Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 05.02.2020 - 9 K
95/13 = SIS 19 22 35 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen für das Revisionsverfahren sind
erstattungsfähig und vom Beklagten zu tragen.
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I. Im zweiten Rechtsgang ist streitig, ob
die von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) -
der E GmbH & Co. KG i.L. - an britische Subunternehmer geleisteten
Zahlungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar oder
diese gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung
(AO) wegen unterlassener Empfängerbenennung in Höhe von
70 % zu kürzen sind.
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Die Klägerin erzielte aus der
Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben aller Art
gewerbliche Einkünfte. Im Jahr 2002 (Streitjahr) war K
alleiniger Kommanditist der Klägerin. Er war am Vermögen
der Klägerin zu 100 %, an deren Gewinn zu 60 % beteiligt.
Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung, aber mit einer
Gewinnbeteiligung in Höhe von 40 %, war im Streitjahr die -
sich zwischenzeitlich in Nachtragsliquidation befindende - E
GmbH.
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K ist im April 2007 verstorben. In die
Kommanditistenstellung des K sind im Wege der Sondererbfolge
jeweils zu ½ A (Ehefrau des K) und M (Sohn des K)
eingetreten. A ist sodann als Kommanditistin ausgeschieden und ihr
Kommanditanteil im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf M
übergegangen, der seitdem alleiniger Kommanditist der
Klägerin ist. Die E GmbH ist im Jahr 2011 aus der
Klägerin ausgeschieden, die N GmbH als Komplementärin
eingetreten.
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Für die Realisierung diverser
Großobjekte bediente sich die Klägerin britischer
Subunternehmer und berücksichtigte im Jahresabschluss für
das Streitjahr Zahlungen an diese in Höhe von 950.110 EUR als
Betriebsausgaben. Nach den Feststellungen und Auskünften der
Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des
Bundeszentralamts für Steuern (IZA) handelte es sich bei
sämtlichen britischen Firmen um wirtschaftlich inaktive
Briefkastengesellschaften/ Domizilgesellschaften. Nicht im Streit
stehen zwischen den Beteiligten die Gesamthöhe dieser
Betriebsausgaben sowie die Umstände, dass diese Zahlungen als
Gegenleistung für „Bauleistungen“
i.S. des § 48 des Einkommensteuergesetzes (EStG) getätigt
worden sind und die Klägerin im Jahr 2003 hierfür
Bauabzugsteuer für die britischen Subunternehmer in
gesetzlicher Höhe angemeldet und abgeführt hat.
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Der vom Finanzamt Z erlassene Bescheid
über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für 2002
vom 16.11.2004, geändert durch Gewinnfeststellungsbescheid
für 2002 vom 25.11.2004, erging zunächst
erklärungsgemäß.
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6
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Im Rahmen einer Außenprüfung
stellte der Prüfer fest, dass die Zahlungen an die britischen
Firmen auf wechselnde, in den Rechnungen angegebene
inländische Konten erfolgt waren, bei denen es sich,
ausweislich entsprechender Bankauskünfte, nicht um
Geschäftskonten handelte. Ein an die Klägerin gerichtetes
Benennungsverlangen zur Feststellung der aus den Zahlungen
tatsächlich begünstigten Personen führte zu keinem
Ergebnis. Vor diesem Hintergrund vertrat das zwischenzeitlich
zuständig gewordene Finanzamt W dem Außenprüfer
folgend die Auffassung, dass die im Streitjahr getätigten
Zahlungen an die Subunternehmer in Höhe von 70 % (= 665.077
EUR) nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien, und
erließ unter dem 08.05.2009 einen gemäß § 164
Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für
2002. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der nunmehr
zuständige Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt X - FA
- ) als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom
16.03.2013).
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Mit der dagegen erhobenen Klage machte die
Klägerin geltend, dass die Zahlungen an die britischen
Subunternehmer in vollem Umfang als Betriebsausgaben
abzugsfähig seien.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
Urteil vom 13.01.2016 - 9 K 95/13 = SIS 16 06 20 vollumfänglich statt.
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Auf die Revision des FA hob der
Bundesfinanzhof (BFH) die Vorentscheidung mit Urteil vom 07.06.2018
- IV R 11/16 = SIS 18 14 37 wegen
Verfahrensfehlern auf und verwies die Sache an das FG
zurück.
