Auf die Revision der Kläger werden das
Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 29.2.2012 1 K 1342/09,
die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 25.6.2009 und die
Einkommensteuerbescheide des Beklagten für die Streitjahre
1996 bis 2001 (jeweils vom 22.4.2008) aufgehoben.
Die Einkommensteuer der Streitjahre 2002 bis 2005 wird unter
Abänderung der Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2005 des
Beklagten (jeweils vom 22.4.2008) auf den Betrag festgesetzt, der
sich bei Minderung der Einkünfte des Klägers aus
selbständiger Arbeit um 3.991 EUR (2002), 28.851 EUR (2003),
32.640 EUR (2004) und 40.264 EUR (2005) ergibt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1996 bis 2005
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger
erzielte als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger
Arbeit gemäß § 18 des Einkommensteuergesetzes
(EStG). Er ermittelte seinen Gewinn durch
Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG).
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Ein bedeutender Mandant des Klägers
war P. Für diese Verrechnungsstelle übernahm der
Kläger die Beitreibung ärztlicher Honorare gegenüber
säumigen Patienten. Er forderte bei den Patienten neben dem
Rechnungsbetrag des jeweiligen Arztes sowohl sein Anwaltshonorar
gegenüber P als auch seine Auslagen an.
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Zahlungen der Patienten wurden auf den
Geschäftskonten des Klägers vereinnahmt. Anderkonten
für Fremdgelder führte er nicht.
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Der Kläger verbuchte eingehende
Zahlungen der Patienten zunächst als Erstattung seiner
Auslagen auf seinem Auslagenkonto und als Zahlungen auf das
Anwaltshonorar auf seinem Erlöskonto. Die darüber hinaus
eingehenden und an P weiterzuleitenden Fremdgelder verbuchte der
Kläger in der Weise, dass er eine Gegenbuchung auf einem
internen Verbindlichkeitskonto P (Konto 55601) „im
Haben“ vornahm. Tatsächlich an P weitergeleitete
Fremdgelder wurden auf diesem Konto „im Soll“ gebucht.
Im Streitjahr 2005 buchte der Kläger eingehende Fremdgelder,
die nicht P betrafen, auf zwei weiteren als
„Fremdgelder“ bezeichneten Buchhaltungskonten (Konto
57601 und Konto 58801). Hierbei handelt es sich um Beträge zum
31.12.2005 in Höhe von 1.302,99 EUR (Konto 57601) und 10.000
EUR (Konto 58801).
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Zwischen P und dem Kläger bestand die
mündliche Abrede, dass der Kläger beigetriebene
Geldbeträge erst dann an P weiterzuleiten habe, wenn sie
entweder vollständig eingegangen seien oder - sofern die
Patienten die Forderungen nur teilweise beglichen -, wenn eine
weitere Beitreibung endgültig aussichtslos war.
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Im Rahmen einer Außenprüfung,
die zunächst für die Streitjahre 2003 bis 2005
durchgeführt wurde, traf die Prüferin die Feststellung,
die eingegangenen und an P weiterzuleitenden Fremdgelder
hätten Minusbestände auf den betrieblichen Bankkonten des
Klägers verringert. Auf dem Verbindlichkeitenkonto P seien in
den Streitjahren gleichzeitig die Fremdgelder, die der Kläger
als an P weiterzuleitende Beträge verbucht habe, stetig
angestiegen. Diese „Bestandsveränderungen“ auf dem
Verbindlichkeitenkonto P (als Saldo aus den an P in den
Streitjahren ausgekehrten Beträgen und den noch an P
weiterzuleitenden Fremdgeldern) zeige, dass der Kläger die
Fremdgelder verwendet habe, um hieraus Betriebsausgaben und
Lebenshaltungskosten zu bestreiten.
