Die Revision des Finanzamts gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 6.6.2013 5 K 2/13
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
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I. Am 21.12.2006 wurde über das
Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren
eröffnet. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger)
ist als Insolvenzverwalter bestellt. Für seine seit dem
2.10.2006 ausgeübte Tätigkeit als vorläufiger
Insolvenzverwalter setzte das Amtsgericht mit Beschluss vom
12.1.2010 eine Vergütung in Höhe von 50.994,03 EUR
zuzüglich 8.159,04 EUR Umsatzsteuer fest. Die Vergütung
wurde im ersten Quartal 2010 aus der Insolvenzmasse dem Kläger
gezahlt.
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In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für
das erste Quartal 2010 machte der Kläger für die
Insolvenzschuldnerin einen entsprechenden
Vorsteuervergütungsanspruch geltend. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) verrechnete die
Vorsteuer mit Umsatzsteuerverbindlichkeiten der
Insolvenzschuldnerin aus den Jahren 2000 und 2005. Hierüber
erließ das FA den Abrechnungsbescheid vom 29.5.2012. Der
Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) änderte den
Abrechnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
30.11.2012 dahin, dass der Insolvenzschuldnerin für das erste
Quartal 2010 ein Vorsteuervergütungsanspruch in Höhe von
8.159,04 EUR zusteht. Der Aufrechnung des FA stehe das
Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 der Insolvenzordnung
(InsO) entgegen, da die nach dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens erbrachte Leistung des vorläufigen
Insolvenzverwalters an die Insolvenzschuldnerin eine nach §
131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung sei. Die daraus
ableitbaren Rechte seien nicht analog § 146 InsO i.V.m.
§§ 195 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
verjährt. Denn die Verjährung beginne erst zum Zeitpunkt
der Aufrechnungserklärung. Die Entscheidungsgründe sind
in DStRE 2014, 1000 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht das FA geltend,
für den Beginn der Verjährung komme es analog § 146
InsO nicht auf die Aufrechnungserklärung, sondern bereits auf
die insolvenzrechtliche Entstehung des
Vorsteuervergütungsanspruchs an, da bereits dies die
gläubigerbenachteiligende Wirkung auslöse. Damit sei der
Zeitpunkt des Erbringens der Leistungen als vorläufiger
Insolvenzverwalter maßgeblich.
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Dem stehe auch nicht das Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26.1.1983 VIII ZR 254/81 (BGHZ 86,
349) entgegen, da nach damaliger Rechtslage die Anfechtung
gemäß § 41 der Konkursordnung nur innerhalb einer
Jahresfrist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
zulässig gewesen sei. Nach derzeitiger Rechtslage bedürfe
es weder einer tatsächlichen Anfechtung noch bestehe dieselbe
zeitliche Beschränkung wie nach der alten Rechtslage. Der
BGH-Beschluss vom 22.9.2010 IX ZB 195/09 (Zeitschrift für
Wirtschaftsrecht - ZIP - 2010, 2160) führe ebenfalls zu keinem
anderen Ergebnis. Zwar habe der BGH hinsichtlich des
Vergütungsanspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters
eine Hemmung der Verjährung bis zum Abschluss des
eröffneten Insolvenzverfahrens angenommen, dabei aber
maßgeblich auf die Vergütungsvorschriften der
Rechtsanwälte bzw. Insolvenzverwalter abgestellt, die im
Streitfall keine Rolle spielten.
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Der Kläger trägt vor, das FG sei
zutreffend davon ausgegangen, dass die Verjährung erst zum
Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des FA am 23.4.2010
beginne. Hierfür spreche auch die Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) zur vorrangigen Verrechnung der
Vorsteuerbeträge gemäß § 16 Abs. 2 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG). Erst nach dieser Verrechnung
könne der Insolvenzverwalter beurteilen, ob und in welcher
Höhe ein Vorsteuerguthaben entstanden sei. Im Übrigen
könnten bei einem früheren Verjährungsbeginn die
Bearbeitungszeiträume der Insolvenzgerichte dazu führen,
dass die Vergütung für den vorläufigen
Insolvenzverwalter erst nach Ablauf der Verjährung festgesetzt
bzw. ausgezahlt werde.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil entspricht dem
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht
entschieden, dass die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1
Nr. 3 InsO unzulässig und keine Verjährung des
Anfechtungsanspruchs eingetreten ist. Damit war der
Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der
Abgabenordnung entsprechend dem Tenor der Vorentscheidung zu
ändern.
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1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus,
dass die durch das FA erklärte Aufrechnung gemäß
§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig war. Das FA hat die
Möglichkeit, mit den Umsatzsteuerverbindlichkeiten der
Insolvenzschuldnerin aus den Jahren 2000 und 2005 gegen den
Vorsteuervergütungsanspruch der Insolvenzschuldnerin aus dem
ersten Quartal 2010 aufzurechnen, durch die Leistung des
vorläufigen Insolvenzverwalters erlangt. Diese Leistung ist
auf Grundlage des Senatsurteils vom 2.11.2010 VII R 6/10 (BFHE 231,
488, BStBl II 2011, 374 = SIS 11 01 56) als eine nach § 131
Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung zu qualifizieren.
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Die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
hat nach der Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 28.9.2006 IX ZR
136/05, BGHZ 169, 158; vom 17.7.2008 IX ZR 148/07, ZIP 2008, 1593,
jeweils m.w.N.), der sich der Senat anschließt, zur Folge,
dass sich der Insolvenzverwalter unmittelbar auf die
insolvenzrechtliche Unwirksamkeit der Aufrechnung berufen kann.
