Ersatzleistung belastet. Nur insoweit trägt er den außergewöhnlichen Aufwand tatsächlich und nur insoweit ist seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vermindert (Senatsbeschlüsse vom 14.04.2011 - VI R 8/10, BFHE 233, 241, BStBl II 2011, 701 = SIS 11 16 62 und vom 21.02.2018 - VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469 = SIS 18 06 21, Rz 55). Da die Vorteilsanrechnung der Vermeidung einer steuerlichen Doppelentlastung dient (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14.04.2011 - VI R 8/10, BFHE 233, 241, BStBl II 2011, 701 = SIS 11 16 62, Rz 14 und vom 21.02.2018 - VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469 = SIS 18 06 21, Rz 56), führen einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen Aufwendungen (vgl. Senatsurteil vom 14.03.1975 - VI R 63/73, BFHE 115, 357, BStBl II 1975, 632 = SIS 75 03 67 und BFH-Urteil vom 23.11.2016 - X R 13/14 = SIS 17 03 42, Rz 17; Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz B 18; Brandis/Heuermann/Baldauf, § 33 EStG Rz 70 und 72; Fuhrmann in Korn, § 33 EStG Rz 22.1; Schmidt/Loschelder, EStG, 42. Aufl., § 33 Rz 17; Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 33 EStG Rz 37; a.A. KKB/Bleschick, § 33 EStG, 8. Aufl., Rz 32; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 42; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 33 Rz 13).

 

 

13

2. Das FG hat nach diesen Maßstäben die als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Beerdigungskosten zu Recht nicht um das Sterbegeld gekürzt.

 

 

14

a) Das von der Klägerin bezogene Sterbegeld ist ein steuerpflichtiger Versorgungsbezug im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

 

 

15

b) Die vom FA begehrte Kürzung der Beerdigungskosten zumindest in Höhe des Nettobetrags des steuerpflichtigen Sterbegelds (Einnahmen gemindert um die darauf entfallende Steuer) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Werden außergewöhnliche Belastungen - wie vorliegend - aus zu versteuerndem Einkommen geleistet, sind die entsprechenden Aufwendungen ohne Anrechnung der zu versteuernden Beträge nach § 33 EStG abziehbar. Denn eine (auch nur teilweise) Anrechnung der zu versteuernden Leistung auf die nach § 33 EStG abziehbare außergewöhnliche Belastung hätte in einem solchen Fall eine unzulässige doppelte steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen zur Folge.

 

 

16

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiBFH Dr. Geserich

Dass es sich bei dem von der Klägerin bezogenen Sterbegeld um einen steuerpflichtigen Versorgungsbezug i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG handelt, war im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten zu Recht nicht (mehr) streitig. Denn der BFH hat mit bereits mit Urteil v. 19.4.2021 - VI R 8/19 = SIS 21 13 46, BStBl 2021 II S. 909 dahingehend entschieden und klargestellt, dass ein nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gezahltes pauschales, nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessenes Sterbegeld – anders als Beihilfeleistungen etwa im Krankheitsfall (BFH, Urteil v. 18.5.2004 - VI R 128/99 = SIS 05 03 93) – nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist. Ein einmaliges Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG und damit ebenfalls einkommensteuerpflichtig, selbst wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i.S. des BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird.

 

Allein der Umstand, dass das Sterbegeld auch der Erbschaftsteuer unterlegen hat, steht einer Besteuerung nach dem EStG in einem solchen Fall nicht entgegen (vgl. § 35 b EStG). Allerdings kann der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG eröffnet sein, sollte es sich beim Sterbegeld um eine Kapitalisierung handeln (BFH, Urteil v. 5.11.2019 - X R 38/18 = SIS 20 04 14). Zur steuerlichen Behandlung eines Sterbegelds aus einem Versorgungswerk, s. BFH, Urteil v. 23.11.2016 - X R 13/14 = SIS 14 27 25 und zu negativen Einkünften bei Rückkauf einer Sterbegeldversicherung, s. BFH, Urteil v. 14.3.2017 - VIII R 25/14 = SIS 17 14 54, BStBl 2017 II S. 1038).

 

Zur Vorteilsanrechnung vgl. im Übrigen: BFH, Urteile v. 19.7.1957 - VI 106/55 U = SIS 57 02 17, BStBl 1957 III S. 329, und v. 15.9.1961 - VI 231/60 U = SIS 61 03 38, BStBl 1961 III S. 516 betr. Beihilfeleistungen von Arbeitgeber und Krankenkasse auf Krankheitskosten; v. 22.10.1971 - VI R 242/69 = SIS 72 01 05, BStBl 1972 II S. 177 betr. Leistungen aus einer Krankenhaustagegeldversicherung auf Krankenhauskosten und Schadensersatzleistungen des Unfallverursachers auf den Schaden; v. 19.10.1990 - III R 93/87 = SIS 91 04 03, BStBl 1991 II S. 140 betr. Leistungen einer Sterbegeldversicherung, und v. 22.2.1996 - III R 7/94 = SIS 96 15 02, BStBl 1996 II S. 413 betr. Leistungen einer Kapitallebensversicherung, soweit diese Leistungen auf die eigentlichen – als außergewöhnliche Belastung – anzuerkennenden Beerdigungskosten entfallen; BFH, Urteil v. 30.6.1999 - III R 8/95 = SIS 99 20 04, BStBl 1999 II S. 766 betr. Zahlungen der Hausratversicherung auf die Wiederbeschaffungskosten von Hausrat und Kleidung sowie v. 18.4.2002 - III R 15/00 = SIS 02 85 76, BStBl 2003 II S. 70 betr. Pflegezulage nach § 35 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges auf Kosten der krankheitsbedingten Unterbringung in einem Alters(wohn)heim).