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Die Außenprüferin behandelte die
Bestandsveränderungen auf dem Fremdverbindlichkeitskonto P
sowie die Erhöhungen auf den beiden weiteren Fremdgeldkonten
im Streitjahr 2005 als nicht erklärte Betriebseinnahmen des
Klägers. Dem Kläger wurden daraufhin am 15.11.2007 die
Erweiterung der Prüfung auf die Streitjahre 1996 bis 2002 und
die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben. Die
Prüferin ging in den Streitjahren von weiteren Einkünften
des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von
14.759,83 DM (1996), 5.128,93 DM (1997), 52.333,40 DM (1998),
47.993,16 DM (1999), 36.356,98 DM (2000), 20.202,55 DM (2001),
3.990,99 EUR (2002), 28.850,82 EUR (2003), 32.640,05 EUR (2004) und
40.264 EUR (2005) aus.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) folgte dem und erließ am 22.4.2008
geänderte Einkommensteuerbescheide für alle Streitjahre.
Es stützte die Änderungen für die Jahre 1996 bis
2000 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und
für die Jahre 2001 bis 2005 auf § 164 Abs. 2 AO. Da der
Kläger den Tatbestand der vorsätzlichen
Steuerhinterziehung in den Streitjahren erfüllt habe, ging das
FA von einer verlängerten Festsetzungsfrist gemäß
§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO für die Streitjahre 1996 bis 2001
aus. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) stellte auf
Grundlage eines beigezogenen Sachverständigengutachtens aus
dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fest, der Kläger
habe von den beizutreibenden Arztrechnungen der Jahre 1997 bis 2010
insgesamt 1.612 Fälle endgültig erledigt und diese Akten
weggelegt. Er habe in diesen Verfahren 86.647,78 EUR an
Patientengeldern vereinnahmt und hiervon 86.169,65 EUR an P
tatsächlich weitergeleitet (nicht weitergeleiteter
Differenzbetrag 478,13 EUR). Weitere 821 Beitreibungen aus den
Jahren 1994 bis 2005 seien aus Sicht des Klägers „noch
in Bearbeitung“ gewesen. Aus diesen Verfahren habe er
235.773,17 EUR auf seinem Geschäftskonto vereinnahmt, hiervon
22.079,34 EUR an P weitergeleitet und 213.693,83 EUR einbehalten.
Ein kalenderjahrbezogener Abgleich der Geldeingänge in Bezug
auf die beizutreibenden Forderungen der Ärzte war nach
Auffassung des FG anhand des Gutachtens jedoch nicht möglich,
da der Sachverständige die Zahlungseingänge und die nicht
an P weitergeleiteten Beträge auftragsbezogen ermittelt hatte.
Die zunächst im Namen von P vereinnahmten Fremdgelder seien
keine durchlaufenden Posten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2
EStG und damit als Betriebseinnahmen in die Gewinnermittlung der
Streitjahre einzubeziehen. Das FG schätzte die vom Kläger
abredewidrig einbehaltenen und für eigene Zwecke verbrauchten
Fremdgelder auf 90 % der vom FA angesetzten Mehreinkünfte nach
der Außenprüfung. Die Entscheidung des FG vom 29.2.2012
1 K 1342/09 ist in EFG 2012, 1328 = SIS 12 20 81
veröffentlicht.
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Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG und von § 169
Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 370 AO durch das FG. Der Kläger
sei in den Streitjahren zwar zur Weiterleitung der Fremdgelder
verpflichtet gewesen. Er habe diese jedoch bei Vereinnahmung
zutreffend als durchlaufende Posten außerhalb der
Gewinnermittlung behandelt und erst nachträglich veruntreut.
Er habe auch nicht vorsätzlich Steuern verkürzt. Ein
Vorsatz hinsichtlich der Untreue sei nicht einem Vorsatz der
Steuerhinterziehung gleichzusetzen.