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Im zweiten Rechtsgang hielten die
Beteiligten an ihren Rechtsauffassungen fest. Nach Beiladung der E
GmbH i.L. und der A gab das FG der Klage mit Urteil vom 05.02.2020
- 9 K 95/13 = SIS 19 22 35 erneut
in vollem Umfang statt. Das FG vertrat in der Sache - wie schon im
ersten Rechtsgang - die Auffassung, dass gemäß § 48
Abs. 4 Nr. 1 EStG die Vorschrift des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
selbst dann nicht anwendbar sei, wenn es sich bei den britischen
Subunternehmern um inaktive Domizilgesellschaften handeln sollte.
Im Grundsatz vollziehe sich nach der Rechtsprechung des BFH das
gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO auszuübende
Ermessen auf zwei Stufen. Bei Mitunternehmerschaften seien diese
Ermessensentscheidungen unselbständige Bestandteile des
Feststellungsverfahrens und könnten nur mit Rechtsbehelfen
gegen die Gewinnfeststellungsbescheide angegriffen werden. Bei
ausländischen Domizilgesellschaften sei der Zweck des §
160 Abs. 1 Satz 1 AO erst erreicht, wenn sichergestellt sei, dass
der wirkliche Empfänger der Zahlungen entweder im Inland nicht
steuerpflichtig sei oder im Inland seine steuerlichen Pflichten
erfüllt habe. Im Streitfall greife jedoch § 48 Abs. 4 Nr.
1 EStG ein, weil die Klägerin - was nicht streitig sei - ihre
Pflichten nach § 48 Abs. 1 EStG erfüllt und die sog.
Bauabzugsteuer angemeldet und an das zuständige Finanzamt
abgeführt habe. Dies gelte - entgegen der Auffassung des FA -
selbst dann, wenn die Zahlungen an inaktive Firmen wie
Domizilgesellschaften oder Briefkastenfirmen erfolgt seien.
Hierfür sprächen sowohl der Wortlaut des § 48 Abs. 1
Satz 4, Abs. 4 Nr. 1 EStG als auch der Sinn und Zweck dieser
Regelung. Mit der Einführung des Steuerabzugs an der Quelle,
den der Leistungsempfänger (Auftraggeber) durchzuführen
habe, sei dem Sicherungsbedürfnis des Fiskus entsprochen
worden. Als Pendant gewähre der Gesetzgeber dem Auftraggeber
hinsichtlich seines Betriebsausgabenabzugs Vertrauensschutz ohne
Rücksicht darauf, ob die Zahlung an ein inländisches oder
ausländisches, ein aktives oder ein inaktives Unternehmen
erfolge. Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut - insbesondere
zum Nachteil des Steuerpflichtigen - komme nicht in Betracht.
Schließlich liege auch kein Verstoß gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -
) vor, weil die Beschränkung der §§ 48 bis 48d EStG
- darunter auch der Ausschluss des § 160 AO über §
48 Abs. 4 Nr. 1 EStG - auf Bauleistungsempfänger sachlich
gerechtfertigt sei.
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Dagegen richtet sich die Revision des FA,
mit der es insbesondere eine Verletzung des § 48 Abs. 4 Nr. 1
EStG rügt. Zur Begründung trägt es im Wesentlichen
Folgendes vor:
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Die Rechtsauffassung des FG führe zu
einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen
Bauleistungsempfängern und Auftraggebern außerhalb des
Baugewerbes. Während bei Erstgenannten Zahlungen an
Domizilgesellschaften bzw. Briefkastenfirmen abzugsfähig
seien, greife bei Zweitgenannten § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ein.
Dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Im Streitfall
habe die Klägerin die Zahlungen an wirtschaftlich inaktive
Briefkastenfirmen bzw. Domizilgesellschaften erbracht. Diese seien
zu keiner Zeit wirtschaftlicher Empfänger der Zahlungen
gewesen. Zudem unterlaufe § 48 Abs. 1 Satz 4, Abs. 4 Nr. 1
EStG, der sich mit dem formal Abrechnenden als Leistendem
begnüge, die Rechtsprechung zu Domizilgesellschaften. Es sei
nicht ausgeschlossen, dass diese Situation
rechtsmissbräuchlich genutzt werde, um den
uneingeschränkten Betriebsausgabenabzug zu sichern. Der sehr
weit gefasste Wortlaut dieser Vorschrift stehe daher nicht mit dem
Willen des Gesetzgebers im Einklang. Darüber hinaus
führten Verdachtshinweise über die IZA auf das Vorliegen
einer Domizilgesellschaft bzw. Briefkastenfirma zu keinem
nennenswerten Nutzen mehr für die Besteuerung in Fällen
des Baugewerbes. Liege dem FA ein Verdacht auf Bestehen einer
Domizilgesellschaft bzw. Briefkastenfirma vor, sei von der
Erteilung der antragsgebundenen Freistellungsbescheinigung i.S. des
§ 48b EStG abzusehen. Der Bauleistungsempfänger habe die
Bauabzugsteuer an das Finanzamt des Bauleistenden abzuführen
und im Besteuerungsverfahren sei ihm der ungekürzte
Betriebsausgabenabzug ohne Blick auf den vorher als steuerlich
unzuverlässig eingestuften Bauleistenden zu gewähren.
