Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 12.11.2018 - 5 K 1569/16 =
SIS 19 01 08 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Streitig ist die Bemessungsgrundlage
für die Sportwettensteuer.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft
[ausländischen] Rechts mit Sitz in A (Mitgliedstaat der
Europäischen Union). Sie veranstaltete im Streitzeitraum
Januar 2015 Sportwetten u.a. in der Bundesrepublik Deutschland
(Deutschland).
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Die Klägerin reichte am 09.02.2015
eine Anmeldung der Sportwettensteuer für den Monat Januar 2015
beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) ein. Sie
gab die Bemessungsgrundlage mit … EUR und die Steuer mit
… EUR an. Hierbei erläuterte die Klägerin, die von
ihr auf die Spieler überwälzte Sportwettensteuer aus der
Bemessungsgrundlage herausgerechnet zu haben. Mit Bescheid vom
13.02.2015 setzte das FA die Steuer auf … EUR fest bei einer
Bemessungsgrundlage von … EUR. Dabei wurde die den Spielern
in Rechnung gestellte Sportwettensteuer nicht abgezogen. Am
17.04.2015 reichte die Klägerin eine korrigierte Anmeldung
ein, in der die Bemessungsgrundlage mit … EUR und die
Sportwettensteuer mit … EUR angesetzt wurde.
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Den gegen die Festsetzung der
Sportwettensteuer für Januar 2015 eingelegten Einspruch wies
das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.2016 als
unbegründet zurück.
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Die von der Klägerin erhobene Klage,
mit der sie vorbrachte, die den Spielern in Rechnung gestellte
Sportwettensteuer sei nicht in die Bemessungsgrundlage mit
einzubeziehen, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom
12.11.2018 - 5 K 1569/16 (Zeitschrift für Wett- und
Glücksspielrecht - ZfWG - 2019, 197) als unbegründet ab.
Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes
(RennwLottG) betrage die Steuer 5 % des Nennwertes der Wettscheine
bzw. des Spieleinsatzes. Der Spieleinsatz umfasse den Gesamtaufwand
des Spielers für den Abschluss der Wette. Dazu gehöre
auch die auf den Wettenden umgelegte Sportwettensteuer. Von einem
Versehen des Gesetzgebers sei nicht auszugehen. Gegen
höherrangiges Recht werde nicht verstoßen.
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Mit ihrer Revision bringt die Klägerin
im Wesentlichen vor: Weder in § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG
noch an anderer Stelle im RennwLottG werde definiert, was der
„Nennwert der Wettscheine“ oder der
„Spieleinsatz“ sei. Der Wortlaut sei unklar und lasse
keine eindeutige Auslegung zu. Der Wettkunde erbringe einen
Wetteinsatz. Dieser Ausdruck finde im Gesetz keine Erwähnung.
Wetteinsatz sei der Betrag, der eine Gewinnchance vermittle. Dem
Wortlaut der Regelung lasse sich nicht entnehmen, dass die
Sportwettensteuer auf eine Bruttobemessungsgrundlage erhoben werde.
Aufgrund des nicht eindeutigen Wortlauts der Regelung werde dem
Gesetzesvorbehalt nicht Rechnung getragen. Sie, die Klägerin,
behalte nur … % des Wetteinsatzes als Marge ein. Von diesen
verbleibenden … % würde der überwiegende Teil als
Provisionen an die Vermittler der Wetten gezahlt. Ihr Rohgewinn
betrage daher nur … %. Daraus müssten noch die Kosten
für die Buchmacher, die Risk Manager und für den
sonstigen Verwaltungsaufwand bezahlt werden. Ziehe man von den
… % Rohgewinn noch 5 Prozentpunkte Sportwettensteuer ab und
berücksichtige die sonstigen Kosten, rutsche sie unweigerlich
in die Verlustzone. Die Entscheidung des FG führe zudem dazu,
dass - für eine Verbrauchsteuer wesensfremd - eine Steuer auf
die gleiche Steuer erhoben werde. Dies hätte der Gesetzgeber
ausdrücklich anordnen müssen, denn es sei dem Steuerrecht
fremd.