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Die Kläger beantragen, das
angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die
Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2001 (jeweils vom 22.4.2008) in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.6.2009 aufzuheben sowie
die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2005 (jeweils vom 22.4.2008)
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.6.2009 in der Weise zu
ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit ohne die vom FA als Betriebseinnahmen behandelten
Fremdgelder angesetzt werden.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Das FA verteidigt die Vorentscheidung. Die
Voraussetzungen für die Behandlung der Fremdgelder als
durchlaufende Posten seien jeweils in dem Moment entfallen, in dem
der Kläger fällige Beträge bewusst nicht an P
weitergeleitet habe. In diesem Zeitpunkt seien die Beträge als
Betriebseinnahmen zu erfassen. Der Kläger habe schon bei
Vereinnahmung der Fremdgelder auf seinem Geschäftskonto gegen
seine anwaltlichen Pflichten aus § 43a Abs. 5 der
Bundesrechtsanwaltsordnung verstoßen. Er habe bewusst keine
Fremdgeldkonten geführt, um die zufließenden
Beträge von den übrigen betrieblichen
Zahlungseingängen zu separieren, sondern habe die eingehenden
Gelder mit deren Zufluss „wie eigenes Geld“ behandelt
und verbraucht. Dies führe zu steuerpflichtigen
Betriebseinnahmen in Höhe der veruntreuten Beträge im
Rahmen der selbständigen Tätigkeit.
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Der Kläger habe die Einkommensteuer in
den Streitjahren auch vorsätzlich verkürzt. Er habe
über alle Streitjahre hinweg Geldbeträge veruntreut,
indem er die beigetriebenen Fremdgelder auf seinen betrieblichen
Bankkonten zur Deckung von Minusbeträgen vereinnahmt und von
diesen Konten zur Bestreitung seiner Ausgaben verwendet habe. Als
Rechtsanwalt sei dem Kläger die Strafbarkeit seiner Handlungen
bewusst gewesen.
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Während des Revisionsverfahrens hat
der Senat mit Beschluss vom 17.10.2012 VIII S 16/12 (BFH/NV 2013,
32 = SIS 12 32 90) einem Antrag der Kläger auf Aussetzung der
Vollziehung der Einkommensteuer für die Streitjahre
stattgegeben.
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II. Die Revision ist begründet. Die
Vorentscheidung ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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1. Der Kläger hat die im Namen von P und
die im Streitjahr 2005 zugunsten anderer Mandanten vereinnahmten
Fremdgelder im Zeitpunkt des Zuflusses zu Recht als durchlaufende
Posten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG behandelt.
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a) Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2
EStG scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei der
Gewinnermittlung im Wege der Einnahmenüberschussrechnung aus,
die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und
verausgabt werden (durchlaufende Posten).
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aa) Voraussetzung eines zufließenden
Geldbetrags als durchlaufender Posten ist die Verklammerung von
Einnahme und Ausgabe zu einem einheitlichen Vorgang, d.h. es
müssen beide Geldbewegungen, die Vereinnahmung und
Verausgabung, in fremdem Namen und für fremde Rechnung
geschehen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
18.12.1975 IV R 12/72, BFHE 118, 307, BStBl II 1976, 370 = SIS 76 01 91, unter 2.; vom 20.7.1982 VIII R 143/77, BFHE 136, 262, BStBl