Damit wäre die Prüfung im Freistellungsverfahren
überflüssig. Außerdem unterliege bei
Bauleistungsempfängern, denen eine gültige
Freistellungsbescheinigung vorgelegt werde, der
Betriebsausgabenabzug - anders als bei Bauleistungsempfängern,
denen eine solche nicht vorgelegt werde - nicht dem Schutz des
§ 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG. Diese Ungleichbehandlung sei nicht
hinnehmbar.
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Das FA beantragt,
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das FG-Urteil aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Sie trägt vor, dass § 48 Abs. 4
Nr. 1 EStG die Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
ausschließe. Sie - die Klägerin - bestreite weiterhin,
dass es sich bei den eingesetzten englischen Subunternehmern um
inaktive Domizilgesellschaften gehandelt habe. Darauf komme es
jedoch nicht an. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung des § 48
EStG die vom FA als nicht sachgerecht empfundene Rechtsfolge,
ausländische Domizilgesellschaften rechtsmissbräuchlich
einsetzen zu können, gesehen, diese aber für das
Baugewerbe zugunsten einer Quellensteuer in Kauf genommen. Damit
habe der Gesetzgeber den Anmeldenden aus der
„Gefährdungshaftung“ des § 160
Abs. 1 Satz 1 AO entlassen. Im Übrigen habe die Klägerin
alle Pflichten erfüllt, die im Verfahren der Bauabzugsteuer zu
beachten gewesen seien. Sie - die Klägerin - gleichwohl Jahre
später für etwas in Anspruch zu nehmen, das vom Wortlaut
des Gesetzes nicht mehr gedeckt sei, sei nicht gerechtfertigt. Als
Regulativ zu dem Ausschluss des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO durch
§ 48 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 EStG stünden der
Finanzbehörde das Strafrecht und § 42 AO zur Seite. Die
Klägerin habe sich aber weder strafbar gemacht noch eine
rechtsmissbräuchliche Gestaltung gewählt.
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Die Beigeladenen haben sich zwar im
Revisionsverfahren weder in der Sache geäußert noch
Anträge gestellt. Sie haben jedoch ihr Einverständnis mit
einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
erklärt.
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II. Die Revision des FA ist als
unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat zu Recht entschieden, dass der
Klägerin im Rahmen des gesonderten Feststellungsverfahrens
2002 (dazu 1.) der Betriebsausgabenabzug gemäß § 48
Abs. 4 Nr. 1 EStG auch dann nicht nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
versagt werden darf, wenn die Zahlungen für Bauleistungen an
inaktive ausländische Domizilgesellschaften erfolgt sind (dazu
2.). Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch nach §
42 AO hat das FG nicht festgestellt (dazu 3.). Ebenso ist der
erkennende Senat nicht davon überzeugt, dass das
Auslegungsergebnis zu § 48 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 1 Satz 4 EStG
gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (dazu 4.). Die vom FA
vorgetragenen Einwände greifen nicht durch (dazu 5.).
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1. Zu Recht haben das FA und das FG die
Sperrwirkung des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG im Rahmen des
Gewinnfeststellungsverfahrens 2002 geprüft.
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Die Prüfung des Benennungsverlangens nach
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist bei Mitunternehmerschaften ein
unselbständiger Bestandteil des gesonderten
Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst.
a AO (BFH-Urteile vom 12.09.1985 - VIII R 371/83, BFHE 146, 99,
BStBl II 1986, 537 = SIS 86 11 49,
unter II.1.; vom 20.04.1988 - I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II
1988, 927 = SIS 88 21 48, unter
II.2.). Damit ist auch die Frage, ob und inwieweit § 48 Abs. 4
Nr. 1 EStG die Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sperrt, im
Rahmen des gesonderten Feststellungsverfahrens zu prüfen.
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21
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2. Das FG hat § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
infolge der in § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG angeordneten
Sperrwirkung zutreffend für nicht anwendbar erachtet.
