Das Urteil des Finanzgerichts München vom
19.8.2015 4 K 1647/13 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom
4.11.2010 und der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2013 verpflichtet,
die sich aus der strafbefreienden Erklärung vom 3.5.2004
ergebende Festsetzung der pauschalen Steuer aufzuheben.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist zur Hälfte Miterbin
nach ihrer im September 2000 verstorbenen Mutter (K). Weitere
Miterbin war die Tochter der K aus zweiter Ehe (M). M ist im
März 2006 verstorben und wurde von der Beigeladenen, ihrer
Tochter, allein beerbt. Die Erbeinsetzung der Klägerin und der
M war in einem notariell beurkundeten Erbvertrag vorgenommen
worden, den K 1969 mit ihrem Ehemann geschlossen hatte. K hatte
zudem durch ein notariell beurkundetes Testament im Hinblick auf
den Erbteil der M bis zum 31.3.2008 Testamentsvollstreckung
angeordnet.
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Im Juli 2000 ließ K eine
Familienstiftung nach liechtensteinischem Recht mit Sitz in
Liechtenstein errichten, die sie mit einem Stiftungskapital von
30.000 CHF (umgerechnet 37.783 DM) aus ihrem Vermögen
ausstattete. Noch im selben Monat übertrug sie weiteres
Kapitalvermögen in Höhe von 1.962.217 DM aus eigenen
Mitteln auf die Stiftung. Nach den Beistatuten der Stiftung war K
bis zu ihrem Lebensende alleinige wirtschaftlich Begünstigte
des Stiftungsvermögens und von dessen Erträgen. Für
die Zeit nach dem Tod der K war in den Beistatuten vorgesehen, dass
der Stiftungsgenuss der Beigeladenen in Höhe von 1.000.000 DM
abzüglich der zur Sicherstellung ihres Unterhalts und ihrer
Ausbildung vorweg ausbezahlten Beträge und im Übrigen der
Klägerin zustehen sollte.
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Die für den Erbteil der M bestellte
Testamentsvollstreckerin gab am 3.5.2004 gegenüber dem damals
zuständigen Finanzamt in der Annahme, die
Vermögensübertragung der K auf die Stiftung unterliege
der Schenkungsteuer, eine „strafbefreiende
Erklärung“ nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz
(StraBEG) ab und entrichtete den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
i.V.m. Abs. 5 Satz 1 StraBEG berechneten Betrag in Höhe von
50.873,50 EUR zeitnah an das Finanzamt.
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Im Juni 2008 beantragte die Klägerin
beim Finanzamt die anteilige Rückerstattung des von der
Testamentsvollstreckerin aufgrund der „strafbefreienden
Erklärung“ bezahlten Betrags. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das inzwischen zuständig gewordene
Finanzamt - FA - ) lehnte den Antrag ab. Der Einspruch blieb
erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Aufhebung
der Festsetzung lägen nicht vor. Die von K im Juli 2000
veranlasste Vermögensübertragung auf die Stiftung sei
keine Schenkung gewesen, da die Stiftung über das
Vermögen im Verhältnis zu K nicht habe tatsächlich
und rechtlich frei verfügen können. Die anteilige
Auszahlung des Stiftungsvermögens an die Klägerin habe
daher keine Herausgabe eines Geschenks wegen eines
Rückforderungsrechts i.S. des § 29 Abs. 1 Nr. 1 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) dargestellt.