II 1983, 196 = SIS 82 18 14; in BFH/NV 2013, 32 = SIS 12 32 90,
unter Rz 15; vom 15.5.2008 IV R 25/07, BFHE 221, 169, BStBl II
2008, 715 = SIS 08 28 84, unter II.3.). Hierfür ist notwendig
und ausreichend, dass zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem
Steuerpflichtigen unmittelbare, nach außen erkennbare
Rechtsbeziehungen bestehen und sich der Steuerpflichtige im
Zeitpunkt der Vereinnahmung dem Grunde und der Höhe nach zur
Weiterleitung des eingehenden Betrags an den Berechtigten
verpflichtet hat (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, §
4 EStG Rz 612).
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bb) Fremdgelder, die als durchlaufende Posten
in das Eigentum des Steuerpflichtigen - hier durch Vereinnahmung
auf einem allgemeinen Kanzleikonto des Klägers - gelangen und
zu deren Weitergabe dieser schuldrechtlich verpflichtet ist, sind
Betriebseinnahmen und werden auch bei der Gewinnermittlung durch
Einnahmenüberschussrechnung Bestandteil des
Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen (noch offengelassen im
Senatsurteil in BFHE 136, 262, BStBl II 1983, 196 = SIS 82 18 14,
unter II.1.; siehe nunmehr Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 32 = SIS 12 32 90, unter Rz 23 bis 25; Bode in Kirchhof, EStG, 14. Aufl.,
§ 4 Rz 140; Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., § 4 Rz
388; zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich siehe BFH-Urteil
vom 4.11.2004 III R 5/03, BFHE 208, 162, BStBl II 2005, 277 = SIS 05 12 85, unter II.2.a).
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cc) Betriebseinnahmen i.S. des § 4 Abs. 3
Satz 2 EStG sind jedoch bei der Gewinnermittlung durch
Einnahmenüberschussrechnung kraft gesetzlicher Anordnung in
§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht als gewinnerhöhende
Einnahmen oder gewinnmindernde Ausgaben zu erfassen (siehe dazu
auch BFH-Urteil vom 15.5.1974 I R 255/71, BFHE 112, 381, BStBl II
1974, 518 = SIS 74 02 93, zur Nichtberücksichtigung
durchlaufender Posten im Rahmen eines Übergangsgewinns beim
Wechsel zum Bestandsvergleich). Denn bei Betriebseinnahmen und
-ausgaben i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG, die den Gewinn
beeinflussen, muss es sich um wirtschaftlich endgültige
Geldzu- und -abgänge handeln (vgl. BFH-Urteile vom 18.7.1968 I
224/65, BFHE 93, 233, BStBl II 1968, 737 = SIS 68 05 06, nach dem
eine erhaltene Zahlung mit der Verpflichtung, sie an einen Dritten
weiterzuleiten, „wirtschaftlich“ nicht in das
Betriebsvermögen gelangt und deshalb nicht als
Betriebseinnahme anzusehen ist; vom 19.2.1975 I R 154/73, BFHE 115,
129, BStBl II 1975, 441 = SIS 75 02 61; in BFHE 118, 307, BStBl II
1976, 370 = SIS 76 01 91, unter 2., zur fehlenden
Einnahmenqualität der von Mandanten an einen Rechtsanwalt
erstatteten Gerichtskostenvorschüsse, und in BFHE 136, 262,
BStBl II 1983, 196 = SIS 82 18 14, unter II.1.).
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b) Fremdgelder, die der Steuerpflichtige in
fremdem Namen und für fremde Rechnung auf Grundlage einer
Inkassovollmacht - wie der Kläger - vereinnahmt hat, sind auch
dann als durchlaufende Posten zu behandeln, die den Gewinn nicht
beeinflussen, wenn der Steuerpflichtige diese Gelder bewusst nicht
auf einem Anderkonto, sondern auf seinem betrieblichen
Geschäftskonto vereinnahmt, um dessen Minussalden
auszugleichen, oder wenn er bereits bei der Vereinnahmung
beabsichtigt, diese Beträge für eigene Zwecke zu
verbrauchen. Auch wenn die aufgrund der Inkassovollmacht für
fremde Rechnung vereinnahmten Gelder abredewidrig oder mit
Erlaubnis des Berechtigten dem Kassenbestand hinzugefügt oder
auf Konten des Steuerpflichtigen überwiesen werden, wird der
Steuerpflichtige zwar verfügungsbefugt, bleibt aber
schuldrechtlich verpflichtet, den Gegenwert herauszugeben (siehe
BFH-Urteile in BFHE 112, 381, BStBl II 1974, 518 = SIS 74 02 93; in
BFHE 221, 169, BStBl II 2008, 715 = SIS 08 28 84, unter II.3.). Die
Weitergabeverpflichtung entfällt im Hinblick auf das Fremdgeld
nicht dadurch, dass der Steuerpflichtige von vornherein
beabsichtigt, das Fremdgeld nicht auszukehren oder nach dessen
Zufluss den Entschluss fasst, dieses für eigene Zwecke zu
verwenden, sodass auch in diesen Fällen das Fremdgeld nicht
als steuerpflichtige Betriebseinnahme zu behandeln ist (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 221, 169, BStBl II 2008, 715 = SIS 08 28 84,
unter II.3.e).