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Das vom FG begründete Ergebnis lasse
sich auch nicht aus § 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 der
Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz
(RennwLottGABest) herleiten. Denn diese Verwaltungsanweisung
entspreche nicht dem Gesetz und sei daher rechtswidrig. Es bestehe
keine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Es
handele sich bei der Ermächtigungsgrundlage in § 25
RennwLottG um eine vorkonstitutionelle Vorschrift, die sich zudem
nicht auf die Wettsteuer, sondern auf Rennwetten beziehe. Die
Regelung sei auch zu unbestimmt und weiche von der gesetzlichen
Vorgabe ab. Da der Gesetzgeber die Sportwettenbesteuerung erst zum
01.07.2012 eingeführt habe, wäre eine neue
Rechtsverordnungsermächtigung erforderlich gewesen.
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Ein Umkehrschluss aus § 17 Abs. 1 Satz
3 RennwLottG sei nicht zulässig. Auch aus § 20 RennwLottG
und § 4d des Glücksspielstaatsvertrags in Deutschland
ergebe sich keine Stütze für die Auffassung des FG. So
werde in § 20 Abs. 2 RennwLottG zwischen dem vereinbarten
Einsatz für die jeweilige Sportwette (§ 20 Abs. 2 Nr. 3
RennwLottG), der jeweiligen Bemessungsgrundlage für die Steuer
(§ 20 Abs. 2 Nr. 5 RennwLottG) und der Höhe der Steuer
(§ 20 Abs. 2 Nr. 7 RennwLottG) unterschieden. Da die Bemessung
der Sportwettensteuer auf den Wetteinsatz einschließlich
Sportwettensteuer zu einer Steuer auf die gleiche Steuer
führe, betrage die tatsächliche Belastung nicht 5 %,
sondern tatsächlich 5,25 %. Dieser Unterschied habe eine
erhebliche Bedeutung. Denn damit könne das Ziel der
Austrocknung illegaler Wettangebote und der Lenkung hin zu legalen
Angeboten nicht erreicht werden.
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Schließlich werde ihre Auffassung
auch durch die Neufassung des RennwLottG zum 01.07.2021
gestützt. Der Gesetzgeber räume anlässlich der
Neuregelung von § 17 und § 18 RennwLottG in der seit
01.07.2021 geltenden Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung des
Rennwett- und Lotteriegesetzes und der Ausführungsbestimmungen
zum Rennwett- und Lotteriegesetz vom 25.06.2021, BGBl I 2021, 2065)
ein, dass die bisherige Regelung zur Bemessungsgrundlage mangelhaft
gewesen sei.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG vom 12.11.2018 - 5 K
1569/16 aufzuheben und die Festsetzung der Sportwettensteuer
für Januar 2015 vom 17.04.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 27.07.2016 dahingehend abzuändern,
dass die Sportwettensteuer nach einer Bemessungsgrundlage in
Höhe von … EUR auf … EUR festgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist nicht begründet.
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Das FG hat zu Recht die Bemessungsgrundlage
für die Sportwettensteuer auf der Grundlage von § 17 Abs.
2 Satz 2 RennwLottG mit … EUR angenommen und die
Bemessungsgrundlage nicht um die (gegebenenfalls an die Spieler
gesondert weiterbelastete) Sportwettensteuer gekürzt.
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1. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG
unterliegen Wetten aus Anlass von Sportereignissen (Sportwetten),
die nicht als Rennwetten nach Abschn. I des RennwLottG besteuert
werden, unter den in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2
RennwLottG näher bestimmten Voraussetzungen der Besteuerung.
Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG beträgt die
Sportwettensteuer „5 vom Hundert des Nennwertes der
Spielscheine beziehungsweise des Spieleinsatzes“. Nach
§ 37 Abs. 1 Satz 1 RennwLottGABest sind bei der Berechnung der
Lotteriesteuer und der Sportwettensteuer alle für den Erwerb
eines Wettscheins an den Veranstalter oder dessen Beauftragten zu
bewirkenden Leistungen dem Wetteinsatz hinzuzurechnen, insbesondere
in Rechnung gestellte Schreib- und Kollektionsgebühren. Nach
§ 37 Abs. 1 Satz 2 RennwLottGABest „gehört auch
der dem Spieler etwa besonders in Rechnung gestellte Betrag der
Steuer“ zur Bemessungsgrundlage.
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2. Daran gemessen hat das FG ohne Rechtsfehler
erkannt, dass die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 2
Satz 2 RennwLottG der gesamte vom Spieler gezahlte Betrag ist.