Im Übrigen hätte die Klägerin einen Antrag auf
Änderung der Festsetzung nur gemeinsam mit der Beigeladenen
stellen können. Das Urteil ist in EFG 2015, 1824 = SIS 15 25 43 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der
Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Darüber hinaus macht sie geltend, dass eine strafbefreiende
Erklärung, die mangels Steuerstraftat unwirksam sei, keine
wirksame Steuerfestsetzung erzeugen könne. Im Übrigen
habe sie, die Klägerin, die strafbefreiende Erklärung
nicht unterschrieben; die Testamentsvollstreckerin habe ohne ihr
Wissen und ohne Vertretungsmacht gehandelt. Die Vorinstanz habe
zudem die Änderungsvorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG übersehen.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, unter
Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 4.11.2010 und der
Einspruchsentscheidung vom 8.5.2013 die sich aus der
strafbefreienden Erklärung vom 3.5.2004 ergebende Festsetzung
der pauschalen Schenkungsteuer aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision ist begründet. Das FA
ist verpflichtet, die mit der Abgabe der strafbefreienden
Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung aufzuheben (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die
Klägerin kann ihr Aufhebungsbegehren auf § 10 Abs. 3 Satz
1 StraBEG stützen.
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1. Liegt keine der in § 1 Abs. 1 Satz 1
StraBEG bezeichneten Taten und keine Steuerordnungswidrigkeit i.S.
des § 6 StraBEG vor, kann der vermeintliche Steuerschuldner
die Aufhebung der mit der Abgabe der strafbefreienden
Erklärung bewirkten Steuerfestsetzung nach § 10 Abs. 3
Satz 1 StraBEG beantragen.
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a) Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG ist die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärung
bewirkte Steuerfestsetzung (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG)
aufzuheben oder zu ändern, soweit nach dem StraBEG keine
Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG stellt eine eigenständige Änderungsvorschrift dar
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1.10.2014 II R 6/13, BFHE
247, 115, BStBl II 2015, 164 = SIS 14 29 70, Rz 15). Sind deren
Voraussetzungen erfüllt, besteht ein Anspruch auf Aufhebung
oder Änderung der mit der strafbefreienden Erklärung
bewirkten Festsetzung.
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b) Straf- oder Bußgeldfreiheit i.S. des
§ 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG tritt u.a. dann nicht ein, wenn es
an einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten
oder an einer Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG
fehlt. Wurde dennoch eine strafbefreiende Erklärung abgegeben,
ist die dadurch erzeugte Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu
ändern (vgl. BFH-Urteile vom 17.5.2011 VIII R 31/08, BFH/NV
2011, 1477 = SIS 11 26 00, Rz 14, und in BFHE 247, 115, BStBl II
2015, 164 = SIS 14 29 70, Rz 10, 13, 14).
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c) Eine strafbefreiende Erklärung, der
keine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten und
keine Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG zugrunde
liegt, ist unwirksam (BFH-Urteile vom 4.12.2012 VIII R 50/10, BFHE
239, 495, BStBl II 2014, 222 = SIS 13 08 47, und in BFHE 247, 115,
BStBl II 2015, 164 = SIS 14 29 70, Rz 11). Ob in einem solchen Fall
auch die auf der Erklärung beruhende Steuerfestsetzung
unwirksam ist, hat der BFH noch nicht ausdrücklich entschieden
und kann im Streitfall auf sich beruhen. Denn ist die
Steuerfestsetzung wirksam, ist sie nach § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG aufzuheben, soweit der Steuerpflichtige keine der in §
1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten und auch keine
Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG begangen hat.
Ist sie unwirksam, dient ihre Aufhebung gemäß § 10
Abs. 3 Satz 1 StraBEG der Beseitigung eines Rechtsscheins
(BFH-Urteil in BFHE 247, 115, BStBl II 2015, 164 = SIS 14 29 70, Rz
16).
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d) Befugt, einen Antrag auf Aufhebung oder
Änderung der Steuerfestsetzung nach § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG zu stellen, ist in erster Linie der Inhaltsadressat jener
Festsetzung. Als Inhaltsadressaten kommen mehrere Personen in
Frage, zum einen der Erklärende, d.h. die Person, die die
strafbefreiende Erklärung abgegeben hat, und zum anderen der
Schuldner der Steuer, auf die sich die in § 1 Abs. 1 Satz 1
StraBEG genannten Taten und die Steuerordnungswidrigkeiten i.S. des
§ 6 StraBEG beziehen (vgl. z.B. § 2 Abs. 2, § 8 Abs.