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c) Die dem Kläger in den Streitjahren
zugeflossenen Fremdgelder, die er mit Eigenmitteln auf seinen
Geschäftskonten vermischt und für eigene Zwecke verwendet
hat, sind danach im Streitfall als durchlaufende Posten und nicht
als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu behandeln (siehe auch
bereits Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 32 = SIS 12 32 90, unter Rz
15).
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aa) Der Kläger zog im Auftrag von P auf
der Grundlage seiner Inkassovollmacht nach außen für die
Patienten erkennbar - und im Streitjahr 2005 für andere
Mandanten - fremde Forderungen ein. Er hatte mit P die Abrede
getroffen, zugeflossene Fremdgelder seien erst an P weiterzuleiten,
wenn die zugrunde liegenden Forderungen vollständig
beigetrieben oder endgültig ausgefallen seien. Damit sollten
dem Kläger als dem von seinen Mandanten Beauftragten bis zur
Fälligkeit seiner Herausgabeverpflichtung die vereinnahmten
Fremdgelder zur Verfügung stehen (siehe zu den
Vertragsbeziehungen zwischen Inkassounternehmer und dem
Berechtigten auch das BFH-Urteil in BFHE 221, 169, BStBl II 2008,
715 = SIS 08 28 84, unter II.3.c). Dies genügt den oben unter
II.1.a und b dargelegten Anforderungen für die Behandlung der
zugeflossenen Fremdgelder als durchlaufende Posten gemäß
§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG.
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bb) Zudem hat das FG festgestellt, der
Kläger sei bei 1612 übernommenen Beitreibungen für P
seiner Weiterleitungsverpflichtung bis auf einen geringen Betrag
nachgekommen und habe bei 821 Beitreibungen für P Fremdgelder
bei Fälligkeit absichtlich nicht an P weitergeleitet. Nach den
weiteren Feststellungen des FG wollte der Kläger die
zufließenden Fremdgelder schon bei deren Zufluss mit eigenen
Mitteln auf dem betrieblichen Kanzleikonto vermischen und hat die
auszukehrenden Fremdgelder lediglich durch deren internen Ausweis
auf dem Verbindlichkeitenkonto P (sowie im Streitjahr 2005 auf den
weiteren Fremdgeldverbindlichkeitskonten) von seinen Eigenmitteln
der Höhe nach abgegrenzt. Die Absicht des Klägers, das
Fremdgeld mit eigenen Mitteln auf den Kanzleikonten zu vermischen
und das Fremdgeld in großem Umfang für eigene Zwecke zu
verwenden, sowie der Verbrauch des Fremdgelds für eigene
Zwecke stellen dessen Behandlung als durchlaufender Posten jedoch
nicht in Frage, denn der Kläger blieb ungeachtet dessen zur
Weiterleitung der Fremdgelder an P und die sonstigen Berechtigten
verpflichtet (siehe hierzu oben unter II.1.b).
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2. Entgegen der Auffassung des FG und des FA
führt auch die widerrechtliche Verwendung der Fremdgelder
durch den Kläger für eigene Zwecke für sich
betrachtet nicht zu steuerbaren Einkünften in Höhe der
veruntreuten Beträge.