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22
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Ausgehend von den im Streitfall zu
prüfenden gesetzlichen Vorschriften (dazu a) ist § 160
Abs. 1 Satz 1 AO auch dann nicht anwendbar, wenn die
Leistungsempfängerin - vorbehaltlich der Anmeldung und
Abführung des Steuerabzugsbetrags nach § 48 Abs. 1 EStG -
Zahlungen an eine inaktive ausländische Domizilgesellschaft
erbringt (dazu b).
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a) Nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sind
Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und
andere Ausgaben steuerlich regelmäßig nicht zu
berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der
Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder
Empfänger genau zu benennen.
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Allerdings ist § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
gemäß § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG nicht anzuwenden, wenn
der Leistungsempfänger den Steuerabzug angemeldet und
abgeführt hat. Hiermit ist der Steuerabzug nach § 48 Abs.
1 Satz 1 EStG gemeint, wonach der Leistungsempfänger
verpflichtet ist, von der Gegenleistung einen Steuerabzug in
Höhe von 15 % für Rechnung des Leistenden vorzunehmen,
wenn jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen
Unternehmer i.S. des § 2 des Umsatzsteuergesetzes oder an eine
juristische Person des öffentlichen Rechts
(Leistungsempfänger) erbringt. Als Leistender gilt auch
derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht
zu haben (§ 48 Abs. 1 Satz 4 EStG). Die Anmeldung und
Abführung des Steuerabzugs (Bauabzugsteuer) durch den
Leistungsempfänger regelt § 48a EStG.
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b) Die Sperrwirkung des § 48 Abs. 4 Nr. 1
EStG greift - entgegen der Auffassung des FA - auch bei Zahlungen
an eine inaktive ausländische Domizilgesellschaft ein
(gleicher Ansicht Fuhrmann in Korn, § 48 EStG Rz 9, 48.1;
Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 48 EStG Rz 22;
Wienbergen in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 48 Rz 212; Weiland, in Frotscher/Geurts, EStG,
§ 48 Rz 48; BeckOK EStG/Fissenewert, 12. Ed. [01.03.2022],
EStG § 48 Rz 158; Oellerich in Gosch, AO § 160 Rz 31;
Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 48 Rz 8, 15;
Stickan/Martin, DB 2001, 1441, 1447; Bruschke, Der Steuerberater
2002, 130, 139; so wohl auch Krumm in Tipke/Kruse, § 160 AO Rz
25a; anderer Ansicht Fischer, jurisPR-SteuerR 19/2020 Anm. 1; so
auch früher Pelz, jurisPR-Compl 3/2016 Anm. 6; jetzt derselbe
anders in jurisPR-Compl 2/2020 Anm. 5). Weder der Wortlaut und die
Entstehungsgeschichte noch der Gesetzeszweck lassen die vom FA
vertretene einschränkende Auslegung des § 48 Abs. 4 Nr. 1
EStG zu.
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aa) Im Streitfall sind bei wortgetreuer
Auslegung die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 1
Satz 4 EStG gegeben, so dass § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht
anwendbar ist.
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(1) Es ist zwischen den Beteiligten im
Grundsatz nicht streitig, dass die Klägerin die Anmeldung und
Abführung (vgl. dazu § 48a Abs. 1 EStG) der Steuer i.S.
des § 48 Abs. 1 EStG vorgenommen hat. Der Senat sieht daher
insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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(2) Leistender i.S. des § 48 Abs. 1 EStG
kann nicht nur derjenige sein, der - wie Satz 1 bestimmt - die
Bauleistung erbringt. Vielmehr
„gilt“ nach der Fiktion in §
48 Abs. 1 Satz 4 EStG als Leistender auch derjenige, der über
eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben. Damit wird
derjenige, der die Rechnung erstellt, unabhängig von der
Erbringung der Bauleistung zum Leistenden (fiktiv wirtschaftlich
Leistender). Danach sind auch inaktive ausländische
Domizilgesellschaften und Briefkastenfirmen, welche die Bauleistung
nicht selbst erbringen, vom Anwendungsbereich des § 48 Abs. 1
EStG erfasst (gleicher Ansicht Gosch in Kirchhof/Seer, a.a.O.,
§ 48 Rz 8; HHR/Apitz, § 48 EStG Rz 15;
Brandis/Heuermann/Ebling, § 48 EStG Rz 105; BeckOK EStG/
Fissenewert, 12. Ed. [01.03.2022], EStG § 48 Rz 158;
Stickan/Martin, DB 2001, 1441, 1444). Weiter ordnet der Wortlaut
des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG - vorbehaltlos - als Rechtsfolge
an, dass § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht anzuwenden ist. Er
enthält keine Einschränkung, wonach § 160 Abs. 1
Satz 1 AO nur bei Zahlungen an einen näher bestimmten
Personenkreis keine Anwendung finden soll.
