Die Revision der Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 21.12.2021 - 1 K 2235/18 Kg, AO
= SIS 22 01 67 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist der Erlass einer
Kindergeldrückforderung.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) erhielt aufgrund eines Abzweigungsbescheids vom
08.05.2014 laufend Kindergeld für sich selbst. Im Oktober 2014
beendete sie ihre Ausbildung vorzeitig, wovon die zuständige
Familienkasse Nordrhein-Westfalen (NRW) Nord erst im Jahr 2016
Kenntnis erlangte. Die Familienkasse NRW Nord hob deshalb
gegenüber dem Vater der Klägerin die
Kindergeldfestsetzung auf und forderte mit Bescheid vom 08.12.2016
von der Klägerin als Abzweigungsempfängerin das für
den Zeitraum November 2014 bis einschließlich Juli 2016
gezahlte Kindergeld zurück. Beide Bescheide wurden
bestandskräftig.
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Die Durchführung des
Rückforderungsverfahrens übernahm die Beklagte und
Revisionsklägerin (Bundesagentur für Arbeit, Agentur
für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse -
Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service
Familienkasse - ).
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Am 15.11.2017 beantragte die Klägerin
den Erlass dieser Rückforderung. Zur Begründung gab sie
an, dass sie während des Rückforderungszeitraums
Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezogen habe, bei
denen die Kindergeldzahlungen in vollem Umfang angerechnet worden
seien. Mit Bescheid vom 21.02.2018 erließ die Agentur
für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse eine
Teilforderung in Höhe von 184 EUR und lehnte den Erlassantrag
im Übrigen unter Hinweis auf die Verletzung der
Mitwirkungspflicht der Klägerin ab. Den hiergegen eingelegten
Einspruch wies die Familienkasse NRW Nord mit
Einspruchsentscheidung vom 17.05.2018, bekanntgegeben mit Schreiben
vom 21.06.2018, als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie an, die Klägerin habe die
vorzeitige Beendigung ihrer Ausbildung trotz entsprechender
Hinweise der Familienkasse NRW Nord nicht mitgeteilt. Hierdurch sei
die Rückforderung verursacht worden. Eine sachliche
Unbilligkeit sei wegen der Verletzung der Mitwirkungspflicht zu
verneinen. Aus demselben Grund sei die Klägerin auch
persönlich nicht erlasswürdig.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage
insoweit statt, als die Klägerin die Aufhebung des
Ablehnungsbescheids vom 21.02.2018 und der Einspruchsentscheidung
vom 17.05.2018 begehrte. Soweit die Klägerin darüber
hinaus die Verpflichtung der Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse zum Ausspruch des
begehrten Erlasses beantragte, wies das FG die Klage als
unbegründet ab.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt die Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse die Verletzung materiellen
Rechts.
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Die Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse beantragt,
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das angefochtene Urteil insoweit
aufzuheben, als der Klage stattgegeben wurde, und die Klage auch
insoweit abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist in revisionsrechtlich
nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass sich die
Klage gegen die Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse richtet (dazu unter 1.). Ferner ist
das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Ablehnung des Erlasses
durch eine sachlich unzuständige Behörde ausgesprochen
wurde (dazu unter 2.) und dass dieser Mangel nicht aufgrund der
nachfolgenden Einspruchsentscheidung geheilt wurde oder
unbeachtlich ist (dazu unter 3.).
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1. Die Klage richtet sich infolge
rechtsschutzgewährender Auslegung gegen die Agentur für
Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse.
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a) Nach § 63 Abs. 1 FGO ist die Klage
gegen die Behörde zu richten, die den ursprünglichen
Verwaltungsakt erlassen (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 FGO) oder die den
beantragten Verwaltungsakt oder die andere Leistung unterlassen
oder abgelehnt hat (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Dabei bedeutet die
Bezugnahme auf den
„ursprünglichen“
Verwaltungsakt, dass nur die Ausgangsbehörde und nicht etwa
die Rechtsmittelbehörde beteiligt sein soll. Daher ist sie und
nicht die Familienkasse NRW Nord als Rechtsmittelbehörde
beteiligt (Senatsurteil vom 25.02.2021 - III R 36/19, BFHE 272, 19,
BStBl II 2021, 712 = SIS 21 09 00, Rz 13 ff.; Schallmoser in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 63 FGO Rz 20, 24
f.).