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a) Allerdings hat sich der Kläger der
Fremdgelder, die er an P und seine weiteren Mandanten auszukehren
hatte, widerrechtlich bemächtigt. Er hat - was vom FG
festgestellt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist -
auf das beigetriebene Fremdgeld zugegriffen und dieses zur
Finanzierung des eigenen Lebensstandards und von Betriebsausgaben
verbraucht. Im Zeitpunkt der Außenprüfung (nach den
Streitjahren) verfügte er nicht mehr über ausreichende
Liquidität, um seine Auskehrungsverpflichtungen gegenüber
P und den übrigen Mandaten erfüllen zu können. Seine
betrieblichen Konten wiesen zu diesem Zeitpunkt Minusbeträge
aus (siehe schon Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 32 = SIS 12 32 90,
unter Rz 20 f.). Indem der Kläger das weiterzuleitende
Fremdgeld für eigene betriebliche und private Zwecke
verbraucht hat, hat er jeweils den Tatbestand der Untreue (§
266 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs - StGB - ) verwirklicht, da
aufgrund des kompensationslosen Mittelabflusses ein
endgültiger Vermögensnachteil zulasten von P und im
Streitjahr 2005 der Berechtigten der weiteren Fremdgelder eintrat
(zur Strafbarkeit des Verbrauchs von Fremdgeldern durch einen
Rechtsanwalt für eigene betriebliche und private Zwecke siehe
Schmidt, Neue Zeitschrift für Strafrecht - NStZ - 2013, 498,
499 mit Hinweis auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs - BGH -
vom 20.3.2008 1 StR 488/07, NStZ 2008, 457, dort unter 1.).
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b) Gleichwohl hat der Kläger die
veruntreuten Fremdgelder entgegen der Auffassung des FG und des FA
nicht als Betriebseinnahmen im Rahmen der Einkünfteerzielung
als Rechtsanwalt, sondern außerhalb des Tatbestands der
Einkünfteerzielung durch privat veranlasste Straftaten
erlangt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des
BGH führen Geldbeträge, derer der Steuerpflichtige sich
im Rahmen einer Untreue bemächtigt, nicht zu steuerbaren
Einkünften, da dieser Zufluss nicht mit der
Einkünfteerzielung im Zusammenhang steht (vgl. z.B.
BFH-Entscheidungen vom 13.11.2012 VI R 38/11, BFHE 239, 403, BStBl
II 2013, 929 = SIS 13 04 61, unter Rz 15; vom 14.12.2000 IV R
16/00, BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238 = SIS 01 05 17, unter