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bb) Dieses Wortlautergebnis wird durch die
historische und teleologische Auslegung des § 48 EStG
bestätigt. Die Gesetzesmaterialien zu den durch das Gesetz zur
Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom
30.08.2001 (BGBl I 2001, 2267, BStBl I 2001, 602) eingefügten
§§ 48 ff. EStG zeigen, dass nach den Vorstellungen des
Gesetzgebers und dem Zweck des Steuerabzugs auch Zahlungen an
inaktive ausländische Domizilgesellschaften die Rechtsfolge
des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG auslösen sollen.
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In der Begründung des Gesetzentwurfs des
Bundesrates vom 16.11.2000 wird ausgeführt, dass in der Praxis
- nachdem der Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG a.F.
aufgehoben worden sei - weiterhin Regelungsbedarf bestehe, nicht
zuletzt aufgrund verfeinerter Verschleierungs- und
Umgehungsmethoden, dem durch weitere gesetzgeberische
Maßnahmen Rechnung getragen werden müsse (BT-Drucks.
14/4658, S. 1). Im allgemeinen Teil der Begründung des
Gesetzentwurfs werden als Verschleierungstaktiken beispielhaft die
Einschaltung von Scheinunternehmen und Domizilgesellschaften
genannt (BT-Drucks. 14/4658, S. 8). Weiter heißt es, die
Ergebnisse einer in Hessen groß angelegten
Steuerfahndungsaktion belegten, dass die durch Sub- bzw.
Werkvertragsunternehmer verursachten Missstände in der
Baubranche besonders gravierend seien und die in § 50a Abs. 7
EStG normierte Abzugsverpflichtung prinzipiell der richtige Ansatz
für eine effiziente Bekämpfung der Schattenwirtschaft
gewesen sei (BT-Drucks. 14/4658, S. 9). Der Auftraggeber habe - so
der Gesetzentwurf - einen Steuerabzug in Höhe von 15 %
für Rechnung des Leistenden einzubehalten und an das Finanzamt
abzuführen. Soweit der Steuerabzug vorgenommen werde,
könne der Betriebsausgabenabzug nicht mehr versagt werden
(BT-Drucks. 14/4658, S. 9). Im besonderen Teil der Begründung
des Gesetzentwurfs heißt es zu § 48 Abs. 4 EStG
insbesondere erläuternd, dass dem Leistungsempfänger, der
seiner Verpflichtung zum Steuerabzug in Höhe von 15 %
nachkomme, steuerlich Rechtssicherheit gewährt werde; insoweit
werde der Betriebsausgabenabzug gewährleistet (BT-Drucks.
14/4658, S. 11). Im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens ist
die in § 48 Abs. 4 EStG zunächst am Satzanfang verwendete
Konjunktion „Soweit“ durch die
Konjunktion „Wenn“ ersetzt worden
(BT-Drucks. 14/6071, S. 7). Hiermit wurde zum Ausdruck gebracht,
dass der Leistungsempfänger nach Anmeldung und Abführung
des Steuerabzugsbetrags die durch die Bauleistung verursachten
Aufwendungen in vollem Umfang und nicht nur anteilig abziehen kann
(BT-Drucks. 14/6071, S. 15; vgl. auch Brandis/Heuermann/Ebling,
§ 48 EStG Rz 207).
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31
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Diese Ausführungen lassen deutlich
erkennen, dass dem Gesetzgeber die Gefahr von Steuerausfällen
bei Einschaltung ausländischer Domizilgesellschaften und die
hierdurch beim Auftraggeber entstehende Problematik der Versagung
des Betriebsausgabenabzugs nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO bekannt
gewesen ist (vgl. dazu auch Plenarprotokoll des Deutschen
Bundestags 14/171, S. 16811, 16813; Schwenke, BB 2001, 1553, 1554;
Stickan/ Martin, DB 2001, 1441, 1447). Der Gesetzgeber wollte daher
mit dem durch den Leistungsempfänger vorzunehmenden
Steuerabzug gerade auch gegen inaktive ausländische
Domizilgesellschaften und Scheinfirmen vorgehen, zugleich den
Leistungsempfänger aber aus der
„Gefährdungshaftung“ des
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO entlassen und seinen
Betriebsausgabenabzug sicherstellen. Die Bauabzugsteuer bezweckt
daher einerseits, durch den Steuerabzug an der Quelle dem
Sicherungsbedürfnis des Fiskus (Sicherung der Einkommen- bzw.