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b) Es liegt auch kein Fall des § 63 Abs.
2 Nr. 1 FGO vor. Diese Vorschrift erfordert einen Wechsel der
örtlichen Zuständigkeit (z.B. durch Wohnsitzwechsel) vor
Erlass der Einspruchsentscheidung (Schallmoser in HHSp, § 63
FGO Rz 36). Zwar hat es der Bundesfinanzhof (BFH) für
möglich gehalten, die Vorschrift auch für den Fall analog
anzuwenden, dass die örtliche Zuständigkeit bereits vor
Erlass des Ausgangsbescheids auf eine andere Behörde
übergegangen und die Einspruchsentscheidung von der
örtlich zuständigen Behörde getroffen worden ist
(BFH-Beschluss vom 28.01.2002 - VII B 83/01, BFH/NV 2002, 934 = SIS 02 69 40, unter II.1.a). Insofern kann der erkennende Senat
dahingestellt lassen, ob er sich dem anschließen könnte.
Denn diese Sachverhaltskonstellation lag im Streitfall nicht vor.
Bei der Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service
Familienkasse trat vor Erlass des Ausgangsbescheids kein Wechsel in
der örtlichen Zuständigkeit ein. Vielmehr hat diese als
von Beginn an sachlich unzuständige Behörde entschieden
(z.B. Senatsurteil vom 07.07.2021 - III R 21/18, BFH/NV 2021, 1457
= SIS 21 17 28, Rz 19). Damit war keine der in § 63 Abs. 2 Nr.
1 FGO geforderten Voraussetzungen gegeben. Die Agentur für
Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse war nicht die
ursprünglich zuständige Behörde, es trat keine
Veränderung der örtlichen Zuständigkeit ein und es
kam zu keiner Zuständigkeitsveränderung zwischen dem
Erlass des Ausgangsbescheids und dem Erlass der
Einspruchsentscheidung.
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Die Klage richtete sich - entgegen der
Auffassung der Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse - auch nicht deshalb gegen die
Familienkasse NRW Nord, weil die durch letztere erlassene
Einspruchsentscheidung zu einer Heilung des
Zuständigkeitsmangels geführt hat. Denn eine solche
Heilung trat nicht ein (dazu unter 3.).
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Überdies erscheint es für die
Klägerin auch nicht als zumutbar, dass sie bereits bei der
Erhebung der Klage das Ergebnis der erst im Rahmen der
Begründetheit der Klage vorzunehmenden Prüfung der
formellen Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids
vorwegnehmen und aufgrund einer mehrfach analogen Anwendung des
§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FGO den richtigen Beklagten bestimmen muss.
Daher bleibt es bei der gesetzlichen Grundregel des § 63 Abs.
1 Nr. 2 FGO, wonach die Klage gegen die Behörde zu richten
ist, die den beantragten Verwaltungsakt abgelehnt hat.
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2. Das FG hat den Bescheid vom 21.02.2018,
durch den der beantragte Erlass von der Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse abgelehnt wurde, zu
Recht aufgehoben, weil dieser rechtswidrig ist und die
Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO).
Denn dieser Bescheid wurde von einer sachlich unzuständigen
Behörde erlassen.
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Der Senat hat bereits mehrfach entschieden,
dass die Konzentration der Aufgaben des Erhebungsverfahrens -
insbesondere der Erlass und die Stundung von
Kindergeldrückforderungen - bei der Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse und der Familienkasse
NRW Nord rechtswidrig ist (Senatsurteile in BFHE 272, 19, BStBl II
2021, 712 = SIS 21 09 00; vom 25.02.2021 - III R 28/20, BFH/NV
2021, 1100 = SIS 21 10 50, und in BFH/NV 2021, 1457 = SIS 21 17 28). Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
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3. Zu Recht ist das FG weiter davon
ausgegangen, dass der Mangel der sachlichen Zuständigkeit der
Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service
Familienkasse nicht durch die nachfolgende Einspruchsentscheidung
der Familienkasse NRW Nord geheilt wird und dass auch diese
Einspruchsentscheidung rechtswidrig ist und die Klägerin in
ihren Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO).