Umfasst dieser Betrag die auf den Spieler überwälzte
Sportwettensteuer (ohne gesonderten Ausweis), ist sie nicht aus der
Bemessungsgrundlage herauszurechnen; ist die Sportwettensteuer
gesondert ausgewiesen, muss die Bemessungsgrundlage um die
Sportwettensteuer erhöht werden. Das ergibt sich bereits aus
dem Wortlaut der Regelung (dazu unter a) und aus den bindenden
Bestimmungen in § 37 RennwLottGABest (dazu unter b).
Dafür sprechen weiter der Vergleich mit anderen Regelungen im
RennwLottG (dazu unter c) und die Gesetzeshistorie (dazu unter d).
Aus der zum 01.07.2021 in Kraft getretenen Neufassung des
RennwLottG ergibt sich nichts anderes (dazu unter e). Das
Auslegungsergebnis ist auch nicht systemfremd. Insbesondere
widerspricht es nicht dem Wesen einer Verkehrsteuer (dazu unter
f).
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a) Bereits der Wortlaut des Gesetzes (§
17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG) spricht dafür, dass
Bemessungsgrundlage der gesamte vom Spieler gezahlte Betrag ist und
die Sportwettensteuer nicht herauszurechnen bzw. beim gesondertem
Ausweis in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
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aa) Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2
Satz 2 RennwLottG beträgt die Sportwettensteuer „5
vom Hundert des Nennwertes der Wettscheine beziehungsweise des
Spieleinsatzes“. Der Begriff des
„Spieleinsatzes“ meint den gesamten Betrag, den
der Spieler zum Tätigen seiner Wette einsetzt und mithin zum
Abschluss des Wettvertrags i.S. des § 763 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an den Veranstalter zahlt. Er
umfasst alle Leistungen, die der Spieler dem Veranstalter als
Entgelt für die Einräumung der Gewinnhoffnung
gewährt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
07.02.1962 - II 182/59 U, BFHE 74, 444, BStBl III 1962, 166 = SIS 62 01 06, und vom 19.08.2009 - II R 59/07, BFH/NV 2010, 952 = SIS 10 12 62, Rz 10, jeweils betreffend Lotterielose; Brüggemann,
Die Besteuerung von Sportwetten im Rennwett- und Lotteriegesetz, S.
195; derselbe, ZfWG 2019, 111, 112). Dazu gehört insbesondere
der dem Spieler für die Wettteilnahme insgesamt in Rechnung
gestellte und von diesem beglichene Betrag (mit diesem Ergebnis
auch Welz, UVR 2013, 276, 278; vgl. zum Charakter der
Sportwettensteuer als Spiel- oder Wetteinsatzsteuer Herzig/Stock,
ZfWG 2012, 12, 13).
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bb) Den nach § 118 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des FG
lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin bei der
Berechnung der Wettquoten und Wettgewinne nach außen
erkennbar zwischen Wetteinsatz und Sportwettensteuer unterschieden
hat. Selbst wenn die Klägerin Wetteinsatz und
Sportwettensteuer aber gesondert ausgewiesen und damit die
Sportwettensteuer auf die Spieler weiterbelastet hätte,
führte dies unter Berücksichtigung des Wortlauts des
§ 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG zu keinem anderen Ergebnis.
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b) Dieses Ergebnis folgt auch aus § 37
Abs. 1 Satz 2 RennwLottGABest, nach dessen Bestimmungen - anders
als bei der Berechnung der Lotteriesteuer nach § 37 Abs. 1
Satz 3 RennwLottGABest - auch der dem Spieler in Rechnung gestellte
Betrag der Steuer zur Bemessungsgrundlage gehört.