Körperschaftsteuer des Leistenden sowie der Besteuerung des
Arbeitslohns der bei der Bauleistung eingesetzten Arbeitnehmer) zu
entsprechen, andererseits dem Auftraggeber aber auch hinsichtlich
des Betriebsausgabenabzugs Rechtssicherheit zu gewähren, und
zwar unabhängig davon, ob die Zahlungen an den wirtschaftlich
Leistenden oder an eine inaktive ausländische
Domizilgesellschaft als fiktiv Leistenden erfolgen.
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32
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Danach lässt sich den Gesetzesmaterialien
keine dahingehende Einschränkung entnehmen, dass mit dem
Leistenden i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 4 EStG nur
Generalunternehmen oder Inkassofirmen gemeint sein könnten.
Der erkennende Senat kann sich daher nicht der Auffassung
anschließen, dass
„Leistender“ i.S. des § 48
Abs. 1 Satz 4 EStG nur sei, wer eine Struktur unterhalte, die es
von der personellen und technischen Ausstattung erlaube, die
betreffende Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von
Dienstleistungen auszuführen (so aber Fischer, jurisPR-SteuerR
19/2020 Anm. 1).
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cc) Hiervon ausgehend besteht auch keine
Möglichkeit, den Anwendungsbereich des § 48 Abs. 4 Nr. 1
EStG einschränkend im Sinne der Rechtsansicht des FA
teleologisch zu reduzieren.
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34
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Eine den Wortlaut korrigierende Auslegung im
Wege der teleologischen Reduktion wird dann zugelassen, wenn eine
allein wortlautgemäße Auslegung zu sinnwidrigen
Ergebnissen führt und der Schluss gerechtfertigt ist, dass der
gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt wurde. Hingegen kommt
eine teleologische Reduktion grundsätzlich nicht in Betracht,
wenn der weite Wortlaut der Vorschrift Folge einer bewussten
rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist (z.B.
BFH-Urteil vom 15.07.2021 - IV R 36/18, BFHE 274, 55 = SIS 21 17 38, Rz 36, m.w.N.). Im Streitfall
deuten die Gesetzesmaterialien darauf hin, dass der Gesetzgeber
bewusst einen derart weiten Wortlaut des § 48 Abs. 4 Nr. 1,
Abs. 1 Satz 4 EStG gewählt hat. Den Steuergerichten ist es
verwehrt, korrigierend in eine solche Entscheidung des Gesetzgebers
einzugreifen.
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35
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3. Es kann dahingestellt bleiben, ob und
inwieweit § 42 AO neben § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG anwendbar
ist.
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36
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Im Fachschrifttum findet sich zwar die
Auffassung, dass die Anwendung des § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG
unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO)
bedenklich sei, wenn der Bauleistungsempfänger § 48 Abs.
4 Nr. 1 EStG instrumentalisiere und sich den Abzug entgegen §
160 AO im Zusammenwirken mit einer formal als Subunternehmer
eingeschalteten Domizilgesellschaft in rechtsmissbräuchlicher
Weise erschleiche (Gosch in Kirchhof/Seer, a.a.O., § 48 Rz 8,
15; HHR/Apitz, § 48 EStG Rz 22; Stickan/Martin, DB 2001, 1441,
1447). Das FG hat aber in tatsächlicher Hinsicht keine
Feststellungen getroffen, die Anhaltspunkte für einen
Gestaltungsmissbrauch liefern könnten. Im Gegenteil hat es
ausgeführt, es lägen keine Umstände vor, wonach die
Klägerin als Leistungsempfängerin § 48 Abs. 4 Nr. 1
EStG „instrumentalisiert“ und
sich den Abzug entgegen § 160 AO im Zusammenwirken mit einer
formal als Subunternehmer eingeschalteten Domizilgesellschaft in
rechtsmissbräuchlicher Weise erschlichen habe.
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4. Der erkennende Senat ist nicht davon
überzeugt, dass die hier vertretene Auslegung zu § 48
Abs. 4 Nr. 1 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Die
Privilegierung der Auftraggeber von Bauleistungen gegenüber
den Auftraggebern von Leistungen aus anderen
Dienstleistungssektoren, die bei Zahlungen an inaktive
Domizilgesellschaften mit einer Versagung des
Betriebsausgabenabzugs nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO zu rechnen
haben, verletzt nicht den Gleichheitssatz.