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a) Eine Heilung des Mangels der fehlenden
sachlichen Zuständigkeit der Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse ergibt sich nicht aus
§ 126 der Abgabenordnung (AO). § 126 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5
AO enthält einen Katalog von Verfahrens- und Formvorschriften,
deren Verletzung einer Heilung durch Nachholung des unterbliebenen
Verfahrensschritts oder der nicht beachteten Formanforderung
zugänglich ist. Da der Katalog nicht nur beispielhaft
formuliert wurde und die Vorschrift Ausnahmecharakter hat, ist die
Aufzählung als abschließend zu betrachten (von
Wedelstädt in Gosch, AO § 126 Rz 1, 5; Rozek in HHSp,
§ 126 AO Rz 16; Seer in Tipke/Kruse, § 126 AO Rz 3; vgl.
auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 29.09.1982
- 8 C 138/81, BVerwGE 66, 178, zum Fall des nachträglichen
Zuwachses der Verwaltungskompetenz).
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b) Der Mangel der sachlichen
Zuständigkeit wurde auch nicht durch die
Gesamtüberprüfung des Streitfalls im Einspruchsverfahren
geheilt.
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aa) Nach § 44 Abs. 2 FGO ist Gegenstand
der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren der ursprüngliche
Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung
über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.
Obwohl diese Regelung nur die Anfechtungsklage nennt, ist sie nach
ständiger Rechtsprechung und Praxis des BFH auch auf die
Verpflichtungsklage anzuwenden, wenn diese die Anfechtung eines
ablehnenden Verwaltungsakts in sich aufgenommen hat (BFH-Urteil vom
10.05.1983 - VII R 130/81, juris, unter II.1.a, m.w.N.; z.B.
Senatsurteil vom 23.10.2019 - III R 14/18, BFHE 266, 526, BStBl II
2020, 785 = SIS 20 02 14, Rz 8; ebenso Steinhauff in HHSp, §
44 FGO Rz 311; Krumm in Tipke/Kruse, § 44 FGO Rz 24). Diese
Voraussetzung liegt im Streitfall vor, da die Verpflichtungsklage
auch die Anfechtung der Ablehnung des Erlasses mitumfasst.
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bb) Der Gesetzgeber geht daher nicht davon
aus, dass die Einspruchsentscheidung an die Stelle des
Ausgangsbescheids tritt. Vielmehr bleibt der Ausgangsbescheid
Verfahrensgegenstand und es sind nur die Änderungen zu
berücksichtigen, die der Ausgangsbescheid durch die
Einspruchsentscheidung erfahren hat. Obwohl es sich formal weiter
um zwei Verwaltungsakte handelt, bilden der Ausgangsbescheid und
die Einspruchsentscheidung einen Verbund (BFH-Beschluss vom
29.06.1999 - VII B 303/98, BFH/NV 1999, 1585 = SIS 99 54 15, unter
1.) und eine Verfahrenseinheit (BFH-Urteil vom 19.05.1998 - I R
44/97, BFH/NV 1999, 314 = SIS 98 52 36, unter II.1.).
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cc) Zur
„Gestalt“ des Verwaltungsakts
i.S. des § 44 Abs. 2 FGO gehören der Verfügungssatz
und die tragenden Gründe (von Beckerath in Gosch, FGO §
44 Rz 172). Da sich die nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO
durchzuführende Prüfung auch auf die örtliche und
sachliche Zuständigkeit der Ausgangsbehörde erstreckt
(Senatsurteil vom 19.01.2017 - III R 31/15, BFHE 256, 502, BStBl II
2017, 642 = SIS 17 06 26, Rz 20), kann auch ein Mangel der
sachlichen Zuständigkeit im Einspruchsverfahren korrigiert
werden. Eine Korrektur muss jedoch auch tatsächlich
durchgeführt werden. Diese erfolgt dadurch, dass die
Einspruchsbehörde den Bescheid der sachlich unzuständigen
Ausgangsbehörde aufhebt und erstmals selbst entscheidet. Diese
Entscheidung hat jedenfalls dann, wenn es sich - wie im
vorliegenden Fall - um eine Ermessensentscheidung handelt, in Form
eines Ausgangsbescheids zu erfolgen, damit dem Betroffenen (bzw. im
Streitfall der Klägerin als Abzweigungsempfängerin) der
volle außergerichtliche Rechtsschutz mit einer Prüfung
durch zwei Stellen der Verwaltung erhalten bleibt.
