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Wiedereinsetzung, Versendung einer Datei aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), Verwendung von unzulässigen Umlauten und Sonderzeichen in der Dateibezeichnung, Besetzungsrüge, unzulässige Selbstentscheidung bei Eingehen auf den Akteninhalt

Wiedereinsetzung, Versendung einer Datei aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), Verwendung von unzulässigen Umlauten und Sonderzeichen in der Dateibezeichnung, Besetzungsrüge, unzulässige Selbstentscheidung bei Eingehen auf den Akteninhalt: 1. Wird ein aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) versandter fristwahrender Schriftsatz vom Intermediär-Server nicht an den BFH weitergeleitet, weil die Dateibezeichnung unzulässige Zeichen enthält, kommt Wiedereinsetzung von Amts wegen in Betracht, wenn der Absender nicht eindeutig darauf hingewiesen worden ist, dass entsprechende Zeichen nicht verwendet werden dürfen und wenn er nach dem Versenden an Stelle einer Fehlermeldung eine Mitteilung über die erfolgreiche Versendung des Schriftsatzes erhalten hat. - 2. Die Mitwirkung des abgelehnten Richters bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist schon dann willkürlich, wenn die Ablehnung des Gesuchs ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand, den Verfahrensstand oder den Akteninhalt erfordert. - Urt.; BFH 5.6.2019, IX B 121/18; SIS 19 10 38

Kapitel:
Rechtsbehelfe > Klageverfahren
Fundstellen
  1. BFH 05.06.2019, IX B 121/18 (ECLI:DE:BFH:2019:B.050619.IXB121.18.0)
    BStBl 2019 II S. 554
    NJW 2019 S. 2647

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 2.9.2019
    Ph. Peter in DStRE 16/2019 S. 1031
    B. Rätke in BBK 17/2019 S. 816
    E. Ratschow in BFH/PR 10/2019 S. 271
    -/- in StuB 16/2019 S. 645
Normen
[ZPO] § 44 Abs. 3, § 45
[GG] Art. 101 Abs. 1 Satz 2
[FGO] § 51 Abs. 1, § 52 a Abs. 6, § 56 Abs. 1, § 56 Abs. 2 Satz 4
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 11.5.2023, SIS 23 08 64, Ablehnungsgesuch eines nicht vertretenen Anhörungsrügeführers: Ein Ablehnungsgesuch ist nicht gemäß § 62 ...
  • BFH 28.2.2023, SIS 23 11 90, Haftung eines Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers: 1. Bestellt ein Beteiligter kurz vor Ablauf der Anhö...
  • BFH 15.4.2021, SIS 21 12 80, Voraussetzungen des Verbots des Abzugs von sog. Bestechungsgeldern nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 E...
  • BFH 15.4.2021, SIS 21 12 81, Voraussetzungen des Verbots des Abzugs von sog. Bestechungsgeldern nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 E...
  • BFH 15.4.2021, SIS 21 12 88, Voraussetzungen des Verbots des Abzugs von sog. Bestechungsgeldern nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 E...
  • BFH 2.12.2020, SIS 21 04 53, Zurückweisung einer im EU-Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen geschäftsmäßiger Hil...
  • BFH 16.10.2019, SIS 20 03 37, Unzulässige Selbstentscheidung abgelehnter Richter über einen Ablehnungsantrag: 1. Entscheidet der abgele...
  • FG Berlin-Brandenburg 25.9.2019, SIS 19 17 93, Wirksame Einlegung eines aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach an ein besonderes Behördenpost...
Fachaufsätze
  • LIT 03 98 65 FKK, FR 3/2020 S. 114: Von der Arbeitsmittelfreiheit eines "beA-Anwalts" - Lit.; FKK, FR 3/2020 S. 114; FGO § 116 Abs. 3 S. 1; B...
  • LIT 03 89 41 J. M. Schmittmann, StuB 16/2019 S. 637: Irrungen und Wirrungen des "besonderen elektronischen Anwaltspostfachs" (beA) erreichen den BFH - Lit.; J...

Auf die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 27.09.2018 - 11 K 2862/16 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

 