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a) Der Gleichheitssatz gebietet dem
Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches
ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie
auch für ungleiche Begünstigungen.
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aa) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz
ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und
Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer
strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im
Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des
Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen
weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche
Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an
die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als
rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich
des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander
verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der
Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch
das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse
verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf
abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher
Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale
Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die
Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der
Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der
Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die
einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der
Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen
folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 06.07.2010 - 2 BvL 13/09,
BVerfGE 126, 268 = SIS 10 19 16,
Rz 36, m.w.N.).
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bb) Als besondere sachliche Gründe
für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und
Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das
BVerfG in seiner bisherigen Rechtsprechung vor allem
außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie
Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht
jedoch den rein fiskalischen Zweck staatlicher
Einnahmenerhöhung. Förderungs- und Lenkungszwecke sind
jedoch nur dann geeignet, rechtfertigende Gründe für
steuerliche Belastungen oder Entlastungen zu liefern, wenn sie von
erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidungen getragen werden.
Weiterhin muss der Förderungs- und Lenkungszweck
gleichheitsgerecht ausgestaltet sein und auch
Vergünstigungstatbestände müssen jedenfalls ein
Mindestmaß an zweckgerechter Ausgestaltung aufweisen (vgl.
z.B. BVerfG-Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL
1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 58 ff.).
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b) Im Streitfall ist die bezeichnete
Ungleichbehandlung durch den mit § 48 EStG verfolgten
Lenkungszweck sowie damit einhergehende Typisierungs- und
Vereinfachungserfordernisse sachlich gerechtfertigt.
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§ 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG knüpft an den
Steuerabzug nach Abs. 1 an, der - ausweislich der
Gesetzesmaterialien - einen Lenkungszweck verfolgt. So heißt
es in der Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrates vom
16.11.2000, dass vor allem der Einsatz von Werkvertragsunternehmen
mit tatsächlichem oder vorgeblichem Auslandssitz sowie die
Einschaltung von unseriös operierenden Subunternehmen oder
Scheinfirmen zu Wettbewerbsverzerrungen, der Verdrängung von
seriösen Anbietern und in letzter Konsequenz der Vernichtung
von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und zur
Gefährdung der sozialen Sicherheit führe; die illegale
Beschäftigung nehme in allen Bereichen zu (BT-Drucks. 14/4658,
S. 1). Dabei bestand nach Auffassung des Gesetzgebers der
dringendste Handlungsbedarf im Baugewerbe, weil dort - wie bereits
ausgeführt (dazu oben II.2.b bb) - die Missstände
besonders gravierend gewesen seien (BT-Drucks. 14/4658, S. 9).
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Das Steuerabzugsverfahren soll daher die
illegale Betätigung im Baugewerbe eindämmen. Der
Gesetzgeber entsprach mit der Einführung des
Steuerabzugsverfahrens nach § 48 ff. EStG dem
Sicherungsbedürfnis des Fiskus; es sollte eine
Mindestbesteuerung des Gewinns des leistenden Unternehmers und der
Arbeitslöhne sichergestellt werden. Die Beschränkung
dieses Steuerabzugsverfahrens auf das Baugewerbe ist nicht zu
beanstanden. Eine Sonderregelung für diesen Sektor war infolge
der dort festgestellten besonders gravierenden Missstände
(vgl. BT-Drucks. 14/4658, S. 9) gerechtfertigt. Der erkennende
Senat erachtet es daher als sachgerecht, wenn der Gesetzgeber durch
die Beschränkung auf das Baugewerbe die Zielgenauigkeit der
Regelung erhöhen und den Vorgaben der Kommission der
Europäischen Union entsprechen wollte (BT-Drucks. 14/4658, S.
9). Im Übrigen orientiert sich die Ausgestaltung des § 48
Abs. 4 Nr. 1 EStG an diesem Zweck. Nur die Empfänger von
Bauleistungen werden mit dem Steuerabzug in Höhe von 15 % der
Gegenleistung - ein Steuersatz, der mit Blick auf Vereinfachungs-
und Typisierungserfordernisse aus verfassungsrechtlicher Sicht
nicht zu beanstanden ist (dazu BFH-Urteil vom 07.11.2019 - I R
46/17, BFHE 267, 323, BStBl II 2020, 552 = SIS 20 07 71, Rz 55) - belastet. Dieser
Steuerabzug tritt nach § 48 Abs. 4 EStG an die Stelle der
anderenfalls bestehenden gesetzlichen Wege zur Sicherstellung des
Steueranspruchs, nämlich an die Stelle des § 160 Abs. 1
Satz 1 AO (§ 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG) und an die Stelle des
§ 42d Abs. 6 und Abs. 8 sowie des § 50a Abs. 7 EStG
(§ 48 Abs. 4 Nr. 2 EStG). Vor diesem Hintergrund ist es
gleichheitsgerecht, die Begünstigung des § 48 Abs. 4 Nr.