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dd) Soweit sich die Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse zur Begründung
ihrer Auffassung auf Stimmen aus der Rechtsprechung (Urteile des FG
Berlin-Brandenburg vom 17.06.2020 - 7 K 14045/18, EFG 2020, 1284 =
SIS 20 11 97; des FG Münster vom 03.12.2020 - 3 K 2344/20, EFG
2021, 337 = SIS 21 00 09; des FG Düsseldorf vom 14.06.2021 - 9
K 2976/20 AO, juris = SIS 21 16 21, und vom 28.09.2021 - 9 K 465/21
AO, Anwalt/Anwältin im Sozialrecht 2021, 273) und der
Literatur (Wackerbeck in HHSp, § 16 AO Rz 55; Schmieszek in
Gosch, AO § 16 Rz 17) beruft, vermag der Senat hieraus keine
für diese Auffassung sprechenden Argumente abzuleiten.
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Soweit das FG Berlin-Brandenburg von einer
Zuständigkeit der Einspruchsbehörde aufgrund der
entsprechenden Vorstandsbeschlüsse der Bundesagentur für
Arbeit ausgeht, widerspricht dies bereits dem Senatsurteil in BFHE
272, 19, BStBl II 2021, 712 = SIS 21 09 00, Rz 41. Dass die
Einspruchsbehörde nach § 367 Abs. 2 AO eine umfassende
Prüfung vorzunehmen hat, ist zwar zutreffend, hilft aber nicht
für den Fall, dass die Einspruchsbehörde dieser
Verpflichtung - wie im Streitfall in Bezug auf die sachliche
Zuständigkeit der Ausgangsbehörde - nicht entsprochen
hat. Dass Ermessenserwägungen in der Einspruchsentscheidung
nachgeholt werden können, ist ohne Belang, da die sachliche
Zuständigkeit zum einen nicht im Ermessen der Behörde
liegt und zum anderen von einer
„Nachholung“ ohnehin nicht
ausgegangen werden könnte, wenn sich die
Einspruchsbehörde mit der Frage der sachlichen
Zuständigkeit der Ausgangsbehörde gar nicht befasst.
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Die Ablehnung einer Heilung beinhaltet in
einem Fall wie dem vorliegenden auch keinen bloßen
Formalismus, sondern folgt aus dem Gebot effektiver
Rechtsschutzgewährung. Für den von einer solchen
Entscheidung betroffenen Kläger muss aus der Entscheidung der
für den Einspruch zuständigen Behörde hervorgehen,
wogegen er sein Rechtsschutzbegehren richten soll. Kommt die
Einspruchsbehörde aufgrund ihrer umfassenden Prüfung zu
dem Ergebnis, dass die Ausgangsbehörde sachlich
unzuständig war, hebt sie den Ausgangsbescheid auf,
erlässt selbst einen Ausgangsbescheid und belehrt den
Betroffenen über die ihm dagegen zustehende
Einspruchsmöglichkeit. Geht die Einspruchsbehörde dagegen
von einer bestehenden sachlichen Zuständigkeit der
Ausgangsbehörde aus und prüft sie deshalb deren
Sachentscheidung, kann sich der Betroffene darauf beschränken,
die Ausgangsbehörde zu verklagen, und die Klage - mithilfe der
Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit - nur auf
eine Aufhebung des Ablehnungsbescheids richten. Folgte man dagegen
der Auffassung der Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse, dass auch eine
„zufällige“ sachliche
Zuständigkeit der Einspruchsbehörde ohne weitere
Erläuterung in den Gründen der Einspruchsentscheidung zu
einer Heilung führen kann, wird für den Betroffenen zum
einen nicht klar, gegen welche Behörde er Rechtsschutz
begehren soll. Zum anderen läuft er - wie das erstinstanzliche
Urteil im Streitfall zeigt - Gefahr, wegen des zu weit gefassten
Rechtsschutzziels einen Teil der Kosten auferlegt zu bekommen,
obwohl die Ursache für die Zuständigkeitsunklarheit und
die fehlende Möglichkeit des FG, über die eigentliche
Sache entscheiden zu können, von der Verwaltung gesetzt
wurde.