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aa) Bei den RennwLottGABest handelt es sich um
eine Rechtsverordnung i.S. des Art. 80 des Grundgesetzes (GG), die
Verwaltung und Rechtsprechung bindet (vgl. Englisch in
Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den
Medien, Syst. Darst. Rz 6; Brüggemann, ZfWG 2019, 111). Ihre
Rechtsgrundlage findet sie in § 25 Abs. 1 RennwLottG. Ob diese
Vorschrift wegen der Erwähnung des nicht mehr existierenden
„Reichsminister(s) der Finanzen“ noch eine
taugliche Ermächtigungsnorm darstellt, kann dahingestellt
bleiben. Denn § 37 Abs. 1 Satz 2 RennwLottGABest ist nicht von
einem der in Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 4 GG genannten exekutiven
Normgeber erlassen worden, sondern vom parlamentarischen
Gesetzgeber (vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des
Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 17.05.2000, BGBl I 2000, 715,
und Art. 2 des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom
29.06.2012, BGBl I 2012, 1424). Dies ist nach der Rechtsprechung
des BFH (vgl. Urteil vom 16.11.2011 - X R 18/09, BFHE 235, 452,
BStBl II 2012, 129 = SIS 11 39 69, Rz 28) und des
Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 13.09.2005 - 2 BvF
2/03, BVerfGE 114, 196, unter C.I.3.d, und weiter folgend unter
C.II.2.a) zulässig, da es sich um eine Ergänzung handelt,
die im Rahmen der - anderweitigen - Änderung eines
Sachbereichs durch den Gesetzgeber liegt. Dies ist hier der Fall,
da mit dem Gesetz zur Änderung des Rennwett- und
Lotteriegesetzes und dem Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten
Änderungen in Bezug auf Sportwetten vorgenommen worden
sind.
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bb) Die Bestimmung des § 37 Abs. 1 Satz 2
RennwLottGABest ist eindeutig und lässt keinen
Interpretationsspielraum zu. Entgegen der Auffassung der
Klägerin kann die für die Berechnung der Lotteriesteuer
in § 37 Abs. 1 Satz 3 RennwLottGABest getroffene Regelung
über das Herausrechnen der Lotteriesteuer nicht auf die
Sportwettensteuer übertragen werden. Denn ihrem Wortlaut nach
bezieht sich die Regelung in Satz 3 ausschließlich auf die
Lotteriesteuer, nicht aber die Sportwettensteuer.
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cc) Da es sich bei der den
Besteuerungstatbestand betreffenden Regelung des § 37 Abs. 1
Satz 2 RennwLottGABest um eine vom Gesetzgeber selbst geschaffene
Regelung handelt, ist auch dem Gesetzesvorbehalt (Art. 20 Abs. 3
GG) Genüge getan. Der Vorbehalt des Gesetzes zwingt den
Gesetzgeber nicht dazu, die Frage der Berücksichtigung der
Sportwettensteuer bei der Ermittlung ihrer Bemessungsgrundlage in
einem förmlichen Gesetz - statt einer von ihm geänderten
Rechtsverordnung - zu regeln. Denn diese lässt sich - wie oben
angeführt - bereits aus dem Wortlaut des (formellen) Gesetzes
beantworten, so dass der Regelung in § 37 Abs. 1 Satz 2
RennwLottGABest letztlich nur klarstellende oder erläuternde
Bedeutung zukommt.
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c) Entsprechendes ergibt auch ein Vergleich
der Regelung in § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG mit den
übrigen Vorschriften des RennwLottG zur Bemessung des
Steuersatzes, auch wenn diese vom Wortlaut her andere
Formulierungen verwenden.
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aa) Das gilt zunächst für § 10
und § 11 RennwLottG. Nach § 10 Abs. 1 RennwLottG hat der
Unternehmer „von den am Totalisator gewetteten
Beträgen“ eine Steuer von 5 vom Hundert zu
entrichten. Nach § 11 Abs. 1 RennwLottG hat der Buchmacher
„von jeder bei ihm abgeschlossenen Wette eine Steuer von 5
vom Hundert des Wetteinsatzes zu entrichten“. Auch hier
umfassen die „gewetteten Beträge“ und der
„Wetteinsatz“ alle Zahlungen, die der
Wettteilnehmer leistet. Wetten am Totalisator und Buchmacherwetten
sollen nach dem Willen des Gesetzgebers der gleichen Besteuerung
wie Sportwetten unterfallen (vgl. BT-Drucks. 17/8494, S. 8).