1 Satz 2, § 9 StraBEG). Erklärender und Steuerschuldner
können identisch, aber auch verschiedene Personen sein (vgl.
§ 3 Abs. 1 Satz 4 StraBEG).
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e) Im Streitfall kann dahinstehen, wer
Adressat der Festsetzung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG ist.
Denn das Recht, den Antrag nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG zu
stellen, steht auch dem (vermeintlichen) Steuerschuldner zu. Dies
folgt aus dem Umstand, dass die strafbefreiende Erklärung
nicht nur strafbefreiende (§ 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG) und
steuerfestsetzende (§ 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG) Wirkung hat.
Vielmehr erlöschen, soweit Straf- oder Bußgeldfreiheit
eintritt, mit Entrichtung der pauschalen Abgabe auch die gegen den
Steuerschuldner bestehenden Steueransprüche (§ 8 Abs. 1
Satz 1 StraBEG). Die strafbefreiende Erklärung hat mithin auch
rechtsgestaltende Wirkung für und gegen den Steuerschuldner.
Diese Wirkung rechtfertigt es, dem (vermeintlichen) Steuerschuldner
die Befugnis zur Antragstellung nach § 10 Abs. 3 Satz 1
StraBEG unabhängig davon zuzubilligen, ob er Inhaltsadressat
der Steuerfestsetzung i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG
ist.
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2. Da das FG von anderen Grundsätzen
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist
spruchreif. Die durch die strafbefreiende Erklärung bewirkte
Steuerfestsetzung ist jedenfalls zur Beseitigung des Rechtsscheins
ihrer Wirksamkeit aufzuheben.
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a) Eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG
bezeichneten Taten oder eine Steuerordnungswidrigkeit i.S. des
§ 6 StraBEG liegt nicht vor. Das FG hat mit für den BFH
bindender Wirkung (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die
liechtensteinische Stiftung über das Stiftungsvermögen im
Verhältnis zu K nicht habe tatsächlich und rechtlich frei
verfügen können. Durch die Vermögensübertragung
auf die Stiftung ist daher keine Schenkungsteuer entstanden (vgl.
BFH-Urteil vom 28.6.2007 II R 21/05, BFHE 217, 254, BStBl II 2007,
669 = SIS 07 27 17).
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b) Als vermeintliche Schuldnerin der
Schenkungsteuer war die Klägerin befugt, den Antrag
gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG zu stellen. Sie
konnte das Antragsrecht auch alleine - ohne die Beigeladene -
ausüben. Denn selbst wenn der Anspruch auf Aufhebung der
Festsetzung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG zum Nachlass der K
gehören sollte, wäre die Klägerin berechtigt, ihn
unabhängig von weiteren Miterben im Wege der gesetzlichen
Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen (vgl.
BFH-Beschluss vom 12.4.2018 X B 144, 145/17, BFH/NV 2018, 966, Rz
21, m.w.N.).
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c) Der Eintritt der
Festsetzungsverjährung steht der Aufhebung nicht entgegen. Die
Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung nach § 10
Abs. 2 Satz 1 StraBEG war bei der Stellung des Aufhebungsantrags im
Juni 2008 noch nicht abgelaufen. Sie betrug nach § 169 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre und begann mit Ablauf des Jahres 2004,
in dem die Testamentsvollstreckerin die strafbefreiende
Erklärung abgegeben hat (vgl. Levedag, FR 2006, 491, 493 f.,
m.w.N.). Die Frist endete mit Ablauf des Jahres 2008.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 und § 139 Abs. 4 FGO. Der Beigeladenen waren keine
Kosten aufzuerlegen, da sie keine Anträge gestellt hat (vgl.
BFH-Urteil vom 15.6.2016 II R 24/15, BFHE 254, 60, BStBl II 2017,
128 = SIS 16 18 58, Rz 21). Etwaige außergerichtliche Kosten
der Beigeladenen sind nicht aus Billigkeitsgründen zu
erstatten. Denn diese hat keine Sachanträge gestellt oder
anderweitig das Verfahren wesentlich gefördert.
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