Dies bedeutet, dass der Insolvenzverwalter bei Geltendmachung der
Hauptforderung, d.h. im Streitfall des
Vorsteuervergütungsanspruchs, den Aufrechnungseinwand des FA
durch die Gegeneinrede des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO abwehren
kann.
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2. Entgegen der Auffassung des FA steht dem im
Streitfall keine Verjährung entgegen.
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§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO führt dazu,
dass die Hauptforderung, die durch die Aufrechnung erloschen
wäre, für die Dauer und die Zwecke des
Insolvenzverfahrens fortbesteht. Allerdings kann der
Insolvenzverwalter diese insolvenzrechtliche Wirkung des § 96
Abs. 1 Nr. 3 InsO nur innerhalb der Anfechtungsfrist des § 146
Abs. 1 InsO durchsetzen; diese Frist ist auf die Hauptforderung
entsprechend anwendbar und überlagert deren allgemeine
Verjährungsfristen (vgl. BGH-Urteile in BGHZ 169, 158; in ZIP
2008, 1593). Die entsprechende Anwendung des § 146 Abs. 1 InsO
gilt auch dann, wenn die Aufrechnungserklärung - wie im
Streitfall - erst nach der Insolvenzeröffnung abgegeben wird
(a.A. Kahlert, ZIP 2014, 1749). Auch hier greift die
Begründung des BGH, der sich der Senat anschließt,
insbesondere der Hinweis auf den Sinn und Zweck, dem
Insolvenzverwalter durch den insolvenzrechtlichen Fortbestand der
Hauptforderung ausreichend Zeit für die Prüfung der
Anfechtbarkeit zu gewähren.
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§ 146 Abs. 1 InsO verweist auf die
regelmäßige Verjährung nach dem BGB, die
gemäß § 195 BGB drei Jahre beträgt und
gemäß § 199 Abs. 1 BGB am Ende desjenigen Jahres
beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger
von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt
hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen
müssen. Da es im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO um den
Fortbestand der Hauptforderung geht, kann es nicht schon auf den
Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung (Erbringung der Leistung
als vorläufiger Insolvenzverwalter) bzw. des Entstehens des
Anfechtungsrechts im Jahr 2006 ankommen. Dies ergibt sich auch
daraus, dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar war, wann
sämtliche Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug
erfüllt sein würden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19.6.2013
XI R 41/10, BFHE 242, 258, BStBl II 2014, 738 = SIS 13 28 35) und
ob bzw. in welcher Höhe im Anschluss an die vorrangige
Verrechnung gemäß § 16 Abs. 2 UStG (vgl. BFH-Urteil
vom 25.7.2012 VII R 44/10, BFHE 238, 302, BStBl II 2013, 33 = SIS 12 28 20) tatsächlich ein Vorsteuervergütungsanspruch
entstehen würde.
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Die Verjährungsfrist beginnt vielmehr
frühestens mit dem Ablauf desjenigen Jahrs, in dem die
Hauptforderung entstanden ist, die durch die Aufrechnung erloschen
wäre (BGH-Urteil in ZIP 2008, 1593), d.h. im Streitfall mit
dem Ablauf desjenigen Jahrs, in dem der
Vorsteuervergütungsanspruch entstanden ist. Dabei ist nicht
auf die insolvenzrechtliche Begründung dieses Anspruchs
abzustellen, sondern auf die steuerrechtliche Entstehung zum Ablauf
des ersten Quartals 2010. Anderenfalls könnte die
Hauptforderung bereits vor ihrer tatsächlichen Entstehung
verjähren, was dem Sinn und Zweck des § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO widerspräche.
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Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze kann sich das FA gegenüber dem Einwand des
§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht auf Verjährung berufen.
Jedenfalls mit Einreichung der Klage im Januar 2013 und damit
innerhalb der dreijährigen Frist des § 146 Abs. 1 InsO
i.V.m. § 195 ff. BGB ist die Hauptforderung gerichtlich
geltend gemacht worden.
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3. Aufgrund dieses Ergebnisses kann im
Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Verjährungsfrist
tatsächlich bereits mit Ablauf desjenigen Jahrs beginnt, in
dem der Vorsteuervergütungsanspruch entstanden ist, oder - wie
vom FG angenommen - erst mit Ablauf desjenigen Jahrs, in dem
nachfolgend die Aufrechnung erklärt wird (BGH-Urteil in BGHZ
86, 349 zur alten Rechtslage nach der Konkursordnung;
Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 10. Aufl.
2014, Rz 860; vgl. auch Brandes/Lohmann in Münchener
Kommentar, InsO, 3. Aufl. 2013, § 96 Rz 39). In beiden
Fällen begänne die Verjährungsfrist mit Ablauf des
Jahres 2010.
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Ebenso kann offen bleiben, ob die vom BGH
geforderte „gerichtliche“ Geltendmachung der
Hauptforderung im Fall eines steuerlichen Anspruchs in dem Antrag
auf Erlass eines Abrechnungsbescheids zu sehen ist und ob die
Verjährung unter Berücksichtigung der Grundsätze im
BGH-Beschluss in ZIP 2010, 2160, 2164 gehemmt war.
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Schließlich erübrigt sich auch eine
Prüfung, ob die vom FA erklärte Aufrechnung nach §
96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig war. Aufgrund ihrer
unterschiedlichen Anknüpfungspunkte schließen sich
§ 96 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO nicht gegenseitig aus.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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