1 EStG nur den Bauleistungsempfängern zugutekommen zu lassen.
Denn nur diese - nicht auch die Auftraggeber von Leistungen aus
anderen Dienstleistungssektoren - müssen sich für die
Steuererhebung in die Pflicht nehmen lassen; es ist daher
sachgerecht, diesem Personenkreis nach § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG
Rechtssicherheit hinsichtlich des Werbungskosten- bzw.
Betriebsausgabenabzugs zu gewähren.
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5. Schließlich führen auch die vom
FA vorgetragenen Einwände zu keinem anderen Ergebnis.
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a) Für die Aussage des FA, wonach der
sehr weit gefasste Wortlaut des § 48 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 1 Satz
4 EStG nicht mit dem Willen des Gesetzgebers im Einklang stehe,
lassen sich keine Belege finden. Im Gegenteil lässt sich - wie
vorstehend unter II.2.b bb ausgeführt - den
Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber auch Zahlungen
an ausländische Domizilgesellschaften dem Regelungsbereich des
§ 48 EStG unterwerfen wollte.
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b) Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus,
dass mit dem Steuerabzugsverfahren nach den §§ 48 ff.
EStG für das Baugewerbe eine Sonderregelung geschaffen wurde,
bei der Verdachtshinweise auf Domizilgesellschaften nach § 48
Abs. 4 Nr. 1 EStG nicht zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs
führen. Entgegen der Auffassung des FA führt dies nicht
zur Bedeutungslosigkeit der Prüfung im Freistellungsverfahren
nach § 48b EStG. Fällt diese Prüfung nämlich
negativ aus, hat der Leistungsempfänger den Steuerabzug
vorzunehmen. Mit diesem Steuerabzug wird dem
Sicherungsbedürfnis des Fiskus entsprochen und im Gegenzug der
Leistungsempfänger aus der
„Gefährdungshaftung“ nach
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO entlassen. Wird dem
Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung nach §
48b EStG durch den Leistenden vorgelegt, genießt er - anders
als das FA meint - gemäß § 48b Abs. 5 EStG
ebenfalls den Schutz des § 48 Abs. 4 EStG (vgl. dazu auch
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27.12.2002 - IV A
5 - S 2272 - 1/02, BStBl I 2002, 1399 = SIS 03 07 64, Rz 96). Er muss jedoch keinen
Steuerabzug vornehmen (§ 48 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 EStG).
Der Freistellungsbescheinigung kommt daher sehr wohl eine Bedeutung
zu. Dass im Fall einer erteilten Freistellungsbescheinigung §
160 Abs. 1 Satz 1 AO ebenfalls nicht anwendbar ist, ist auch
sachgerecht. Denn dem Sicherungsbedürfnis des Fiskus wird
durch die Prüfung im Freistellungsverfahren entsprochen.
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c) Ebenso steht die Möglichkeit, dass die
Regelung des § 48 EStG rechtsmissbräuchlich genutzt
werden kann, der Einbeziehung von ausländischen
Domizilgesellschaften in deren Anwendungsbereich nicht von
vornherein entgegen. Für diesen Fall stellt sich vielmehr die
Frage, ob und inwieweit § 42 AO eingreift.
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d) Die vom FA mit Blick auf die Anwendung des
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO monierte nicht gerechtfertigte
Ungleichbehandlung zwischen Bauleistungsempfängern und
Auftraggebern von Leistungen aus anderen Dienstleistungssektoren
liegt - wie unter II.4. ausgeführt - nicht vor.
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6. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
sind gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig,
weil diese das Verfahren durch Erklärung des
Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung gefördert haben (z.B. BFH-Urteil vom 01.07.2009 -
I R 76/08, BFHE 225, 566, BStBl II 2010, 1061 = SIS 09 28 67, unter III.3., m.w.N.; zur
unterschiedlichen Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der
außergerichtlichen Kosten gemäß § 139 Abs. 4
FGO im Klage- und Revisionsverfahren vgl. BFH-Beschluss vom
20.07.2021 - VIII R 21/18 = SIS 21 15 88).
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