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bb) Anders ist dies geregelt für die
Besteuerung der Lotterien und Ausspielungen in § 17 Abs. 1
Satz 3 RennwLottG. Danach beträgt die Lotteriesteuer
„20 vom Hundert des planmäßigen Preises
(Nennwert) sämtlicher Lose ausschließlich der
Steuer“, also 16 2/3 des Verkaufspreises. Hier zählt
die Steuer nach dem Wortlaut der Regelung ausdrücklich nicht
zur Bemessungsgrundlage (vgl. auch Englisch in Tipke/Lang,
Steuerrecht, 24. Aufl., Kapitel 18, Spezielle Verkehr- und
Verbrauchsteuern Rz 18.83; Welz, UVR 2013, 276, 278). Hätte
der Gesetzgeber eine vergleichbare Behandlung auch bei der
Sportwettensteuer beabsichtigt, hätte er die Formulierungen in
§ 17 Abs. 1 Satz 3 RennwLottG und in § 17 Abs. 2 Satz 2
RennwLottG entweder angeglichen oder einen einheitlichen Steuersatz
für Lotteriesteuer und Sportwettensteuer geschaffen. Auch das
spricht dafür, dass die Sportwettensteuer nicht aus der
Bemessungsgrundlage herausgerechnet werden darf bzw. bei
gesondertem Ausweis hinzugerechnet werden muss (so auch
Brüggemann, ZfWG 2019, 111, 112).
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cc) Weitere Rückschlüsse lassen sich
- trotz der von § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG abweichenden
Wortwahl - auch aus § 20 Abs. 2 RennwLottG ziehen. Die
Vorschrift regelt für den Veranstalter von Sportwetten
bestimmte Aufzeichnungspflichten, um die Feststellung der Steuer
sowie die Grundlagen ihrer Berechnung zu ermöglichen (§
20 Abs. 1 RennwLottG). Hierzu gehört nach § 20 Abs. 2 Nr.
3 und 5 RennwLottG u.a. die Pflicht, Aufzeichnungen über den
jeweils vereinbarten Einsatz und die jeweilige steuerliche
Bemessungsgrundlage zu führen. Dass in der Regelung zwischen
dem „vereinbarten Einsatz“ und der
„Bemessungsgrundlage“ unterschieden wird, hat
den Hintergrund, dass zum Wetteinsatz hinzutretende Gebühren
und Zuschläge i.S. des § 37 Abs. 1 Satz 1 RennwLottGABest
in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Bei Gebühren und
Zuschlägen ist daher zur Ermittlung der
„Bemessungsgrundlage“ für die Steuer der
„vereinbarte Einsatz“ um diese Posten zu
erhöhen. Dass der vereinbarte Einsatz zur Ermittlung der
Bemessungsgrundlage um die Sportwettensteuer zu kürzen ist,
ergibt sich daraus nicht.
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dd) Auch die Regelung in § 21 Abs. 1
RennwLottG stützt bei vergleichender Betrachtung das
Auslegungsergebnis. Nach § 21 Abs. 1 RennwLottG beträgt
die Steuer für ausländische Lose „0,25 EUR
für je einen Euro vom planmäßigen
Preise“. Auch in diesem Zusammenhang wird die Steuer
nicht aus der Bemessungsgrundlage herausgenommen.
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d) Das Auslegungsergebnis lässt sich
schließlich auch aus der Gesetzeshistorie des RennwLottG
begründen.
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aa) Bereits der Ursprungsfassung des
RennwLottG liegt die Vorstellung zugrunde, dass zur
Bemessungsgrundlage auch die überwälzte Steuer
gehört, selbst wenn im Gesetzeswortlaut nur von den
„gewetteten Beträgen“ oder vom
„Wetteinsatz“ die Rede ist (vgl. §§
10, 11 RennwLottG vom 08.04.1922, RGBl I 1922, 335, 393 ff.; s.a.
Brüggemann, a.a.O., S. 196). Nach der Begründung zum
RennwLottG, war die Steuer von den Einsätzen zu erheben
(Verhandlungen des Reichstags, Bd. 369, Nr. 2870, S. 11 f.).
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bb) Die Regelung des § 17 RennwLottG
i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Rennwett- und
Lotteriegesetzes vom 17.05.2000 (BGBl I 2000, 715), mit der
erstmals die Besteuerung von Sportwetten (Oddset-Wetten)
eingeführt wurde, nahm die Sportwettensteuer ausdrücklich
von der Bemessungsgrundlage aus. Die Steuer betrug
„zwanzig vom Hundert des planmäßigen Preises
(Nennwert) sämtlicher Lose oder des Wettscheins entsprechend
§ 4 Abs. 1 Satz 1 ausschließlich der Steuer“.
Die Worte „ausschließlich der Steuer“ sind
mit der Neufassung der Regelung durch das Gesetz zur Besteuerung
von Sportwetten vom 29.06.2012 (BGBl I 2012, 1424) weggefallen.
Dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers
und nicht um ein gesetzgeberisches Versehen handelt,
erschließt sich aus der Gesetzesbegründung, die sich
umfangreich mit dem Steuersatz für Sportwetten befasst (vgl.
BT-Drucks. 17/8494, S. 9).
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31
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e) Bestätigt wird das Auslegungsergebnis
schließlich auch (im Umkehrschluss) aus der zum 01.07.2021 in
Kraft getretenen Neufassung des RennwLottG.
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aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG in der seit
dem 01.07.2021 geltenden Fassung bemisst sich die
Sportwettensteuer „nach dem geleisteten Wetteinsatz
abzüglich der Sportwettensteuer“. Zugleich wurde in
§ 18 RennwLottG der Steuersatz auf „5,3 Prozent der
Bemessungsgrundlage nach § 17“ erhöht.
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bb) Der Gesetzgeber hat damit - unter
Änderung der früheren Rechtslage - die
Bemessungsgrundlage um den Betrag der Steuer gekürzt. Damit
sollte die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für alle im
RennwLottG geregelten Steuerarten (Rennwettsteuer,
Sportwettensteuer und Lotteriesteuer) vereinheitlicht werden. Im
Gegenzug hat er den Steuersatz für die Sportwettensteuer von 5
% um 0,3 Prozentpunkte auf 5,3 % angehoben. Die Anpassung des
Steuersatzes soll nach der Gesetzesbegründung der Ausgleich
für die Berücksichtigung des Steuerbetrags bei der
Ermittlung der Bemessungsgrundlage sein (vgl. BT-Drucks. 19/28400,
S. 52, 54).
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Die für die Sportwettenbesteuerung
geltende Neuregelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG, nach
der aus dem geleisteten Wetteinsatz der überwälzte
Steuerbetrag herauszurechnen ist, findet erstmals ab dem 01.07.2021
Anwendung. Die vergleichbare, für die Lotteriesteuer bereits
zuvor geltende Rechtslage ist somit erst ab diesem Zeitpunkt - und
nicht rückwirkend für frühere Jahre - auch für
die Sportwettensteuer eingeführt worden. Eine
„klarstellende“ Änderung der
Sportwettenbesteuerung für die Vergangenheit (und damit
für den Streitzeitraum) hat der Gesetzgeber nicht
vorgenommen.
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f) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus,
dass die Sportwettensteuer eine Verkehrsteuer ist.
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aa) Die Sportwettensteuer ist darauf angelegt,
auf den Spieler abgewälzt zu werden und deshalb als
Verkehrsteuer konzipiert (vgl. BT-Drucks. 17/8494, S. 12 -
„Verkehrsteuer“; Welz, UVR 2016, 48, 50; a.A.
Englisch in Streinz/ Liesching/Hambach, Glücks- und
Gewinnspielrecht in den Medien, Syst. Darst. Rz 11, 86 -
„Aufwandsteuer“). Sie soll das Wettangebot
verteuern, ohne die Spieler zugleich in illegale Angebote
abzudrängen. Schuldner der Sportwettensteuer ist nach §
19 Abs. 2 RennwLottG der Veranstalter. Das Überwälzen der
Sportwettensteuer im Innenverhältnis vom Veranstalter in
seiner Eigenschaft als Steuerschuldner auf den Spieler bewirkt
einen zusätzlichen Aufwand des Spielers für den Erwerb
seiner Gewinnchance.
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bb) Dass dabei, wie die Klägerin
vorträgt, eine „Steuer auf die gleiche
Steuer“ erhoben wird, ist rechtssystematisch nicht zu
beanstanden. Es gibt keinen Grundsatz, dass eine Steuer auf eine
andere oder dieselbe Steuer nicht erhoben werden darf. Zudem
unterliegt es der unternehmerischen Entscheidung des Anbieters, ob
er die Sportwettensteuer in seine Quotenermittlung einbindet und
damit im Quotenwettbewerb eine schwächere Position einnimmt
oder ob er sie aus dem Bruttospielertrag begleicht und damit als
reinen Aufwandsposten behandelt, um die Wettbewerbsfähigkeit
der eigenen Quoten nicht zu verschlechtern (vgl. zu beiden
Alternativen Herzig/Stock, ZfWG 2012, 12, 14).
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g) Nach alldem hat das FG die
Bemessungsgrundlage für die Sportwettensteuer im
Streitzeitraum Januar 2015 zutreffend mit … EUR
angesetzt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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