3.c., zu unberechtigten Entnahmen eines Gesellschafters aus dem
Gesellschaftsvermögen; vom 20.12.1994 IX R 122/92, BFHE 177,
50, BStBl II 1995, 534 = SIS 95 14 05, unter 2.; vom 20.7.1994 I B
11/94, BFH/NV 1995, 198, unter II.6.c aa; vom 19.3.1987 IV R
140/84, BFH/NV 1987, 577, unter 1.a; BGH-Beschluss vom 20.2.1990 3
StR 10/90, HFR 1990, 521). Die auf diese Weise erlangten
Beträge stellen keine Gegenleistungen für eine Leistung
des Klägers im Rahmen des freiberuflichen Betriebs dar (siehe
hierzu HHR/ Musil, § 2 EStG Rz 80, Stichwort
„Unterschlagung“; Kirchhof in Kirchhof, a.a.O., §
2 Rz 55 f.).
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Dem Revisionsvortrag des FA ist auch nicht
darin zu folgen, dass die zweckentfremdeten Fremdgelder wegen einer
fortgesetzten Untreue des Klägers zu Einkünften aus
selbständiger Arbeit oder aus Gewebebetrieb (§ 15 Abs. 2
EStG) führen. Die Rechtsprechung hat von den vorstehend
dargelegten Grundsätzen, veruntreute Geldbeträge
führten nicht zu steuerbaren Einnahmen, zwar bestimmte
Sachverhalte abgegrenzt. Hierzu gehören etwa Fälle, in
denen steuerbare Einnahmen, die einer Personengesellschaft
zustehen, aber auf das Konto eines Mitunternehmers umgeleitet
werden (siehe BFH-Urteile vom 8.6.2000 IV R 39/99, BFHE 192, 494,
BStBl II 2000, 670 = SIS 01 01 25; vom 22.6.2006 IV R 56/04, BFHE
214, 226, BStBl II 2006, 838 = SIS 06 37 84), oder in denen ein
leitender Bankangestellter (Leiter der Wertpapierabteilung) seine
Vertrauensstellung ausnutzt und Eigengeschäfte im Namen der
Bank tätigt (BFH-Urteil vom 3.7.1991 X R 163-164/87, BFHE 164,
556, BStBl II 1991, 802 = SIS 91 18 12). Beide Fallkonstellationen
sind mit dem Streitfall jedoch nicht vergleichbar, da es entweder
um die Veruntreuung steuerbarer Einkünfte ging, die dem
eigentlich Berechtigten entzogen wurden oder um Einkünfte, die
der Steuerpflichtige durch verbotene Anlagegeschäfte erzielt
hat. Im Streitfall bemächtigte der Kläger sich jedoch
liquider Mittel aus seinem Betriebsvermögen, über die er
verfügen konnte, die ihm aber gerade nicht als Gegenleistungen
für seine freiberufliche Tätigkeit oder im Rahmen einer
gewerblichen Betätigung zugeflossen sind.
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c) Unerheblich ist schließlich, ob der
Kläger mit den Fremdgeldern betriebliche oder private
Aufwendungen bestritten hat. Wie bereits oben unter II.1.a bb
erläutert, sind die als durchlaufende Posten vereinnahmten
Fremdgelder Bestandteil des Betriebsvermögens des Klägers
geworden. Die Verausgabung der Mittel für private und
betriebliche Ausgaben beruhte jeweils auf dem privat gefassten
Beschluss des Klägers, die Mittel zu veruntreuen. Mit der
Verausgabung des Fremdgelds für eigene Zwecke hat der
Kläger die Beträge jeweils aus dem Betriebsvermögen
entnommen. Soweit er Betriebsausgaben hieraus gezahlt hat, hat er
die Mittel eine logische Sekunde nach der Entnahme wieder in das
Betriebsvermögen eingelegt. An der bei summarischer
Betrachtung in den Blick genommenen abweichenden Differenzierung im
Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 32 = SIS 12 32 90 (dort Rz 26 und
29) je nach Verwendung der Fremdgelder für die private
Lebensführung oder für Betriebsausgaben hält der
Senat nicht fest.
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3. Da die Vorentscheidung auf einer
abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache
ist spruchreif. Die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre sind
rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§
100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die vereinnahmten Fremdgelder haben im
Streitfall aufgrund der Untreue des Klägers den Charakter
durchlaufender Posten nicht nachträglich verloren, so dass sie
als unbeachtliche Betriebseinnahmen gemäß § 4 Abs.
3 Satz 2 EStG nicht in die Gewinnermittlung einzubeziehen sind
(siehe oben unter II.1.b). Zudem hat der Kläger keine
Einkünfte erzielt, indem er die Fremdgelder in strafbarer
Weise für Betriebsausgaben oder die private Lebensführung
verwendet hat (siehe oben unter II.2.b). Der Kläger hat somit
in allen Streitjahren nicht in der vom FA angenommenen Höhe
Einkünfte erzielt und die Einkommensteuer nicht verkürzt.
Daher fehlt es in den Streitjahren 1996 bis 2001 sowohl an den
Voraussetzungen einer verlängerten Festsetzungsfrist (§
169 Abs. 2 Satz 2 AO) als auch an nachträglich bekannt
gewordenen Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Die nach der Außenprüfung ergangenen geänderten
Bescheide dieser Streitjahre sind aufzuheben. In den Streitjahren
2002 bis 2005 sind die Einkommensteuerbescheide wie vom Kläger
beantragt zu ändern, da er die ihm im Rahmen der
Außenprüfung zugerechneten Mehreinkünfte aus seiner
freiberuflichen Tätigkeit nicht erzielt hat. Die Berechnung
der sich hieraus ergebenden Einkommensteuer in den Streitjahren
wird dem FA übertragen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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