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ee) Übertragen auf die Verhältnisse
des Streitfalls bedeutet dies, dass die Familienkasse NRW Nord den
Mangel der sachlichen Zuständigkeit durch die
Einspruchsentscheidung nicht geheilt hat. Die Familienkasse NRW
Nord hat den Ablehnungsbescheid der Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse vom 21.02.2018 weder
aufgehoben noch erstmals selbst einen Ausgangsbescheid erlassen.
Sie hat den Ausgangsbescheid nur auf seine materielle
Rechtmäßigkeit hin überprüft und ihn dann in
vollem Umfang als rechtmäßig bestätigt.
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Bestätigt die Einspruchsentscheidung den
ursprünglichen Verwaltungsakt, so bleibt es bei der
„ursprünglichen Gestalt“,
dem ursprünglichen Inhalt des Ausgangsbescheids (Krumm in
Tipke/Kruse, § 44 FGO Rz 24). Die Einspruchsentscheidung vom
17.05.2018 bedeutet deshalb nicht, dass die Familienkasse NRW Nord
selbst den von der Klägerin begehrten Erlass abgelehnt hat.
Indem sie durch die Zurückweisung des Einspruchs den
Ausgangsbescheid der Agentur für Arbeit Recklinghausen,
Inkasso-Service Familienkasse gebilligt hat, hat sie die
Entscheidung nicht zu ihrer eigenen gemacht (vgl. BVerwG-Urteil vom
16.07.1968 - I C 81.67, BVerwGE 30, 138; Verwaltungsgerichtshof -
VGH - Baden-Württemberg vom 18.12.2012 - 10 S 2058/11,
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg 2013, 301,
Rz 30). Insoweit kommt auch keine nach § 128 Abs. 1 AO
mögliche Umdeutung der Einspruchsentscheidung in eine
„eigene Ablehnung des Erlasses“
in Betracht, da die Einspruchsbehörde dann zusätzlich
auch den Ausgangsbescheid hätte aufheben müssen (vgl.
Beschluss des Bayerischen VGH vom 22.05.2012 - 11 BV 11.964, juris,
Rz 3). Die von der Ausgangsbehörde zu Unrecht
(mutmaßlich) aus Nr. 2.4. des Vorstandsbeschlusses Nr.
15/2016 vom 14.04.2016 (Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit Nr. 5/2016) abgeleitete sachliche
Zuständigkeit wurde daher nicht korrigiert, sodass der
Ausgangsbescheid auch in Gestalt der Einspruchsentscheidung
rechtswidrig blieb.
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4. Schließlich hat der Senat in den
Urteilen in BFHE 272, 19, BStBl II 2021, 712 = SIS 21 09 00 und in
BFH/NV 2021, 1100 = SIS 21 10 50 bereits entschieden, dass auch
§ 127 AO einer Aufhebung des angegriffenen Verwaltungsakts,
der von der - sachlich unzuständigen - Agentur für Arbeit
Recklinghausen, Inkasso-Service Familienkasse im Erhebungsverfahren
getroffen wurde, nicht entgegensteht und es sich bei der
Entscheidung über einen Erlass zudem um eine
Ermessensentscheidung handelt, auf die § 127 AO
grundsätzlich keine Anwendung findet.
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5. Für das weitere Verfahren weist der
Senat ergänzend darauf hin, dass nach seiner Auffassung die
örtliche Zuständigkeit der Familienkasse für die
Entscheidung über den Erlass einer gegenüber einem
Abzweigungsempfänger geltend gemachten Rückforderung an
den Wohnort des Kindergeldberechtigten anknüpft, dessen
Kindergeld abgezweigt wird. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 1
Satz 1 AO. Danach bestimmt sich die örtliche
Zuständigkeit nach dem Wohnsitz oder in Ermangelung eines
Wohnsitzes nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen.
Dem Betroffenen steht im Fall der Steuervergütung Kindergeld
(§ 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes) der
Kindergeldberechtigte gleich. Die örtliche
Gesamtzuständigkeit der Wohnsitzfamilienkasse (s. dazu
Senatsurteil in BFHE 272, 19, BStBl II 2021, 712 = SIS 21 09 00, Rz
23) umfasst daher Erhebungsfragen auch dann, wenn Dritte, wie z.B.
der Abzweigungsempfänger, betroffen sind. Auf den Wohnort des
Abzweigungsempfängers kommt es daher nicht an.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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