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1. Die Beschwerde ist zulässig. Zwar hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) versäumt, weil die elektronisch übermittelte Datei mit der Begründung nicht fristgerecht beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen ist. Dem Kläger ist jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren (§ 56 Abs. 2 Satz 4 FGO). Er hat die versäumte Handlung innerhalb der dafür geltenden Frist nachgeholt. Die Fristversäumung war unverschuldet. Die für die Beurteilung des Verschuldens maßgeblichen Tatsachen sind gerichtsbekannt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers versandte den Begründungsschriftsatz rechtzeitig aus seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) und nutzte dafür die von der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfügung gestellte Webanwendung. Zur Bezeichnung der versandten Datei verwendete der Prozessbevollmächtigte offenbar (ohne dies zu wissen) technisch nicht zulässige Zeichen (Umlaute und Sonderzeichen). Die Nachricht wurde deshalb vom zentralen Intermediär-Server des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs nicht dem BFH zugestellt, sondern in ein Verzeichnis für „korrupte“ Nachrichten verschoben. Auf diesen Server hat der BFH keinen Zugriff; der BFH ist von dem Vorgang auch nicht benachrichtigt worden, so dass ein Hinweis nach § 52a Abs. 6 FGO nicht erteilt werden konnte. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielt die Mitteilung, seine Nachricht sei erfolgreich versandt und zugegangen. Auch er konnte nicht erkennen, dass die Nachricht angehalten und dem BFH nicht zugegangen war. In Hinweisen der örtlichen Anwaltskammern wird zwar darauf hingewiesen, dass Umlaute und Sonderzeichen in Dateibezeichnungen zu vermeiden seien. Es wird aber nicht erläutert, welche Folgen die Verwendung haben kann.

 

 

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2. Die Beschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht (FG) gemäß § 116 Abs. 6 FGO. Die Besetzungsrüge greift durch. Das FG hat über das Befangenheitsgesuch des Klägers zu Unrecht im Urteil selbst entschieden.

 

 

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a) Über ein Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 45 ZPO nach vorheriger dienstlicher Äußerung des abgelehnten Richters ohne dessen Mitwirkung. Etwas anderes kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Ablehnungsgesuch offensichtlich rechtsmissbräuchlich oder aus anderen Gründen unzulässig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4.3.2014 - VII B 131/13, BFH/NV 2014, 1055 = SIS 14 15 89; vom 3.7.2014 - V S 15/14, BFH/NV 2014, 1574 = SIS 14 24 69). In Betracht kommt die Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers oder ein Gesuch, das offenbar grundlos ist und erkennbar nur der Verschleppung des Rechtsstreits dienen soll (Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14, Rz 15, m.w.N.).

 

 

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Die Selbstentscheidung des abgelehnten Richters ist vor dem Hintergrund der Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) nur gerechtfertigt, soweit die durch den Ablehnungsantrag erforderliche Entscheidung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters und damit keine Entscheidung in eigener Sache voraussetzt. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 29.12.2015 - IV B 68/14, BFH/NV 2016, 575 = SIS 16 05 10, Rz 4; BVerfG-Beschlüsse vom 2.6.2005 - 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01, BVerfGK 5, 269, NJW 2005, 3410, unter IV.2.a, und vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14, Rz 17). Grundsätzlich wird eine Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig nur in Betracht kommen, wenn das Ablehnungsgesuch für sich allein - ohne jede weitere Aktenkenntnis - offenkundig die Ablehnung nicht zu begründen vermag; ist hingegen ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus (BVerfG-Beschluss vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11, Rz 30). Dann ist die Entscheidung durch den abgelehnten Richter selbst willkürlich (BFH-Beschluss vom 5.4.2017 - III B 122/16, BFH/NV 2017, 1047 = SIS 17 12 05).

 

 

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b) So liegt der Streitfall. Das am Tag der mündlichen Verhandlung um 01:59 Uhr per Fax übermittelte Ablehnungsgesuch des Klägers ist nicht nur auf die vom Kläger für unrichtig erachtete Ablehnung seines Antrags auf Verlegung des Termins gestützt, sondern auch auf die sachliche Behandlung des Akteneinsichtsgesuchs seines in einem anderen Verfahren mandatierten Prozessbevollmächtigten und die Verlegung des auf denselben Tag anberaumten Verhandlungstermins in jenem Verfahren auf Antrag des dortigen Bevollmächtigten sowie die seines Erachtens im vorliegenden Verfahren fehlende Beiziehung von Akten. Diese Erwägungen sind nicht aus sich heraus offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Das FG hat dies auch erkannt und ist darauf eingegangen, indem es im Urteil ausgeführt hat, der Prozessbevollmächtigte habe sich im vorliegenden Verfahren (noch) nicht legitimiert, er habe auch weder Akteneinsicht noch die Beiziehung von Akten beantragt. Das Gericht setzt sich insoweit mit dem Akteninhalt auseinander und verlässt den Rahmen einer reinen Formalentscheidung. Seine Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben.

 

 

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c) Gestützt wird diese Beurteilung durch den Umstand, dass über den Ablehnungsantrag des Klägers auch noch der 11. Senat des FG ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin entschieden hat, nämlich durch Beschluss vom 1.10.2018. Richtigerweise hätte die abgelehnte Einzelrichterin die mündliche Verhandlung absetzen und die Entscheidung des 11. Senats abwarten müssen.

 

 

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.